António Caetono de Abreu, der später den Namen des portugiesischen Freiheitskämpfers Egas Moniz de Ribadouro annahm, studierte von 1894 bis 1899 an der Universität Coimbra Medizin, wo er 1901 promoviert wurde und sich 1902 mit einer Arbeit über die Physiologie bzw. Pathologie des Sexuallebens habilitierte.[4]
Er entwickelte nach zahlreichen tierexperimentellen Fehlschlägen von 1927/1928 die Angiografie (als Arteriografie) der Hirngefäße am lebenden Menschen. Dazu injizierte er Röntgenkontrastmittel über die Halsschlagader und 1931[5] auch über die Arteria axillaris[6] in das Blut der Patienten, um dann das Gehirn zu „fotografieren“ und anhand der Bilder Tumoren zu finden.[7] Im Jahr 1940 erschien im Springer-Verlag sein Buch Die cerebrale Arteriographie und Phlebographie. Auch die 1936 durch angiokardiografische Darstellung der rechten Herzkammer und der Lungenarterien (wie sie auch 1936 von Pierre Louis Jules Marie Ameuille praktiziert wurde) führten Moniz und seine Mitarbeiter ab 1931[8] durch.
Moniz war der Begründer der modernen Psychochirurgie und befreundet[9] mit dem neurochirurgisch tätigen Nervenarzt Otfried Foerster. 1935 führte Moniz[10] unter Mitwirkung von John Farquhar Fulton an einem Patienten mit unheilbarem Hirnschaden die erste (frontale) Lobotomie („Leukotomie“) durch. Dabei werden die Nervenbahnen in der vorderen Gehirnregion durchtrennt. In Anlehnung an die von David Ferrier durchgeführten Versuche mit Schimpansen (1876) und eigene Beobachtungen hatte Moniz gefolgert, dass Angstpsychosen, depressive und andere psychotische Zustände durch gezielte Ausschaltungen des Frontallappens beeinflusst werden können.[11] Durch das umstrittene Verfahren konnten Kranke angeblich von ihren Wahnvorstellungen geheilt werden, jedoch konnte dadurch auch die Persönlichkeit irreparabel verändert werden. Einige betroffene Patienten wurden zu Pflegefällen und büßten ihre Intelligenz ein. Trotz mangelnder Erfahrungen in Chirurgie führte er derartige Eingriffe an (überwiegend weiblichen) Patienten ohne deren Zustimmung aus. Noch heute fordern deshalb Vereine, Moniz den Nobelpreis abzuerkennen.[12]
Am 14. März 1939 wurde Moniz von einem seiner Patienten angeschossen und verwendete fortan einen Rollstuhl. Er starb 1955 im Alter von 81 Jahren auf dem Hof seiner Familie.
↑Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 67.
↑Leander Diener: Gold für eine imaginäre trading zone. Die doppelte Vergabe des Nobelpreises für Physiologie oder Medizin 1949. In: Nils Hansson, Daniela Angetter-Pfeiffer (Hrsg.): Laureaten und Verlierer. Der Nobelpreis und die Hochschulmedizin in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Vienna University Press, Göttingen 2021, ISBN 978-3-8470-1355-6, S.47–65.
↑Barbara I. Tshisuaka: Egaz Moniz, António. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin/New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 335 f.; hier: S. 335.
↑E. Moniz: Diagnostic des tumeurs cérébrales et épreuve de l’encéphalographie artérielle. Masson et Cie., Paris 1931.
↑Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky: Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 234–235.
↑Vgl. auch Paul Diepgen, Heinz Goerke: Aschoff/Diepgen/Goerke: Kurze Übersichtstabelle zur Geschichte der Medizin. 7., neubearbeitete Auflage. Springer, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1960, S. 64.
↑Werner Gottwald: Otfrid Foerster (1873–1941) am Beginn der modernen Neurochirurgie. In: Würzburger medizinhistorische Mitteilungen. Band 13, 1995, S. 431–448; hier: S. 445.
↑Vgl. E. Moniz: Tentatives opératoires dans le traitement de certaines psychoses. Masson et Cie., Paris 1936.
↑Wolfgang Seeger, Carl Ludwig Geletneky: Chirurgie des Nervensystems. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 229–262, hier: S. 251.