Juni: Der geplante Dreibund zwischen Frankreich, Österreich-Ungarn und Italien wird nach mehr als zweijährigen Sondierungen und Verhandlungen auf Eis gelegt.
13. Juli: Eine Pressemitteilung Bismarcks (sogenannte „Emser Depesche“) erscheint. Napoleon III. wird sie als Anlass für einen Krieg gegen Preußen nehmen.
6. August: In der Schlacht bei Wörth besiegt Preußen Frankreich. Bei der Schlacht gibt es über 20.000 Tote und Verwundete auf beiden Seiten. In der Schlacht bei Spichern setzen sich am selben Tag preußische Einheiten unter schweren Verlusten gegen französische Verteidiger durch, die sich am Abend zurückziehen.
18. August: In der Schlacht bei Gravelotte gelingt es den Preußen, einen französischen Angriff zurückzuschlagen und Richtung Metz vorzurücken.
20. August: Die von Marschall Bazaine zurückgezogene Rheinarmee wird von den Preußen und ihren Verbündeten in der Stadt Metz eingeschlossen, die Belagerung von Metz beginnt. Sie wird sich bis zum 27. Oktober hinziehen.
7. Oktober: Innenminister Léon Gambetta verlässt das belagerte Paris in einem Ballon, um seinen Plan zur Befreiung der französischen Hauptstadt umzusetzen, der indessen scheitern sollte.
27. Oktober: Die Belagerung von Metz endet mit der Kapitulation der verteidigenden französischen Truppen.
28. bis 30. Oktober: Auch in der Schlacht von Le Bourget nördlich von Paris siegen die deutschen Truppen.
3. November: Deutsche Truppen schließen die Stadt Belfort ein. Das ist der Auftakt zur Belagerung von Belfort, der letzten kämpfenden Festung in Ostfrankreich.
28. November bis 4. Dezember: Truppen im belagerten Paris unternehmen mehrere Ausfallversuche, die letztlich in der Schlacht bei Villiers von den deutschen Belagerern zurückgeschlagen werden.
2. Dezember: In der Schlacht bei Loigny und Poupry ist eine preußisch-bayerische Armeegruppe gegenüber französischen Einheiten erfolgreich. Der Kampf kostet insgesamt etwa 12.000 Soldaten das Leben.
3. Dezember: Prinz Luitpold überbringt Ludwigs Kaiserbrief dem preußischen König.
23./24. Dezember: In der Schlacht an der Hallue kommt es zu einem preußischen Sieg. Die etwa doppelt so starken französischen Truppeneinheiten ziehen sich nach den am Vortag begonnenen verlustreichen Kämpfen mit den preußischen Angreifern zurück.
Risorgimento in Italien
20. September: Italienische Truppen besetzen Rom, die Hauptstadt des Kirchenstaates. Papst Pius IX. betrachtet sich im Vatikan als „Gefangener“.
2. Oktober: Die Bewohner des Kirchenstaates haben der Vereinigung mit dem Königreich Italien zugestimmt; Unabhängigkeit Italiens; Rom wird an Stelle von Florenz Hauptstadt.
19. Juni: Leopold von Hohenzollern stimmt einer Kandidatur für den spanischen Thron zu.
25. Juni: Die vor zwei Jahren nach Frankreich geflohene spanische Königin Isabella verzichtet zu Gunsten ihres ebenfalls im Pariser Exil befindlichen Sohnes Alfons XII. auf den Thron.
12. Juli: Aufgrund der Reaktion Frankreichs, das mit Krieg droht, zieht Karl Anton von Hohenzollern stellvertretend für seinen Sohn Leopold dessen Kandidatur zurück.
27. Dezember: Auf den spanischen Ministerpräsidenten Juan Prim wird von mehreren Männern das Feuer eröffnet, die nach einer Parlamentssitzung seine Kutsche anhalten. Prim stirbt drei Tage später an den Verletzungen. Sein Nachfolger wird Juan Bautista Topete.
Österreich-Ungarn
15. Januar: Der cisleithanische Ministerpräsident Eduard Taaffe wird auf eigenen Wunsch seines Amtes enthoben, nachdem er in seinem Kabinett mit seiner Absicht, den Forderungen der nichtdeutschen Nationalitäten besser zu entsprechen, in der Minderheit geblieben ist. Sein Nachfolger im sogenannten Bürgerministerium wird übergangsweise Ignaz von Plener.
1. Februar: Der Zentralist Leopold Hasner von Artha wird Ministerpräsident Cisleithaniens. Er reicht bereits am 4. April seinen Rücktritt ein, nachdem der Kaiser seinen Vorschlag, unkooperative Landtage aufzulösen, abgelehnt hat. Seine Enthebung erfolgt am 12. April. Damit endet das sogenannte Bürgerministerium.
