Rauischholzhausen liegt an der südlichen Nahtstelle des Amöneburger Beckens zum Vorderen Vogelsberg auf einer Talsohlenhöhe von etwa 220 m ü. NHN. Das Nachbardorf Roßdorf (Stadt Amöneburg) ist nur gut einen Kilometer nordöstlich entfernt, zum Ebsdorfergrund-Ortsteil Wittelsberg sind es etwa zwei Kilometer in westliche Richtung.
Der Ort wird vom aus Süden kommenden und in Richtung Roßdorf abfließenden Rülfbach durchflossen und wird somit als einziger Ortsteil der Großgemeinde zur Ohm und nicht zur Zwester Ohm entwässert.
Ein eigenes Segment im Südwesten des alten Dorfes nimmt der Rauische Hof der alten Dorfherrenfamilie Rau von Holzhausen ein, der heute von der Justus-Liebig-Universität Gießen bewirtschaftet wird. Das spätgotische (erste Hälfte des 16. Jahrhunderts) Herrenhaus mit den markanten, für seine Zeit typischen Türmchen gilt als Wahrzeichen des Ortes.
Am westlichen Ortsrand steht die 1880/81 erbaute evangelische Kirche, umgeben von einem Friedhof. Die zuvor im Ort befindliche Kirche wurde abgerissen.
In unmittelbarer Nähe des Dorfes liegt ein jüdischer Friedhof mit Grabmalen aus dem 19./20. Jahrhundert. Er diente als gemeinsamer Begräbnisplatz der jüdischen Gemeinden von Ebsdorf, Leidenhofen, Mardorf, Rauischholzhausen, Roßdorf, Schweinsberg und Wittelsberg.[3] Bekanntere Persönlichkeiten der nicht mehr existenten jüdischen Gemeinde von Rauischholzhausen waren Isaak Rülf, Gutmann Rülf und Schlomo Friedrich Rülf.
Geschichte
Ortsgeschichte
Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Rauischholzhausen erfolgte unter dem Namen Holzhusen in einer Urkunde der Reichsabtei Fulda wird in die Zeit 750–779 datiert.[1]
Zur Unterscheidung von den zahlreichen anderen Holzhausen-Orten wurde im Jahre 1934[1] der Name der ortsadeligen Familie Rau von Holzhausen vorangestellt.
ab 1981: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Gießen, Landkreis Marburg-Biedenkopf, Gemeinde Ebsdorfergrund
Gerichte seit 1821
Mit Edikt vom 29. Juni 1821 wurden in Kurhessen Verwaltung und Justiz getrennt. Für Rauischholzhausen wurde der Kreis Kirchhain für die Verwaltung und das Assistenzamt Amöneburg als Gericht in erster Instanz zuständig. 1831 wurde dies ein eigenes Justizamt.[11] Nach der Annexion Kurhessens durch Preußen wurde Rauischholzhausen dem Justizamt Kirchhain zugeordnet und zum 1. September 1867 erfolgte die Umbenennung des bisherigen Justizamtes in Amtsgericht Kirchhain.[12][13] Auch mit dem in Kraft treten des Gerichtsverfassungsgesetzes von 1879 blieb das Amtsgericht unter seinem Namen bestehen.
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Rauischholzhausen 1026 Einwohner. Darunter waren 15 (1,5 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 195 Einwohner unter 18 Jahren, 402 zwischen 18 und 49, 225 zwischen 50 und 64 und 204 Einwohner waren älter.[2] Die Einwohner lebten in 432 Haushalten. Davon waren 102 Singlehaushalte, 126 Paare ohne Kinder und 147 Paare mit Kindern, sowie 42 Alleinerziehende und 12 Wohngemeinschaften. In 84 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 258 Haushaltungen leben keine Senioren.[2]
634 Einwohner (Familien: 46 nutzungsberechtigte, 39 nicht nutzungsberechtigte Ortsbürger, 36 Beisassen).
Rauischholzhausen: Einwohnerzahlen von 1749 bis 2011
Jahr
Einwohner
1749
419
1800
?
1834
580
1840
592
1846
631
1852
653
1858
651
1864
691
1871
626
1875
681
1885
615
1895
683
1905
702
1910
710
1925
682
1939
722
1946
1.052
1950
1.095
1956
964
1961
946
1967
1.054
1980
?
1990
?
2000
?
2011
1.026
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: LAGIS[1]; Zensus 2011[2]
Erwerbspersonen: 22 Leineweber, ein Wollweber mit zwei Gesellen, 6 Schneider, drei Schuhmacher, drei Stellmacher, zwei Schmiede, ein Küfer, ein Drechsler, zwei Maurer, 5 Müller, ein Barbier, ein Schlachter, ein Schreiner, ein Branntweinbrenner, ein Mühlenarzt, 8 Tagelöhner und -innen, 6 Juden.
• 1838:
Familie: 26 Ackerbau, 39 Gewerbe, 54 Tagelöhner.
• 1961:
Erwerbspersonen: 158 Land- und Forstwirtschaft, 199 Produzierendes Gewerbe, 31 Handel und Verkehr, 83 Dienstleistungen und Sonstiges.
Politik
Für Rauischholzhausen besteht ein Ortsbezirk mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung. Er umfasst das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Rauischholzhausen.[6]
Der Ortsbeirat Rauischholzhausen besteht aus fünf Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 51,80 %. Alle Kandidaten gehörten der „Bürgerliste Rauischholzhausen“ an.[14] Der Ortsbeirat wählte Yvonne Ebinger zur Ortsvorsteherin.[15]
Johannes Hess (1786–1837), Botaniker und Bibliothekar
Isaak Rülf (1831–1902), Rabbiner, jüdischer Politiker und Zionist
Literatur
Annamaria Junge: „Niemand mehr da“. Antisemitische Ausgrenzung und Verfolgung in Rauischholzhausen 1933–1942. Jonas Verlag, Marburg 2012, ISBN 978-3-89445-462-3.
Franz Kaiser: Rauisch-Holzhausen, das ehemals freie Reichsdorf. E. Mauersberger, Marburg 1975, DNB750881887
↑
Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S.128f. (online bei Google Books).
↑Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August. (kurhess GS 1821) S. 74.
↑
Neueste Kunde von Meklenburg, Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und den freien Städten, aus den besten Quellen bearbeitet. im Verlage des G. H. G. privil. Landes-Industrie-Comptouts, Weimar 1823, S.158ff. (online bei HathiTrust’s digital library).
↑Verordnung über die Gerichtsverfassung in vormaligen Kurfürstentum Hessen und den vormals Königlich Bayerischen Gebietstheilen mit Ausschluß der Enklave Kaulsdorf vom 19. Juni 1867. (PrGS 1867, S. 1085–1094)