Reformierte Kirche (Bützow)
Die Reformierte Kirche Bützow (auch: Hugenottenkirche) war ab 1771 das gemeinsame Kirchengebäude der Französisch- und Deutsch-reformierten Kirchengemeinden des Herzogtum Mecklenburg-Schwerin. Die Gemeinden schlossen sich 1778 zu der Evangelisch-Reformierten Gemeinde zusammen. Das Bauwerk ist das einzige im konsequent reformierten Stil erbaute Kirchengebäude in Nordostdeutschland und befindet sich im Ellernbruch 10 in der Altstadt der Stadt Bützow im Landkreis Rostock. ArchitekturGebäudeDie Kirche präsentiert sich als zweistöckige, rechteckige Querkirche in der Form des beginnenden Klassizismus mit Mansardwalmdach mit stehendem Dachstuhl. Die schlicht gestaltete Kirche fügt sich in die Häuserzeile ein und hat keinen Kirchturm. Die Gliederung der Fassade wird durch vier Pilaster mit einfachen Kapitellen in drei Felder geteilt, von denen die beiden äußeren mit je vier rechteckigen Fenstern das mittlere, welches resalitartig hervortritt, einschließt. Das Risalitportal zeigt sich mit Dreiecksgiebel ohne Lichtöffnung, einem Rundbogenfenster, einer Giebeltafel und einer zweiflügeligen Portaltür mit Oberlicht. Zur Portaltür führen fünf gleichlange Stufen. Zwischen den Fenstern befinden sich Nischen mit Stuckornamenten, die ins symmetrische übergehende Rokokoelemente zeigen.[1][2][3]
GiebeltafelDie Gemeinde ließ eine Giebeltafel anfertigen, die noch heute existiert. Die Inschrift lautet:.[1][3][4]
KirchenraumDer Kirchenraum ist ein schlichter Saal, in dem in wesentlichen die hölzerne Chorempore sowie der im gleichen Stil errichtete hölzerne Windfang, die wesentlichsten gestalterischen Elemente ausmachen. An der Nordseite des Windfangs befindet sich heute noch eine Presbyterbank (Kirchenältestengestühl) mit fest eingebautem Lektorenpult. Der schlichte Innenraum konzentriert sich im Sinne der calvinistischer Theologie. Der Altarraum war ursprünglich von dem Kirchenraum durch Holzschranken getrennt. Die Holzschranken bestehen aus massiven Mahagoni- und Eichenholz.[1][4] Die Holzschranken sind heute nur noch in Teilen installiert, jeweils ein Meter von der rechten und linken Wand. Reste der Schranken liegen auf dem Dachboden der Kirche. Ergänzt wurden diese Holzschranken durch das hölzerne Gestühl: Kojenartige Anordnung an der Nord-, West- und Südseite sowie in 2 Blöcken in Blickrichtung zur Kanzel. Die einzelnen Reihen sowie das Wandgestühl waren mit verschließbarem Zugang, sogenannten Klappen ausgestattet.[1][4] Von dem ursprünglichen Kirchengestühl, sind leider nur noch vier Kirchenbänke auf der Empore vorhanden, die durch Namenschnitzereien der ehemaligen Kalkanten aus dem 18. und 19. Jahrhundert verziert sind. Ein schlichter Altartisch schmückt noch heute den Altarraum. Am Nordende der Ostwand befindet sich eine Sakristei. An der Wand westlich der Kanzel befindet sich eine schlichte Tafel mit den Zehn Geboten, östlich eine gleiche mit dem Apostolikum.[1][3][4]
