Seinen belegbaren Ausgang nahm das Geschlecht von der im 12. Jahrhundert errichteten Burg Leiningen im nordöstlichen Pfälzerwald; die Burg wurde später „Altleiningen“ genannt, als im 13. Jahrhundert, am fünf Kilometer entfernten Ostrand des Pfälzerwalds zur Rheinebene hin, die Schwesterburg Neuleiningen hinzukam.
Unterhalb der Burg Altleiningen im Tal des Eckbachs liegt die Gemeinde Altleiningen, während die Gemeinde Neuleiningen sich auf der Anhöhe um die gleichnamige Burg herum entwickelt hat. Das Stammland der Leininger um die beiden Burgen trägt heute den Namen Leiningerland und deckt sich weitgehend mit der Verbandsgemeinde Leiningerland sowie der Stadt Grünstadt.
Die Anfänge (Alt-Leiningen)
Über die Frühzeit des Geschlechts bis ins 12. Jahrhundert lassen sich keine gesicherten Angaben machen. Die erste sichere Erwähnung der Familie stammt aus dem Jahr 1128, als Emicho, Graf von Leiningen eine Urkunde des Mainzer Erzbischofs Adalbert I. von Saarbrücken bezeugte.[1]
Dieser Emich II. von Leiningen († vor 1138) wird in der neueren Literatur als Stammvater des Adelsgeschlechts betrachtet. Für eine Abstammung von den Emichonen, den Grafen im Nahegau, den Nachweis zu führen, gestattet die Quellenlage nicht, wenngleich sie als wahrscheinlich anzunehmen ist.[2] Auch die Beziehungen zum KreuzfahrerEmicho lassen sich nicht mehr klären; möglicherweise war er der Großvater Emichs II.[3]
Emich II. baute das Kerngebiet seiner Herrschaft um die Burg Leiningen (heute Altleiningen) aus. Unbekannt ist sein Anteil am Bau oder Ausbau der Burg. In seine Zeit fällt die Gründung des Chorherrenstifts Höningen (siehe auch Höninger Lateinschule) zwischen 1119 und 1124.[4] Der letzte Altleininger Graf, Reinhard August zu Leiningen-Westerburg-Altleiningen († 1929), ließ sich 1913 von Guido Philipp Schmitt, im Stil des Historismus, als sein Vorfahre Emich II. porträtieren. Das Gemälde befindet sich heute im Museum Grünstadt. Nach ihm wurde noch im gleichen Jahr das Bronzerelief des Emichbrunnens in der jetzigen Fußgängerzone Grünstadt gestaltet.[5]
Nach dem Aussterben der Leininger um das Jahr 1212 nahm der Neffe des letzten Grafen, Sohn seiner Schwester Liutgard und des Grafen Simon II. von Saarbrücken, als Friedrich II. den Namen Leiningen und das Wappen an.[8] Damit begründete er die jüngere Linie Leiningen. Zum vorhandenen Leininger Besitz kamen vom Vater ererbte Güter (Hardenburg) sowie die Vogtei über das Kloster Limburg hinzu. Sein Sohn Friedrich III. erwarb 1241 die Grafschaft Dagsburg in den Vogesen. Der zweite Sohn, Emich IV., Gründer der Stadt Landau in der Pfalz, erhielt bei der Erbteilung von 1237 die Burg Landeck mitsamt allen dazugehörigen Ortschaften und Rechten und begründete die kurzlebige Linie Leiningen-Landeck, die aber schon 1289/1290 mit dem Tod seines Sohnes Emicho und Enkels Rudolf wieder erlosch. 1317 kam es unter den Enkeln Friedrichs III. zur Teilung in die beiden Linien Leiningen-Dagsburg und Leiningen-Hardenburg.
Die (ältere) Linie Dagsburg starb schon 1467 wieder aus. Letzter dieser Linie war der noch 1444 zum Fürsten ernannte Landgraf Hesso von Leiningen-Dagsburg. Dessen Schwester Margarethe, verheiratet mit Reinhard III. von Westerburg, erhielt den größeren Teil des Erbes, weshalb sich die im Westerwald beheimateten Grafen von da an Leiningen-Westerburg nannten. Der Stammsitz der älteren Dagsburger Linie, die Dagsburg, fiel an die Linie Leiningen-Hardenburg, die daraufhin den Namen Leiningen-Dagsburg(-Hardenburg) annahm.
Ab dem 15. Jahrhundert gab es also zwei gräfliche Häuser Leiningen, eine aus der älteren Dagsburger Linie hervorgegangene Familie Leiningen-Westerburg und eine aus der Linie Leiningen-Hardenburg hervorgegangene jüngere Familie Leiningen-Dagsburg, die nicht mit der älteren Dagsburger Linie verwechselt werden darf.
