Das Theater Gera gehört zum Theater Altenburg Gera und ist Thüringens einziges Fünfspartentheater. Hauptspielstätte und eines von drei Theatergebäuden in dieser Stadt ist das Große Haus. Es verfügt über einen Theatersaal mit 552 Plätzen, einen Konzertsaal mit 812 Plätzen und eine kleine Spielstätte, die „Bühne am Park“, mit 141 Plätzen. Die Geschäftsführung besteht aus Kay Kuntze (seit 2011 Generalintendant, künstlerischer Geschäftsführer und Operndirektor) und Volker Arnold (seit 2015 Kaufmännischer Geschäftsführer).
Ein erstes Theatergebäude gab es mit dem Komödienhaus, gelegen am heutigen Johannisplatz, bereits von 1616 bis 1741. Ein ständiges Theater-Ensemble existierte im 18. und 19. Jahrhundert in Gera jedoch noch nicht. Nachweisen lässt sich aber, dass mindestens seit dem Jahr 1786 die Gesellschaft junger Schauspieler unter der Direktion von Samuel Meddox ziemlich regelmäßig auftrat. Da beim Stadtbrand 1780 das Komödienhaus erneut abbrannte, gab Direktor Meddox den Auftrag zum Bau eines neuen Theaters. Am heutigen Puschkinplatz an der Straße nach Untermhaus folgte im Jahre 1787 ein hölzerner Neubau und 1822 das erste Theater in Massivbauweise, das nach Umbau und Erweiterung bis 1902 genutzt wurde.
Das Theater bot zwar ein großzügiges Bühnenhaus, jedoch keinen geeigneten Konzertsaal für die Reußische Hofkapelle – ein Umstand, der dazu führte, dass man schließlich einen Theaterneubau anstrebte. Die für den Bau benötigten finanziellen Mittel wurden größtenteils durch Spenden Geraer Bürger aufgebracht, die schließlich noch fehlende Summe sowie das Baugrundstück im Küchengarten steuerte Fürst Heinrich XIV. bei. Insgesamt beliefen sich die Baukosten auf 1.103.760 Mark[1], dies würde heute einem Betrag von über 10 Millionen Euro entsprechen.
Neues Fürstliches Theater
Mit dem Bau wurde 1899 der Berliner Architekt Heinrich Seeling beauftragt, als Bauherr fungierte Erbprinz Heinrich XXVII. Die Einweihung als Fürstliches Hoftheater fand am 18. Oktober 1902 statt. Das Theater zählte bei Eröffnung 1902 zu den fortschrittlichsten seiner Zeit, da es Theater und Konzertsaal in einem Gebäude vereinte. Es wies eine zeitgemäße Mischkonstruktion aus Stahlbetonbau, Stahlskelettbau sowie Holzfachwerkkonstruktion auf und verfügte über moderne Beleuchtung, technische Ausstattung und Brandschutzvorkehrungen. Architektonisch repräsentierte das Gebäude den zeittypischen historistischen Mischstil. So zeigt sich die Fassade im Stil der Neorenaissance, wobei der ornamentale Schmuck deutlich vom Jugendstil beeinflusst ist.[2]
Betrachtet man die äußere Gestaltung des Gebäudes, so sticht vor allem die markante Eingangsseite mit ihren symbolhaften Darstellungen hervor. Neben den Büsten Friedrich Schillers und Johann Wolfgang von Goethes, sowie dem lateinischen Schriftzug Musis Sacrum (dt. den Musen geweiht), sind dies vor allem Darstellungen aus der griechischen Mythologie: Genius auf Sphinx, Haupt der Medusa, die Muse Melpomene sowie eine Bacchantin.
In den Jahren von 1914 bis 1921 erfolgte eine weitere künstlerische Ausgestaltung von Konzertsaalfoyer und Spiegelfoyer sowie der Ausbau des Theatercafés.
Reußisches Theater
Das um 1903[3] gegründete Fürstlich Reußische Theater war ein Unikum unter den Theatern der 1920er Jahre: Es war in republikanischer Zeit eine Bühne unter fürstlicher Protektion des von Ernst Barlach so genannten „Theaterprinzen“ Heinrich XLV. und bekam weder Unterstützung von der Stadt noch vom Staat Thüringen. Das Theater war aber keine „privatartige Schloßbühne“[4], sondern eine Landesbühne mit Oper, Schauspiel, Operette und bot 1100 Besuchern Platz.
In der Saison 1925/26 war die moderne Solotänzerin Yvonne Georgi als (nach Vera Skoronel) zweitjüngste Tanz- und Ballettmeisterin Deutschlands in Gera engagiert. Sie eröffnete ihre Arbeit mit einem Tanzabend, bestehend aus Arabische Suite von Felix Petyrek (mit Georgi als Solistin), Saudades do Brazil von Darius Milhaud und Persisches Ballett von Egon Wellesz.[4] Als Silvesterpremiere kam Vittorio Rietis kurz zuvor von Serge DiaghilevsBallets Russes uraufgeführte Tanzkomödie Barabau heraus. Die Aufführung lockte sogar die Berliner Kritiker nach Gera und gastierte am Leipziger Schauspielhaus und an der Berliner Volksbühne. 1926 choreografierte Georgi noch Igor StrawinskysPulcinella. Dennoch erhielt die Tanztruppe „wegen mangelnden Interesses des Publikums“ die Kündigung, und Yvonne Georgi wechselte nach Hannover.[5]
In der Spielzeit 1925/1926 erreichte das Theater mit 240.832 Zuschauern seine höchste Besucherzahl.
