Nach der Bundestagswahl 1976 trat der Bundesparteitag zusammen, um Rechenschaft abzulegen über die Lage der FDP und ihren Weg in der Zukunft. Zudem war der Parteitag Anlass, eine grundsätzliche Besinnung über Funktion und Auftrag der Liberalen in den ausgehenden 1970er Jahren einzuleiten und festzulegen, wie die FDP-Strategie der Eigenständigkeit fortzuschreiben wäre.
In seiner Parteitagsrede stellte der Vorsitzende Hans-Dietrich Genscher fest, dass die Landesverbände frei in der Wahl des Koalitionspartners seien, also auch mit der auf Bundesebene in der Opposition befindlichen CDU koalieren dürften. Allerdings schränkte er die Aussage unter dem Beifall der Delegierten dahingehend ein, dass das Ziel der Koalitionspolitik in den Ländern sein müsse, die Gesetzgebung im Bund zu unterstützen.[2]
Auf dem Parteitag trat die tiefe Uneinigkeit der Liberalen und die Stärke ihres linken Flügels zutage. Die FDP Oberbayern und die Jungdemokraten hatten einen Antrag zur faktischen Abschaffung des Radikalenerlasses eingebracht. Der Bundesvorstand setzte diesem einen eigenen Kompromissantrag entgegen, der mit knapper Mehrheit angenommen wurde. Danach sollten nicht mehr die aktive Bekämpfung der Freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sondern nur noch das nachweisliche Vorgehen gegen deren Kernbestand Hindernis für eine Übernahme in den öffentlichen Dienst sein.[3]
Bei der Vorstandswahl wurde Hans-Dietrich Genscher mit 322 Ja- zu 25 Nein-Stimmen im Amt bestätigt. Zu einer Kampfkandidatur kam es bei den stellvertretenden Vorsitzenden. Hier setzte sich Uwe Ronneburger in einer Stichwahl gegen die bisherige Amtsinhaberin Hildegard Hamm-Brücher durch.
Hans-Dietrich Genscher: Liberale Politik heute. Rede vor dem 27. Ordentlichen Bundesparteitag der FDP in Frankfurt am Main vom 19. November 1976. In: ders.: Bundestagsreden und Zeitdokumente 1968–1978, AZ-Studio, Bonn 1979, S. 179–199.
Gesundheitspolitisches Programm der FDP. (13 Thesen zur Gesundheitspolitik) beschlossen auf dem 27. ordentlichen Bundesparteitag am 20.11.1976 in Frankfurt am Main. Mit einem Vorwort von Wolfgang Mischnick und der Rede zur Einbringung des Gesundheitspolitischen Programms der FDP von Hansheinrich Schmidt, Rheindorff-Druck, Köln 1976.
Jürgen Dittberner: Die FDP. Geschichte, Personen, Organisation, Perspektiven. Eine Einführung, VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2. Aufl., Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17494-5.
↑Genscher äußert sich vorsichtig zu Länderkoalitionen mit der CDU. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. November 1976, S. 1.
↑Der Riß in der FDP. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Oktober 1976, S. 10; Günter Verheugen (Hrsg.): Das Programm der Liberalen. Zehn Jahre Programmarbeit der F.D.P. Nomos, 2. Aufl., Baden-Baden 1980, ISBN 3-7890-0623-8, S. 258–260.
↑Der Beschluss ist abgedruckt in: Günter Verheugen (Hrsg.): Das Programm der Liberalen. Zehn Jahre Programmarbeit der F.D.P. Nomos, 2. Aufl., Baden-Baden 1980, ISBN 3-7890-0623-8, S. 260 f.