Bau der KircheDie Bützower Gemeinden waren nicht im Stande, den Kirchbau selbst zu finanzieren. Somit erbot der Landesfürst, zur Errichtung nicht bloß Steine aus der noch teilweise stehenden Stadtmauer[5] im Klosterformat, Baumaterialien und Hand- und Spanndienste anzuweisen, sondern auch ein Kollektpatent zu erteilen, wodurch die Reformierten in Mecklenburg ermächtigt wurden, um die Hilfe auswärtiger Glaubensgenossen zur Unterstützung des Unternehmens nachzusuchen. Da beide Gemeinden, an der Erbauung der Kirche das gleiche Interesse hatten, schlossen sie bereits im November 1761 einen Vertrag ab, wonach sie sich verpflichteten, dass jede von ihnen eine Persönlichkeit als Kollektanten bestelle und dass die geplante Kollektenreise von beiden Vertrauensmännern gemeinschaftlich unternommen werde.[6] Zu Kollektanten wurden von französischer Seite der Sprachlehrer Paquin, von deutscher Seite dagegen der Pastor Finmann (auch: Finman) bestimmt. Die erwählten Paquin und Finmann reisten am 17. Februar 1763 nach Lübeck, Hamburg, Bremen und nach Holland und kamen am 1. Juli 1764 zurück. Somit konnten die Gemeinden den Voss’schen Gartenplatz im Ellernbruch für sich erhandeln und begannen nach den Plänen des Landbaumeister Anton Wilhelm Horst (1714–1789), Mitglied der Bützower Deutsch-reformierten Gemeinde, und seiner herzoglichen Durchlaucht Friedrich zu Mecklenburg, der die Fenster in den Plänen veränderte,[2][7] mit der Grundsteinlegung der Kirche am 23. April 1765.[8] Im Juli 1766 war der Bau unter Dach gebracht. Da nun die Kassen gänzlich erschöpft waren, unternahm Finman alleine die nächste Kollektenreise. Er reiste am 26. August 1767 nach Holland und später nach England, wo er sich über zwei Jahre aufhielt und schließlich 1770 wieder das Bützower Ziel erreichte. Nun konnte der Kirchenbau am 1. September 1771 feierlich geweiht werden.[2][9] Heutige Nutzung des KirchengebäudesDie Reformierte Kirche in Bützow wurde 1988 an die Kommune verkauft, da die kleine Gemeinde seinerzeit keine Mittel hatte, den stark baufällig gewordenen Bau zu erhalten. Nach 1990 wurde die Kirche durch die Stadt Bützow umfassend saniert, die Stadt kaufte die Nachbarhäuser dazu, und es entstand die Kreismusikschule des Landkreises Rostock, Außenstelle Bützow.[10] Die Reformierte Gemeinde Mecklenburg-Bützow hat das Nutzungsrecht für den Kirchraum. AusstattungSchmidt-Orgel (1771–1862)Mit der abzusehenden Fertigstellung des Kirchenbaus 1770, verpflichteten die Gemeinden unter Empfehlung des Herzogs, den herzoglich-Mecklenburg-Schwerinschen Orgelbauer Paul Arndt Schmidt zu Rostock. Der Instrumentenbauer hatte mit dem Bau der Orgeln in der Schelfkirche zu Schwerin und der Rostocker Marienkirche die beste Reputation. Zum Erscheinungsbild wird als einziges erwähnt, dass die Pfeifen aus englischem Zinn waren.[2] Die Schmidt-Orgel wurde 1863 in der Klosterkirche Rühn verbaut, da 1862 ein Orgelneubau durch Friedrich Wilhelm Winzer entstand.[2][5] Winzer-Orgel (1862–Gegenwart)Die von Friedrich Wilhelm Winzer 1862 erbaute Orgel ist die einzige noch erhaltene Orgel dieses Typs mit den Originalprospektpfeifen aus der Werkstatt Winzers. Sie befindet sich auf der Orgelempore. Das elektrische Gebläse wurde Anfang des 20. Jahrhunderts eingebaut. Die Orgel entging im Jahre 1917 durch einen Zufall dem Schicksal, dass die Zinnpfeifen des Orgelprospekts konfisziert und als kriegswichtiger Rohstoff eingeschmolzen wurden. Damit war sie im Jahr 1955, den Wirren des Zweiten Weltkrieges zum Trotz, noch weitgehend im originalen Zustand. 