Nieder-Kainsbach

Nieder-Kainsbach
Gemeinde Brensbach
Wappen von Nieder-Kainsbach
Koordinaten: 49° 45′ N, 8° 53′ OKoordinaten: 49° 45′ 12″ N, 8° 52′ 55″ O
Höhe: 181 m ü. NHN
Fläche: 2,26 km²[1]
Einwohner: 727 (30. Juni 2024) [2]
Bevölkerungsdichte: 322 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. August 1972
Postleitzahl: 64395
Vorwahl: 06161
Panoramablick über Nieder-Kainsbach
Bachgasse in Nieder-Kainsbach
Ansicht von Nieder-Kainsbach nach einer alten Ansichtskarte von 1903

Nieder-Kainsbach ist ein Ortsteil der Gemeinde Brensbach im südhessischen Odenwaldkreis. Nieder-Kainsbach hat zusammen mit dem benachbarten Stierbach rund 730 Einwohner.

Geographie

Geographische Lage

Nieder-Kainsbach liegt im nördlichen Odenwald an der Mündung des Kainsbachs in die Gersprenz.

Umgeben von fruchtbaren Ackerböden und tiefgründigen Wiesen in den Gersprenzauen liegt das Dorf mit einem kleinen Gewerbegebiet im Gersprenztal in der Region Starkenburg sowie im Bereich Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald und gehört zum gleichnamigen Landschaftsschutzgebiet.

Gliederung

Der Ortsteil besteht aus den Dörfern Nieder-Kainsbach und Stierbach. Die Gemarkungsfläche des Dorfes umfasst 226 Hektar.

Geologie, Klima

Die Gemarkung der Gemeinde Brensbach mit den Ortsteilen Nieder-Kainsbach und Stierbach gehört geologisch zum kristallinen Odenwald und gliedert sich in zwei Haupteinheiten, das Reinheimer Hügelland und den Vorderen Odenwald.

Die Flächen beiderseits der Gersprenz stellen sich als junge Hochflutablagerungen, bestehend aus Lehm, Sand und Kies, dar.

Das Gebiet der Gemeinde Brensbach ist dem kühlgemäßigten- bzw. warmgemäßigten Regenklima nach Köppen zuzuordnen. Gegenüber anderen Mittelgebirgsregionen ist das Klima weniger rau.

Geschichte

Ortsgeschichte

Über früheste Ursprünge gibt es nur wenige Fakten, obwohl das nähere Umfeld zu Nieder-Kainsbach bereits 1012 erwähnt wird. Der heutige Ortsname dürfte sich ausgehend von Cuningesbach, über Kunspach und Nydern-Konspach herleiten.

Die früheste, erhaltene Nennung des Ortes findet sich für 1012 im Lorscher Codex bei der Beschreibung einer Wildbanngrenze, bei der die Bezeichnung „Cuningesbach“ auftaucht. Ob es sich dabei um die Ansiedlung oder den Bach handelt, ist ungewiss. Etwas deutlicher tritt das Dorf 1384 aus dem Dunkel seiner Vergangenheit. Ein im Hessischen Staatsarchiv Darmstadt aufbewahrtes Lehenrevers besagt, dass Schenk Heinrich von Erbach das halbe Dorf „Kunspach“ vom Kloster Fulda zu Lehen erhalten hat. Zu diesem Zeitpunkt war Nieder-Kainsbach grundbesitzmäßig schon geteilt, wobei der Dorfbach die Grenze bildete. Eine Hälfte mit 3½ Huben gehörte der Abtei Fulda, während das andere Teil aus einem Hofgut bestand und dem Kloster Lorsch bzw. den Grafen von Katzenelnbogen gehörte.

Die Kirchen- und Patronatsrechte übten seit 1424 die Erbacher Grafen aus und Nieder-Kainsbach war nach Brensbach „eingepfarrt“, wo schon früher die gemeinsame Mutterkirche sowie der Friedhof benutzt wurden. 1443 besaß Pfalzgraf Ludwig die Hoheitsrechte über den fuldischen Teil und verlieh das halbe Dorf „Konßpach“ an Schenk Otto von Erbach. 1455 wurde das Dorf in einer Urkunde erstmals „Nydern-Konspach“ genannt und die ursprünglichen 3½ Huben waren mittlerweile in 14 kleinere Hubengüter aufgeteilt. Dieser Teil des Dorfes wurde durch das erbachische Amt Reichenberg verwaltet. Mit dem Aussterben der Grafen von Katzenelnbogen, erbten die Landgrafen von Hessen-Darmstadt den Dorfteil mit dem Hofgut. Er wurde vom Amt Lichtenberg aus verwaltet.

Die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt wurde 1806 zum Großherzogtum Hessen. Im gleichen Jahr wurde die Grafschaft Erbach mediatisiert und wurde Teil des Großherzogtums. Nach entsprechenden Vereinbarungen zwischen dem Großherzogtum und den Grafen von Erbach gehörte Nieder-Kainsbach ab 1822 zum Landratsbezirk Erbach, ab 1852 zum Kreis Lindenfels und ab 1874 zum Kreis Erbach (ab 1939: „Landkreis Erbach“), der – mit leichten Grenzberichtigungen – seit 1972 Odenwaldkreis heißt. Nach der Vereinbarung von 1822 nahm die erstinstanzliche Rechtsprechung für Nieder-Kainsbach das Landgericht Michelstadt wahr. Ab 1879 war das Amtsgericht Reinheim zuständig.

