Über diese Tätigkeiten unterrichtete er als Dozent am Institut für Musikwissenschaft und von 1911 bis 1915 auch als Lehrer für Musikgeschichte am Wiener Musikkonservatorium. Ab 1929 war er weiters außerordentlicher Professor für Musikwissenschaft an der Universität Wien.[1]
Als Sohn ungarischer Juden war Wellesz bis 1908 jüdischer Konfession. In jenem Jahr trat er aus dem Judentum aus, kehrte aber noch im selben Jahr zurück, um Emilie (Emmy) Stross (1889–1987) heiraten zu können. Ihre beiden Töchter, Magda (1909–2006) und Elisabeth (1912–1995), wurden als Jüdinnen geboren. 1917 kehrte Wellesz der jüdischen Konfession endgültig den Rücken. Als Monarchist und Verfasser von „entarteter“ Musik musste Wellesz 1938 über Amsterdam nach England emigrieren. Hier fand er Gelegenheit zur Mitarbeit am renommierten Grove Dictionary of Music and Musicians, hielt Vorlesungen in Cambridge und wurde mit 1. Januar 1939 als Fellow an das Lincoln College der Universität Oxford berufen, deren Ehrendoktor er bereits 1932 – als erster österreichischer Komponist nach Joseph Haydn – geworden war.[1] Im Jahr 1940 wurde er zusammen mit anderen österreichischen und deutschen Exilanten als Enemy Alien für einige Monate interniert und ins Hutchinson Internment Camp auf die Isle of Man gebracht, konnte danach aber seine Tätigkeit in Oxford fortsetzen.[3]
Nachdem er im Jahr 1946 die britische Staatsbürgerschaft erhalten hatte,[4] wurde er von der Stadt Wien und der Republik Österreich mit mehreren Auszeichnungen geehrt. Dennoch erhielt er nie das Angebot, seinen ehemaligen Posten an der Musikuniversität Wien wieder einzunehmen.
Ein Schlaganfall am 18. Januar 1972 setzte seinen kreativen Tätigkeiten im Alter von 87 Jahren ein Ende. Er starb in der Nacht vom 8. auf den 9. November 1974 in Oxford, sein Ehrengrab befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 32 C, Nummer 38).[5] Seine Witwe kehrte nach Wien zurück, wo sie 1987 starb.
Wellesz’ Schaffen als Komponist umfasst 112 Werke mit Opuszahlen sowie etwa 20 ohne Opuszahl. Er beschäftigte sich mit fast allen Gattungen und komponierte für die Bühne ebenso wie für den Konzertsaal in Form von Orchesterwerken, Solokonzerten, Kammermusik, Klaviermusik, Liedern und Chorwerken.
Bühnenwerke
Das Wunder der Diana, op. 18 (1914–1917), Ballett nach Béla Balázs
Die Prinzessin Girnara, op. 27 (1919–1920), Libretto von Jakob Wassermann
Persisches Ballett, op. 30 (1920), Ballett nach Ellen Tels
Caroline Cepin-Benser: Egon Wellesz (1885–1974). Chronicle of a Twentieth-Century Musician. Peter Lang, New York 1985 (= American University Studies. vol. IX, 8).
Otto Kolleritsch (Hrsg.): Egon Wellesz. In: Studien zur Wertungsforschung, vol. 17, 1986, UE, Graz/Wien.
Lorenz Wedl: »Die Bacchantinnen« von Egon Wellesz oder das göttliche Wunder. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 1992.
Harald Kaufmann: Gespräch mit Egon Wellesz. In: H. Kaufmann: Von innen und außen. Schriften über Musik, Musikleben und Ästhetik. Hrsg. von Werner Grünzweig und Gottfried Krieger. Wolke, Hofheim 1993, S. 181–182.
Knut Eckhardt: Das Verhältnis von Klangfarbe und Form bei Egon Wellesz. Edition Re, Göttingen 1994.
David Symons: Egon Wellesz. Composer. Florian Noetzel, Wilhelmshaven 1996.
Marcus G. Patka, Michael Haas (Hrsg.): Hans Gál und Egon Wellesz: Continental britons. Ausstellung „Continental Britons – Hans Gál und Egon Wellesz“ des Jüdischen Museums der Stadt Wien vom 25. Februar – 2. Mai 2004 (= Musik des Aufbruchs). Im Auftrag des Jüdischen Museums Wien. Mandelbaum-Verlag, Wien 2004, ISBN 3-85476-116-3.
Jürgen Maehder: Das Quiché-Drama »Rabinal Achí«, Brasseur de Bourbourg und das Tanzdrama »Die Opferung des Gefangenen« von Egon Wellesz. In: Peter Csobádi, Ulrich Müller et al. (Hrsg.): Das (Musik)-Theater in Exil und Diktatur und seine Rezeption. Vorträge und Gespräche des Salzburger Symposiums 2003. Müller-Speiser, Anif/Salzburg 2005, S. 628–644.
Pietro Massa: Antikerezeption und musikalische Dramaturgie in »Die Bakchantinnen« von Egon Wellesz. In: Peter Csobádi, Ulrich Müller et al. (Hrsg.): Das (Musik)-Theater in Exil und Diktatur und seine Rezeption. Vorträge und Gespräche des Salzburger Symposiums 2003. Müller-Speiser, Anif/Salzburg 2005, S. 418–435.
Walter Oakeshott: Egon Wellesz, 1885–1974. In: Proceedings of the British Academy. Band61, 1976, S.567–587 (thebritishacademy.ac.uk [PDF]).
Wellesz, Egon Joseph. In: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,2. Saur, München 1983, S. 1233f.
↑ abcNina-Maria Wanek: Egon Wellesz. In: Claudia Maurer Zenck, Peter Petersen (Hrsg.): Lexikon verfolgter Musiker und Musikerinnen der NS-Zeit. Universität Hamburg, Hamburg 2006.
↑Egon Wellesz: Miscellanea zur orientalischen Musikgeschichte. In: Zeitschrift für Musikwissenschaft, 1, 1918, S. 505–515, und 2, 1919, S. 240 ff.
↑Musik des Aufbruchs. (Memento vom 17. September 2012 im Webarchiv archive.today) Jüdisches Museum Wien 2004, Beginn der Ausstellungsreihe mit „Continental Britons“ (Hans Gál und Egon Wellesz)
↑ abStefan Schmidl: Wellesz, Egon Joseph. In: Oesterreichisches Musiklexikon online. Abgerufen am 18. März 2021.