1985 wurden viele Teile der Mechanik und fast alle Metallpfeifen der Winzer-Orgel durch Vandalismus stark zerstört. Die Orgelpfeifen wurden aus der Orgel entfernt und zum Teil so schwer beschädigt, dass es, als sie aufgefunden wurden, fraglich war, ob sie wieder repariert werden könnten. Diese Pfeifen wurden allerdings geborgen und auf dem Dachboden eingelagert. Die auf dem Dachboden gelagerten Orgelpfeifen wurden nach dem Tornado am 5. Mai 2015, vor der endgültigen Zerstörung in das Pfarrhaus der Gemeinde in der Pfaffenstraße 11 gerettet.[11] BeschreibungDer Spieltisch ist zentral, bis auf ein Register alle Registerzüge links. Zwei Bassladen (C und Cis) im Umfang von C-d1 als Transmissionsladen mit doppelten Ventilen. Die Diskantwindlade erhöht ist platziert. DieTontraktur als Strahlenmechanik. Originale Prospektpfeifen aus Zinn. Magazinbalg im Unterbau der Orgel. Von besonderer Bauart ist das Register Cantus firmus. Es ist in diesem Fall auf 16-Fuß-Basis gebaut, umfasst jedoch den hohen Tastenraum b1–f 3, der also in 8-Fuß-Lage erklingt. Neben der bei Winzer üblicherweise installierten Gambe (hier in 16-Fuß-Lage) wird der Bordun 16′ transmittiert. Ein obligates Spielen („Hervorheben der Choralmelodie“) ist damit gut möglich.[12][13] Register
RestaurierungDie Restauration der Orgel wurde von dem Orgelbaumeister Andreas Arnold aus Plau am See ausgeführt. Hierbei konnten auch die geretteten Pfeifen wiederhergestellt werden. Arnold erweiterte das Instrument um die Mixtur nach Vorbild der Winzer-Orgeln in Lübow und Stralendorf. Durch Drehen der Manubrien kann die Baßschleife ausgeschaltet werden, so dass die Mixtur ab ds1 nutzbar ist.[14] Die für die Restaurierung notwendige Summe in Höhe 45.000,- € wurden durch eine Spende der Stiftung Orgelklang[15], weitere Spenden, Benefizkonzerte und Sammelaktionen aufgebracht. Am 17. April 2016 konnte die Orgel erstmals in einem Gottesdienst wieder zum Klingen gebracht werden.[16][17]
KanzelDie an der Nordwand angebrachte Kanzel aus poliertem Mahagoni-Holz, im Aufbau einfachen Barockstil zeigend, während die sparsam angebrachten Schnitzereien Rokokoformen aufweisen, ist die im Jahre 1770 von dem Amsterdamer Kauf- und Handelsmann Johann Christian Dippel (auch: Tiepel), gebürtig aus Bützow gestiftet, wie die kurze Inschrift an der mit dem Wappen des Stifters gezierte Stirnseite des flachen Schalldeckels berichtet. Die Kanzel kam auf dem Wasserweg von Amsterdam über Rostock nach Bützow und ist die einzige ihrer Art in Deutschland. Es wird vermutet, dass die Kanzel ein Abbild der in Nieuwe Kerk (Amsterdam) und der in Remonstrantse kerk (Alkmaar) darstellt. Der Predigtstuhl wurde auf dem Wasserweg von Amsterdam über Rostock nach Bützow befördert.[1][2]
WandtafelnDen hugenottischen Tradition entsprechend befanden sich 1771, Ledertapeten mit dem Texten des Glaubensbekenntnis und den Zehn Geboten, links und rechts der Kanzel an der Nordwand, zunächst in französischer Sprache. Später waren hölzerne Tafeln zu finden.[1][5] Diese Tafeln gingen im 20. Jahrhundert, als die Kirche für viele Jahre leer stand, verloren.[2] Seit 2009 schmücken wieder neue Tafeln aus Glas mit dem vollständigen Text der Zehn Gebote den Kirchenraum. UhrEin Klassisches rundes Uhrwerk hinter einer gemalten Inschrift, befindet sich an der Orgelempore. Hora ruit[18] Nutze die Stunden, Sie fliehen schnell
