Mit der Gründung der Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaftlichen Fakultät ist die Universität Graz seit Oktober 2007 wieder in sechs Fakultäten gegliedert.
Um die gesellschaftliche Rolle zu stärken und interdisziplinär zu institutionalisieren, wurde in Ergänzung zu den sechs bestehenden Fakultäten die sogenannte „7. Fakultät“ – das Zentrum für Gesellschaft, Wissen und Kommunikation – eingerichtet.
2011 haben die Universität Graz, die Medizinische Universität Graz und Technische Universität Graz an der Schnittstelle von Biomedizinischen Grundlagen, Technologischen Entwicklungen und Medizinischen Anwendungen mit BioTechMed-Graz eine Initiative zur Zusammenarbeit und Vernetzung der genannten Bereiche ins Leben gerufen.
Mit der Technischen Universität Graz besteht seit 2004 die strategische Kooperation NAWI Graz, in deren Rahmen große Teile der Naturwissenschaftlichen Fakultät mit den jeweiligen verwandten Fachbereichen an der Technischen Universität in Forschung und Lehre zusammenarbeiten. Im Wintersemester 2006/2007 starteten erste gemeinsame Studien im Bereich der Chemie, Molekularbiologie und Erdwissenschaften. Mittlerweile werden alle Bachelor- und Masterstudien in den Fächern Molekularbiologie, Chemie, Geowissenschaften, USW NAWI TECH, Mathematik und Physik in Kooperation angeboten.
Seit 2000 hat die Universität einen strategischen Schwerpunkt „Südosteuropa“, 2008 wurde das überfakultäre Kompetenzzentrum Südosteuropa (heute Zentrum für Südosteuropastudien) gegründet. Außerdem veranstaltet die Rechtswissenschaftliche Fakultät seit dem Wintersemester 2004/05 den Universitätslehrgang „South East European Law and European Integration (LL.M.)“ – ein LL.M.-Programm. Dieses LL.M.-Programm bietet eine fundierte postgraduale Ausbildung zur Zukunftsregion Südosteuropa und eine Vorbereitung auf die nächste Erweiterungsrunde der Europäischen Union.
Die Universität Graz begann im Herbst 2022 mit dem Bau eines eigenen Hauses am Standort der Forschungsstation Sermilik in Grönland.[8][9][10][11] Ab Frühling 2024 steht die Station für Polarforscher zur Verfügung.
Die ÖH Uni Graz ist die gesetzliche Vertretung der Studierenden an der Universität Graz.
Für die Funktionsperiode 2023 bis 2028 wurde Herbert Beiglböck als Nachfolgender von Caroline List zum Vorsitzenden des Universitätsrates gewählt, stellvertretenden Vorsitzende wurde Angelika Vollmar. Weitere Mitglieder wurden Eva Eckkrammer, Gerhard Fabisch, Gottfried Musger, Regina Friedrich, Ada Pellert, Heidrun Primas und Peter Koren.[12]
Nach der Aufhebung des Jesuitenordens im Jahre 1773 wurde die Universität vom Staat übernommen und die Jesuiten an der Theologischen Fakultät ausnahmslos durch Weltgeistliche ersetzt.[13] Ziele der Ausbildung waren das Heranziehen treuer Staatsdiener und die Vermittlung ausschließlich praktisch verwertbarer Kenntnisse. 1778 wurde die Juristische Fakultät gegründet, und 1782 erfolgten unter Kaiser Joseph II. die Umwandlung der Universität in ein Lyzeum[14] sowie die Schaffung des medizinisch-chirurgischen Studiums.
Die Wiedererrichtung der Universität durch Kaiser Franz I. erfolgte 1827. Nach der Universitätsreform Wilhelm von Humboldts wurde 1848 die Lehr- und Lernfreiheit mit einer starken Autonomie der Hochschule eingeführt. Die Universität wurde damit Trägerin der Wissenschaft, die Studenten sollten im Studium in das wissenschaftliche Forschen eingeführt werden („Bildung durch Wissenschaft“). Diese Grundstruktur blieb – abgesehen von der Periode des Nationalsozialismus 1938–1945 – im Wesentlichen bis 1975 erhalten.
