Langer Eugen
Der Lange Eugen ist ein Hochhaus im Bonner Ortsteil Gronau, das von 1966 bis 1969 nach Plänen des Architekten Egon Eiermann errichtet wurde. Es liegt in Nähe des Rheinufers an der Hermann-Ehlers-Straße. Bis zum Umzug des Deutschen Bundestages nach Berlin 1999 war das Gebäude als „neues Abgeordnetenhochhaus“ der Hauptstandort für die Büros der Mitglieder des Deutschen Bundestages. Nach der abgeschlossenen Sanierung wurde es ab April 2006 von damals elf Organisationen der Vereinten Nationen bezogen und ist Bestandteil des im Juli 2006 eröffneten UN-Campus. Der Lange Eugen steht als Baudenkmal unter Denkmalschutz[2] und ist eine Station des Geschichtsrundwegs Weg der Demokratie. GeschichteDer Bundestag, der seit 1949 im Bundeshaus tagte, hatte zur Unterbringung seiner Abgeordneten 1951 ein 160 Büroräume umfassendes Abgeordnetenhochhaus errichtet, das sich an das Bundeshaus anschloss. Des Weiteren mietete er einige Büroflächen an. Eine gemeinsame Unterbringung weiterer Abgeordneter, für die der Bau eines neuen Bürogebäudes notwendig war, scheiterte an einem 1956 erlassenen Baustopp. Diese, aufgrund des offiziell provisorischen Charakters der Hauptstadt Bonn getroffene, Vorgabe wurde erst gelockert, als die Platznot Anfang der 1960er Jahre immer dringlicher erschien. Daher wurden Planungen für den Bau eines neuen Abgeordnetenhochhauses begonnen. Dazu bot sich die Fläche zwischen dem Bundeshaus und den damaligen Bonner Sportanlagen in der „Gronau“ an, die in den neuen Sportpark Nord verlegt wurden. Im März 1965 erhielt der Karlsruher Professor Egon Eiermann den Auftrag für die Erstellung des Entwurfs und die künstlerische Oberleitung; Projektleiter war der Eiermann-Schüler Georg Pollich. Am 29. August 1966 erfolgte die Grundsteinlegung für das 115 Meter hohe Gebäude, das Richtfest wurde am 10. Mai 1968 begangen und die Einweihung am 19. Februar 1969; die Abgeordneten und die Ausschüsse des Bundestags konnten es bis zum 1. November 1969 beziehen.[3] Seinen Namen bekam der Lange Eugen als ironisch-augenzwinkernde Anspielung auf die geringe Körpergröße des ehemaligen Bundestagspräsidenten Eugen Gerstenmaier, aufgrund dessen persönlicher Initiative – während seiner Amtszeit – das Gebäude entstand. Die Baukosten betrugen 50 Millionen D-Mark. 1975 erhielt das Hochhaus aus Brandschutzgründen Glastüren in allen Bürogeschossen und eine Notlandeplattform auf dem Dach.[3] Ein als Fluchtweg dienender Treppenturm an der Rheinseite wurde – nach einem Entwurf von Georg Pollich[4] (Planungsgruppe Stieldorf) – von der Bundesbaudirektion 1979 angebaut. Mit Fertigstellung des Langen Eugen stand erstmals jedem Abgeordneten des Deutschen Bundestags ein eigenes Büro von 17 Quadratmetern zur Verfügung – für Schreibkräfte waren Großraumbüros vorhanden. Das Restaurant im obersten Stockwerk bietet einen beeindruckenden Blick auf das Siebengebirge, bei gutem Wetter kann man am Horizont den Kölner Dom erkennen. Verhältnismäßig früh – bereits knapp 30 Jahre nach der Fertigstellung – wurde der Bau am 26. November 1997 unter Denkmalschutz gestellt. Das Verfahren wurde durch die Landesregierung Nordrhein-Westfalens betrieben. Die Denkmalschützer begründeten ihre Entscheidung u. a. damit, dass das Gebäude mit seinem Verzicht auf hierarchische Elemente in der Fassadengestaltung ein „anschauliches Beispiel für das Verständnis demokratischen Bauens in der jungen Bundesrepublik“ sei.