GedenktafelAn der Ostwand befand sich eine Tafel mit zopfigem Goldrahmen, zum Gedächtnis der Kämpfer der Freiheitskriege.[1] Die Gedenktafel ist nicht mehr vorhanden. Porträt des Johann Heinrich FinmannAm Nordende der Ostwand ist eine Sakristei angebaut, in der sich ein Gemälde des um den Kirchenbau sehr verdienten Pastors Johann Heinrich Finmann (auch: Finman) befand, gemalt von herzoglichen Hofmaler Georg David Matthieu 1771. An dem Bild befand sich eine Gedenktafel mit lateinischer und deutscher Inschrift:[1] Latein: In Honorem Dei Triuni et pro Reformatorum cultu divino templum hoc A. Johanne Henrico Finmano, Westphaliens. pastore coetus hic germanicae totiusque ecclesiae reformatae, quae est hisce in terris Meklen- burgicis exstructum, sumtibus fautorum ex collectione fere per quinquennium in aliquibus locis Germaniae, in Anglia, precipue et secunda vice in Hollandia ab ipso facta. Inchoatum d. 23. Apr. 1765. Deo illi triuno sit laus et gloria sempiterna pro omni gratia et ope servo suo indigno hisce aerumnosis et tali difficili operi valde ingratis temporibus tam largiter porrecta! Bützovii in inaugurationis Dominica d. 1. Sept. MDCCLXXI. Übersetzung: Zur Ehre des dreieinigen Gottes und zur Gottesverehrung der Reformirten ist diese Kirche Gemeine in den hiesigen Mecklenburgischen Landen, durch milde Beiträge ihrer Gönner, und aus einer Collecte, die derselbe beinahe fünf Jahre hindurch in einigen Oertern Deutschlands, in England, besonders aber zu zweien Malen in Holland ver- anstaltet hat, erbaut worden. Der Bau begann am 23. April 1765. Dem dreieinigen Gott ich Lob und Ehre in Ewigteit für alle die Gnade und Hülfe, die er seinem unwürdigen Knechte in diesen bedrängten und für eine so schwierige Unternehmung so undankbaren Zeiten, so reichlich erwiesen hat! Bützow am 1. Sept., dem Einweihungs-Sonntage 1771. Das Bild war 2009 in der Ausstellung „Calvinismus. Die Reformierten in Deutschland und Europa“ im Deutschen Historischen Museum Berlin zu sehen.[19][20] Porträt der Gattin FinmannsZu dem Gemälde des J. Heinrich Finmann war bis 1824 ein Bildnis seiner Gattin, dasselbe ist von dem Pastor Werner Christian Motz entfernt worden, weil dieser die Anbringung eines derartigen Bildes in einem kirchlichen Raum nicht schicklich empfand.[2] Wo sich das Gemälde heute befindet ist nicht geklärt. GrablegeDie Bestattung einiger Personen, welche in der Gemeinde eine hervorragende Stellung eingenommen hatten, erfolgte nicht auf dem Kirchhof der Reformierten Gemeinde Vor dem Rühner Tor. Die Särge der Personen wurden in der Mitte der Kirche in einem kleinen Gewölbe verwahrt. Das Gewölbe war bis zum Jahr 1863 mit den Särgen verschlossen, in Folge eines Wassereinbruchs ist die Gruft geleert worden. Die menschlichen Überresten wurden auf dem Friedhof Bützow begraben, das Gewölbe verfüllt und versiegelt.[2][21] Nach Ausweisung der Kirchenbücher handelte es sich um folgende Gemeindemitglieder:[22]
KleinkunstwerkeDie Reformierten Brüder Friedrich Johann Ludwig (1737–1791) und der Wiener Reichshofrat Carl Christian (1740–1808), Grafen zur Lippe-Weissenfeid, studierten an der Friedrichs-Universität Bützow[31]. Am 31. Oktober 1773 stifteten sie der Gemeinde den Kelch Nr. 1 sowie einen Teller.[32]
Silbervergoldeter Kelch auf sechspassigem Fuß in einfachen Barockformen. An der Kupa eingraviert das Lippe’sche Mantelwappen mit Krone darüber. Am Fuß ein Dresdener Stempel, daneben das Wardierungszeichen und ein W.[4]
Großer flacher silbervergoldeter Teller mit demselben Wappen und Stempel wie der oben genannte Kelch Nr. 1.[4]