Nachdem Frauen lange Zeit kein Recht zu studieren hatten, wurde Seraphine Puchleitner im Jahr 1898 als erste ordentliche Hörerin an der Universität Graz zugelassen.[15][16] 1902 promovierte sie in ihrem Studium der Geographie als erste Frau an der Universität Graz.[15][17] 1905 promovierte in Graz Oktavia Aigner-Rollett als erste praktizierende Ärztin.[15][18] Nachdem die Habilitation von der Germanistin Christine Touaillon 1920 an der philosophischen Fakultät noch aufgrund ihres Geschlechts zurückgewiesen wurde,[19] habilitierte Dora Börner-Patzelt in Histologie und Embryologie 1929 als erste Frau an der Universität Graz.[15][20] Zur ersten Professorin an der Universität wurde die Histologin Carla Zawisch-Ossenitz 1949 ernannt.[15][21] Der Anteil der Studentinnen an der Hochschule lag 1970 bereits bei 32 % und erhöhte sich bis 2021 auf 62 %.[15] Der Anteil der Professorinnen an der Universität Graz liegt 2021 bei 34,5 %[15]
Nach dem „Anschluss“ Österreichs im Jahr 1938 kam es zu zahlreichen Entlassungen. Darunter befanden sich auch die NobelpreisträgerOtto Loewi, Victor Franz Hess und Erwin Schrödinger.
Der Akademische Senat der Universität beschloss am 17. März 1938 – vier Tag nach dem Anschluss Österreichs – „ein Gesuch an den Führer und Reichskanzler“ zu stellen, „die Schirmherrschaft über die Universität Graz zu übernehmen und gleichzeitig zu gestatten, dass diese den Titel ‚Adolf Hitler Universität‘ führen darf“.[22] Das Unterrichtsministerium lehnte das Ansuchen im September 1938 ab.[23]
1941 wurde die Universität in Karl-Franzens-Reichsuniversität Graz, 1942 in Reichsuniversität Graz umbenannt.
Die Universitätsreform von 1975 brachte das Ende der Professorenuniversität, mit umfassender Mitbestimmung des akademischen Mittelbaus und der Studierenden in allen Gremien. Weitere entscheidende Einschnitte brachten das Inkrafttreten des Universitätsorganisationsgesetzes 1993, das eine Teilautonomie und Teilrechtsfähigkeit ab dem 3. Dezember 2000 ermöglichte, sowie die Weiterführung dieser Entwicklung zur Vollautonomie und selbständigen Rechtsperson im Rahmen des Universitätsgesetzes 2002.
Anfang 2017 kam es zu Auseinandersetzung im Zuge des Berufungsverfahrens für den Lehrstuhl für Zeitgeschichte nach der Emeritierung von Helmut Konrad. Der Gutachter Pieter M. Judson stellte fest, es seien nicht die kompetentesten Bewerber in Betracht gezogen worden, und trat schließlich aus Protest zurück. „Deutsche Seilschaften“ bzw. eine „Tübinger Runde“ seien am Zug. Es wurde auch kritisiert, dass nur deutsche und Schweizer Bewerber, aber keine Österreicher, in die engere Auswahl kamen. Verschiedene Medien berichteten zu dem Vorgang. In Folge reagierte die damalige Rektorin Christa Neuper auf die Vorwürfe und brach das Berufungsverfahren ab, da eine Überprüfung ergeben habe, dass „nicht alle geeigneten Bewerber und Bewerberinnen die Möglichkeit erhalten hatten, sich dem externen Begutachtungsprozess zu stellen“.[24] 2020 wurde die Stelle nach erneuter Ausschreibung schließlich mit Christiane Berth besetzt[25]
Per September 2023 sind alle medizinischen Institute zur MedUni, Stiftingtalstraße östlich des LKH-Universitätsklinikums, abgesiedelt, nur das Gerichtsmedizinische Institut folgt als Letztes bis Frühjahr 2024.[veraltet] Im Herbst 2023 begann der Abriss der sogenannten Vorklinik. An seiner Stelle soll bis 2030 das Graz Center of Physics entstehen, in dem die Physik-Institute der Universität Graz und der Technischen Universität Graz gemeinsam untergebracht werden.[26]
Nobelpreisträger
Fritz Pregl (1869–1930), 1923 für Chemie – in Graz von 1913 bis zu seinem Tod 1930
Erwin Schrödinger (1887–1961), 1933 für Physik – in Graz von 1936 bis 1938
Otto Loewi (1873–1961), 1936 für Medizin – in Graz von 1909 bis 1938
Victor Franz Hess (1883–1964), 1936 für Physik – in Graz von 1893 bis 1906 (Ausbildung) und von 1919 bis 1931 sowie 1937/38
