Der Augsburger Bischof Embriko Graf von Leiningen († 1077) stiftete 1071 östlich des Doms ein kleines Kollegiatstift mit Kapelle als Oratorium[1] und stattete es mit reichlich Grundbesitz aus. Das Patrozinium zu Ehren der hl. Gertrud von Nivelles weist auf eine ältere Kapelle außerhalb der Stadtmauern hin, die aufgegeben wurde. Das Stift, das dem Domkapitel unterstand, zählte anfangs drei und später fünf Kanonikerstellen.[2] St. Gertrud besaß kein Stiftsgebäude. Da es eng an den Dom gebunden war, blieb es unbedeutend.[3][4] Die Einkünfte wurden in Personalunion von Angehörigen des Domkapitels verwaltet.
Da die Kirche der Erweiterung des romanischen Doms im Wege stand, wurde sie Mitte des 14. Jahrhunderts abgetragen. An ihrer Stelle errichtete man 1356 den Ostchor des heutigen Doms. Als Ersatz erhielten die Chorherren im neuen 1431 fertiggestellten Hochchor die Gertrudkapelle, heute auch als Mittelkapelle bekannt. Das ehemalige Altarblatt, das die Kommunion der Hl. Gertrud zeigt, befindet sich seit 1859/63 in der Kirche St. Bartholomäus in Diedorf.[5] Im Zuge der Säkularisation wurde das Stift 1802 aufgehoben.[6]
↑Johann Raiser: Antiquarische Reise von Augusta nach Viaca, mit Exkursionen nach Venaxomodurum und Coelio-Monte: mit den römischen Straßen-Verbindungen, und den alterthümlichen Funden und mit 37 Distrikts- und Orts-Monographien; Mit 2 Kupfertafeln, 1 Karte und 62 Abbildungen enthaltend. Reitmayr, 1830, S.2.
↑Guntia und merkwürdigere Ereignisse der Donau-Stadt Günzburg, in der Umgegend, und in der Markgrafschaft Burgau, Beschreibung des römischen Antiquariums zu Augsburg und neue Funde römischer und deutscher Alterthümer in Augsburg. Rösl, 1823, S.32.
↑Joachim Jahn: Historischer Atlas von Bayern Schwaben Augsburg Land Heft 11, München 1984, S. 343