Die Contrescarpe ist eine historische Straße in Bremen-Mitte. Die Straße führt in Ost-West-Richtung vorbei an den südlich gelegenen Bremer Wallanlagen.
Die Querstraßen wurden u. a. benannt als Hohenpfad nach einem alten Damm zum Ostertor, Meinkenstraße nach dem ursprünglichen Namen Meyenstrate (1344), Kohlhökerstraße nach den Kohl- und Gemüsebauern (verhökern=verkaufen), Fedelhören nach dem Gewässer Widel (1159), Rembertistraße nach dem Erzbischof Rembert (830–888), Richtweg (?), Herdentorsteinweg nach dem Herdentor, Birkenstraße 1859 nach den Birken, Bürgermeister-Smidt-Straße 1945 nach Bürgermeister Johann Smidt, Rosenplatz, Am Wandrahm 1906 nach den früher dort stehenden Wandrahmen der Färber.
Im Mittelalter umschloss landseitig eine Stadtmauer die Bremer Altstadt. Davor lag ein Mauergraben mit einem Contrescarpe, also einer gegenüberliegenden Grabenbegrenzung, begleitet von einem damals geraden Weg. Die Stadtmauer wurde Anfang des 16. Jahrhunderts ausgebaut.
Befestigungsanlage
Stärker werdende Kanonen machten es erforderlich, das Bremer Befestigungssystem vollkommen umzubauen. Dieses geschah rechts der Weser seit 1601 durch die Anlage von Bastionen. Der Wallgraben erhielt seine heute noch erkennbare Zick-Zack-Form.
Bereits 1803 baute Senator Johann Smidt, später Bremens berühmter Bürgermeister, seinen kriegszerstörten Wohnsitz an der Contrescarpe 25. Bis in die 1840er Jahre entstand die Contrescarpe mit freistehenden Einfamilienhäusern. Ab 1850 entstanden weitere freistehende Häuser oder Doppelhäuser. Im Wandel der Bauepochen wandelte sich der Stil der zumeist verputzten Häuser, die zur Jahrhundertwende auch mit gelben oder roten Klinkern gestaltet wurden.
Bis 1931 wurde von der Nordwolle ihr Unternehmenssitz nach Plänen der Brüder Hermann und Eberhard Gildemeister an der Contrescarpe gebaut. Nach der Insolvenz der Nordwolle übernahm die Reichsfinanzverwaltung des Deutschen Reiches das Gebäude und es erhielt die Bezeichnung Haus des Reichs. Es wird heute von der Bremer Finanzverwaltung genutzt.
Durch die schweren Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg blieben im westlichen Teil der Contrescarpe keine älteren Gebäude erhalten.
Nach dem Abriss (1971) der eingeschossigen, provisorischen Hillmannpassage von 1949 entstand nach Plänen von Gerkan, Marg und Partner (Hamburg) bis 1985 das Hotel am Hillmannplatz mit einer Front zum Contrescarpe. Hier befindet sich das Gourmetrestaurant und Bistro Grashoff, in dem oft Viktor von Bülow verweilte, bekannt als Karikaturist, Regisseur und Schauspieler Loriot.
Die KPS Grundstück GmbH, baute 2012 nach Plänen von Oswald Mathias Ungers (Köln) ein siebengeschossiges Büro-, Geschäfts- und Bankhaus an der Contrescarpe, Ecke Herdentorsteinweg.
Gliederung
Die Contrescarpe gliedert sich von Ost nach West in die Bereiche
Ostertorsteinweg bis Präsident-Kennedy-Platz: Erschließungsstraße, zwei- bis dreigeschossige Bebauung
Präsident-Kennedy-Platz bis Rudolf-Hilferding-Platz / Herdentorsteinweg: Parkweg, fünf- bis sechsgeschossige Bebauung
Herdentorsteinweg / Loriotplatz / Hillmannplatz bis Bürgermeister-Smidt-Straße: Parkweg, fünfgeschossige Bebauung
Bürgermeister-Smidt-Straße bis Daniel-von-Büren-Straße: Parkweg, vier- bis fünfgeschossige Bebauung, zumeist Wohnhäuser
Nr. 19: Hier wohnte von 1879 bis 1933 die Frau des Zuckerplantagenbesitzers Paul Isenberg und Mäzenin Beta Isenberg. Seit den 1950er Jahren befindet sich hier das Institut français Bremen.
Contrescarpe 21 und 22: Eingeschossiger, klassizistischer Ursprungsbau von 1822 für den Kaufmann und ÄltermannTheodor Gerhard Lürman nach Plänen von Jacob Ephraim Polzin; zweigeschossiger Umbau von 1866 nach Plänen von Heinrich Müller; erneuter Umbau von 1904 für den Bankier Johann Georg Wolde; häufiger Besitzerwechsel, 1939 die Stadt Bremen, seit 1954 Sitz des Senators für das Innere.
Nr. 25: 1803 Landhaus von Bürgermeister Smidt; 1914 bis 1920 Wohnort der Schriftstellerin Bernhardine Schulze-Smidt
Contrescarpe 26: Bürgermeister-Smidt-Schule als Grundschule von 1957 nach Plänen von Erik Schott
Nr. 75a/Herdentorsteinweg 1: Contrescarpe-Center der KPS Grundstück GmbH von 2006 u. a. für die Sparda-Bank und Credit Suisse nach Plänen von Ungers
Nr. 79: Hier stand vor 1875 bis ? die Villa von Konsul Edwin Adalbert Oelrichs nach Plänen von Johann Georg Poppe[4]
Nr. 80/Loriot-Platz: Swisshotel, früher Hotel am Hillmannplatz von 1985 nach Plänen von Gerkan, Marg und Partner
Bronzeskulptur von 2016 im Stil einer typischen Loriot-Zeichnung nach dem Titelbild von Loriots großer Ratgeber (1983) von Roman Strobl; Bemalung von Patrick Przewloka
Documenta 2 – Aus dem Museum des Steins, Granitstein (1988) von Ulrich Rückriem
Nr. 91 und Birkenstraße 38–48: 5/6-gesch. Wohn- und Geschäftshäuser
Eberhard Syring: Bremen und seine Bauten – 1950–1979. Schünemann Verlag, Bremen 2014, ISBN 978-3-944552-30-9.
Karolin Bubke: Die Bremer Stadtmauer. Schriftliche Überlieferung und archäologische Befunde eines mittelalterlichen Befestigungsbauwerks. Staatsarchiv Bremen, Bremen 2007, ISBN 978-3-925729-48-5.