[5] Durch den Bau des nahegelegenen und deutlich höheren Post Towers (2000–02) hat der Lange Eugen seinen unter anderem von der Kunsthistorikerin Angelika Schyma als erhaltenswert angesehenen Solitärcharakter zur Kennzeichnung des früheren Parlaments- und Regierungsviertels sowie als Auftakt zur Bonner Stadtsilhouette[6] verloren. Nachdem der Bundestag in Folge der Verlegung des Parlaments- und Regierungssitzes im Sommer 1999 nach Berlin umgezogen war, wurde der „Lange Eugen“ zunächst durch das Bundesinstitut für Berufsbildung sowie verschiedene nationale und internationale Bildungseinrichtungen genutzt. Am 28. Mai 2003 beschloss das Bundeskabinett, das Gebäude den Vereinten Nationen zur dauerhaften Nutzung zu überlassen. Die erforderliche Sanierung lag in Händen des Bau- und Liegenschaftsbetriebs NRW, wurde vom Architekturbüro HPP Architekten durchgeführt[7] und nahm veranschlagte Kosten in Höhe von 54,7 Millionen Euro in Anspruch.[8][9] Sie war nur mit wenigen Umbauten verbunden, um den weitestgehenden Erhalt der Architektur Eiermanns zu sichern. Am 31. März 2006 wurde die Liegenschaft dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit übergeben.[10] Bis auf das größte Sekretariat, das der Klimarahmenkonvention, wurden alle Bonner UN-Einrichtungen ab April 2006 in das ehemalige Wahrzeichen der Bundeshauptstadt verlegt. Am 11. Juli 2006 weihte UN-Generalsekretär Kofi Annan den UN-Campus im Langen Eugen ein. Nach dem Einzug der Organisationen waren zunächst einige Etagen unbesetzt geblieben, die für die weitere Ansiedlung von UN-Institutionen freigehalten waren. Insgesamt bietet der Lange Eugen nach dem Umbau rund 675 Mitarbeitern Platz. Er wurde mit dem Einzug der UN-Organisationen exterritoriales Gebiet. Im Vorfeld der Eröffnung des UN-Campus wurde im März/April 2006 aus Sicherheitsgründen ein 700 m langer Zaun aus gut 5.600 Stäben um den Langen Eugen errichtet, in dessen Bau die damalige Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann nach langem Widerstand einwilligte.[11][10] Die Übernahme des Gebäudes durch die Vereinten Nationen verursachte die Sperrung der anliegenden Hermann-Ehlers-Straße für den Verkehr. Zur Vollendung des UN-Campus wurden der Südflügel des Bundeshauses und das „Alte Abgeordnetenhochhaus“ von 2009 bis 2013 umgebaut und dabei auch die sicherheitsrelevanten Einrichtungen im Untergeschoss des Langen Eugen erweitert.[12] Seitdem verläuft der Sicherheitszaun mitten über die Straße. Ab Juli 2010 war auch ein Teil des Klimasekretariates im Langen Eugen beheimatet.