Als Konrad IV. von Hanau sich 1373 für seine Wahl zum Fürstabt des Klosters Fulda hoch verschulden musste, hatte das gleich nach seinem Regierungsantritt in Fulda die Konsequenz, dass er versuchte, die eingegangenen Schulden aus dem Reichsstift Fulda zu refinanzieren. Schon 1374 verpfändet er deshalb die Burg Otzberg, die Stadt Hering und das Amt Umstadt für 23.875 Gulden an seinen Neffen, Ulrich IV. von Hanau. Dieser hatte schon die Hälfte von Umstadt als Lehen und damit jetzt auch kurzzeitig die andere Hälfte als Pfand. KurfürstRuprecht I. von der Pfalz erwarb dann 1390 von der Abtei Fulda deren Auslösungsrecht für das Pfand gegenüber Hanau, soweit es das Amt Umstadt betraf. Die Auslösung dieser Hälfte des Pfandes fand dann aber erst 1427 statt. Damit entstand ein Kondominat zwischen Hanau und der Pfalz. In einigen Orten (siehe Aufstellung) hatte die Kurpfalz aber nur die Zehnt inne, die übrigen Rechte lagen bei Hanau. Auf Seiten der Pfalz wurde das Gebiet auch als Oberamt Umstadt bezeichnet.
1429 wurden die Hanauer in den Grafenstand erhoben. 1458 wurde der südlich des Mains gelegenen Teil der Grafschaft Hanau zugunsten des nachgeborenen Grafen Philipp I. von Hanau, später: von Hanau-Lichtenberg, abgetrennt. Die Hanauer Rechte im Kondominat Umstadt kamen an die so entstehende Grafschaft Hanau-Lichtenberg.
Umstrukturierung
Im Landshuter Erbfolgekrieg kämpften die Grafschaft Hanau-Lichtenberg und die Pfalz gegen den römisch-deutschen KönigMaximilian I. aus dem Hause Habsburg. 1504 eroberte deshalb Landgraf Wilhelm II. von Hessen, der Mittlere im Auftrag des römisch-deutschen Königs Maximilian I. das Kondominat Umstadt. Da die Pfalz und Hanau in diesem Krieg insgesamt unterlagen, hielt Wilhelm II. von Hessen das Gebiet zunächst besetzt und es dauerte bis zum Reichstag zu Worms 1521, um die Verhältnisse neu zu ordnen: Das Ergebnis war erneut ein Kondominat, diesmal zwischen der Landgrafschaft Hessen und der Kurpfalz. Hanau schied aus der Gemeinschaft aus. Im Gegenzug dazu erhielt es 12.000 Gulden und die Ortschaften des Kondominats ganz zu Eigentum, in denen bisher nur die Zehnt der Kurpfalz, alle anderen Rechte aber Hanau zugestanden hatten. Nun ging dort auch die Zehnt auf Hanau-Lichtenberg über. Diese Orte waren: Harpertshausen, Kleestadt, Langstadt, Schaafheim und Schlierbach.
Der hessische und der pfälzische Anteil am Kondominat waren im 16. Jh. zeitweilig verpfändet, zeitweilig hatte auch die Pfalz den hessischen Anteil als Pfand inne. Vom Tod Philipp I. („dem Großmütigen“) am 31. März 1567 bis zu ihrem Aussterben 1603 gehörte der hessische Anteil am Kondominat den Grafen von Diez, Söhnen aus der Zweitehe Philipps I. Ein Viertel des Anteils fiel anschließend an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt, das andere an die Landgrafschaft Hessen-Kassel.[1] Im Dreißigjährigen Krieg wurden 1626 die drei Viertel des Amtes, die Hessen-Darmstadt noch nicht gehörten[Anm. 1], vom Kaiser als Kriegsbeute betrachtet und an Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt verschenkt. Der ließ sich dies in einer militärisch günstigen Situation durch einen Vertrag am 24. September 1627 von Hessen-Kassel bestätigen.[2] Als sich das Kriegsglück im Hessenkrieg wendete, musste er das Hessen-Kasseler Viertel mit dem Vertrag vom 14. April 1648, den der kurz darauf abgeschlossene Westfälische Frieden bestätigte[3], wieder herausgeben. Dieser Friede und ein Folge-Vertrag von 1650 stellten die Vorkriegs-Verhältnisse wieder her.
Aufgrund der zuvor unterschiedlichen Zugehörigkeit der einzelnen Teile des Amtes im Großherzogtum gehörten einzelne Orte zu unterschiedlichen Rechtskreisen. In den Teilen, die zuvor schon zur Landgrafschaft Hessen gehört hatten, galt das Gemeine Recht.[5] In den Teilen, die zuvor zur Kurpfalz gehört hatten, galt dagegen das Kurpfälzer Landrecht.[6] Dieser – aus heutiger Sicht etwas kuriose Zustand – hielt bis zum 1. Januar 1900 an, als das im ganzen Deutschen Reich geltenden Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft trat.