Silbervergoldete glatte Patene eine Schweriner Arbeit, passend zu Kelch Nr.1, auf der Unterseite die Zeichen S und ALM und die Inschrift: DER REFORMIRTEN TEUTSCHEN GEMEINE ZU BÜTZOW.[4]
Silbervergoldete Kanne in einfach bauchiger Form. Inschrift und Zeichen unter dem Fuß wie bei der Patene Nr.1.[4]
Silbervergoldeter Kelchlöffel ohne Zeichen.[4]
Silbervergoldeter Kelch auf rundem Fuß. Inschrift und Zeichen wie bei der Patene Nr. 1.[4][33]
Silberne Patene, passend zum Kelch Nr. 2, ohne Inschrift mit Zeichen: S mit Krone und IFD.[4]
Silber-vergoldete Kanne, klein, Zeichen wie bei Patene Nr. 2.[4]
Silberner Kelchlöffel, Zeichen wie bei Patene Nr. 2.[4]
Der silberner Brotteller wurde vom Güstrower Goldschmied Heinrich Hölscher hergestellt und dienten zur Privat–Kommunionen des Gemeindeältesten Daniel le Plat aus Güstrow.[33][4] Auf der Unterseite befindet sich die Inschrift: FAICT PRESANT PAR DANIEL LE PLAT A0.1703.
An der getriebenen silbernen Taufschale befindet sich als Beschau- oder Stadtzeichen der Augsburger Pinienzapfen und der Meisterstempel IW.[34] An der Unterseite die Inschrift:
Ein zwölfarmiger Messing Kronleuchter und sechs messingene Wandarme waren Geschenke der Susanna de Bellòc im Jahr 1770, Bellocs Wappen befindet sich an der Kugel des Kronleuchters.[2][4] Die Wandarme sind nicht mehr vorhanden.
Reformierte Kirchengemeinde BützowGründung der Französisch-reformierten GemeindeBürgermeister und Rat der Stadt Bützow wandten sich mit einer Petition am 24. Juli 1683 an den Landesherrn, Herzog Christian Ludwig I. Sie hätten erfahren, dass eine Anzahl aus Frankreich vertriebener Hugenotten vergeblich versucht hätte, sich in Rostock niederzulassen. Der Herzog antwortete umgehend und ersuchte die Stadt, den Aufenthaltsort der Flüchtlinge festzustellen und deren Erwartungen und Vorschläge zu erkunden. Die Versuche, Familien aus Frankreich zur Ansiedelung zu bewegen, blieben jedoch zunächst erfolglos. Am 1. August 1699 erließ Herzog Friedrich Wilhelm, dass sich verfolgte französische Protestanten niederlassen dürften. Das Privileg richtete sich an Franzosen, die sich bereits in deutschen Territorien aufhielten. Ihnen wurde neben der freien Ausübung ihres Glaubens ein gottesdienstlicher Raum, Anstellung und Unterhalt eines Predigers, eines Kantors und eines Lehrers zugesagt. Die weiteren Zusagen betrafen Wohnung, Hausbau und Befreiung von einer Anzahl von Abgaben. In diesen Privilegien wird ausdrücklich Bützow als Ansiedlungsort genannt.[2][7] Durch Kriegsverwüstung des Dreißigjährigen Krieges und Seuchen war die Stadt Bützow menschenarm geworden, Handwerk und Industrie lagen am Boden.[5] Als weiterer Grund wurde die günstige geographische Lage genannt, die z. B. für den Handel von Bedeutung sei. Vermutlich spielte auch eine Rolle, dass der Herzog im ehemaligen Stiftsland rund um Bützow besondere Vorrechte besaß, die einen etwaigen Einspruch der lutherischen Landeskirche verhinderten. Bedingung war ein bei der Ankunft abzulegender Treueid. Das Privileg von 1699 wird als Gründungsurkunde der reformierten Kirche in Mecklenburg betrachtet, obwohl sich die eigentliche Gemeinde erst in den Folgejahren bildete. Erst 1703 trat das erste Presbyterium zusammen. Ein drittes Privileg vom 24. September 1703 hat wieder eher den Charakter eines Vertrags mit drei französischen Kaufleuten, die fünfzig Familien zur Ansiedelung bewegen sollten.