7. April: Die österreichische Regierung hebt das sogenannte Koalitionsverbot aus dem Jahr 1864 auf. Damit werden Gewerkschaften in Österreich-Ungarn zugelassen. Die Staatsmacht versucht trotz allem weiterhin mit allen Mitteln, die Gewerkschaften zu bekämpfen und ihren Einfluss niedrig zu halten.
12. April: Alfred Józef Potocki wird zum Ministerpräsidenten ernannt. Er versucht vergeblich, einen föderalistischen Ausgleich in Cisleithanien zu erreichen.
19. Juli: Im Wiener Hochverratsprozess gegen die verantwortlichen Organisatoren einer Kundgebung für politische und gewerkschaftliche Rechte der Arbeiterschaft werden die Urteile gefällt: Trotz fehlender Beweise werden die Organisatoren zu Kerkerstrafen bis zu sechs Jahren verurteilt. Nach diesem Prozess lösen die Behörden die meisten Arbeiterbildungsvereine auf. Die Schließungen lösen neue Proteste und mehrtägige Krawalle aus, was die Regierung zu einem neuen Koalitionsgesetz veranlasst. In der Folgezeit werden die Verurteilten allerdings amnestiert.
Weitere Ereignisse in Europa
1. Januar: Jakob Dubs wird zum dritten Mal Schweizer Bundespräsident.
In den Niederlanden wird die Todesstrafe für den zivilen Bereich abgeschafft.
Afrika
7. Oktober: Da der verstorbene Madschid bin Said nur eine Tochter hinterlässt, folgt ihm sein Bruder Barghasch ibn Said als Sultan des Sansibar-Archipels. Unter seiner Herrschaft wird die Stadt Sansibar ausgebaut und unter britischem Einfluss die Abkehr vom lukrativen ostafrikanischen Sklavenhandel vollzogen.
Im Friedensvertrag vom 20. Juni muss Paraguay rund 144.000 km², etwa 50 Prozent seines Staatsgebiets, an Brasilien und Argentinien abtreten. Argentinien eignet sich die zuvor paraguayisch besetzte Misiones-Region wieder und einen Teil der Chaco-Region zwischen den Flüssen Bermejo und Pilcomayo an. Brasilien schlägt die gewonnenen Gebiete seiner Provinz Mato Grosso zu.
Der Krieg Paraguays gegen die Tripelallianz war – gemessen an den Opfern Paraguays im Verhältnis zu dessen Gesamtbevölkerung – einer der verlustreichsten Kriege der Weltgeschichte. Schätzungen zufolge wurde die Bevölkerung Paraguays im Verlauf des Krieges von etwas mehr als 500.000 auf rund 221.000 reduziert. Angaben der Vorkriegsbevölkerung sind aber strittig. Paraguay, das vor dem Krieg einer der wirtschaftlich fortschrittlichsten und mächtigsten Staaten der Region war, kann diesen Status nie wieder erreichen.
3. Februar: Der 15. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten wird ratifiziert, der ehemaligen Sklaven das Stimmrecht gewährt. Um die Schwarzen dennoch an der Wahlteilnahme zu hindern, führen einige Südstaaten in der Folge sogenannte poll taxes (Wahlsteuern) ein; eine Abgabe, welche ein Wähler bezahlen muss, um das Wahlrecht zu erhalten. Eine sogenannte grandfather clause (Großvaterklausel) nimmt solche Wähler von der Steuer aus, deren Väter und Großväter bereits im Bundesstaat wahlberechtigt waren.
23. Februar: Mississippi wird wieder in die Union aufgenommen.
30. März: Texas wird wieder in die Union aufgenommen.
25. Juni: Der erste Verkaufstag der „Korrespondenzkarten“ bringt in Berlin einen Absatz von 45.000 Stück dieser neuen Postkarten.
23. September: Die Pariser Ballonpost, ein entscheidender Punkt in der Geschichte der Flugpost, wird gestartet, um Nachrichten aus dem belagerte Paris nach außen zu senden. Bis zum 22. Januar 1871 werden ca. 2,5 Millionen Briefe und Postkarten im Gesamtgewicht von etwa 10.000 kg, 363 Brieftauben, 238 Passagiere und sogar sechs Hunde mittels Ballonpost befördert.
