Der Stern-Preis (Eigenschreibung: STERN-Preis; 2016 bis 2021 Nannen Preis, 2005 bis 2014 Henri-Nannen-Preis[1]) ist ein Wettbewerbspreis zur Auszeichnung von journalistischen Arbeiten in Print, TV, Radio, Web und Fotografie des jeweiligen Vorjahres. Das Verlagshaus Gruner + Jahr und das in ihm erscheinende Magazin Stern wollen damit als Stifter laut Selbstdarstellung „den Qualitätsjournalismus im deutschsprachigen Raum fördern und pflegen“. Der Journalistenpreis wird am Unternehmensstandort Hamburg in sechs Kategorien verliehen und gilt Ausgezeichneten auch als „begehrtester deutscher Journalistenpreis“.[2] Die beste Reportage wurde bis 2005 mit dem Egon-Erwin-Kisch-Preis bedacht, der 1977 von Stern-Gründer Henri Nannen ins Leben gerufen wurde.
Geschichte
Der seit 2005 verliehene Preis ist seit 2016 nicht mehr dotiert.[3][4]
2015 wurde er gar nicht vergeben; wegen Sparmaßnahmen und Stellenstreichungen sei laut Verlag der feierliche Rahmen der Verleihung nicht gewährleistet.[5] 2016 wurde der Wettbewerb nach inhaltlicher Überarbeitung wieder abgehalten.[6] Die Preisvergabe 2020 fand wegen der COVID-19-Pandemie ohne Anwesenheit der Preisträger statt; sie wurde online gezeigt.[7]
Wegen der erneuten Debatte um Henri Nannens Vergangenheit wurde die Auszeichnung 2022 erstmals als Stern-Preis verliehen, außerdem ein Gremium eingesetzt, das über die künftige Verwendung seines Namens für den Preis beraten werde.[8] Im November 2022 wurde bekanntgegeben, dass die Auszeichnung erst einmal als Stern-Preis fortgeführt werde. Eine Forschergruppe am Institut für Zeitgeschichte in München durchleuchte die Vergangenheit von Henri Nannen und die frühen Jahre des Stern mit besonderer Akribie, man wolle dem Ergebnis der Untersuchung nicht vorgreifen. Deswegen bleibe man beim Namen Stern-Preis und bewerte dann im Lichte der Forschungsergebnisse neu.[9]
Kategorien
Die Auszeichnung wird in sechs Kategorien verliehen. Seit 2016 handelt es sich um diese Kategorien:
ein Sonderpreis für eine außerordentliche journalistische Leistung
Im Jahr 2007 wurde der 1. Platz in der Kategorie „Reportage“ zweimal vergeben. In den Jahren 2005 und 2007–2009 wurde kein Sonderpreis vergeben.
Im Jahr 2017 wurde erstmals eine „Lobende Erwähnung“ in der Kategorie Foto-Reportage ausgesprochen.[10]
Regularien
Der Preis wird jährlich vergeben. Ausgezeichnet wird jeweils der 1. Platz einer Kategorie. Die journalistischen Arbeiten müssen jeweils im Vorjahr veröffentlicht worden sein. Ab 2009 wurden zum Wettbewerb neben Print-Artikeln auch Online-Veröffentlichungen zugelassen.[11]
In diesem Artikel oder Abschnitt fehlen noch folgende wichtige Informationen:
Installation eines Beirats und dessen Mitglieder, neuerdings Öffnung des Preises für alle (deutschsprachigen) Medien, Neukonzeptionierung der Preiskategorien.
