Visentini-Klasse
Die RoPax-Frachtschiffe der Visentini-Klasse[1][2][3] (auch Mersey-Viking-Klasse genannt[4]) wurden über ein Jahrzehnt in verschiedenen Ausführungen gebaut. Insgesamt entstanden auf der Werft Cantieri Navali Visentini in Porto Viro an einem Arm des Podeltas mehr als 20 Einheiten verschiedener auf einem gemeinsamen Grundentwurf fußenden Typen, deren Einzelentwürfe jeweils vom Schiffsingenieurbüro NAOS stammen. Charakteristisch für die nur über eine breite Heckrampe verfügenden Schiffe ist ein bis zum Deckshaus durchgehendes LKW-Hauptdeck mit großen Belüftungsöffnungen sowie ein mittig angeordneter Schornstein in Form eines angedeuteten Segels. Die letzten beiden Einheiten des Typs NAOS P370 sind mit rund 203 m länger als die übrigen Schiffe der Klasse, die 186,50 m lang sind. ÜbersichtNAOS P109Der P109-Schiffstyp ist der Ausgangspunkt des Baus schneller und sparsamer RoPax-Schiffe bei Visentini. Für die beiden Schiffe Mersey Viking und Lagan Viking wurde durch das Ingenieurbüro NAOS eine neue strömungsgünstige Rumpfform mit Twin-Skegs (Ruderleitflossen) entwickelt und in einem Strömungskanal getestet. Bei der Entwicklung wurde besonderes Augenmerk auf möglichst große, unverbaute Laderäume, günstige Betriebskosten und einfache Handhabbarkeit gelegt. Die Hauptmaschinen (zwei Wärtsilä-8R46-Schiffsdiesel mit je 7800 kW Leistung) wurden relativ weit hinten und oben im Schiffsrumpf angeordnet und treiben über Umlenkgetriebe die relativ kurzen Schraubenwellen an. Es wurde eine universelle Verwendbarkeit des Entwurfs durch kleinere Abwandlungen angestrebt, die durch Serienfertigung substantielle Einsparungen ermöglichen sollten. Aufgrund der Rumpfgröße konnten die Schiffe nicht komplett in der Werft fertiggestellt werden, sondern mussten in zwei Teilen über den Po an die Küste geschleppt werden, um dort komplettiert zu werden. Die Schiffe verfügen über drei Fahrzeugdecks:
Die Schiffe haben einen relativ hohen Freibord, der auch in allen bei der Planung berücksichtigten Rumpfschadensszenarien noch über zwei Meter beträgt. Dadurch konnte auf im täglichen Betrieb aufwendige Schotten im Hauptdeck verzichtet werden. Jedoch liegt bei leerem oder teilbeladenem Schiff das Hauptdeck deutlich höher als die Hafenkaie, so dass die Heckklappe dann deutlich aufwärts führt. Durch die beiden relativ breiten Rampen ist eine gleichzeitige Be- und Entladung möglich. Auf Seiten- und Frontrampen wurde bewusst verzichtet, um die Konstruktion einfach zu halten und universelle Verwendung in allen Häfen zu ermöglichen. Die beiden Schiffe sind mit 86 Zwei- und Vierbettkabinen ausgestattet, weiterhin stehen 36 Ruhesessel sowie ein Restaurant, ein Laden und ein Konferenzraum zur Verfügung. Als Rettungsmittel sind vier Rettungsboote für je 62 Personen vorgesehen sowie eine Anzahl Rettungsinseln. Es wird eine Geschwindigkeit von maximal etwa 22 Knoten erreicht. Beide Schiffe wurden in der zweiten Jahreshälfte 1997 an den Eigner Levantina Trasporti S.r.l., eine Tochtergesellschaft der Visentini-Gruppe, übergeben, die sie an Norse Irish Ferries vercharterte.