Die Liste der Stolpersteine in der Provinz Varese enthält die Stolpersteine, die vom deutschen Künstler Gunter Demnig in der norditalienischen Provinz Varese verlegt wurden. Diese Provinz liegt in der Region Lombardei. Stolpersteine erinnern an das Schicksal der Menschen, die von deutschen Nationalsozialisten ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Sie liegen im Regelfall vor dem letzten selbstgewählten Wohnsitz des Opfers. Die ersten Verlegungen in der Provinz Varese erfolgte am 19. Januar 2017 in Tradate. Die italienische Übersetzung des Begriffes Stolpersteine lautet: pietre d’inciampo.
In Gallarate wurden drei Stolpersteine an drei Adressen verlegt. Nachdem es zu Beschmierungen mit Hakenkreuzen gekommen war, wurde im Juli 2022 beschlossen alle drei Stolpersteine mit einer Videokamera zu überwachen.[9]
Stolperstein
Verlegeort
Verlegeort
Name, Leben
HIER WOHNTE VITTORIO ARCONTI GEBOREN 1901 VERHAFTET 10.1.1944 DEPORTIERT MAUTHAUSEN ERMORDET 29.11.1944 SCHLOSS HARTHEIM
In Saronno wurden zwei Stolpersteine an zwei Adressen verlegt.
Stolperstein
Übersetzung
Verlegeort
Name, Leben
HIER WOHNTE PIETRO BASTANZETTI GEBOREN 1901 VERHAFTET AUS POLITISCHEN GRÜNDEN 17.3.1944 DEPORTIERT MAUTHAUSEN ERMORDET 2.6.1944 GUSEN
Via Ramazzotti
Pietro Bastanzetti wurde am 19. August 1901 in Vittorio Veneto geboren, wuchs aber in Mailand auf, wo seine Familie 1902 hinzog. Mit zwölf Jahren begann er zu arbeiten, abends besuchte er die Abendschule und schaffte den Mittelschulabschluss. Schließlich arbeitete er als Abteilungsleiter bei der Motomeccanica in der Via Oglio. 1932 heiratete er Agnese Banfi und sie zogen 1934 nach Saronno. Bastanzetti und seine Frau wurden Eltern zweier Söhne, Giancarlo (geboren 1935) und Maurizio (geboren 1938) 1943 wurde er in den Betriebsrat gewählt. Er beteiligte sich an der Organisation der Streiks in den Jahren 1943 und 1944 und widmete sich dem antifaschistischen Kampf. Bastanzetti wurde am 17. März 1944 verhaftet, zuerst im Gefängnis San Vittore, Mailand, inhaftiert und drei Tage später nach Bergamo gebracht. Dort kann ihn seine Familie noch ein paar mal besuchen, einmal in Begleitung eines Mitarbeiters von Pietro Bastanzetti. Dieser schlägt einen Austausch vor, da er keine Familie hatte, wollte er für Bastanzetti in Haft gehen, doch dieser lehnte den Austausch ab. Am 5. April 1944 wurden 400 Menschen von Bergamo in das KZ Mauthausen deportiert, unter ihnen auch Pietro Bastanzetti. Am 8. April kamen die Gefangenen in Mauthausen an, Bastanzetti erhielt die Häftlingsnummer 61562 und wurde im Außenlager Gusen in der Werkstatt der Messerschmitt-Werke als Zwangsarbeiter eingesetzt. Die Bedingungen im Lager verschlechterten seinen Gesundheitszustand rapide. Am 1. Juni 1944 trugen ihn zwei Mithäftlinge ins Krankenrevier, mit Schlägen und Tritten wurde der mit 39,5 Grad fiebernde wieder rausgeworfen. Pietro Banstanzetti verlor sein Leben nur wenige Stunden später, am nächsten Tag sahen die zwei Mithäftlinge, die ihn ins Krankenrevier getragen hatten, seine Leiche auf einem Leichenhaufen vor dem Krematorium.[10][11]
Ein Brief an seine Mutter vom März 1944 ist erhalten geblieben:
„Ich vertraue Dir meine Kinder an, damit sie unter Deiner und der Obhut ihrer Mutter zu guten, tugendhaften, gerechten, an Körper und Geist gesunden Menschen heranwachsen, auf dass sie zu Verteidigern der Erniedrigten und Helfern der Armen werden und dass alles Gute, das von ihnen kommt, nicht dem Eigeninteresse entspringt. Gott ist mein Zeuge, wie ich sie liebe, und dennoch wünsche ich eher ihren Tod, als dass sie zu diesem Abschaum der Menschheit gehören, der so viel Schlechtes getan hat und gegenwärtig tut.“
– Pietro Bastanzetti, 23. März 1944
HIER WOHNTE LUIGI CARONNI GEBOREN 1906 VERHAFTET 3.3.1944 DEPORTIERT 1944 MAUTHAUSEN ERMORDET 23.4.1945
Via Caronni, 2
Luigi Caronni wurde 1906 in Saronno geboren. Er führte einen Zeitungsladen und lebte gemeinsam mit seiner Mutter und seiner Schwester. Caronni war religiös, wurde sehr geschätzt und wurde allgemein als guter Mensch beschrieben. Er schloss sich dem Widerstand an und trat einer Partisaneneinheit der Brigate Garibaldi bei. Am 3. März 1944 wurde er verhaftet und im San-Vittore-Gefängnis von Mailand interniert, später in Bergamo. Von dort hätte er flüchten können, verzichtete jedoch, weil er niemanden Repressalien aussetzen wollte. Er wurde am 5. April 1944 in das KZ Mauthausen deportiert, der Transport langte drei Tage später, am 8. April 1944, dort an. Luigi Caronni bekam die Nummer 61595 und wurde zur Zwangsarbeit in einem Steinbruch eingeteilt. Er freundete sich mit dem Maler Aldo Carpi an, der Zeuge seines schmerzhaften Sterbens war. Luigi Caronni verlor sein Leben am 23. April 1945, kurz vor Befreiung des Konzentrationslagers.[12][13]
Eine Straße in Saronno trägt seinen Namen. Der Rotary Club von Saronno stiftete eine Gedenktafel.[14]
Sesto Calende
In Sesto Calende wurden vier Stolpersteine an vier Stellen verlegt.