Nieder-Kainsbach war sowohl mit einer Haltestelle als auch dem Bahnhof Nieder-Kainsbach – Fränkisch-Crumbach vom 10. Oktober 1887 bis August 1964 an die Reinheim-Reichelsheimer-Eisenbahn angeschlossen.

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen wurde am 1. Februar 1971 die Gemeinde Affhöllerbach mit den zu ihr gehörenden Weilern Kilsbach und Stierbach auf freiwilliger Basis nach Nieder-Kainsbach eingemeindet.[3] Am 1. August 1972 erfolgte durch Landesgesetz die Eingliederung der so vergrößerten Gemeinde zusammen mit Höllerbach, Wallbach und Wersau in die Gemeinde Brensbach.[4][5] Auf dem Gebiet der eingegliederten Gemeinde wurden zwei Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet, nämlich einer für Nieder-Kainsbach mit Stierbach, und einer für Affhöllerbach mit Kilsbach.[6]

Einwohnerentwicklung

  • 1633: 76 Einwohner[1]
  • 1961: 418 evangelische (= 89,13 %), 48 katholische (= 10,23 %) Einwohner[1]
Nieder-Kainsbach: Einwohnerzahlen von 1829 bis 2024
Jahr  Einwohner
1829
  
399
1834
  
408
1840
  
484
1846
  
487
1852
  
470
1858
  
423
1864
  
439
1871
  
379
1875
  
371
1885
  
355
1895
  
373
1905
  
372
1910
  
372
1925
  
359
1939
  
366
1946
  
474
1950
  
491
1956
  
468
1961
  
469
1967
  
494
1970
  
475
1980
  
?
1990
  
?
2000
  
?
2011
  
723
2015
  
734
2020
  
734
2024
  
727
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]; nach 1970 Gemeinde Brensbach[7]; Zensus 2011[8]

Wappen

Wappen von Nieder-Kainsbach
Wappen von Nieder-Kainsbach

Der Wappenzeichner Ritt aus Bad-Nauheim hatte in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Staatsarchiv Darmstadt für die Gemeinde Nieder-Kainsbach 1964 ein Wappen entworfen. Es wurde von der Gemeindevertretung gebilligt, da es vom heraldischen Gesichtspunkt in jeder Beziehung zufrieden stellte. Am 1. Juni 1965 wurde der Gemeinde Nieder-Kainsbach im damaligen Landkreis Erbach dieses Wappen mit folgender Blasonierung verliehen: In Rot ein silberner, mit einem durchgehenden einfachen schwarzen Kreuz belegter Balken, beseitet von drei silbernen sechsstrahligen Sternen (2:1).[9]

Bedeutung

Das einfache schwarze Kreuz nimmt Bezug auf die alt-fuldaische Lehenseigenschaft der Gemeinde Nieder-Kainsbach und die sechsstrahligen Sterne widerspiegeln die frühere Zugehörigkeit zur Grafschaft Erbach.

Wirtschaft und Infrastruktur

Nieder-Kainsbach, ein kleines Dorf mit noch landwirtschaftlicher Prägung, befindet sich im südhessischen Odenwaldkreis und ist zusammen mit dem so genannten Wohnort Stierbach seit 1972 Ortsteil der Gemeinde Brensbach.

Bedingt durch den strukturellen Wandel mit seinen negativen Begleiterscheinungen insbesondere im ländlichen Raum sind viele Einwohner gezwungen täglich zu pendeln und legen zum Teil erhebliche Entfernungen zurück, um zu ihrem Arbeitsplatz in den Ballungszentren im Rhein-Main-Gebiet zu gelangen. Nieder-Kainsbach ist jedoch die damit häufig verbundene Entwicklung zu einem reinen „Schlafdorf“ erspart geblieben. Großen Anteil daran, dass der soziale Zusammenhalt in Nieder-Kainsbach funktioniert, hat sicherlich auch das ausgeprägte Vereinsleben. Ganze Familien sind häufig in mehreren Vereinen aktiv und tragen so direkt zum Erhalt der Dorfgemeinschaft bei. Das Zusammenleben in Nieder-Kainsbach ist trotz des tief greifenden Wandels intakt geblieben.

Commons: Nieder-Kainsbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d Nieder-Kainsbach, Odenwaldkreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 16. Oktober 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. Brensbach in Zahlen. Gemeinde Brensbach, abgerufen am 30. Juli 2024.
  3. Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 6, S. 248, Abs. 18 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2 MB]).
  4. Gesetzes zur Neugliederung des Landkreises Erbach (GVBl. II 330–16) vom 11. Juli 1972. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1972 Nr. 17, S. 224, § 8 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
  5. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 357 und 359 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  6. Hauptsatzung § 5. (PDF; 50 KB) Gemeinde Brensbach, abgerufen im Mai 2019.
  7. Hauptwohnsitze Ortsteil Nieder-Kainsbach 2015. Archiviert vom Original; abgerufen im Jahr 2016.
    Hauptwohnsitze Ortsteil Nieder-Kainsbach 2020. Archiviert vom Original; abgerufen im Jahr 2020.
    Hauptwohnsitze Ortsteil Nieder-Kainsbach 2024. Archiviert vom Original; abgerufen im Jahr 2024.
  8. Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,9 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 11. Juli 2021;.
  9. Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Nieder-Kainsbach, Landkreis Erbach, Regierungsbezirk Darmstadt vom 1. Juni 1965. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1965 Nr. 25, S. 714, Punkt 385 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 4,0 MB]).