Im Jahr 2011 musste Spiegel-Redakteur René Pfister seinen Preis wenige Tage nach der Verleihung zurückgeben, nachdem die Jury nachträglich zu der Auffassung gelangt war, dass er für seine Reportage über Horst Seehofer unsauber recherchiert hatte. Die Aberkennung stieß in der Branche teilweise auf Kritik und Unverständnis. 2012 kam es zu einem Eklat, als die Jury in der Kategorie „Beste investigative Leistung“ einen Beitrag der Bild über den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff auszeichnete. Redakteure der Süddeutschen Zeitung, die ebenfalls ausgezeichnet werden sollten, nahmen ihren Preis daraufhin nicht an. In der Jury selbst war die Auszeichnung der Bild-Redakteure umstritten. Zuvor hatte die Otto-Brenner-Stiftung in einer Studie diese Nominierung als nicht preiswürdig kritisiert, da Bild und Wulff jahrelang eine Geschäftsbeziehung unterhalten hätten.[12]
2014 äußerte sich Preisträger Jacob Appelbaum kritisch über den Namensgeber der Auszeichnung.[13] Er entschied sich seinen Preis einschmelzen zu lassen und den Erlös an zwei Vereine im Bereich des Antifaschismus zu stiften.[14] Einige Tage später sprach eine weitere Preisträgerin, Laura Poitras, nach einem Gespräch mit Appelbaum ebenfalls davon, eventuell ihren Preis einschmelzen zu lassen.[15]
Neu sind in der Hauptjury: Brigitte Fehrle (Chefredakteurin Berliner Zeitung), Jana Hensel (stellv. Chefredakteurin Der Freitag), Volker Hinz (Fotograf), Stefan Plöchinger (Chefredakteur sueddeutsche.de), Christoph Schwennicke (Chefredakteur Cicero) und Andreas Wolfers (Leiter der Henri-Nannen-Schule und Sprecher der Jury). Außerdem sitzen darin: Margot Klingsporn (Inhaberin der Fotoagentur Focus), Giovanni di Lorenzo (Chefredakteur Die Zeit), Helmut Markwort (Herausgeber Focus), Nils Minkmar (Ressortleiter Feuilleton Frankfurter Allgemeine Zeitung), Andreas Petzold (Chefredakteur Stern, im jährlichen Wechsel mit seinem Kollegen Thomas Osterkorn), Jan-Eric Peters (Chefredakteur Die Welt-Gruppe), Richard David Precht (Autor), Ulrich Reitz (Chefredakteur Westdeutsche Allgemeine Zeitung), Anja Reschke (Autorin und Moderatorin Panorama) und Gerhard Steidl (Verleger).[19]
Jury 2014
Die Hauptjury bestand im Jahr 2014 aus: Wolfgang Büchner (Chefredakteur Der Spiegel), Brigitte Fehrle (Chefredakteurin Berliner Zeitung), Giovanni di Lorenzo (Chefredakteur Die Zeit), Thomas Osterkorn (Chefredakteur VIVA!), Stefan Plöchinger (Chefredakteur sueddeutsche.de), Jan-Eric Peters (Chefredakteur Die Welt-Gruppe), Richard David Precht (Autor), Jörg Quoos (Chefredakteur Focus), Christoph Schwennicke (Chefredakteur Cicero), Anja Reschke (Autorin und Moderatorin Panorama) und Andreas Wolfers (Leiter der Henri-Nannen-Schule). Andreas Wolfers war Sprecher der Jury.
Die Hauptjury des Henri Nannen Preis für Fotografie bestand aus: Stefan Erfurt (Vorstandsvorsitzender der C /O Berlin Foundation), Kathy Ryan (Director of Photography New York Times Magazine), Marie-Pierre Subtil (Chefredakteurin 6Mois).[20]
Die Hauptjury bestand im Jahr 2020 aus: Alina Fichter (Leiterin digitale Format- und Produktentwicklung „Deutsche Welle“ und Aufsichtsratsmitglied Newsguard), Florian Gless (Chefredakteur des „Stern“), Claudia Kade (Leiterin Politikressort „Die Welt“), Steffen Klusmann (Chefredakteur „Der Spiegel“), Christoph Kucklick (Leiter der Henri-Nannen-Schule), Caren Miosga (Journalistin und Moderatorin „ARD“), Richard David Precht (Publizist), Annette Ramelsberger (Gerichtsreporterin „Süddeutsche Zeitung“), Sabine Rückert (Chefredaktion „Die Zeit“) und Karl Spurzem (Chefredaktion „mare“).[22]
die Kolumne Streiflicht, in der Süddeutschen Zeitung
Beste Foto-Reportage
Yang Yankang, für „Der lange Marsch zum lieben Gott“, in Geo
Lebenswerk
Peter Scholl-Latour (in den 1980er-Jahren zeitweilig auch Herausgeber und Chefredakteur des Stern); Jurybegründung: „für sein umfassendes publizistisches Lebenswerk und seinen Beitrag für den Qualitätsjournalismus“[24]
Pressefreiheit
