Die Liste der Stolpersteine in Oslo-Frogner listet alle Stolpersteine im Stadtteil (Bydel) Frogner auf, einem der Innenstadtbezirke der norwegischen Hauptstadt Oslo. Stolpersteine erinnern an das Schicksal der Menschen, die von den Nationalsozialisten ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Stolpersteine wurden vom deutschen Künstler Gunter Demnig konzipiert und werden zumeist von ihm selbst verlegt. Im Regelfall liegen die Stolpersteine vor dem letzten selbstgewählten Wohnort des Opfers. Stolpersteine werden auf norwegischsnublesteiner genannt.
Mit einer Ausnahme sind alle Stolpersteine dieses Stadtteils jüdischen Opfern gewidmet. Ein Stolperstein erinnert an den Widerstandskämpfer Tormod Nygaard. Die ersten Verlegungen in Oslo fanden im Jahr 2010 statt.
Norwegen war von 9. April 1940 bis 8. Mai 1945 von deutschen Truppen besetzt. Damals befanden sich rund 2.100 jüdische Norweger und Flüchtlinge aus Mitteleuropa im Land. Von diesen konnten sich rund tausend Personen ins neutrale Schweden retten. Unmittelbar nach dem Einmarsch deutscher Truppen begannen Hetzkampagnen gegen Juden und die Arisierung in Norwegen. Den Juden im Land wurde Schritt für Schritt ihr Besitz entzogen. Im Spätherbst 1942 erfolgten die ersten Massenverhaftungen. Am 26. November 1942 wurden 532 norwegische Juden (302 Männer, 188 Frauen und 42 Kinder) von norwegischer Polizei und Gestapo der SS übergeben. Sie wurden mit dem Frachtschiff Donau der Norddeutschen Lloyd über Stettin in das KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. 346 von ihnen, darunter alle Frauen und Kinder, wurden unmittelbar nach der Ankunft am 1. Dezember 1942 in den Gaskammern ermordet. 186 Männer überstanden die Selektion und bekamen die Nummern 79064 bis 79249 eintätowiert.[1] Nur neun von ihnen konnten die Shoah überleben.[2] Am 25. Februar wurden weitere 158 Juden mit der Gotenland über Stettin verschifft und nach Auschwitz gebracht.[3] 28 Männer wurden als arbeitsfähig eingestuft, die anderen am 3. März 1943 ermordet.
Verlegte Stolpersteine
Bis Ende 2019 wurden in Frogner 57 Stolpersteine an 29 Anschriften verlegt. Weitere Verlegungen fanden 2020 und 2021 statt, wobei 17 Stolpersteine an elf Adressen bzw. 12 Stolpersteine an sechs Adressen verlegt wurden.
Stolperstein
Übersetzung
Verlegeort
Name, Leben
HIER WOHNTE ABRAHAM JOSEF ARSCH GEBOREN 1918 DEPORTIERT 1942 AUSCHWITZ GETÖTET 2.1.1943
Sorgenfrigata 35
Abraham Josef Arsch wurde am 14. Februar 1918 in Kristiania als jüngstes Kind der Kaufleute Moritz Arsch und Bertha, geborene Oster, geboren.[4] Seine Eltern führten ein eigenes Geschäft in der norwegischen Hauptstadt. Seine Geschwister waren Sara (geboren 1908) und Samuel Jacob (geboren 1913). Er besuchte das Gymnasium, absolvierte das Abitur und eine Artium-Prüfung an der Osloer Domschule. Nach einer einjährigen Fachausbildung begann er als Büroangestellter zu arbeiten. Er war unverheiratet. Am 26. Oktober 1942 wurde Abraham Josef Arsch von der norwegischen Staatspolizei festgenommen und im Bredtveit-Gefängnis interniert. Zwei Tage später wurde er in das Internierungslager Berg nahe Oslo gebracht. Am 26. November 1942 wurde er mit dem Frachter Donau über Stettin in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert, wo er am 2. Januar 1943 ermordet wurde. Seine Eltern, Geschwister und sein Onkel Tanchum wurden ebenfalls in Auschwitz ermordet.[5]
Bertha Arsch, geborene Oster, wurde am 28. Januar 1882 in Vilnius als Tochter von Cemach David Oster (1858–1934) und Gitlia, geborene Eigelshtein, geboren. Sie hatte mehrere Geschwister, einige davon aus der zweiten Ehe ihres Vaters mit Berta Oster. 1887 wanderte die Familie nach Norwegen aus. 1900 kam auch die 18-jährige Bertha Oster nach Oslo. 1905 heiratete sie den aus Lettland stammenden Moritz Arsch (geboren 1877). Das Paar nahm später die norwegische Staatsbürgerschaft an. Sie bekamen drei Kinder: Sara Gitel (geboren 1908), Samuel Jacob (geboren 1913) und Abraham Josef Arsch (geboren 1918). 1910 lebte die Familie in Ebbells Gate 2. Zuerst war Bertha Arsch Hausfrau, später Obsthändlerin mit eigenem Laden. Damals lebte sie mit Mann und Kindern in der Sorgenfrigata 35. Am 26. November 1942 wurden Bertha Arsch und ihre Kinder mit dem Frachtschiff Donau nach Stettin verschifft und von dort in einem Viehwaggon in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Bertha Arsch wurde unmittelbar nach ihrer Ankunft am 1. Dezember 1942 zusammen mit ihrer Tochter und ihrem kranken Sohn Samuel Jacob in den Gaskammern ermordet. Abraham Josef Arsch wurde zur Zwangsarbeit eingeteilt und starb bereits am 2. Januar 1943.[6]
Ihr Ehemann wurde im Februar 1943 mit der MS Gotenland deportiert und unmittelbar nach seiner Ankunft in Auschwitz am 3. März 1943 ermordet. Zumindest einer ihrer Halbbrüder, Max Oster, des Weiteren ein Schwager, eine Schwägerin und eine Nichte wurden ebenfalls am 1. Dezember 1942 in den Gaskammern von Auschwitz ermordet.[7] Für Max Oster wurde im Sentrum von Oslo ein Stolperstein verlegt.[8][9]
HIER WOHNTE MORITZ ARSCH GEBOREN 1877 DEPORTIERT 1943 AUSCHWITZ GETÖTET 3.3.1943
Sorgenfrigata 35
Moritz Arsch wurde am 15. Juni 1877 in Krustpils geboren. Er hatte zumindest einen Bruder, Tanchum Arsch (geboren 1885 ebenfalls in Krustpils). 1904 kam er nach Norwegen, 1905 heiratete Moritz Arsch Bertha, geborene Oster. Er war Kaufmann und betrieb ein Geschäft in Ullevålsveien 16 in Oslo. Das Paar nahm später die norwegische Staatsbürgerschaft an. Sie bekamen die Kinder Sara Gitel, Samuel Jacob und Abraham Josef. Moritz Arsch, sein jüngerer Sohn und sein Bruder wurden am 26. Oktober 1942 verhaftet und im Bredtveit-Gefängnis eingesperrt. Zwei Tage später wurden sie in das Internierungslager Berg nahe Oslo gebracht. Am 7. November 1942 wurde Moritz Arsch freigelassen, 18 Tage später erneut verhaftet. Am Tag darauf wurden sein Bruder, seine Frau und seine Kinder mit dem Frachter Donau über Stettin in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Unmittelbar nach der Ankunft am 1. Dezember 1942 wurden seine Frau und Tochter, sein älterer, kränklicher Sohn und sein Bruder in den Gaskammern von Auschwitz ermordet. Der jüngere Sohn wurde zur Zwangsarbeit eingeteilt; er starb am 2. Januar 1943. Unterdessen erteilte SS-Hauptsturmführers Wilhelm Wagner am 1. Dezember 1942 den Auftrag, Moritz Arsch in das Polizeihäftlingslager Grini zu verlegen. Von dort aus wurde dieser am 25. Februar 1943 mit der MS Gotenland nach Deutschland und von dort nach Auschwitz deportiert. Auch Moritz Arsch wurde unmittelbar nach seiner Ankunft in den Gaskammern ermordet.[10]
HIER WOHNTE SAMUEL JACOB ARSCH GEBOREN 1913 DEPORTIERT 1942 AUSCHWITZ GETÖTET 1.12.1942
Sorgenfrigata 35
Samuel Jacob Arsch wurde am 3. November 1913 in Kristiania, wie Oslo damals hieß, geboren. Seine Eltern waren Moritz Arsch und Bertha, geborene Oster, beide Kaufleute, die ein eigenes Geschäft in der Hauptstadt führten. Er hatte eine ältere Schwester, Sara Gitel (geboren 1908), und einen jüngeren Bruder, Abraham Josef Arsch (geboren 1918). Samuel Jacob besuchte eine weiterführende Schule und arbeitete danach als Verkäufer im Geschäft seiner Eltern in Ullevålsveien. Er kränkelte und blieb unverheiratet. Am 26. November 1942 befand er sich in psychiatrischer Behandlung im Ullevål-Krankenhaus. Trotz Protesten der behandelnden Ärzte wurde er von der norwegischen Staatspolizei verhaftet und gemeinsam mit seiner Mutter, seinen Geschwistern und einem Onkel mit dem Frachtschiff Donau nach Stettin verschifft und von dort in einem Viehwaggon in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Samuel Jakob Arsch wurde unmittelbar nach seiner Ankunft am 1. Dezember 1942 zusammen mit seiner Mutter und seiner Schwester sowie seinem Onkel Tanchum direkt in einer der Gaskammern ermordet.[11]
Der jüngere Bruder überlebte die Selektion, wurde zur Zwangsarbeit eingeteilt und starb am 2. Januar 1943. Sein Vater wurde am 25. Februar 1943 mit der MS Gotenland nach Deutschland deportiert und ebenfalls in einer Gaskammer in Auschwitz ermordet.
HIER WOHNTE SARA GITEL ARSCH GEBOREN 1908 DEPORTIERT 1942 AUSCHWITZ GETÖTET 1.12.1942
Sorgenfrigata 35
Sara Gitel Arsch wurde am 5. Oktober 1908 in Kristiania, wie Oslo damals hieß, als ältestes von drei Kindern der Kaufleute Moritz Arsch und Bertha, geborene Oster, geboren. Sie hatte zwei jüngere Brüder, Samuel Jacob Arsch (geboren 1913) und Abraham Josef Arsch (geboren 1918). Sara absolvierte das Abitur, studierte in ihrer Heimatstadt Medizin, schloss aber das Studium nicht ab. 1942 arbeitete sie als Verkäuferin. Sie blieb unverheiratet. Am 26. November 1942 wurde sie von der norwegischen Staatspolizei in der Wohnung in Majorstuen verhaftet und gemeinsam mit ihrer Mutter, ihren Brüdern und einem Onkel mit dem Frachtschiff Donau über Stettin in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Sara Gitel Arsch wurde unmittelbar nach ihrer Ankunft am 1. Dezember 1942 zusammen mit ihrer Mutter, ihrem älteren Bruder und ihrem Onkel Tanchum in den Gaskammern ermordet.[12]
Der jüngere Bruder überlebte die Selektion und wurde zur Zwangsarbeit eingeteilt. Er starb am 2. Januar 1943. Ihr Vater wurde am 25. Februar 1943 mit der MS Gotenland nach Deutschland deportiert und ebenfalls in Auschwitz in einer Gaskammer ermordet.
Tanchum Arsch wurde am 9. Dezember 1885 in Krustpils im heutigen Lettland geboren. Er hatte zumindest einen Bruder, Moritz Arsch (geboren 1877). Tanchum Arsch war Uhrmacher. 1914 folgte er seinem 1904 emigrierten Bruder nach Norwegen. Er fand Arbeit bei Nikolai Øverli in Oslo und konnte seine Stellung 28 Jahre lang halten. Er war unverheiratet und lebte im Haushalt seines Bruders. Am 26. Oktober 1942 wurden Tanchum Arsch, sein Bruder und dessen jüngerer Sohn verhaftet und im Bredtveit-Gefängnis eingesperrt. Zwei Tage später wurde sie in das Internierungslager Berg nahe Oslo gebracht. Am 26. November 1942 wurden er, seine Schwägerin, die Nichte und die Neffen mit dem Frachter Donau über Stettin in Viehwaggons in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Unmittelbar nach der Ankunft am 1. Dezember 1942 wurde er in einer Gaskammer ermordet, ebenso seine Schwägerin, seine Nichte und sein älterer Neffe. Der jüngere Neffe überlebte noch einen Monat, starb aber am 2. Januar 1943 an den grausamen Haftbedingungen und/oder den Folgen der Zwangsarbeit.[13][14]
HIER WOHNTE TORMOD NYGAARD GEBOREN 1904 AKTIV IM WIDERSTANDSKAMPF VERHAFTET 10.1.1943 EINGESPERRT UND GEFOLTERT MOLLERGATA 19 UND GRINI ERSCHOSSEN TRANDUM 30.10.1944
Hegdehaugsveien 21 B
Tormod Johannes Nygaard (1904–1944)
HIER WOHNTE ANNA FRUME REICHMANN GEB. JAKUBOWITZ GEBOREN 1910 DEPORTIERT 1942 AUSCHWITZ GETÖTET 1.12.1942
Bogstadveien 60
Anna Frume Reichmann geb. Jakubowitz (1910-1942)[69]
HIER WOHNTE ARNE REICHMANN GEBOREN 1922 DEPORTIERT 1942 AUSCHWITZ GETÖTET 2.3.1943
Chronik der Stolpersteinverlegungen auf der Website des Projekts von Gunter Demnig
Einzelnachweise
↑Danuta Czech: Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1939–1945. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 1989, ISBN 3-498-00884-6, S. 347
↑Astrid Hygen Meyer: Aldri mer 26. november. In: klassekampen.no. Jødisk Museum Oslo, abgerufen am 28. April 2020.
↑Israel Gutman, Eberhard Jäckel, Peter Longerich, Julius H. Schoeps (Hrsg.): Enzyklopädie des Holocaust - die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden. 2. Auflage. Piper, München/Zürich, April 1998, ISBN 3-492-22700-7, B. II, S. 1013–1016, Stichwort: Norwegen