Andersen stammte aus ärmlichen Verhältnissen, wurde in einem der ärmsten Stadtteile Kopenhagens geboren und fühlte sich zeitlebens der besitzlosen Klasse verbunden. Er war der erste große Vertreter der ab Beginn des 20. Jahrhunderts an Bedeutung gewinnenden Arbeiterliteratur in Dänemark. Seine Familie zog 1877 nach Neksø auf der Insel Bornholm. Dort begann er 1884 eine Lehre als Schuhmacher.
Andersen bildete sich ab 1889 an einer Volkshochschule weiter und begann um diese Zeit, erste Zeitungsartikel zu verfassen. Ende 1893 erkrankte er an Tuberkulose. Zur Heilung reiste er nach Italien und Spanien. Diese und weitere Reisen flossen später in sein Buch Sonnentage ein. Wegen eines politisch begründeten Einreiseverbotes nach Italien machte Andersen Nexö am Bodensee Station und traf dort Fritz Mauthner.[1]
Nach einem Studium an der Askov Volkshochschule absolvierte Andersen Nexö 1897 das Lehrerexamen und fand eine Anstellung in Odense. 1898, im Jahr seiner Heirat mit Margrethe Thomsen, entstand sein erster Zyklus von Erzählungen.
Sein vermutlich bekanntestes und meistübersetztes Werk ist Pelle der Eroberer (1910), in dem Andersen auch seine eigene Kindheit aufarbeitet und einfühlsam das harte Leben der Bauern, Fischer und Arbeiter seiner Zeit auf der Insel Bornholm beschreibt. Dieser Teil des Romans wurde 1987 vom dänischen Regisseur Bille August verfilmt und 1988 mit der Goldenen Palme von Cannes und einem Oscar als Bester fremdsprachiger Film ausgezeichnet. Der mehrbändige Roman umfasst aber auch das Leben des erwachsenen Pelle, der zum Führer der Sozialdemokraten wird.
1913 heiratete Andersen Nexø zum zweiten Mal; Margrethe (Grethe) Frydenlund Hansen (1889–1953) war 20 Jahre jünger als er und hatte eine Lehrerinnenausbildung. Nach der Gründung der Internationalen Arbeiterhilfe 1921 wurde sie in die Leitung der dänischen Sektion gewählt und 1922 als Delegierte zum 4. Weltkongress der Kommunistischen Internationale in Moskau eingeladen.
Mit Margrethe Frydenlund hatte Andersen Nexø fünf Kinder: Storm, Inge, Oluf, Rolf und Morten.
1919 trat Andersen Nexø gemeinsam mit Marie Nielsen der Socialistisk Arbejderparti bei, die sich im selben Jahr mit zwei anderen Parteien zur Venstresocialistisk Parti zusammenschloss. 1920 benannte sich die Partei in Danmarks Kommunistiske Parti (DKP) um. Mitte der 1920er Jahre heiratete er zum dritten Mal; Johanna geb. May (1902–1977) gebar ihm drei weitere seiner insgesamt zehn Kinder und wurde auch bis an sein Lebensende seine berufliche Mitarbeiterin.[2]
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Andersen zunächst nach Dänemark zurück. Nach mehreren Reisen in die DDR siedelte er 1951 auf Einladung des damaligen sächsischen Ministerpräsidenten Max Seydewitz nach Radebeul über und ließ sich 1952 schließlich in Dresden-Weißer Hirsch nieder. Dort starb er am 1. Juni 1954 im Alter von 84 Jahren. Er wurde auf dem Assistenzfriedhof in Kopenhagen beigesetzt.
In Dresden wurde nach Nexøs Tod die von ihm bewohnte Villa Collenbuschstraße 4 in den Jahren 1958–1990 als Martin-Andersen-Nexö-Gedenkstätte genutzt.[4] Das Arbeitszimmer und seine Wohnräume im ersten Stock blieben dabei unverändert.[5]
Erinnerungen. Übers. Ernst Harthern, Dietz, Berlin 1. Aufl. 1948.