[5][6][7][8][4] NAOS P129Die Alyssa ist bei unveränderter Rumpfform eine verbesserte Version der beiden Vorgängerschiffe. Insbesondere wurde die Führung der PKW bei Be- und Entladung optimiert. Anders als die beiden Vorgänger hat sie ein gedecktes Oberdeck mit großen Lüftungsöffnungen. Außerdem wurden leistungsstärkere Hauptmaschinen vom Typ MAN B&W 9L48/60 mit je 9450 kW Leistung installiert, die eine Geschwindigkeit von 23 Knoten ermöglichen. Die Ladekapazität beträgt 2262 Lademeter plus 221 PKW sowie 327 Passagiere (36 Kabinen und 74 Sitzplätze). Das Schiff wurde zunächst durch Tunisia Ferries auf der Route Marseille – Tunis eingesetzt, ist aber seit 2001 für verschiedene Gesellschaften in der Ostsee im Einsatz, zur Zeit als Optima Seaways für Lisco Baltic Service auf der Linie Karlshamn – Klaipėda.[9][10][11] NAOS P172Die nächste Bauserie, bestehend aus Stena Forwarder, Partenope, Trinacria und Cartour, wurde 2001 und 2002 in Dienst gestellt. Die MAN-Maschinen der Alyssa wurden beibehalten; das untere Autodeck wurde auf eine Höhe von 1,95 Metern gebracht, so dass es auch für Passagiere nutzbar ist, das obere Autodeck wurde hingegen aufgegeben; die Bauserie kann 2030 Lademeter LKW transportieren, jedoch nur 75 PKW. Die Personenkapazität beträgt 950 für Kurzüberfahrten; es gibt 72 Kabinen und 208 Ruhesessel für insgesamt 308 Übernachtungspassagiere.[12][13] NAOS P205Diese im Jahr 2003 fertiggestellte Bauserie, bestehend aus den beiden Schiffen Eurostar Valencia und Eurostar Salerno, ist den Vorgängern recht ähnlich; es existieren 2244 Lademeter für Lkw, jedoch keine speziellen Pkw-Plätze. 93 Vierbett-Kabinen und 64 Ruhesessel bieten Platz für 432 Passagiere.[14][15] Beide Schiffe wurden für Grimaldi Lines gebaut. 2006 bzw. 2009 wurden die Schiffe in Sorrento und Catania umbenannt. Am 28. April 2015 brach auf der Sorrento, die an die spanische Reederei Acciona-Trasmediterranea verchartert war und auf der Strecke Palma de Mallorca – Valencia verkehrte, etwa 60 km vor Palma ein Brand aus. Offenbar konnten alle etwa 160 Passagiere in Sicherheit gebracht werden.[16] NAOS P241Mit den beiden – jeweils zweiten auf diese Namen getauften – Einheiten Lagan Viking und Mersey Viking des Typs NAOS P241 wurde der steilere „Flex Bow“ eingeführt, der ein besseres Seeverhalten der Schiffe bewirken soll. Dabei wurde auch die Form des Deckshauses und der Brücke verändert. Sonst sind sie den P172-Schiffen recht ähnlich, das höhere untere Autodeck wurde beibehalten, auf dem Hauptdeck jedoch wieder Platz für zusätzliche PKW geschaffen und die Zahl der Kabinen erhöht. Die Schiffe verfügen über 2257 Lademeter für LKW (davon 249 auf dem Unterdeck, 1021 auf dem Hauptdeck und der zugehörigen Rampe sowie 973 auf dem offenen Oberdeck) und 186 PKW (davon 95 im Unterdeck, das erst nach Räumung des Hauptdecks durch eine Klappe zugänglich wird). Für Passagiere stehen 484 Kabinenplätze zur Verfügung.[4][17][18] Bis 2020 setzte Stena Line beide Schiffe auf der Route zwischen Belfast und Birkenhead ein.[19][20] 2020 wurde zunächst die Stena Lagan (ex. Lagan Seaways ex. Lagan Viking) von der Stena Edda abgelöst.[21] Sie wird, wie auch die Stena Mersey (ex. Mersey Seaways ex. Mersey Viking) auf der Sedef-Werft im türkischen Tuzla um 36 Meter verlängert.[22] Die Schiffe sollen anschließend über 2870 Lademeter verfügen und Platz für 970 Passagiere in 200 Kabinen verfügen. Während des Umbaus werden die Schiffe auch mit Scrubbern ausgerüstet.[veraltet] Die Fähren werden als Stena Scandica und Stena Baltica zwischen Nynäshamn und Ventspils eingesetzt.