Übersicht zu den Besitzern
Wappen des Klosters Fulda
Wappen Grafschaft Katzenelnbogen
Wappen Hagen-Münzenberg
Wappen der Grafschaft Hanau bis 1480
Wappen der Kurpfalz
Wappen der Grafschaft Hanau-Lichtenberg seit 1480
Wappen der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt
Wappen der der Landgrafschaft Hessen-Kassel
Wappen Hessen-Rheinfels-(Rotenburg)
Das Gebiet des Kondominats Umstadt hatte folgende Landesherren im Kondominat:
Hanau ist Erbfolger der Münzenberger, durch Ehe der Adelheid von Münzenberg mit Reinhard I. von Hanau. Das Katzenelnbogener Lehen verliert sich in der Geschichte
1521: Grafschaft Hanau scheidet aus, wird mit 12.000 fl. und mehreren Ortschaften aus der Zent Umstadt, nämlich Harpertshausen, Kleestadt, Langstadt und Schlierbach abgefunden;[9] 1549–1570 Hessischer Anteil an die Kurpfalz für 20.000 fl. verpfändet
durch Erbteilungen der Landgrafschaft Hessen; wohl 1567 lt. Testament der Hessen-Darmstadt’sche Anteil an die Herren von Diez – aber schon 1577 zurückgefallen[10] Die Zehnteinkünfte dienten bis 1603 dem letzten der Grafen von Dietz zur Versorgung in seiner Gefangenschaft. 1593–1594 verpfändet dann die Kurpfalz seine Hälfte für 20.000 fl. an Hessen-Darmstadt[11]
Arthur B. Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893
Archiv für Hessische Geschichte und Alterthumskunde, 3. Band, Darmstadt, 1844, S. 126 ff.
Willi Alter (Hrsg.): Pfalzatlas. Textband I. Speyer: Pfälzische Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften 1964, S. 426.
Regenerus Engelhard: Erdbeschreibung der Hessischen Lande Casselischen Antheiles mit Anmerkungen aus der Geschichte und aus Urkunden erläutert . Teil 2. Cassel 1778. ND 2004, S. 806ff.
Ludwig Ewald: Historische Übersicht der Territorialveränderungen der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt und des Großherzogthums Hessen . Darmstadt 1862, S. 452–456.
Peter Füßler: Die Mark Umstadt im Frühmittelalter. In: Der Odenwald. Zeitschrift des Breuberg-Bundes 33/3, 1986, S. 83–89.
Kreissparkasse für den Landkreis Dieburg in Groß-Umstadt (Hrsg.): Der Landkreis Dieburg. Landschaft, Geschichte, Kunst, Verwaltung, Wirtschaft. Zum 125jährigen Bestehen. 1960.
Magistrat der Stadt Groß-Umstadt (Hg.:): Ein Umstädter erzählt – Heimatforscher Georg Füßler und sein Umstadt. Geiger-Verlag, 1995.
Christian Leonhard Leucht: Europäische Staats-Canzley, Bd. 72–92.
Fried Lübbecke: Hanau Stadt und Grafschaft , S. 72ff
Arthur Benno Schmidt: Die geschichtlichen Grundlagen des bürgerlichen Rechts im Großherzogtum Hessen. Curt von Münchow, Giessen 1893.
Johannes Sommer (Hrsg.): Dreizehn Jahrhunderte Kirche in Groß-Umstadt. Mit Beiträgen von H. M. Balz, Chr. Borck, J. Courtin, F. Krebs, M. Reith, S. Scholz, J. Sommer u. S. Volp. Königstein i. Ts. 1993 (= Die Blauen Bücher), ISBN 3-7845-5802-X.
F. P. Wundt: Umständliche Beschreibung des zwischen Churpfalz und Hessendarmstadt gemeinschaftlichen Oberamtes Umstadt. In: Vorlesungen der Churpf. physikalischökonomischen Gesellschaft in Heidelberg IV,2. Mannheim 1789.
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Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr.33, S.403ff. (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
↑Urkunde Kaiser Ludwig des Frommen vom 19. Dezember 822, indem er zwei andere Urkunden an das Bistum Würzburg mit Kirchen und Landschenkungen durch seine Vorgänger Karlmann und Pippin III., vgl. auch die Nachbestätigung im Regest der Karolinger n. 767, in: Regesta Imperii Online, Ludwig der Fromme – RI I n. 767, 822 Dez. 19, Franconofurd (Abgerufen am 5. Oktober 2015)
↑z. B. in Marianne Schalles-Fischer: Pfalz und Fiskus Frankfurt, Frankfurt am Main, 1969, S. 37 – Urkundenbuch Kloster Fulda, Nr. 43
↑Ein Umstädter erzählt – Heimatforscher Georg Füßler und sein Umstadt, Hg.: Magistrat der Stadt Groß-Umstadt, Geiger-Verlag, 1995