Gerty Cori (1896–1957), 1947 für Medizin – arbeitete vor 1922 in Graz
Ivo Andrić (1892–1975), 1961 für Literatur – promovierte hier 1924 mit einer Dissertation über Das geistige Leben in Bosnien und Herzegowina während der Osmanischen Zeit
Karl von Frisch (1886–1982), 1973 für Medizin – in Graz von 1946 bis 1950
Peter Handke (* 1942), 2019 für Literatur – in Graz von 1961 bis 1965
Aquilin Julius Caesar (1720–1792), steiermärkischer Historiker und Augustiner-Chorherr, verfasste die erste umfassende Geschichte der Steiermark
Caspar Royko (1744–1819), Geistlicher, Theologe und Hochschullehrer
Franz Xaver Gmeiner (1752–1828), Philosoph, Theologe, Kirchenhistoriker und Kirchenrechtler
Franz Xaver von Neupauer (1753–1835), Rechtswissenschaftler und Schriftsteller, Rektor der Universität, verschaffte der Universität einen Sitz im Landtag
Ernst Kaltenbrunner (1903–1946), österreichischer Nationalsozialist (SS-Funktionär und von 1943 bis Kriegsende Chef der Sicherheitspolizei und des SD sowie Leiter des Reichssicherheitshauptamtes); Hauptkriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs
Franz Krones: Geschichte der Karl Franzens-Universität in Graz. Verlag der Karl-Franzens-Universität, Graz 1886 (Scan in der Google-Buchsuche).
Gunter Wesener: Römisches Recht und Naturrecht (= Geschichte der Rechtswiss. Fakultät der Universität Graz. Teil 1). Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1978, ISBN 3-201-01059-6.
Gunter Wesener: Österreichisches Privatrecht an der Universität Graz (= Geschichte der Rechtswiss. Fakultät der Universität Graz. Teil 4) Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 2002, ISBN 3-201-01796-5.
Petra Scheiblechner: „…politisch ist er einwandfrei…“. Kurzbiographien der an der Medizinischen Fakultät der Universität Graz in der Zeit von 1938 bis 1945 tätigen WissenschafterInnen (= Publikationen aus dem Archiv der Universität Graz. Band 39). Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 2002, ISBN 3-201-01798-1 (Digitalisat – Austria-Forum).
Walter Höflechner: Zur Geschichte der Universität Graz (mit einem Bildteil). In: Kurt Freisitzer, Walter Höflechner, Hans-Ludwig Holzer, Wolfgang Mantl (Hrsg.): Tradition und Herausforderung. 400 Jahre Universität Graz. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 1985, ISBN 3-201-01276-9, S. 3–141.
Walter Höflechner, Ingrid Maria Wagner: Geschichte der Karl-Franzens-Universität Graz – Von den Anfängen bis in das Jahr 2005 (= Universität Graz: Allgemeine wissenschaftliche Reihe. Band 1). Leykam, Graz 2006, ISBN 3-7011-0058-6.
Alois Kernbauer: Der Nationalsozialismus im Mikrokosmos. Die Universität Graz 1938. Akademische Druck- und Verlagsanstalt, Graz 2019, ISBN 978-3-201-02043-5.
↑List of IAU members. In: iau-aiu.net. International Association of Universities, abgerufen am 26. Januar 2020 (englisch).
↑Homepage. In: Arqus European University Alliance. Abgerufen am 22. Juli 2021 (englisch).
↑Gerald Bast: Universitätsgesetz 2002 (2003), Anm. 1 zu § 6: Die Möglichkeit zur Beifügung eines Zusatzes zum gesetzliche festgelegten Namen der Universität ist nicht ausdrücklich geregelt und wird somit weiter zulässig sein, ohne dass diesem Namenszusatz eine rechtliche Qualität zukäme. Zuständig für die Festlegung eines derartigen Namenszusatzes ist mangels ausdrücklicher Erwähnung aufgrund der Auffangkompetenz des § 22 Abs. 1 das Rektorat. Im Firmenbuch wird die Universität als Karl-Franzens-Universität Graz geführt.
↑ abFerdinand Tremel: 400 Jahre Akademisches Gymnasium in Graz. In: 400 Jahre Akademisches Gymnasium in Graz 1573–1973. Festschrift. Verlag des Akademischen Gymnasiums in Graz, Graz 1973, DNB573330085, S. 19.
↑ abcWerner W. Strahalm, Peter Laukhardt: Graz. Eine Stadtgeschichte. 7. Auflage, Edition Strahalm, Graz 2013, ISBN 978-3-9503597-6-3, S. 97.