[13] Seit Anfang Mai 2006 leuchten drei große Leuchtembleme auf dem Dach des Langen Eugen und zeigen den neuen Hauptstandort der UN in Bonn an. Auf der dem Rhein zugewandten Seite konnte aus technischen Gründen kein UN-Emblem angebracht werden. Durch die UN-Embleme steht der Lange Eugen nun für das internationale Bonn, während er früher mit Bonn als Bundeshauptstadt verbunden wurde, und repräsentiert somit den in Bonn vollzogenen Strukturwandel. ArchitekturDie 115 Meter Gebäudehöhe verteilen sich auf 30 Geschosse, ferner existieren drei Untergeschosse. Zur Zeit der Nutzung durch den Bundestag beherbergten die Obergeschosse 3 bis 17 jeweils 30 Büroräume für 446 Abgeordnete. Die weiteren Geschosse 19 bis 28 beanspruchten die Ausschüsse, die dort in Sitzungssälen, Büro- und Konferenzräumen arbeiteten. Technische Einrichtungen für den Gebäudebetrieb waren bzw. sind in den Geschossen 18 und 30 untergebracht, das 29. und damit das oberste Geschoss bot einem Restaurant Platz. Das Tragwerk des Hochhauses besteht komplett aus Stahl. Das stellt für (mittel-)europäische Verhältnisse eine große Besonderheit dar, denn hierzulande werden Gebäude üblicherweise aus Beton errichtet. Aus diesem Grunde ist der Lange Eugen auch das höchste Stahlgebäude in Deutschland, obwohl er in der Liste aller Wolkenkratzer in Deutschland nur Platz 48 einnimmt. Seit der Modernisierung sind insgesamt 410 Büroräume vorhanden. Für kleinere Tagungen stehen 36 Besprechungs- und 4 Konferenzräume zur Verfügung. Daneben gibt es eine Bibliothek. Im September 2003[14][15] wurde eine neue Klimatechnik auf dem Dach installiert. Kommentar des ArchitektenDer Architekt selbst mahnte bei Auftragsvergabe bereits nachdrücklich:
So kam es, dass das Hochhaus von 1969 über die gesamte Ära Bonns als Bundeshauptstadt monolithisch am Rheinufer die Silhouette der Stadt bestimmte. Erst durch den Post Tower im Jahre 2002 bekam der Lange Eugen ein zweites vertikales Pendant. Rezeption
– Heinrich Klotz (1978)[17]
– Frank-Lothar Kroll (1989)[18]
– Mathias Schreiber (1992)[19]
– Jan Thorn-Prikker (1992)[20]
– Angelika Schyma (1996)[21]
– Friedrich Busmann (2004)[22] Kunst am BauDer Lange Eugen ist mit einigen als Kunst am Bau installierten Arbeiten bildender Künstler ausgestattet, die von der damaligen Bundesbaudirektion direkt beauftragt worden waren.[23] Für eine der Supraporten über den Doppelflügeltüren der Sitzungssäle schuf der Künstler Günther Uecker ein beleuchtbares Nagelobjekt als kinetisches Kunstwerk.[24] Zwei weitere Supraporten und drei Wandseiten im großen Sitzungssaal gestaltete der Maler Georg Meistermann mit seiner Ehrenchronik demokratischen Verhaltens, die auf 69 umlaufenden Glastafeln die Namen von mit Demokratie und humanitären Werten verbundenen Politikern, Wissenschaftlern und Künstlern nennt.[25] Die Supraporte des früheren Sitzungssaals des Verteidigungsausschusses zeigt die thematisch auf diesen bezogene, als Triptychon ausgebildete Arbeit Weltgericht (Inferno des Krieges) des Künstlers HAP Grieshaber.[26] Eine Reliefarbeit des Bildhauers Fritz Koenig aus Aluminium, das Große Kugelrelief II, ist als Supraporte eines weiteren Sitzungssaals zu sehen[27]; ebenso eine auf eine Metallplatte aufgesetzte Malerei von Emil Schumacher[28], ein Kunststoffrelief des Bildhauers Günter Ferdinand Ris[29] und als Tapisserie ein Wollteppich der Bildweberin Woty Werner[30]. Im Flur des 27. Stocks befindet sich das ursprünglich in der Eingangshalle installierte Glasmosaik Steine (1970) von Hans Kaiser.[31][32][33] Siehe auchLiteratur
WeblinksCommons: Langer Eugen – Sammlung von Bildern
Einzelnachweise
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