Unabhängige Zeitschriften waren Publikationen, die in der DDR seit etwa 1981 ohne staatliche Genehmigung erschienen. Nach dem Mauerfall im November 1989 wurden über 100 Zeitungen und Zeitschriften offiziell neu gegründet, von denen die meisten aber bald wieder aufgeben mussten.
Seit Anfang der 1980er Jahre gab es erste unabhängige Literatur- und Kunstzeitschriften, die im Samisdat erschienen. Diese wurden von den staatlichen Stellen meist stillschweigend geduldet. Dazu kamen seit 1985 kritischere gesellschaftlich orientierte Publikationen wie grenzfall und Umweltblätter, gegen die teilweise gezielt vorgegangen wurde.
Im Herbst 1989 gab es 39 offiziell lizenzierte Tageszeitungen und über 700 Zeitschriften in der DDR. Seit Oktober 1989 entstanden zahlreiche neue Publikationen. Diese waren zunächst einfache Informationsblätter der neuen Bürgerbewegungen Neues Forum und anderer, wurden aber dann mit einer Auflage von teilweise über 10.000 Exemplaren verkauft (Die Andere Zeitung, Leipzig) oder verteilt.
Ab Ende Dezember erschienen die ersten mit einer staatlichen Lizenz.
Seit Januar 1990 erschienen die ersten neuen Tageszeitungen, immer mit der technischen und finanziellen Unterstützung eines Zeitungsverlages aus der Bundesrepublik, vor allem in den westlichen Gebieten der DDR (Sachsen-Anhalt, Altmark, Mecklenburg).[1][2][3] Die Lizenzpflicht wurde im Februar 1990 mit der Pressezensur abgeschafft.
Alle neuen Publikationen standen unter einem massiven wirtschaftlichen Konkurrenzdruck zu den bestehenden weit verbreiteten ehemaligen SED-Bezirkszeitungen sowie zu den neuen Illustrierten und Zeitungen aus dem Westen, die nach der Währungsreform in der DDR erscheinen konnten.
Dazu kamen höhere finanzielle Hürden nach der Währungsumstellung. Schon bis Oktober 1990 mussten die meisten der neuen kleinen Wochenzeitungen und Zeitschriften ihr Erscheinen wieder einstellen.
Einige Tageszeitungen mit westlicher Beteiligung bestanden zunächst weiter.
Nachdem im April 1991 die ehemaligen SED-Zeitungen auf teilweise zweifelhafte Weise an große westdeutsche Medienunternehmen verkauft wurden, wurde deren Einfluss so stark, dass fast alle der neu gegründeten Zeitungen ihr Erscheinen einstellen mussten. Damit entstand eine monopolistische Alleinpräsenz bei Tageszeitungen in jedem der ehemaligen DDR-Bezirke, die im Westen in dieser Form nicht besteht.
In der DDR gab es in den 1980er Jahren über 80 unabhängige Publikationen im Samisdat.[4][5] Diese wurden ohne staatliche Genehmigungen von kleinen Gruppen mit einfachen technischen Vervielfältigungsverfahren hergestellt und verteilt.
Viele berichteten über Umwelt-, Friedens-, Gerechtigkeits- und Frauenthemen, einige waren Literatur- oder Kunstzeitschriften.
Umwelt, Frieden, Gerechtigkeit
Viele unabhängige Publikationen berichteten über Themen zum Umweltschutz, zu einer friedlicheren Welt und zu mehr gesellschaftlicher Gerechtigkeit, in der DDR, aber auch in vielen ärmeren Ländern. Die meisten entstanden in Gruppen im Umfeld der evangelischen Kirche und waren von einem idealistischen christlichen Weltbild beeinflusst.
Gesellschaftliche Themen
Titel
Erscheinungsort, Herausgeber
Zeit
Bemerkungen
Abtreter
aktuell
Arche Nova
Arbeitsmaterial der
Dresdner Friedens-, Umwelt- und Zweidrittelweltgruppen
wichtigste Umwelt-Samisdatzeitschrift in der DDR; seit 1989 telegraph
Unkraut
Wahlfall 89
Varia
Vorläufige Verfassung
wendezeit
Zweierlei Land – eine Lektion
Kunst und Literatur
Seit 1982 gab es einige private Publikationen mit Grafiken, Fotografien und/oder literarischen Texten.[6][7] Diese waren künstlerisch ausgerichtet, meist mit neuen experimentellen Ausdrucksformen, aber fast immer ohne konkrete aktuellpolitische Bezüge. Sie wurden mit einfachen technischen Mitteln in wenigen Exemplaren vervielfältigt und dann persönlich verteilt.
Ab Oktober 1989 erschienen über 100 neue Zeitungen und Zeitschriften, die vor allem von Anhängern des Neuen Forums und weiterer Bürgerbewegungen herausgegeben wurden. Die meisten von ihnen mussten wegen mangelnden wirtschaftlichen Kapazitäten ihr Erscheinen bald wieder einstellen.
Bereits seit Anfang der 1980er Jahre gab es einige informelle Kultur- und Literaturzeitschriften (Ariadnefabrik, Bizarre Städte). Seit Oktober 1989 wurden einige neue gegründet, die literarische Essays und Texte enthielten oder sich überwiegend der Rezeption von Kunst und Kultur widmeten.
Horst Röper: Die Entwicklung des Tageszeitungsmarktes in Deutschland nach der Wende in der ehemaligen DDR. In: Media Perspektiven. Heft 7, 1991, S. 421–430.
Jürgen Grubitzsch: Presselandschaft der DDR im Umbruch. Ausgangspunkte, erste Ergebnisse und Perspektiven. In: Media Perspektiven. Heft 3, 1990, ISSN0170-1754, S. 144–155.
↑Ilko-Sascha Kowalczuk (Hrsg.): Freiheit und Öffentlichkeit. Politischer Samisdat in der DDR 1985–1989. Eine Dokumentation (= Schriftenreihe des Robert-Havemann-Archivs 7). Robert-Havemann-Gesellschaft, Berlin 2002, ISBN 3-9804920-6-0.
↑Dorothee-Anne Vogel: Findbuch zum Bestand Samisdat in der DDR, Robert-Havemann-Gesellschaft Berlin, 2006 PDF, mit 579 Ausgaben von Samisdat-Periodika, mit Herausgeber und Inhaltsverzeichnis; vgl. Unabhängige Publikationen Robert-Havemann-Gesellschaft, mit Liste einiger Zeitschriften
↑Axel Stefek: 1988–1989. Stimmen aus dem Untergrund. Der „Reizwolf“. In: Ders.: Weimar unangepasst. Widerständiges Verhalten 1950-1989. Weimar 2014, S. 131–136; einige Exemplare im Stadtmuseum Weimar