IN SOMMA LOMBARDO WOHNTE ISAIA BIANCO GEBOREN 1927 VERHAFTET 13.3.1944 DEPORTIERT LINZ ERMORDET 25.7.1944
Piazza Vittorio Veneto (Palazzo comunale) Somma Lombardo
Isaia Bianco (1927–1944)
In Somma Lombardo ist eine Straße nach ihm benannt.
IN SOMMA LOMBARDO WOHNTE BRUNO COLOMBO GEBOREN 1926 VERHAFTET 12.3.1944 INTERNIERT IN FOSSOLI ERMORDET 12.7.1944
Piazza Vittorio Veneto (Palazzo comunale) Somma Lombardo
Bruno Colombo (1926–1944)
IN SOMMA LOMBARDO WOHNTE ATTILIO GALLI GEBOREN 1883 DEPORTIERT FLOSSENBÜRG ERMORDET 27.12.1944
Piazza Vittorio Veneto (Palazzo comunale) Somma Lombardo
Attilio Galli (1883–1944)
IN SOMMA LOMBARDO WOHNTE CARLO GIUSEPPE EMILIO MOSSOLANI GEBOREN 1920 DEPORTIERT MAUTHAUSEN ERMORDET 25.7.1944
Piazza Vittorio Veneto (Palazzo comunale) Somma Lombardo
Carlo Giuseppe Emilio Mossolani (1920–1944)
Tradate
In Tradate wurden drei Stolpersteine an einer Adresse verlegt.
Stolperstein
Übersetzung
Verlegeort
Name, Leben
HIER WOHNTE ENZO LEVY GEBOREN 1922 VERHAFTET 12.11.1943 DEPORTIERT 1943 AUSCHWITZ BEFREIT
Corso Paolo Bernacchi 2
Enzo Levy wurde am 28. September 1922 in Verona geboren. Seine Eltern waren Edgardo Levy und Egle Segrè Levy. Er hatte eine Schwester, Eva Maria (geboren 1921). Die Familie lebte in Turin. Nach dem Inkrafttreten der italienischen Rassengesetze beschloss Familie Levy in die Schweiz zu flüchten. In Tradate versuchten sie Fluchthelfer für die Überquerung der Grenze zu finden, während dieser Zeit lebten sie im Haus der Familie Sternfeld in der Villa Truffini. Am 12. November 1943 wurde die Familie hier verhaftet. Sie waren fast vier Wochen im Mailänder Gefängnis, bis sie am 6. Dezember 1943 vom Gleis 21 des Mailänder Hauptbahnhofs mit dem Transport Nr. 5 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden. Der Transport kam am 11. Dezember 1943 in Auschwitz an. Seine Mutter wurde unmittelbar nach der Ankunft in eine der Gaskammern ermordet. Enzo Levy und seine Schwester überstanden die Selektion und wurden zur Zwangsarbeit eingeteilt. Enzo bekam die Nummer 168007 und kam in das Arbeitslager Monowitz, eine Produktionsstätte für synthetischen Kautschuk, während seine Schwester Eva im Mädchenorchester von Auschwitz Geige spielen musste. Seine Schwester verlor am 6. Juni 1944 in Auschwitz, trotz ihrer privilegierten Stellung, ihr Leben. Enzo Levy konnte überleben und kehrte im Juni 1945 nach Turin zurück.[19] Am 26. Dezember 1958 nahm er sich in Rom das Leben.[20]
Sein Vater überlebte die Shoah. Der Bahnhofsvorsteher von Tradate rettete ihn am Bahnhof vor der Deportation, indem er ihn dazu brachte, in den falschen Zug zu steigen.