Stammliste von Saarbrücken-Leiningen bis zur Teilung
Simon ⚭(III) Gertrud von Metz und Dagsburg ⚭(II) 1217 Theobald IV. von Champagne, König von Navarra, geschieden vor 1223; ⚭(I) 1215 Theobald I., 1213 Herzog von Lothringen, 1216 Graf von Dagsburg und Metz; † 1217
Als Gräfin Margarethe von Leiningen-Westerburg (⚭ Reinhard III. Herr von Westerburg († 1449) aus dem Haus Runkel-Westerburg) 1470 starb, fiel der gesamte Westerburger und Leininger Besitz an ihren Enkel Reinhard, der sich von da an „Graf zu Leiningen-Westerburg“ nannte. Er vermachte seine pfälzischen Besitzungen seinem Sohn aus erster Ehe, Philipp, und teilte seine westerwäldischen Besitzungen unter den Söhnen Kuno und Georg aus zweiter Ehe. Somit entstanden zunächst auch hier drei Linien:
Leiningen-Leiningen (bis 1622)
Leiningen-Westerburg († 1597)
Leiningen(-Westerburg)-Schaumburg (bis 1705)
Das Haus Leiningen-Leiningen erwarb im 16. Jahrhundert die Grafschaft Rixingen in Lothringen und erhielt 1570, beim Aussterben der Grafen von Zweibrücken-Bitsch, auch einen Teil von deren Herrschaft, u. a. Oberbronn im Elsass. 1569 führten die Leininger die Reformation ein, hoben das Kloster Höningen auf und gründeten an dessen Stelle eine Lateinschule, auf die das heutige Leininger-Gymnasium in Grünstadt zurückgeht.
Als 1622 Graf Ludwig von Leiningen-Leiningen starb, teilte sich dieses Haus wiederum in drei Linien:
Leiningen-Leiningen († 1635)
Leiningen-Rixingen († 1705)
Leiningen-Oberbronn († 1665)
Als 1705 mit Graf Philipp Ludwig von Leiningen-Rixingen die letzte dieser Linien ausstarb, fielen diese Teile an die überlebenden Verwandten aus der Schaumburger Linie.
Die Hauptlinie Leiningen-Westerburg starb schon 1597 aus, ihre Besitzungen fielen ebenfalls an die Nebenlinie Leiningen-Schaumburg. 1695/1705 teilte sich auch diese Linie mehrfach. Von diesen Nebenlinien des gräflichen Hauses Leiningen existierten zwei bis in das 20. Jahrhundert:
Leiningen-Westerburg-Altleiningen (besteht in einer Linie in Österreich nominell bis heute)[9]
Die andere Linie, Leiningen-Dagsburg-Hardenburg, konnte sich im Besitz der Landvogtei Unterelsass dort weiteren Besitz verschaffen. 1466 erwarb diese Linie die Herrschaft Apremont in Lothringen. Eine bereits 1343 abgespaltene Linie zu Rixingen fiel 1506 an Pfalz-Zweibrücken.
Leiningen-Hardenburg konnte im 15. und 16. Jahrhundert Weißenburger Lehen erlangen, doch 1560 erfolgte eine weitere Teilung, aus der die Linien
Leiningen-Dagsburg-Hardenburg und
Leiningen-Dagsburg-Falkenburg (bis 1658)
hervorgingen.
Leiningen-Dagsburg-Hardenburg
Von 1560 bis 1725 war die Hardenburg Hauptsitz des Familienzweiges und wurde in dieser Epoche zum Residenzschloss ausgebaut. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688–1697) zerstörten die Franzosen 1692 die Festungswerke der Anlage und sie blieb ruinös. Deshalb verlegten die Grafen von Leiningen-Dagsburg-Hardenburg ihre Residenz 1725 in das nahe gelegene Schloss Dürkheim, das am Platz des heutigen Kurhauses stand. Schon 1504 bis 1508 errichtete Graf Emich IX. von Leiningen-Hardenburg († 1535)[10] hier eine Grabkapelle seiner Familienlinie, mit (nicht zugänglicher) Gruft, angebaut am südöstlichen Seitenschiff der Dürkheimer Schlosskirche.[11] Es handelt sich um einen spätgotischen Bau mit zwei Giebeln, einem Satteldach und Rippengewölbe, der räumlich mit der Kirche verbunden ist. Im Inneren haben sich mehrere gotische Grabplatten und Renaissance-Epitaphien der Familie erhalten.