[23] Am 29. August 2022 brach auf einem Autodeck der Stena Scandica ein Feuer aus, während sich das Schiff mit 299 Menschen an Bord nördlich der Insel Gotland befand. Das Feuer konnte mit Bordmitteln gelöscht werden, es führte jedoch zu einem Stromausfall, so dass die Fähre zeitweise antriebslos auf Gotland zutrieb.[24] NAOS P244Die beiden Schiffe dieser Baureihe mit einer Kapazität von 2244 Lademetern, 186 PKW und 622 Passagieren (484 in Kabinen und 138 Ruhesessel) wurden 2006 als Cartour Beta an Levantina Trasporti, eine Tochter der Werft-Firmengruppe und als Cartour Gamma an die Caronte S.r.L. abgeliefert. Die Cartour Gamma ist seitdem im Einsatz auf der Route Salerno – Messina; bis 2010 fuhr auch die Cartour Beta auf dieser Route. Nach einigen Kurzchartern war sie unter dem Namen Celtic Horizon dann bis 2014 auf der Route Rosslare – Cherbourg im Einsatz, wo sie die neuere Norman Atlantic der P270-Reihe ersetzte. Im Jahr 2014 wurde das Schiff an Stena verkauft und fährt nun als Stena Horizon wiederum auf der Route Rosslare – Cherbourg.[25][26][27] NAOS P250Die Borja, zunächst als Stena Ausonia projektiert, wurde 2007 fertiggestellt. Sie ist den P241-Schiffen sehr ähnlich mit 2275 Lademetern, einer PKW-Kapazität von 201 sowie Platz für 518 Passagiere in 121 Kabinen sowie 36 Ruhesesseln. Sie wurde zunächst an die Balearia verchartert, die sie auf der Linie Barcelona – Palma einsetzte. 2010 erfolgte die Umbenennung zu Baltic Amber und das Schiff wurde auf verschiedenen Routen in der Ostsee eingesetzt; dabei ersetzte sie zeitweise auch die bei einem Brand zerstörte Lisco Gloria. Seit Ende 2010 fuhr sie für LD Lines auf der Linie St. Nazaire – Gijón, seit Mitte 2011 als Norman Asturias.[28][29] Weitere Einsätze des Schiffes waren unter anderem als Asterion für ANEK Lines und als Connemara für Brittany Ferries. NAOS P256Das einzige Schiff dieses Entwurfs mit 2256 Lademetern, 201 PKW sowie 517 Passagieren (481 in Kabinen und 36 Ruhesessel), der wiederum bis auf die höhere Eisklasse 1A der P250-Klasse sehr ähnlich ist, wurde am 8. März 2006 von Visemar Di Navigazione in Auftrag gegeben und war während des Baus zunächst für eine Vercharterung an Stena Line vorgesehen, noch vor Fertigstellung wurde jedoch im April 2007 eine Charter an Baleària Eurolíneas Marítimas geschlossen. Das fertige Schiff wurde am 19. Oktober 2007 als Borja Dos abgeliefert und traf eine Woche darauf erstmals in Valencia ein, von wo es ab 28. Oktober seinen Liniendienst für Baleària nach Palma aufnahm. Im April 2009 trat das Schiff seine nächste Charter an – die italienische T-Link Lines setzte das Schiff zwischen Genua und Termini ein und benannte es am 29. Juni 2009 in T Rex Uno um. Im Februar folgte eine weitere Charter für Baleària – zunächst auf der Linie zwischen Palma und Barcelona, ab 12. Juni 2011 zwischen Palma, Ibiza und Valencia. Im Juni 2011 charterte Saremar aus Italien das Schiff und setzte es vom 22. Juni 2011 bis zum 16. September 2011 als Dimonios zwischen Vado Ligure und Porto Torres ein. Vom 17. September 2011 bis Mitte Januar 2012 war das Schiff in Livorno aufgelegt und danach erneut vom 16. Januar 2012 bis zum 16. September 2012 auf der Strecke Civitavecchia nach Olbia für Saremar in Fahrt. Ab dem 25. September 2012 lag das Schiff in Messina auf und ging danach vom 