Morten der Rote. Erinnerungsroman. Dietz, Berlin 4. Aufl. 1959.
Die Familie Frank. 1920.
Sühne. Der Bücherkreis, Berlin 1925. (Einbandentwurf: Hans Windisch).
Die Passagiere der leeren Plätze. Ein Buch in 14 Erzählungen und einem Vorspiel. Mit 12 Zeichnungen von George Grosz. Der Malik-Verlag Berlin/Halensee 1921.
Die Puppe. Übers. Ellen Schou, Dietz, Berlin 1956.
Zugvögel. Übers. Ellen Schou, Insel-Verlag, Leipzig 1957 (Insel-Bücherei 584).
Fliegender Sommer. Übers. Ellen Schou, Aufbau-Verlag, Berlin 1969.
Sonnentage. Reisebilder aus Andalusien. (Reiseberichte aus Italien u. Spanien; Aufbau-Ausgabe, Berlin 2000 mit UT ...aus dem Süden.) Georg Merseburger, Leipzig 1909, häufige Neuaufl.
Auszug: Die Zigeuner. Übers. Emilie Stein. In Adalbert Keil (Hrsg.): Das Volk der Nacht. Zigeunergeschichten. Reihe: Goldmanns Gelbe TB #1614. München 1964. (Anthologie) S. 12–24.
K. K. Nicolaisen: Martin Andersen Nexö, Eine literarische Skizze. Oskar Wöhrle Verlag, Konstanz 1923.
Svend Erichsen: Martin Andersen Nexø. H. Hirschsprungs Forlag, Kopenhagen 1938.
Walter Berendsohn: Martin Andersen Nexös Weg in die Weltliteratur. Dietz Verlag, Berlin 1949.
Max Zimmering: Martin Andersen Nexö. Verlag Neues Leben, Berlin 1952.
Børge Houmann: Martin Andersen Nexø, bibliografi – med indledning og biografiske noter pa dansk og tysk. Forlaget Sirius, Arhus 1961.
Franz Hammer: Martin Andersen Nexö. Sein Leben in Bildern. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1963.
Max Zimmering: Martin Andersen Nexö, Ein Lebensbild. Dietz Verlag, Berlin 1963.
Walter Berendsohn: Martin Andersen Nexö als Dichter und Mensch. 1966.
Martin Andersen Nexö, Leben und Werk. Martin-Andersen-Nexö-Gedenkstätte, Dresden o. J.
Martin Andersen Nexö, Zum 110. Geburtstag und 25. Todestag. Stadt- und Bezirksbibliothek, Dresden 1979.
Børge Houmann: Martin Andersen Nexø og hans samtid 1869–1919, ~ 1919–1933, ~ 1933–1945 (Martin Andersen Nexö und seine Zeit, umfassende Biographie) Gyldendal, Kopenhagen 1981.
Faith und Niels Ingwersen: Quest for a Promised Land: The Works of Martin Andersen Nexø. Greenwood Press, Westport/London 1984, ISBN 0-313-24469-3.
Henrik Yde: Det grundtvigske i Martin Andersen Nexø's liv. (Das Grundtvigsche Element im Leben Martin Andersen Nexös) Dissertation. 2 Bände. Windrose, Kopenhagen 1991, ISBN 87-7456-405-6.
Aldo Keel: Der trotzige Däne Martin Andersen Nexø. Eine Biographie. Aufbau Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-7466-2051-1.
↑Mauthner berichtet davon in der Widmung der Neuauflage seiner Spinozaschrift von 1906 im Jahr 1921. (online)
↑Kathrin Wallrabe (Hrsg.): Johanna Andersen Nexö, geb. May. Ehefrau und Mitarbeiterin von Martin Andersen Nexö. In: Frauenzimmer - Frauen im Zimmer? Textsammlung. Stadt Radebeul, Radebeul 2005, S. 24.