Der Kaiser erhob den Grafen Carl Friedrich Wilhelm 1779 in den Reichsfürstenstand mit Kuriatstimme im Wetterauischen Grafenkollegium. Als die Französische Revolution in den 1790er Jahren auch auf Südwest- und Westdeutschland übergriff, wurde die Familie 1796 aus der Residenz Dürkheim und aus allen linksrheinischen Besitztümern vertrieben. Das Schloss in Dürkheim wurde angezündet und brannte aus. 1801 gingen die linksrheinischen Güter der Linie an Frankreich, weshalb sie 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluss mit verschiedenen ehemaligen Kurmainzer und Würzburger Besitzungen im Odenwald entschädigt wurde und das neue Fürstentum Leiningen mit Sitz in der ehemaligen Abtei Amorbach bildete. Fürst Carl wurde eine Virilstimme im Reichsfürstenrat zugesprochen, statt des Grafentitels von Leiningen-Dagsburg-Hardenburg nahm er den Titel Reichsfürst zu Leiningen, Pfalzgraf zu Mosbach, Graf zu Düren, Herr zu Miltenberg, Amorbach, Bischofsheim, Boxberg, Schüpf und Lauda an. Durch Mediatisierung und den Einfluss Napoleons verlor er aber 1806 seine staatliche Souveränität an das Großherzogtum Baden. Dieses trat 1810 Gebietsteile an das Großherzogtum Hessen ab, das sie als Ergebnis des Wiener Kongresses 1816 an das Königreich Bayern weiterreichte. Diese fürstliche Linie zu Leiningen ist die letzte bis heute existierende Linie des Gesamthauses Leiningen.
Leiningen-Dagsburg-Falkenburg
Die gräfliche Linie Leiningen-Dagsburg-Falkenburg spaltete sich 1658 in die Linien
Leiningen-Dagsburg († 1706)
Leiningen-Heidesheim († 1766)
Leiningen-Guntersblum (bis 1774)
Die Grafschaft Dagsburg fiel 1774 an Leiningen-Dagsburg-Hardenburg.
Die beiden Nebenlinien
Leiningen-Dagsburg-Falkenburg-Guntersblum, seit 1803 Leiningen-Billigheim auf Schloss Billigheim (1902 abgebrannt) und Schloss Neuburg († 1925)
Verheiratet mit Clara von Vinstingen, nach deren Tod 1411 Heirat mit Beatrix von Baden, Tochter Markgraf Bernhards I. von Baden. 1421 Errichtung der Burg Haßloch, Söhne: Emich (VIII.), Schaffried und Bernhard sowie Anthis
1460 Eroberung und 1461 Zerstörung der Burgen Haßloch und Minfeld sowie 1460 und 1471 Zerstörung der Emichsburg durch Kurfürst Friedrich I., dessen militärischer Hauptgegner er auch im Weißenburger Krieg 1469–1472 ist. Vor dem 27. Oktober 1492 bittet er den Papst, die Pfarrkirche in Dürkheim zur Stiftskirche zu erheben.[16]
1502 Wiederaufbau der Bockenheimer Emichsburg, 1504–1508 Bau der Familien-Grabkapelle an der Dürkheimer Pfarrkirche (seit 1818 „Schlosskirche“ genannt), wo sich auch seine Grabplatte befindet, zerstörte 1504 das Kloster Limburg
Carl Friedrich Wilhelm, 1. Fürst zu Leiningen (1724–1807), kaiserlicher Kämmerer, Wirklicher Kurpfälzischer Geheimer Rat und Generalleutnant, ⚭ Christiane Wilhelmine Gräfin zu Solms-Rödelheim
Karl Friedrich Wilhelm Emich zu Leiningen, 3. Fürst zu Leiningen (1804–1856), königlich bayerischer Generalleutnant, erster Ministerpräsident der zur Frankfurter Nationalversammlung gehörenden Reichsregierung der Provisorischen Zentralgewalt und erster Vorsitzender des Mainzer Adelsvereins, ⚭ Maria Gräfin v. Klebelsberg
Stammwappen der jüngeren Linie Leiningen nach GHdA
Das Stammwappen zeigt in Blau drei (2:1) rot-bewehrte silberne Adler. Auf dem Helm mit blau-silbernen Decken steht eine grüne Linde mit silbernen Blüten. In dieser Form ist es im Codex Manesse,[22] im Ortenburger Wappenbuch von 1466,[23] im Wernigeroder Wappenbuch[24] und im Wappenbuch des Heiligen Römischen Reiches[25] dargestellt. Die heute benutzte Form[26] mit einem zusätzlichen roten Turnierkragen erscheint 1515 bei Nicolaus Bertschi[27] und ebenfalls 1554–1568 im Wappenbuch des Heiligen Römischen Reiches.[28] Laut Blasonierung im Genealogischen Handbuch des Adels ist die Version mit dem Turnierkragen als das Stammwappen definiert.[29]
Der sogenannte Leininger Adler fand Eingang in zahlreiche Wappen von Gebietskörperschaften im ehemaligen Herrschaftsgebiet der Familienzweige.