[2] Am 1. Mai 1700 hatten sich etwa 100 französische Exulanten in Bützow niedergelassen, die 1703 eine Kirchengemeinde konstituierten.[5] Der Kirchenrat bestand aus dem Prediger Jean de Durand, der bereits nach einem Jahr Bützow wieder verließ und den Ältesten („anciens“) Daniel le Plat zu Güstrow, Jean Masferon, Oberst G. Dupuis (Kommandant zu Rostock) und den Kaufleuten Salomon Jordan und Jean Eymieu zu Bützow. Der Vorstand ergänzte sich nach reformierter Art durch Kooptation. Der erste Gottesdienst wurde in der vom Herzog zugewiesenen Schlosskapelle abgehalten. Zweiter französischer Prediger wurde Jacques Deschamps, der dieses Amt von 1701 bis 1730 innehatte.[2][7][35] Sein Nachfolger wurde Jean de Convenant, der bis zu seinem Tode 1778 französischer Prediger in Bützow war.[36] Gründung der Deutsch-reformierten GemeindeDie 1709 gegründete reformierte Teutsche Hofgemeinde kam 1713 mit Sophie Charlotte, Herzogin zu Mecklenburg, die ihren Witwensitz im Schloss Bützow nahm. Sie war reformierten Glaubens und brachte ihre eigenen Hofstaat, dessen Angehörige meist aus Hessen stammten, mit nach Bützow.[37] Zu gleich wurde sie Schutzherrin der französischen reformierten Gemeinde. Nun existierten zwei reformierte Gemeinden nebeneinander, mit jeweils eigenen Gottesdiensten und eigenem Gemeindeleben. Nach dem Tod der Herzogin 1749 wurde ihr bisheriger Pagenhofmeister Johann Henrich Finmann (auch: Finman) aus Westfalen zum Pastor der deutsch-reformierten Gemeinde ernannt.[38] Auch diese Gemeinde hielt ihren Gottesdienst in der Schlosskapelle ab. Erst als Herzog Friedrich der Fromme in Bützow die Gründung einer Universität und eines Pädagogiums plante, untersagte er den beiden Gemeinden die weitere Benutzung der Kapelle, und sie mussten deshalb ihren Gottesdienst in der Wohnung (Kirchenstraße 36) des Pastors Finman abhalten. Der Herzog versprach den beiden Gemeinden, dass baldmöglich der Bau eines eigenen Gotteshauses für sie in Angriff genommen werden sollte.[2][7] Vereinigung zur Französisch-Deutschen GemeindeNach dem Bau der Kirche kam es bald zu Streitigkeiten zwischen den beiden Gemeinden um Geld und darüber, wer das Gebäude wann nutzen durfte. Nach dem Tod des französischen Predigers de Convenant am 29. Juni 1778 wurde die Gemeinden mit dem herzoglich öffentlichen Regierungsdokument von 23. Juli 1778 zur "Französisch-Deutsche Gemeinde zu Bützow" vereinigt.[39] Finman wurde zum Pastor der neuen zusammengeschlossenen Gemeinde berufen.[40] Die französische Gemeinde in Bützow existierte somit nur 80 Jahre eigenständig. Doch ohne die Privilegien, mit denen die Franzosen seinerzeit in Bützow angesiedelt wurden, wäre auch die Existenz der nun vereinigten reformierten Gemeinde gefährdet gewesen. Insbesondere die Bezahlung des Predigers ist ein Privileg, das sich bis heute erhalten hat.[2] Ab 1786 wurde die Gemeinde in "Reformierte Gemeinde zu Bützow" unbenannt.[41] Zu der reformierten Gemeinde zu Bützow gehörten alle Reformierten des Landes Mecklenburg.[42] Pastoren der Vereinigten reformierten Gemeinde
Kirchen der Evangelisch-reformierten Kirche in DeutschlandLiteratur
WeblinksCommons: Reformierte Kirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
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