HIER WOHNTE EVA MARIA LEVY GEBOREN 1921 VERHAFTET 12.11.1943 DEPORTIERT 1943 AUSCHWITZ ERMORDET 1944
Corso Paolo Bernacchi 2
Eva Maria Levy wurde am 13. September 1921 in Verona geboren. Ihre Eltern waren Edgardo Levy und Egle Segrè Levy. Sie hatte einen Bruder, Enzo (geboren 1922). Die Familie lebte in Turin. Nach dem Inkrafttreten der italienischen Rassengesetze beschloss Familie Levy in die Schweiz zu flüchten. In Tradate versuchten sie Fluchthelfer für die Überquerung der Grenze zu finden, während dieser Zeit lebten sie im Haus der Familie Sternfeld in der Villa Truffini. Am 12. November 1943 wurde die Familie hier verhaftet. Sie waren fast vier Wochen im Mailänder Gefängnis, bis sie am 6. Dezember 1943 vom Gleis 21 des Mailänder Hauptbahnhofs mit dem Transport Nr. 5 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert wurden. Der Transport kam am 11. Dezember 1943 in Auschwitz an. Ihre Mutter wurde unmittelbar nach der Ankunft in eine der Gaskammern ermordet. Die Geschwister überstanden die Selektion, wurden aber getrennt. Eva Maria Levy wurde als Geigerin in das Mädchenorchester von Auschwitz aufgenommen, ihr Bruder kam zur Zwangsarbeit in das Arbeitslager Monowitz. Ihr Bruder schafft es, ihr eine Nachricht zu schicken „Musik macht frei“. Als das Instrument, das ihr ihr Vater 1938 gekauft hatte, zerbricht, ist dies ihr Todesurteil. Eva Maria Levy verlor ihre Privilegien und verlor am 6. Juni 1944 ihr Leben in Auschwitz.[21]
Ihr Bruder konnte überleben, kehrte im Juni 1945 nach Turin zurück, nahm sich jedoch im Dezember 1958 das Leben.[19] Auch ihr Vater überlebte, ein Bahnhofsvorsteher in Tradate rette ihn vor der Deportation, indem er ihn dazu brachte, in den falschen Zug zu steigen. Eva Maria Levys Geige wurde von ihrem Bruder gefunden und repariert, doch holte er das Instrument nie ab. Es gelangte in die Hände eines Sammlers, der die Geschichte der Geige erforschte. Als Violino della Shoah wurde sie berühmt. Sie befindet sich heute im Museo del Violino der Fondazione Antonio Stradivari in Cremona.[22] Ein Buch erschien 2018, Il Violino di Auschwitz, geschrieben von Anna Lavatelli.[23]
HIER WOHNTE EGLE SEGRÉ LEVY GEBOREN 1899 VERHAFTET 12.11.1943 DEPORTIERT 1943 AUSCHWITZ ERMORDET
Corso Paolo Bernacchi 2
Egle Segré Levy wurde am 10. Januar 1899 in Messina geboren. Ihre Eltern waren Gino Segré und Felicina Modena. Sie heiratete den Venedizianer Edgardo Levy, das Paar hatte zwei Kinder, beide geboren in Verona: Eva Maria (geboren 1921) und Enzo (geboren 1922). Nach dem Inkrafttreten der italienischen Rassengesetze beschloss Familie Levy in die Schweiz zu flüchten. In Tradate versuchten sie Fluchthelfer für die Überquerung der Grenze zu finden, während dieser Zeit lebten sie im Haus der Familie Sternfeld in der Villa Truffini. Am 12. November 1943 wurden sie hier verhaftet. Sie wurden zuerst fast vier Wochen im San-Vittore-Gefängnis in Mailand inhaftiert und von dort am 6. Dezember 1943 mit dem Transport Nr. 5 in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Egle Segré Levy wurde unmittelbar nach der Ankunft des Transportes, am 11. Dezember 1943, in einer der Gaskammern ermordet.[24]
Die Kinder überstanden die Selektion und wurden zur Zwangsarbeit eingeteilt. Enzo kam in das Arbeitslager Monowitz, eine Produktionsstätte für synthetischen Kautschuk, während seine Schwester Eva im Mädchenorchester von Auschwitz Geige spielen musste. Sie verlor ihre Leben in der ersten Hälfte des Jahres 1944 in Auschwitz trotz ihrer privilegierten Stellung. Enzo Levy konnte überleben. Er kehrte im Juni 1945 nach Turin zurück, nahm sich jedoch im Dezember 1958 in Rom das Leben.[25][19]
Ihr Ehemann überlebte die Shoah. Der Bahnhofsvorsteher von Tradate rettete ihn am Bahnhof vor der Deportation, indem er ihn dazu brachte, in den falschen Zug zu steigen. Durch seine Meldung über das Verbrechen an seine Familie konnte ein Strafverfahren gegen eine Gruppe Soldaten eingeleitet werden.[26]
Varese
In der Provinzhauptstadt Varese wurden vier Stolpersteine vor dem Palazzo Estense verlegt.
↑Franco Giannantoni: GLI EBREI A VARESE TRA LA TEMPESTA DELLA GUERRA E IL MIRAGGIO DELLA SVIZZERA, in La Rassegna Mensile di Israel Vol. 69, No. 2, Saggi sull'ebraismo italiano del Novecento in onore di Luisella Mortara Ottolenghi, Tomo II, S. 463–494, Maggio - Agosto 2003, S. 453