9. Oktober: Die ersten per Taubenpost versandten Mitteilungen erreichen Paris.
3. Januar: Der Bau der von John Augustus Roebling geplanten Brooklyn Bridge zwischen Manhattan und Brooklyn in New York City beginnt mit den Vorbereitungen für die Fundamente der Türme und der Anker. Roeblings Sohn Washington Augustus hat nach dem Tod seines Vaters im Vorjahr die Leitung des Projekts übernommen. Die Brücke über den East River ist als kombinierte Hänge- und Schrägseilbrücke geplant und ist eine der ältesten Hängebrücken dieser Bauart in den USA. Die bis zu 23 m tiefen Baugruben für die Fundamente der Türme und der Anker werden mit Hilfe von Senkkästen ausgehoben, ein in den USA erstmals eingesetztes Verfahren, das noch nicht voll beherrscht wird und dessen medizinische Probleme überhaupt noch nicht verstanden werden. Während der fünf Jahre dauernden Tiefbauarbeiten kommt es immer wieder zu Unfällen und Fällen der Dekompressionskrankheit.
2. März: Die Budavári Sikló in Budapest, die älteste noch heute auf originaler Trasse und Gleisen fahrende Standseilbahn Europas wird eröffnet.
Die von James Henry Greathead auf Anregung von Peter William Barlow errichtete Tower Subway, ein Tunnel unter der Themse im Stadtzentrum von London in unmittelbarer Nähe zum Tower of London, wird nach zehn Monaten fertiggestellt und am 2. August eröffnet. Weil der eingleisige Tunnel sich nicht gewinnbringend betreiben lässt, wird am 7. Dezember der Wagenbetrieb eingestellt. Der Tunnel erhält eine Beleuchtung und wird noch am 24. Dezember als Fußgängerverbindung freigegeben.
4. April: Der gerade erst in Bau befindliche Golden Gate Park in San Francisco, heute einer der größten innerstädtischen Parks der Welt, wird offiziell eröffnet.
18. Juli: Das Erste Vatikanische Konzil verabschiedet die zweite dogmatische KonstitutionPastor Aeternus, worin die Dogmen des päpstlichen Jurisdiktionsprimats sowie der päpstlichen Unfehlbarkeit in Glaubens- und Sittenfragen festgeschrieben werden. Die beiden Dogmen führen vielerorts zu ablehnenden Reaktionen bis hin zu Kirchenabspaltungen. Unter anderem kündigt die österreichische Regierung unter Alfred Józef Potocki noch im selben Jahr das Konkordat mit dem Heiligen Stuhl auf. Nach der Sitzung erteilt der Papst einen Urlaub bis 11. November. Das Konzil wird nicht wieder aufgenommen und am 20. Oktober auf unbestimmte Zeit vertagt.
1. November: Papst Pius IX. protestiert in der EnzyklikaRespicientes gegen die Einnahme Roms durch italienische Truppen und verhängt über Urheber und Teilnehmer die sofortige Exkommunikation.
um 1870: Der Krisenkult des Geistertanzes verbreitet sich unter mehreren indianischen Völkern des nordamerikanischen Westens.
Katastrophen
28. Januar: Nach dem Ablegen in Halifax verschwindet der britische Passagierdampfer City of Boston der Inman Line mit 191 Menschen an Bord spurlos auf dem Nordatlantik.
5. Juni: Im Stadtteil Pera wütet in Konstantinopel ein großer Brand, dem mindestens 3.000 Häuser sowie etwa 1.300 Bewohner zum Opfer fallen.
7. Juni: Ein Erdbeben im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca kostet 110 Menschenleben.[1]
6. September: Auf seiner Jungfernfahrt sinkt das britische Panzerschiff HMS Captain vor der spanischen Küste in einem Orkan und reißt 474 Menschen in den Tod. Nur 18 Mann der Besatzung überleben.
19. Oktober: Der britische Passagierdampfer Cambria prallt im Sturm vor der irischen Küste auf das schroffe Felsenufer der Insel Inishtrahull und sinkt. Nur einer der 180 Menschen an Bord überlebt.
26. Oktober: Ein Orkan über Nordbaden hebt das Bahnsteigdach des Mannheimer Hauptbahnhofs, unterbricht sämtliche Telegrafenleitungen, versenkt fünf Schiffe im Neckar und zerstört beinahe einen Omnibus. Weitere Schäden entstehen in Baden-Baden, wo die Bahnsteighalle vollständig zertrümmert wird, sowie in Karlsruhe, Pforzheim und Umgebung.[2]
15. November: In Athen finden nach 1859 die zweiten Olympien statt, diesmal im Panathinaikon-Stadion, das ein Jahr zuvor im Auftrag der griechischen Regierung vom deutschen Archäologen und Bauforscher Ernst Ziller ausgegraben worden ist, und das Anastasios Metaxas für die Spiele provisorisch hergerichtet hat.
Georg Weber führt in Deutschland das Faustballspiel als Ausgleichssport zum Turnen ein.
↑Albert Kuntzemüller: Die badischen Eisenbahnen im deutsch-französischen Krieg 1870/71 in: Bericht des Realgymnasium mit Realschule Mannheim, Lessing-Schule – Schuljahr 1913/14, Masur, Mannheim 1914, S. 39
Weblinks
Commons: 1870 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien