Schüss
Die Schüss (französisch La Suze) ist ein 43 km langer Fluss im Berner Jura und in Biel. Ihre höchstgelegenen Quellen liegen im Randgebiet des Kantons Neuenburg. Sie fliesst durch das Sankt-Immer-Tal und durch die beiden grossen Klusen von Rondchâtel und Frinvillier sowie durch die Taubenlochschlucht nach Biel, wo sie in den Bielersee mündet. Als indirekter Zufluss in die Aare gehört sie zum Einzugsgebiet des Rheins. Ihr Flussgebiet stösst im Westen an die Europäische Hauptwasserscheide zwischen dem Rhein und dem Doubs, einem Nebenfluss der Rhone. NameIn einer Urkunde, welche wahrscheinlich aus dem 9. Jahrhundert stammt, wird der Fluss als Susingum erstmals schriftlich erwähnt. Der Name ist keltischen Ursprungs (*Segusiā) und steht wohl in Zusammenhang mit dem indogermanischen Verb *segh- „überwältigen, in den Griff bekommen“. Das Benennungsmotiv dürfte die Wasserkraft des Flusses gewesen sein.[5] GeographieQuellgebietDie Quellbäche, welche die Schüss bilden, liegen in der Umgebung der Schlucht von Les Convers nördlich des Passübergangs Vue des Alpes auf dem Gebiet der Gemeinde Val-de-Ruz im Kanton Neuenburg. Das Berggebiet liegt südwestlich der Gemeinde Renan, Kanton Bern.[6] Der höchstgelegene Quellbach entspringt im Tal Pré de Suze östlich der Hauptstrasse 20.[7] Die ehemalige Bergweide ist heute vom Material der Deponie Pré de Suze zugedeckt,[8] weshalb der Bachlauf im Tal Combe Jeure etwas verkürzt ist. Er beginnt jetzt auf der Höhe von etwa 1160 m ü. M. Im Tal Les Combes, wo zwei Waldwege den Bach überqueren, fliesst ihm aus einer anderen Quelle von rechts aus der Combe des Auges ein zweiter Quellbach zu. In der Klus von Les Convers, die je zur Hälfte zum Gebiet von Val-de-Ruz und von La Chaux-de-Fonds gehört, ist die Schüss von den Verkehrsanlagen der Autobahn A20 und der Bahnstrecke Neuchâtel–Le Locle-Col-des-Roches überdeckt. Aus dem östlichen Hochtal La Grand’ Combe erreicht ein weiterer kleiner Nebenbach das Terrain des Verkehrsknotens und mündet im Boden verdolt in die Schüss. Der Bach verlässt auf der Nordseite des Talkessel von Les Convers die Dole wieder und fliesst, weiter im Stadtgebiet von La Chaux-de-Fonds, unterhalb des Roc Mildeu in einem Bachbett mit befestigter Sohle neben der Talstrasse, die nach Renan führt. Das enge Tal östlich des Mont Sagne liegt in einem Waldgebiet. Der Bach versickert am Rand der offenen Weidelandschaft in der Nähe der Siedlung Les Convers (früher Chez Dubuis), die zu La Chaux-de-Fonds gehört, im Talboden. Fünfhundert Meter weiter unten erscheint der Bach im Gebiet des Kantons Bern beim Weiler Le Cerf, Gemeinde Renan im Vallon de Saint-Imier (Sankt-Immer-Tal), auf 966 m ü. M. wieder an der Oberfläche. Diese Stelle wird manchmal als offizielle Quelle der Schüss betrachtet. VerlaufDie Schüss folgt dem Sankt-Immer-Tal bis Cortébert in nordöstlicher und später in östlicher Richtung. Unterhalb des Engnisses von Sonceboz ist am Fluss, der im flachen Talboden bei der Métairie de Nidau mäandriert, ein Feuchtgebiet mit einem Auenwald erhalten, das zu den Amphibienlaichgebieten von nationaler Bedeutung gehört.[9] Zwischen Reuchenette und Rondchâtel durchquert die Schüss in südlicher Richtung eine grosse Juraklus in der Chasseral-Montagne de Romont-Antiklinale. Im Durchbruchstal befindet sich eine Zementfabrik der Vigier Ciment AG. Nach dem Tal von Frinvillier (Friedliswart) tritt der Fluss in die tiefe, imposante Taubenlochschlucht ein, die den Bergzug Magglingen-Bözingenberg durchschneidet, und erreicht danach bei Bözingen, einem Stadtteil von Biel, die Ebene des Mittellands. Durch die enge Schlucht führt ein zwei Kilometer langer Wanderweg, der die bekannte landschaftliche Sehenswürdigkeit erschliesst (Wanderland-Route 38 «ViaBerna» und Route 80 «ViaJura»). Die Taubenlochschlucht ist eine bedeutende Attraktion der Jura-Seeland-Region (frz. Jura & Trois-Lacs) gehört.[10] Durch die beiden Quertäler folgen auch bedeutende interkantonale Verkehrswege dem Lauf der Schüss, neben der Hauptstrasse 6 auch die Eisenbahnlinie Biel–Tramelan–Moutier bzw. Biel–La Chaux-de-Fonds sowie die Autobahn A16 «Transjurane». Wegen der knappen Platzverhältnisse in den Schluchten waren für die Strecken zahlreiche Brücken und Tunnel nötig. Beim Austritt des Flusses aus der Schlucht befindet sich in Bözingen ein Wasserkraftwerk, das auf eine Mühle, die schon im Mittelalter bestand, und einen Drahtzug aus dem 17. Jahrhundert zurückgeht. Im 20. Jahrhundert benützten die Vereinigten Drahtwerke Biel an dieser Stelle die Wasserkraft. Das neue Kraftwerk wird von der Bielersee Kraftwerke AG betrieben. Die Schüssinsel im Industrieareal südlich von Bözingen entstand vor Jahrhunderten durch die Anlage eines Mühlekanals. Sie hiess deshalb früher Mühleinsel. Es bestanden zwei Mühlen, je eine auf jeder Flusseite, die zu verschiedenen Herrschaftsgebieten gehörten. Das rechtsseitige Ufer mit der Wildermeth-Mühle, die 1959 abgebrannt ist, lag im Gebiet des Fürstbistums Basel, das linke Ufer in der Gemeinde Mett (heute Quartier der Stadt Biel), welche zur Landvogtei Nidau und somit zum Territorium der Republik Bern gehörte.[11] In den Jahren 2015–2017 gestaltete die Stadt Biel die Schüssinsel neu und schuf eine grosse Parkanlage, welche als Naherholungsraum dient und mehrere städtebauliche Preise erhielt. Auf der Höhe der Schüssinsel sowie etwas flussabwärts befinden sich die Hauptsitze der bekannten Uhrenmarken Omega und Swatch (Swatch Omega Campus). Die Schüss fliesst von Bözingen gegen Südwesten in Richtung des Bieler Stadtzentrums. Auf der Höhe der Stadtquartiere Champagne sowie Madretsch Nord verzweigt sich die Schüss bei der 1829 gebauten Schüss-Schleuse in zwei natürliche und einen künstlich angelegten Arm:
EinzugsgebietDas Einzugsgebiet der Schüss ist 216,27 km² gross und besteht zu 49,5 % aus bestockter Fläche, zu 41,6 % aus Landwirtschaftsfläche, zu 8,4 % aus Siedlungsfläche und zu 0,5 % aus unproduktiven Flächen. Flächenverteilung Die Mittlere Höhe des Einzugsgebietes beträgt 987,3 m ü. M.[14] Umliegende Flussgebiete
Das Flussgebiet der Schüss grenzt
ZuflüsseNeben zahlreichen kurzen Seitenbächen, die von den Bergflanken beidseits des Tales zur Schüss fliessen, nimmt sie auch einige grössere Zufküsse auf. Bei Villeret mündet von rechts der Wildbach Bez (4,4 km Länge) aus der Combe Grède in die Schüss, bei Cortébert der ebenfalls vom Chasseralmassiv herabkommende Grabe (5,5 km Länge), und aus den grossen Nebentälern im Osten des Einzugsgebiets nimmt die Schüss die zwei bedeutendsten Zuflüsse Terbez (8 km Länge) und Orvine (7 km Länge) auf.
HydrologieAn der Mündung der Schüss in den Bielersee beträgt ihre modellierte mittlere Abflussmenge (MQ) 6,15 m³/s. Ihr Abflussregimetyp ist pluvial jurassien[17] und ihre Abflussvariabilität[18] beträgt 26. Die Abflussmenge der Schüss schwankt im Laufe des Jahres relativ stark. Die höchsten Wasserstände wurden für die Monaten Februar bis April ermittelt. Ihren Höchststand erreicht die Abflussmenge mit 9,68 m³/s im April. Danach geht die Schüttung Monat für Monat merklich zurück und erreicht ihren niedrigsten Stand im August mit 3,30 m³/s, um im September wieder von Monat zu Monat stetig anzusteigen. Der modellierte monatliche mittlere Abfluss (MQ) der Schüss in m³/s[4]
BrückenIm Juragebirge durchziehen bedeutende Verkehrsachsen das von der Schüss entwässerte Tal, und am Jurasüdfuss durchquert der Fluss die dicht bebaute Agglomeration von Biel. Deshalb wird sie auf ihrem Weg von rund 200 Brücken von Strassen, Eisenbahnlinien und Autobahnen überquert. Fast die Hälfte der Übergänge befinden sich in der Stadt Biel. Nutzung der WasserkraftDie Schüss bietet mit ihrem grossen Gefälle von rund 400 Meter zwischen dem oberen Sankt-Immer-Tal und dem Bielersee und einem weiten Einzugsgebiet das Potential einer grossen Wasserkraft, die seit dem Mittelalter an zahlreichen Stellen mit Kleinkraftwerken ausgenützt wird. Im Sankt-Immer-Tal nutzten mehrere Mühlen und später Industriebetriebe das Gewässer. In der hohen Talstufe bei Rondchâtel entstand um 1888 ein Wasserkraftwerk, die Forces motrices de Rondchâtel. Seit 1892 wurde vom Kraftwerk Chauffat elektrische Energie in die Papierfabrik Biberist übertragen.[19][20] Mit einem Wasserkraftwerk in der Taubenlochschlucht produziert Energie Service Biel/Bienne elektrischen Strom.[21] In Bözingen besteht ein Kraftwerk der Bielersee Kraftwerke AG, und am Unterlauf der Schüss in Biel liegen weitere Standorte historischer Wasserkraftwerke.[22] FischereiAufgrund eines Ölunfalls in Péry vom 7. September 2024 empfiehlt das Fischereiinspektorat des Kantons Bern am 20. September 2024 bis auf Weiteres auf dem Flussabschnitt zwischen Péry und dem Bielersee auf die Fischerei zu verzichten und die Fische nicht zu konsumieren. Bis zum Ende der regulären Schonzeit, welche am 1. Oktober 2024 beginnt und bis am 15. März 2025 dauert, wird die Situation neu beurteilt.[23] Literatur
WeblinksCommons: Schüss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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