Wappen von Gebietskörperschaften mit dem Leininger Adler
Eduard Brinckmeier: Genealogische Geschichte des uradeligen, reichsgräflichen und reichsfürstlichen, standesherrlichen, erlauchten Hauses Leiningen und Leiningen-Westerburg. Sattler, Braunschweig 1890 Digitalisat
Thomas Gehrlein: Das Haus Leiningen. 900 Jahre Gesamtgeschichte mit Stammfolgen. Börde-Verlag, Werl 2010, ISBN 978-3-9811993-9-0.
Thomas Gehrlein: Die Grafen zu Leiningen-Westerburg. 900 Jahre Gesamtgeschichte mit Stammfolge. Kurpfalz-Verlag, Mannheim 2012, ISBN 978-3-9815332-0-0.
Hans Heiberger: 1200 Jahre Altleiningen. 780–1980. Heidelberger Verlagsanstalt, Heidelberg 1980.
Hans Heiberger: Die Grafen zu Leiningen-Westerburg. Ursprung, Glanz, Niedergang. Verlag Kiliansdruck Erwin Dinges, Grünstadt 1983, ISBN 3-924386-00-5.
Hans Heiberger: Das Ende der Grafen zu Leiningen-Westerburg. Verlag Klaus Dinges, Grünstadt 2000, ISBN 3-9806596-1-5.
Eva Kell: Das Fürstentum Leiningen. Umbruchserfahrungen einer Adelsherrschaft zur Zeit der Französischen Revolution. Institut für Pfälzische Geschichte, Kaiserslautern 1993, ISBN 3-927754-09-9.
J. Kindler v. Knobloch: Leiningen, In: Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Section 2, Theil 43 (1889), S. 23–26.
Gerhard Köbler: Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart. 7., vollständig überarbeitete Auflage. C.H. Beck, München 2007, ISBN 978-3-406-54986-1.
Ingo Toussaint: Die Grafen von Leiningen. Studien zur leiningischen Genealogie und Territorialgeschichte bis zur Teilung von 1317/18. Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1982, ISBN 3-7995-7017-9.
Genealogisches Handbuch des in Bayern immatrikulierten Adels, Band XXXIII, Hrsg. Vereinigung des Adels in Bayern e. V., München 2020, ISBN 978-3-87245-127-9, S. 51–58.
↑Franz Neumer: Ist Hochspeyer eine leiningische Gründung?, in Jahrbuch zur Geschichte von Stadt und Landkreis Kaiserslautern, Band 32/33, 1994/95, S. 17 (zitiert seinerseits Ruppersberg 1979 und Toussaint 1982).
↑Auf Grund des österreichischen Adelsaufhebungsgesetzes trägt der österreichische Zweig des gräflichen Hauses Leiningen-Westerburg den Adelstitel Graf nicht mehr im bürgerlichen Namen. Der letzte agnatische Namensträger Wilhelm Graf zu Leiningen-Westerburg aus der Linie Altleiningen verstarb 1929 ohne männliche Nachkommen. Dessen Schwester Eleonore adoptierte 1930 Konrad Schmitt, welcher somit den Namen Graf zu Leiningen-Westerburg-Altleiningen noch bis zu seinem Tode 1993 führte. Siehe dazu: Hans Heiberger: Das Ende der Grafen zu Leiningen-Westerburg. Grünstadt 2000, S. 12 ff., 26, 77 und 83.
↑Johann Georg Lehmann: Urkundliche Geschichte der Burgen und Bergschlösser in den ehemaligen Gauen, Grafschaften und Herrschaften der bayerischen Pfalz, Band 3, Kaiserslautern 1863, S. 203.
↑Franz Haffner: Ist die Schloßkirche in Bad Dürkheim eine ehemalige Stiftskirche?, in: Pfälzer Heimat 18, 1967, S. 3 bzw. VatA, Rom/I, Reg. Suppl. 964, Bl. 38v.
↑Anton Doll und Hans Ammerich: Der Landdekanat Weissenburg (mit Kloster St. Peter in Weißenburg) = Palatia Sacra. Kirchen- und Pfründebschreibung der Pfalz in vorreformatorischer Zeit 1: Bistum Speyer. Der Archdiakonat des Dompropstes von Speyer 2 = Quellen und Abhandlungen zur mittelalterlichen Kirchengeschichte 61.2. Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte, Mainz 1999. ISBN 3-929135-29-9, S. 230, Nr. 52 b.