Von 1892 bis 1905 war er Assistenzarzt bei Ernst von Bergmann an der II. Chirurgischen Klinik der Charité in Berlin, an der er sich 1898 habilitierte. Als Extraordinarius seit 1902, leitete er dort ab 1904 die Chirurgische Universitäts-Poliklinik.[2]
Im Jahr 1919 ging er als Ordinarius und Klinikdirektor an die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Dort war Rudolf Theis Eden sein Stellvertreter. 1928 folgte er dem vierten Ruf an die Ludwig-Maximilians-Universität in München. Im Alter von 69 Jahren emeritiert, wurde er 1936 Chefarzt der Chirurgie im Schwabinger Krankenhaus. Im Jahr darauf starb er bei einem Aufenthalt in Berlin in einer Telefonzelle an einem Herzinfarkt. Begraben wurde er im Familiengrab auf dem Münchner Nordfriedhof.[4]
Zu seinen Freunden gehörte der Chirurg und Hochschullehrer Fritz König, der 1899 Erich Lexers Schwester Herma Lexer (1878–1939) heiratete,[5] zu seinen Studenten der Chirurg Hans Killian, der durch Lexers Kunst zur Ausübung des Faches Chirurgie motiviert wurde.[6]
Lexer berichtete 1906 erstmals über seine Methode der Gesichtsstraffung. Seitdem sind Verfeinerungen und Verbesserungen dieser Technik kontinuierlich entwickelt worden. Die Schnittführung war s-förmig und verlief innerhalb der Haargrenze entlang der Schläfe. Dieser Schnitt zeigt eine weitgehende Ähnlichkeit mit der Schnittführung des heutigen Standard-Facelifts.
In Freiburg entwickelte Lexer seine ab 1910 in Jena und vor allem in Königsberg erlernten Methoden sowie Techniken der plastischen und Wiederherstellungschirurgie weiter. Besonders widmete er sich der Rekonstruktion von Nase, Ohr, Mund und Kiefer, den Mammaplastiken und ihren Modifikationen sowie den Gesichtsplastiken und den Gaumenspaltenoperationen.
Ebenfalls auf Lexer zurückzuführen sind die modifizierten heutigen Operationsmethoden für die Behandlung der Mammahyperplasie. Auf dem Prinzip der im Jahre 1922 als Lexer-Kraske bekannt gewordenen Operation beruhen viele gegenwärtige Techniken. Die vertikale Reduktionsplastik mit guten Ergebnissen, die nach einer Technik von Lejour der Patientin den Schnitt und damit die spätere Narbe in der Submammarfalte erspart, beruht auf dem lexerschen Grundprinzip.
1911 hatte er eine von ihm entwickelte Modifikation des von Bircher und César Roux (1907) erstmals durchgeführten Speiseröhrenersatzes durch eine Dünndarmschlinge erfolgreich angewandt.[8]
Eine seit 1972 in Freiburg nach Erich Lexer benannte Straße soll nach Empfehlung einer Expertenkommission zur Überprüfung der Freiburger Straßennamen in Wilhelm-von-Möllendorff-Straße umbenannt werden. Als Begründung nannte die Kommission die erhebliche Verstrickung Lexers in die Zwangssterilisationsmaßnahmen des NS-Rassenhygiene-Programms seit 1933/34, von denen unter seiner Verantwortung als Klinikchef in München 1050 Menschen betroffen waren. Mit seinem Fachbeitrag über „Die Eingriffe zur Unfruchtbarkeit des Mannes und zur Entmannung“ zum „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ sei er „über ein bloßes Bekenntnis zur Rassenideologie der Nationalsozialisten hinausgegangen“.[10][11] Dagegen gab es mehrere Klagen, die das Verwaltungsgericht Freiburg Anfang 2020 abgewiesen hat. Gegen das Urteil ist Berufung zum Verwaltungsgerichtshof möglich. Die AfD hatte im Vorfeld der Gemeinderatsentscheidung Anfang März 2020 Flugblätter in den betroffenen Straßen und Wegen verteilt, die die Umbenennungen verhindern sollten.[12]
Veröffentlichungen (Auswahl)
Lehrbuch der allgemeinen Chirurgie zum Gebrauche für Ärzte und Studierende. 2 Bände. Stuttgart 1904; 21. Auflage, bearbeitet von Eduard Rehn, ebenda 1947 und 1952.