Irina Chalip, stellvertretende Chefredakteurin der belarussischen Tageszeitung Belorusskaja Delowaja Gaseta; Jurybegründung: „für ihren couragierten Kampf für die Pressefreiheit in Belarus gewürdigt“[24]
Kurt Kister, für seine Kolumne „Unsere Besten – Kurt Kister über das Personal der Berliner Republik“, im SZ-Magazin
Beste Foto-Reportage
Jim Gehrz, für „Die Soldatin Jessica Clements“, in VIEW
Sonderpreis
die Tageszeitung Times-Picayune aus New Orleans; Jurybegründung: „Die Geschichte der Belegschaft, die immer weiter berichtete, während ihre Redaktion und ihre Häuser im Wasser ertranken, ging als ein Fall von beispielhaftem Journalismus um die Welt.“[25]
Lebenswerk
der Historiker Joachim Fest; der Preis ist auch Anerkennung für Fests Beitrag zum Qualitätsjournalismus, der 79-jährige ehemalige FAZ-Herausgeber habe „wesentliche Anstöße zur Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit“ gegeben, so die Jury
Pressefreiheit
der Istanbuler Armenier Hrant Dink, damaliger Chefredakteur der zweisprachigen türkisch-armenischen Wochenzeitung Agos, der sich für eine Aufarbeitung der Geschichte der armenischen Minderheit in der Türkei und eine Annäherung der beiden ethnischen Gruppen einsetzte
Preisträger 2007
Kategorie
Preisträger
Beste Reportage (Egon-Erwin-Kisch-Preis)
Klaus Brinkbäumer, für „Die afrikanische Odyssee“, im Spiegel Henning Sußebach, für „Hoffmanns Blick auf die Welt“, in Die Zeit (1. Platz wurde zweimal vergeben)
der Fotograf Robert Lebeck[26]; Jury-Begründung: „Der Fotograf Robert Lebeck hat mit seinen Bildern wesentlich zur Prägung unseres Bildes von der Welt und den Persönlichkeiten, die in ihr handeln, beigetragen. Wenige Fotografen sind Zeitgenossen wie Lyndon B. Johnson, Max Frisch oder Romy Schneider so nahegekommen wie Lebeck, kaum einer ist mit seiner souveränen Verbindung von Intimität und Seriosität so beispielhaft geworden für junge Fotografen wie er.“[27]
Pressefreiheit
die letzte unabhängige russische Zeitung Nowaja gaseta;[28] Jury-Mitglied Andreas Petzold erklärte: „Mit Respekt und Bewunderung verfolgen wir seit Jahren den Kampf, den die Redaktion der Nowaja gaseta für Demokratie und Menschenrechte führt, gegen alle Versuche, die Medien ihres Landes unter Regierungskontrolle zu bringen und die Wahrheit in vielen Fällen zu verschleiern. Wenn es jemand gibt, der in dieser Zeit einen ganz besonderen Einsatz für die Freiheit und Unabhängigkeit der journalistischen Berichterstattung leistet, dann sind das Dmitri Muratow und sein Redaktions-Team.“
Preisträger 2008
Kategorie
Preisträger
Beste Reportage (Egon-Erwin-Kisch-Preis)
Sabine Rückert, für „Wie das Böse nach Tessin kam“, in Die Zeit
der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki; Jury-Mitglied Thomas Osterkorn erklärte: „Durch seine entschiedenen Kritiken, seine leidenschaftlich geführten Debatten und seinen passionierten Einsatz für die Literatur und ihre humanitäre Kraft hat Marcel Reich-Ranicki Maßstäbe gesetzt – auch für den Qualitätsjournalismus in Deutschland.“[29]
Yang Yankang, für „Die starke Kraft des Glaubens“, in Geo
Lebenswerk
Jürgen Leinemann; Jury-Mitglied Andreas Petzold erklärte: „Die Arbeit von Jürgen Leinemann ist ein Beispiel für hervorragenden Qualitätsjournalismus. Sein beinahe psychoanalytischer Blick auf die Portraitierten hat ihn meisterhaft werden lassen im Erkennen der Limitierungen der Menschen über die er schrieb. Als penibler Rechercheur und schonungsloser Analytiker hat er bei aller Schärfe des Urteils nie die Fairness vergessen.“[30]
Pressefreiheit
Robert Ménard, Mitgründer und ehemaliger Generalsekretär der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ (Reporters sans frontières)
Preisträger 2010
Kategorie
Preisträger
Beste Reportage (Egon-Erwin-Kisch-Preis)
Hania Luczak, für „Ein neuer Bauch für Lenie“, in Geo
Marc Baumann, Martin Langeder, Mauritius Much, Bastian Obermayer, für „Briefe von der Front“, im Süddeutsche Zeitung Magazin; Jurybegründung: „vermittelt ein authentisches Gefühl dafür, wie die Deutschen in den Krieg und der Krieg zu den Deutschen kam. Eine ferne Front ist plötzlich ganz nah.“[31]
