Nach dem „Anschluss Österreichs“ an den NS-Staat 1938 wurde sein Vater einige Monate inhaftiert, um der Familie das Vermögen abpressen zu können. Seine Mutter floh mit Martin und seinem Bruder Robert über die Schweiz in die Vereinigten Staaten, wo die Familie mit dem Vater am 8. Oktober 1938 eintraf.[3] Karplus war seit seiner Geburt österreichischer und durch Einbürgerung US-amerikanischer Staatsbürger.[4]
Seit 1966 war Karplus Professor an der Harvard University und übernahm dort 1979 den Theodore-William-Richards-Lehrstuhl für Chemie. Seit 1995 war er auch Professor am Institut de Science et d’Ingénierie Supramoléculaires (I.S.I.S) der Universität Louis Pasteur (Universität Straßburg I) in Frankreich.[6][7] 1972/73, 1974/75 und 1980/81 war er Gastprofessor an der Universität Paris, 1980/81 und 1987/88 am Collège de France.
Kurz vor seiner Promotion bekam Karplus von seinen Eltern eine Leica-Kamera, mit der er neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit zu einem passionierten Fotografen wurde.[8]
Schon während seiner Studienzeit und später während Vortragsreisen in Lateinamerika, China und Japan fotografierte er Landschaften und Straßenszenen. Im Sommer 2013 wurde eine Auswahl daraus unter dem Titel Martin Karplus, la couleur des années 50 in der Bibliothèque nationale de France präsentiert.[3][9] 2015 wurden einige seiner Farbfotos aus den 50er Jahren an der Universität Wien gezeigt;[10] der Anlass für die Ausstellung war die Verleihung eines Ehrendoktorats der Universität Wien an Karplus.[11]
Persönliches
Karplus war ab 1981 verheiratet und Vater von drei Kindern. Er starb im Dezember 2024 in Cambridge im Alter von 94 Jahren.[12]
Arbeiten
Die Arbeiten von Karplus sind wichtige Beiträge auf dem Gebiet der physikalischen Chemie. Besonders relevant sind die Arbeiten im Bereich der NMR-Spektroskopie, der chemischen Dynamik, der Quantenmechanik und der Moleküldynamik-Simulation von biologischen Makromolekülen, siehe QM/MM.
Seine bekannteste Arbeit ist die Karplus-Beziehung, die in der NMR-Spektroskopie die Abhängigkeit der Kopplungskonstante vom Diederwinkel zwischen den koppelnden Kernen beschreibt.
Zusammen mit Andrew McCammon und Bruce Gelin publizierte er die erste Moleküldynamik-Simulation eines Proteins, des Bovine Pancreatic Trypsin Inhibitors (BPTI). Seine späteren Forschungsinteressen gelten der Simulation biologisch interessanter Moleküle und der Weiterentwicklung des CHARMM-Computerprogramms.
Martin Karplus: Contact Electron-Spin Coupling of Nuclear Magnetic Moments. In: The Journal of Chemical Physics. Band30, Nr.1, 1959, S.11–15, doi:10.1063/1.1729860.
J. Andrew McCammon, Bruce R. Gelin, Martin Karplus: Dynamics of folded proteins. In: Nature. Band267, Nr.5612, 1977, S.585–590, doi:10.1038/267585a0, PMID 301613.
Bernard R. Brooks, Robert E. Bruccoleri, Barry D. Olafson, David J. States, S. Swaminathan, Martin Karplus: CHARMM: A program for macromolecular energy, minimization, and dynamics calculations. In: Journal of Computational Chemistry. Band4, Nr.2, 1983, S.187–217, doi:10.1002/jcc.540040211.
Martin Karplus, J. Andrew McCammon: Molecular dynamics simulations of biomolecules. In: Nature Structural & Molecular Biology. Band9, Nr.9, 2002, S.646–652, doi:10.1038/nsb0902-646, PMID 12198485.
Alexander D. MacKerell et al.: All-Atom Empirical Potential for Molecular Modeling and Dynamics Studies of Proteins. In: The Journal of Physical Chemistry B. Band102, Nr.18, 1998, S.3586–3616, doi:10.1021/jp973084f, PMID 24889800.
Literatur
Martin Karplus: Spinach on the Ceiling: A Theoretical Chemist’s Return to Biology. In: Annual Review of Biophysics and Biomolecular Structure. Band35, Nr.1, 2006, S.1–47, doi:10.1146/annurev.biophys.33.110502.133350, PMID 16689626.