Die Seefestspiele Mörbisch (ursprünglich: Seespiele Mörbisch) finden seit 1957 jährlich von Mitte Juli bis Mitte August in Mörbisch am See (Österreich) statt. Auf der Seebühne werden jährlich Operetten, Singspiele oder Musicals aufgeführt.
Bei der Planung der Seespiele Mörbisch dominierten touristische Zwecke die Überlegungen. Als 1953 damit begonnen wurde den Tourismus im Burgenland auszubauen und das Besuchs- und Durchzugsgebiet in eine Aufenthalts- und Erholungsstätte umzuwandeln, standen der Neusiedler See sowie die Seegemeinden im Mittelpunkt dieser Bemühungen. In der Gemeinde Mörbisch am See wurde durch das Tourismusreferat die Straße zwischen Rust und Mörbisch ausgebaut, ein 1800 m langer Seedamm errichtet, der den Besuchern von Mörbisch den Neusiedler See erschloss, und ein Strandbad angelegt.[1] Mörbisch wurde neben Rust, Neusiedl am See und Podersdorf am See zur vierten bedeutenden Tourismusgemeinde am See. Im Jahr 1956 veranstalten die Bürger Mörbischs ein zweitägiges Seefest. Gemeinsam mit dem Österreichischen Verkehrsbüro organisierte die Gemeinde ein sogenanntes Nacht- und Seefest, das von 6.000 Gästen besucht wurde. Das Programm bestand aus Nachtfahrten in dekorierten Motorbooten, Musik von Tanzkapellen, einem Kabarettprogramm von Künstlern aus Wien und Auftritten von Volkslied- und Volkstanzgruppen.[2]
1957 kündigte die burgenländische Presse den ersten Höhepunkt der Entwicklung von Mörbisch zum burgenländischen Tourismusort durch den Bau eines Seehotels und der Veranstaltung von Seespielen an. Dadurch begann ein neuer Abschnitt im burgenländischen Wirtschafts- und Kulturaufstieg.[1][3]
Gründung der Festspiele
Die Initiative zu den in den Jahren 1955 bis 1957 gegründeten Seespielen ging vom Kammersänger Herbert Alsen aus. Zusammen mit seiner Ehefrau, der Kostümbildnerin Gisela Bossert, entdeckte er den Spielort auf der Suche nach einem Urlaubsort, der für seine Stimme erträglich war. Die Landschaft hinterließ bei Alsen einen bleibenden Eindruck.[4]
Seine Pläne zur Gründung der Seespiele erhielten Zuspruch vom Gemeinderat von Mörbisch sowie vom Vertreter des Burgenlandes, Hans Bögl, da das Vorhaben in das Tourismuskonzept von Gemeinde und Land passte. Alsen erklärte sich daraufhin bereit, die Intendanz der Spiele zunächst für fünf Jahre zu übernehmen. Außerdem betonte er mit Bezug auf eine mögliche Konkurrenz mit den Bregenzer Festspielen, dass die Seespiele in Mörbisch keine Festspiele sein werden, damit die Zahl der Festspielstätten nicht noch weiter vergrößert werden würde.[5]
Die Seebühne wurde in einer Bucht neben dem Mörbischer Badestrand auf vielen hundert Pfählen nach den Plänen des Architekten Ferry Windberger, dem Gestalter der ersten Bregenzer Seebühne, gebaut. Die Größe der Bühne betrug 42 mal 20 m. Der durch Aufschüttung des Sees entstandene Zuschauerraum umfasste 1.500 Sitzplätze.[6][7]
Nach zweijähriger Vorbereitungszeit wurden die Spiele am 6. Juli 1957 mit der Premiere der Operette Der Zigeunerbaron von Johann Strauss eröffnet.[1]
Im Jahr 1959 wurde der Zuschauerraum erweitert und so konnten 3.000 Personen untergebracht werden. In den folgenden Jahren erfolgten aufgrund der großen Publikumsresonanz ständig Erweiterungen, sowohl was die Anzahl der Aufführungen als auch die Größe von Zuschauerraum und Bühne betrafen. Heute weist der Zuschauerraum über 6.000 Sitzplätze auf. Von anfänglich sechs Vorstellungen mit etwa 7.000 Zuschauern 1957 erfolgte eine Steigerung auf mittlerweile über 30 Vorstellungen im Juli und August.
2006 wurde ein neues Lautsprechersystem, das vom Fraunhofer-Institut für Digitale Medientechnologie entwickelt wurde und auch bei den Bregenzer Festspielen im Einsatz ist, in Betrieb genommen. Dadurch ist trotz der Größe der Bühne ein richtungsbezogener Ton möglich.[8][9]
2013 wurde der musikalische Leiter des Festspiele von 1995 bis 2008 Rudolf Bibl zum Ehrenmitglied der Festspiele ernannt.[10]
Im Jahr 2018 wurden erstmals auch eigens inszenierte Aufführungen für Kinder gezeigt. Eine einstündige Adaption der Operette Gräfin Mariza von Emmerich Kálmán wurde im Juni auf einer am Festspielgelände aufgebauten Bühne aufgeführt. Während der sechs Vorstellungen kamen pro Vorstellung bis zu 250 Kinder. Den Besuchern wurde außerdem die Möglichkeit geboten, mitzusingen und mitzutanzen. Mit diesem Vorhaben wollte man Kindern die Operette näher bringen. Auf der Bühne waren dieselben Solisten zu sehen, wie bei den regulären Aufführungen auf der Seebühne.[11]
Im Rahmen des Österreichischen Musiktheaterpreises 2020 wurden die Seefestspiele mit dem Preis für die beste Jugend- und Kindermusiktheaterproduktion für Land des Lächelns für Kinder ausgezeichnet.[12]
Anfang Juni 2022 wurde die Starnacht am Neusiedler See erstmals von der Seebühne in Mörbisch übertragen.[13]
Die Naturkulisse des Neusiedler Sees wird immer in das Bühnenbild mit eingebunden. Da die naturgegebenen Verhältnisse keine Aufführungen zulassen würden, wird eine speziell für die Seefestspiele entwickelte Übertragungstechnik eingesetzt.
Vom Ende der 1990er bis zur Saison 2013 wurde die Premiere der Seefestspiele vom ORF übertragen.[25]
Mit insgesamt zwölf Spielzeiten ist Der Zigeunerbaron die am häufigsten gespielte Operette in Mörbisch.
Literatur
Maria Awecker, Sabine Schmall, Heinz Hischenhuber (Bearb.), Margret Dietrich (Hrsg.): Theatergeschichte des Burgenlandes von 1921 bis zur Gegenwart. Theatergeschichte Österreichs, Band 8: Burgenland, Heft 2, ZDB-ID 570996-9. Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1995, ISBN 3-7001-2208-X. – Inhaltsverzeichnis (PDF).
Eva Deissen (Red.): Mörbisch – ein Festival schreibt Operettengeschichte. Begleitmaterialien: CD. Echomedia-Verlag, Wien 2007, ISBN 978-3-901761-62-1.
↑Awecker et al.: Theatergeschichte des Burgenlandes, S. 259.
↑Awecker et al.: Theatergeschichte des Burgenlandes, S. 261.
↑Freies Burgenland. Kommunistisches Wochenblatt. Nr. 27/1957, 7. Juli 1957. Globus, Wien 1957, ZDB-ID 1307715-6, S. 9. – Aus: Awecker et al.: Theatergeschichte des Burgenlandes, S. 261.