die französische Zeitung Le Canard enchainé, deren Redaktion in Frankreich, so das Jury-Mitglied Andreas Petzold, „schonungslos politische Skandale und Korruption aufdeckt“[35]
Jan Christoph Wiechmann, „Drei Krieger“, Reportage über den Krieg in Afghanistan aus drei verschiedenen Perspektiven, veröffentlicht im Stern am 9. April 2015
Beste investigative Leistung
Team des Spiegel, „Sommer, Sonne, Schwarzgeld“, Artikel über die fragwürdige Vergabe der Fußball-WM 2006 nach Deutschland, veröffentlicht im Spiegel am 17. Oktober 2015
Beste Dokumentation
Wolfgang Bauer, „Das Leben nach der Hölle“, Reportage über Mädchen und Frauen in Nigeria, die von der Terrormiliz Boko Haram entführt wurden, veröffentlicht im Zeitmagazin am 20. August 2015
Beste Foto-Reportage
Arne Svenson, „Die Welt ist mir zu viel“, Foto-Reportage über private Rückzugsorte in Manhattan, veröffentlicht im Zeitmagazin am 1. Januar 2015
Beste Web-Reportage
Team der Berliner Morgenpost, „M29 – Berlins Buslinie der großen Unterschiede“, Reportage über soziale Gegensätze in der deutschen Hauptstadt, veröffentlicht in der Berliner Morgenpost am 13. Januar 2015
Beste Inszenierte Fotografie
Jojakim Cortis/Adrian Sonderegger, „Trauen Sie Ihren Augen nicht!“, kritische Auseinandersetzung mit der Wirkung von Bildern, veröffentlicht in Geo am 20. März 2015
Nicola Meier, „Wer rettet Klara?“, veröffentlicht in der Ausgabe 39/2016 der Zeit
Beste Reportage-Fotografie
Bieke Depoorter, „Dürfen wir bei Ihnen schlafen?“, Nahaufnahmen aus dem Alltag ägyptischer Familien, fünf Jahre nach der Revolution in Ägypten 2011, veröffentlicht in Geo Ausgabe 03/16
Bestes Web-Projekt
Axel-Springer-Akademie: Adrian Arab, Katja Belousova, Lukas Dombrowski, Henry Donovan, Julian Erbersdobler, Johanna Gerber, Sebastian Gubernator, Abdullah Khan, Gerrit-Freya Klebe, Larissa Königs, Alina Leimbach, Tim Osing, Tobias Perlick, Maximilian Wessing, Sabine Winkler, Louisa Nele Würzbach für sachor.jetzt,Snapchat-Projekt zum Holocaust[50]
Kaveh Rostamkhani, „Rebordering Europe“, Eine Erörterung der europäischen Grenzpolitik und neuer Dynamiken migrantischer Autonomie seit dem langen Sommer der Migration, veröffentlicht auf der Projektwebsite rebordering.eu am 27. Januar 2016
Roman Dobrokhotov, Matthias Gebauer, Christo Grozev, Roman Lehberger, Fidelius Schmid, Jörg Diehl, Christian Esch: Das sind die Männer, die Nawalny töten sollten,Der Spiegel (in Kooperation mit Bellingcat, CNN, The Insider)
Özlem Gezer, Timofey Neshitov: Die Hanau-Protokolle,Der Spiegel
Investigation
Bastian Berbner, John Goetz, Ole Pflüger, Ben Hopkins, Sabine Korbmann, Barbara Biemann, Johanna Leuschen, Kathrin Bronnert, Lukas Augustin, Poul-Erik Heilbuth, Dietmar Schiffermüller, Volker Steinhoff, Stefan Buchen, Gunnar Krupp, Slahi und seine Folterer,NDR/ARD
Christian Brückner: Henri Nannen Preis 2005 (3 Audio Hör-CDs). Audio Media Verlag, Juni 2005, ISBN 3-937847-32-4.
Die Jury des Henri-Nannen-Preises (Hrsg.): Mit einem Erdbeben anfangen! Die besten journalistischen Geschichten des Jahres. Murmann-Verlag, Hamburg 2007. ISBN 978-3-86774-008-1
↑Heike Faller: Der Getriebene. Kann ein Mensch seine Sexualität sein Leben lang unterdrücken? Wenn Jonas ein guter Mensch sein will, wird er es müssen – er ist pädophil. Wir haben ihn bei seiner Therapie begleitet. Zeit Online, 25. Oktober 2012, abgerufen am 29. Mai 2014.
↑Vermisst. Verschollen. Und beinahe vergessen. An einem tristen Märztag verschwindet die Rheinbacher Arzthelferin Trudel Ulmen spurlos aus ihrem geordneten Leben. Erst jetzt, nach fast 16 Jahren, wird sie zum Fall für die Bonner Kripo. General-Anzeiger Bonn, 9. Januar 2012, abgerufen am 29. Mai 2014.
↑Trauerspiel beim Stern-Preis. Die preisgekrönte Berichterstattung des „Spiegel“ über Julian Reichelt weist handwerkliche Fehler auf. Außerdem hat eine zentrale Quelle nicht die Wahrheit gesagt. Der Beirat des Stern-Preises hat damit kein Problem. In: kress pro Ausgabe 09/2023. 15. November 2023.