Liste der Stolpersteine im Bezirk Bruck-MürzzuschlagDie Liste der Stolpersteine im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag enthält Stolpersteine, die an das Schicksal der Menschen erinnern, die von den Nationalsozialisten im Bezirk Bruck-Mürzzuschlag ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Die Stolpersteine liegen im Regelfall vor dem letzten selbstgewählten Wohnsitz des Opfers. Die erste Verlegung in diesem Bezirk erfolgte Kindberg am 8. November 2021, zur Erinnerung an die Novemberpogrome von 1938. Liste der StolpersteineBruck an der MurIn Bruck an der Mur wurden vier Stolpersteine an einer Adresse verlegt. KindbergIn der Fußgängerzone von Kindberg wurden nebeneinander zwei Stolpersteine verlegt. Sie sind zwei Mitgliedern der damals einzigen jüdischen Familie der Stadt gewidmet.
Schicksal der KinderDie Erstgeborene, Paula, auch Pauline, heiratete 1937 den ebenfalls jüdischen Kaufmann Franz Wellisch (geboren 1891 in Sopron) und zog zu ihm nach St. Pölten. Die Eheleute unternahmen einen Fluchtversuch nach Rákospalota, wurden jedoch verhaftet und im Budapester Ghetto inhaftiert. Am 8. Juli 1944 wurden die Eheleute laut DÖW von Budapest nach Auschwitz deportiert, wo sie mutmaßlich getrennt wurden, denn am 18. Juli 1944 wurde der Ehemann nach Buchenwald überstellt.[2] Beide haben die Shoah nicht überlebt.[1][3][4] Die beiden Söhne hingegen konnten flüchten und die Shoah im Exil überleben. Erwin, der ältere Sohn, wurde ebenfalls Kaufmann, heiratete 1934 Elsa Fischer, die aus Eggenburg stammte, und zog mit ihr nach Kapfenberg. Die Eltern übertrugen ihm Haus und Geschäft. Die Eheleute wurden nach dem Einmarsch der Nationalsozialisten schikaniert und diskriminiert, so dass sie sich entschlossen, im Juli 1938 das Geschäft und im August 1939 das Haus weit unter Wert zu verkaufen. Im Dezember 1938 übersiedelten Erwin und Elsa Sensel nach Wien, um die Emigration vorzubereiten. Erwin Sensel gelang die Flucht nach Venezuela, seine Frau konnte nachkommen. 1948 kam Sohn Enrique zur Welt. Erwin Sensel starb 2010, im Alter von 103 Jahren.[1] Während seine älteren Geschwister die achtjährige Volksschule in Kindberg absolvierten, konnte Oskar nach dem fünften Jahr in die dreijährige Bürgerschule in Bruck an der Mur wechseln. Er wurde Elektriker und wanderte 1933 nach Palästina aus. 1935 heiratete er in Petach Tikwa Mathilde Kermann aus der polnischen Stadt Łódź. Im selben Jahr kam der gemeinsame Sohn Maximilian, später Mosche David, in Herzlia zur Welt. Es ist nicht bekannt, warum Oskar Sensel mit Frau und Kind nach Österreich zurückkehrte. Ende 1938 war er jedenfalls – wie seine Eltern, wie sein Bruder und dessen Frau – in Wien, nunmehr zur Emigration gezwungen. Er kehrte nach Palästina zurück, Frau und Sohn kamen nach.[1] AussöhnungsarbeitDie geraubten Immobilien wurden relativ rasch – 1948 Kapfenberg, 1949 Kindberg – den Brüdern restituiert. In der Folge verkauften sie diese, denn beide hatten nicht den Wunsch, nach Österreich zurückzukehren. Das Bemühen um Würdigung der Opfer und Aussöhnung mit den Überlebenden hingegen ließ auf sich warten. Am 8. Mai 1992 wurde direkt neben der Kriegerdenkmalanlage vor der Pfarrkirche eine Gedenktafel in Erinnerung an die NS-Opfer der Region angebracht. Auf dieser Tafel wird vor allem der 140 Menschen mit Behinderung gedacht, die in der NS-Zeit aus der Kindberger Siechenanstalt verschleppt und in der Tötungsanstalt auf Schloss Hartheim ermordet wurden.[5] Es sind aber auch die Namen Käthe, Paula und Samuel Sensel als Opfer eingraviert. Er gab damals Widerstand gegen diese Form des Gedenkens. Im Jahre 2008, Erwin Sensel war in Caracas ausfindig gemacht worden, wurde ihm das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark und die Ehrenbürgerschaft von Kindberg verliehen. Er nahm an, doch hatte er im Jahr zuvor seinen 100. Geburtstag gehabt und war daher nicht mehr imstande oder willens, nach Österreich zu reisen. Der damalige Bürgermeister von Kindberg, Karl Hofmeister, und die beiden Vizebürgermeister reisten daraufhin nach Venezuela, um die Ehrung persönlich vorzunehmen. Landeshauptmann Voves sandte eine Videobotschaft. Der Geehrte dankte auf seine Art, er sang den Erzherzog-Johann-Jodler.[1] VerlegungenIn Kindberg wurde durch den Historiker Alexander Schein die Geschichte der Familie Sensel aufgearbeitet. Die Verlegung erfolgte ohne Gunter Demnig am 8. November 2021 durch Bürgermeister Christian Sander, Stadträtin Judith Doppelreiter und Initiatorin Gertrude Zöscher.[1] Die Verlegung in Bruck an der Mur erfolgte am 14. November 2022.[6] WeblinksCommons: Stolpersteine in Kindberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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