5. bis zum 26. Oktober 2012 zwischen Neapel und Catania für Caronte & Tourist in Charter, wonach es in Castellamare di Stabia aufgelegt wurde. Ab 15. November 2012 bediente das Schiff die Route zwischen Genua und Palermo für Grandi Navi Veloci. Es schloss sich ab dem 28. Dezember 2012 eine Charter auf der Strecke Livorno nach Cagliari für Tirrenia an. Im Januar 2013 veräußerte Visemar das Schiff schließlich an die Reederei Italiana di Navigazione aus Neapel, die es zwischen Palermo, Cagliari und Neapel einsetzte. Derzeit fährt das Schiff unter dem Namen Ciudad de Palma für die Reederei Trasmediterranea, die es zwischen Palma de Mallorca und Barcelona einsetzt. NAOS P264Einziges Schiff der Bauserie ist die 2008 fertiggestellte Watling Street, die bereits kurz nach der Ablieferung an die spanische ISCOMAR verchartert wurde und als Pilar del Mar auf Routen nach Mallorca verkehrte. Heute ist sie als Stena Flavia in Fahrt. Unterschiede zum Vorgänger P256 sind u. a. 157 Ruhesessel. Das Schiff verfügt über eine Kapazität von 2290 Lademetern sowie 205 PKW; 587 Passagiere können in Vierbettkabinen und 157 Ruhesesseln untergebracht werden.[30][31] NAOS P270Drei Schiffe des Typs NAOS P270, Norman Voyager, Scottish Viking und Akeman Street, wurden in den Jahren 2006 bis 2009 für drei verschiedene Reedereien gebaut. Sie haben wie das P264-Schiff eine Kapazität von 2290 Lademetern sowie 205 PKW und 587 Passagieren, im Unterschied zum Vorgänger jedoch nur die Eisklasse 1C.[32] Die Norman Voyager wurde 2008 für Epic Shipping gebaut. 2008 wurde sie von LD Lines gechartert und zwischen Rossdale und Le Havre eingesetzt. 2009 wurde das Schiff an Celtic Line Ferries verchartert, die das Schiff zwischen Rosslare, Cherbourg und Portsmouth und ab Ende des Jahres 2009 zwischen Rosslare und Cherbourg einsetzte. 2011 wurde sie wieder an LD Lines verchartert. Neuer Heimathafen wurde Le Havre. Das Schiff wurde zwischen Marseille und Tunis eingesetzt. Ende des Jahres 2011 wurde das Schiff an Stena RoRo verkauft und an DFDS Seaways verchartert, die es zwischen Portsmouth und Le Havre einsetzen. Die Scottish Viking der schwedischen Stena Line wurde im April an Ermine Street Shipping (Epic Shipping) in London geliefert. Im Mai wurde das Schiff von Norfolkline gechartert und zwischen Zeebrugge und Rosyth eingesetzt. Im September wurde das Schiff an Visemar Di Navigazione SPA verkauft. Heimathafen wurde Bari. Am 12. Juli 2010 verkaufte Norfolk Line das Schiff an DFDS Seaways. Das Schiff wurde noch bis zum 14. Dezember 2010 zwischen Rosyth und Zeebrugge eingesetzt. Ab dem 3. Januar 2011 wurde das Schiff von Scandlines gechartert und zwischen Ventspils und Nynäshamn eingesetzt. Es ersetzte dort die bis dahin dort verkehrende Ask, die auf die Route Travemünde – Liepāja wechselte. Mitte 2012 charterte Stena Line das Schiff. Die Akeman Street wurde am 2. November 2009 abgeliefert. Im Juni 2011 wurde sie in Scintu umbenannt. Am 16. September 2011 wurde sie in Civitavecchia aufgelegt.[33] Im Januar 2014 wurde das Schiff in Norman Atlantic umbenannt. Am 28. Dezember 2014 brach auf dem Schiff ein Feuer aus, das später gelöscht wurde. Das Schiff wurde zunächst nach Brindisi, danach nach Bari und im Juli 2019 zum Abbruch nach Aliağa geschleppt. Die Schiffe
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