Krieg und Nachkriegszeit
Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Theater von einer Brandbombe getroffen, die allerdings ein Blindgänger war und so keinen größeren Schaden anrichtete. Am 6. August 1944 wurde das Theater kriegsbedingt geschlossen. Am 6. April 1945 wurde beim schwersten alliierten Bombenangriff des Krieges auf Gera u. a. auch das Kulissenhaus des Theaters zerstört. Doch bereits am 15. September 1945 wurde auf Beschluss des sowjetischen Stadtkommandanten der Theaterbetrieb mit MozartsHochzeit des Figaro wiederaufgenommen.
Bühnen der Stadt Gera
Im November 1945 erfolgte die Umbenennung des Reußischen Theaters in Bühnen der Stadt Gera.
Im Juli 1951 begann der Wiederaufbau des beim Bombenangriff zerstörten Kulissenhauses. Nachdem am 16. April 1963 bei einem Brand das Bühnenhaus beschädigt wurde, entschloss man sich zur Renovierung des Theaters. Am 10. September 1963 erfolgte nach Renovierung und Neugestaltung von Kassenhalle, Foyer, Theatersaal und technischen Anlagen die Wiedereröffnung.
Im Juni 1976 erhielt das Theater einen neuen Anstrich in den Farben Grün, Weiß und Dunkelrot. Am 21. Dezember 1977 wurde die neue, vom VEB Orgelbau Sauer gefertigte Orgel im Konzertsaal eingeweiht. Sie ersetzte die 1911 gebaute Orgel.
1995 wurde der Konzertsaal saniert und im September 1999 die Bestuhlung im Theatersaal erneuert. Die Anzahl der Sitzplätze verringerte sich von 670 auf 550.
2005 erfolgte die Eröffnung der „Bühne am Park“ mit Probebühne und Studiobühne für 200 Zuschauer (Architekt Klaus Sorger, Gera).[6]
In den Jahren von 2005 bis 2007 erfolgte eine umfassende Gesamtsanierung, Restaurierung, Rekonstruktion und Modernisierung. Das Theater erhielt dabei den an der ursprünglichen Farbgebung angelehnten, sandockerfarbenen Anstrich. Ebenso wurden alle für die Öffentlichkeit zugänglichen Räumlichkeiten einer Neugestaltung unterzogen, eine neue Drehbühne, ein neues Tonstudio sowie eine neue elektro- und raumakustische Anlage installiert.
Im Juni 2013 entstanden als Folge des durch die Hochwasserkatastrophe 2013 erhöhten Grundwasserspiegels und damit verbundenen Wasserständen in den Kelleretagen, an der Haus- und Bühnentechnik Schäden von ca. 400.000 Euro.[7][8]
Zum Spielzeitbeginn 2019/2020 beziehungsweise im August 2019, wurde der Theaterbetrieb unter dem neuen Namen „Theater Altenburg Gera“ wiederaufgenommen.
Intendanzen
Die Intendanten des Geraer Theaters seit der Eröffnung des Neuen Fürstlichen Theaters 1902:
1895 bis 1908 Georg Kurtscholz, Intendanzrat
1903 bis 1918 Freiherr von der Heyden-Rynsch, Intendant
↑Annemarie Floeter: Musikalische Zeitschriftenschau. In: Zeitschrift für Musikwissenschaft. Herausgegeben von der Deutschen Musikgesellschaft / Zeitschrift für Musikwissenschaft. Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Musikwissenschaft / Archiv für Musikforschung. Herausgegeben mit Unterstützung des Staatlichen Instituts für deutsche Musikforschung von der Deutschen Gesellschaft für Musikwissenschaft / Archiv für Musikforschung. Herausgegeben im Auftrage des Staatlichen Instituts für deutsche Musikforschung, Jahrgang 1928, S. 693 (online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/zmw (Gera. – 25 Jahre Reußisches Theater (Liebmann), AMZ 54, 47, S. 85, 48.)
↑ abcUlrich Bubrowski (Hrsg.): Ernst Barlachs Drama „Der Arme Vetter“. Aufnahme, Kritik. Wirkung. Piper, München 1988.
↑Horst Koegler, Yvonne Georgi. Reihe Theater Heute, Friedrich Verlag Hannover 1963
↑Renate Lotz-Rimbach, Ingrid Reissland, Barbara Schrön, Ludger J. Sutthoff: Theaterbauten in Thüringen. Hrsg.: Theater Erfurt, Thüringisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie, Deutscher Bühnenverein Landesverband Thüringen. S.36.