Geschichte und Neubau der chirurgischen Universitätsklinik zu Jena. Leipzig 1919
Die freien Transplantationen (= Neue Deutsche Chirurgie. Band 26/1). Enke, Stuttgart 1924.
Handbuch der praktischen Chirurgie. 1931.
Die gesamte Wiederherstellungschirurgie. 2 Bände. Leipzig 1931.
Die Eingriffe zur Unfruchtbarmachungen des Mannes und zur Entmannung. In: Gesetz zur Verhütungen erbkranken Nachwuchses nebst Verordnung vom 5. Dezember 1933 über die Ausführung des Gesetzes, Auszug aus dem Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung vom 24. November 1933. 2. Auflage. J. F. Lehmanns Verlag, München 1936.
mit Heinrich Eymer: Schwangerschaftsunterbrechung und Unfruchtbarmachung bei chirurgischen Erkrankungen. In: Reichsärztekammer (Hrsg.): Richtlinien für Schwangerschaftsunterbrechung und Unfruchtbarmachung aus gesundheitlichen Gründen. Bearbeitet von Hans Stadler. J. F. Lehmanns Verlag, München 1936, S. 131–135.
Eugen Kuner: Eröffnung der Erich-Lexer-Gedächtnisausstellung. In: Hefte zur Unfallheilkunde. Band 200, 1988, S. 32–33.
Martin H. Kirschner: Chirurgie ist Handwerk, Wissenschaft und Kunst. Dem Gedenken an E. Lexer zum 125. Geburtstag am 22. Mai 1992. In: Chirurg BDC. Band 31, 1992, S. 220 f.
Wolfram Baumann: Erich Lexer (1867–1937). Die Plastische und Wiederherstellungs-Chirurgie als Lebensaufgabe. In: Christian Fleck, Volker Hesse, Günther Wagner (Hrsg.): Wegbereiter der modernen Medizin. Jenaer Mediziner aus drei Jahrhunderten. Von Loder und Hufeland zu Rössle und Brednow. Verlag Dr. Bussert & Stadeler, Jena/Quedlinburg 2004, ISBN 3-932906-43-8, S. 205–218.
Wolfgang G. Locher: Lexer, Erich. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 848.
Arnulf Thiede: Der Chirurg Erich Lexer (1867–1937). Heidelberg 2007
Ellen Magdalena Dittmann: Der Chirurg Erich Lexer (1867–1937). Dissertation, Universität Göttingen 2003. Modifizierte Fassung, herausgegeben von Georg Lexer und Arnulf Thiede: Kaden Verlag, Heidelberg 2007 Leseprobe beim Verlag (PDF; 606 kB)
Christoph Weißer: Chirurgenlexikon. 2000 Persönlichkeiten aus der Geschichte der Chirurgie. Springer, Berlin/Heidelberg 2019, ISBN 978-3-662-59238-0, S. 190.
↑ abKarl Philipp Berendt: Die Kriegschirurgie von 1939-1945 aus der Sicht der beratenden Chirurgen des deutschen Heeres im Zweiten Weltkrieg. Med. Diss. Freiburg 2003 (Digitalisat bei der Universität Freiburg; PDF, 2,3 MB), Anm. 454, S. 172.
↑Christoph Weißer, Jörg Arnholdt: Neue Aspekte zum Berufsweg des Chirurgen Fritz König (1866–1952) unter Berücksichtigung zweier Autographen seines Lehrers Ernst von Bergmann (1836–1907). In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 36/37, 2017/2018 (2021), S. 123–134, hier: S. 125.
↑Hans Killian: Hinter uns steht nur der Herrgott. Sub umbra dei. Ein Chirurg erinnert sich. Kindler, München 1957; hier: Lizenzausgabe als Herder-Taschenbuch (= Herderbücherei. Band 279). Herder, Freiburg/Basel/Wien 1975, ISBN 3-451-01779-2, S. 19–25.
↑ abErnst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, 2. aktualisierte Aufl. Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 370.
↑Friedrich Wilhelm Gierhake: Speiseröhre. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Mit einem Geleitwort von Rudolf Nissen. Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 186–191, hier: S. 187 f.