Leonhardt wurde 1873 in eine jüdische Familie in Linz geboren. Dort debütierte er 1898 auch als Opernsänger. Von 1899 bis 1900 war er am Berliner Theater des Westens, 1900–1903 am Theater von Teplitz-Schönau (Teplice), 1904–1905 wieder am Theater des Westens engagiert.[2]
Am Opernhaus in Brünn war er als Wagnersänger[4] zwischen 1909 und 1911, und an der Wiener Volksoper.[5] Von 1911 bis 1913 hatte er Gastauftritte an der Kaiserlichen Oper Wien (1909) und der Gura Sommer-Oper Berlin (1910).
Im Oktober 1913 wurde gemeldet, dass Leonhardt an die Metropolitan Opera von New York gerufen worden sei. Er fuhr auf dem Schnelldampfer „Bremen“ und musste eine beschwerliche Seereise[6] überstehen, ehe er am 6. November in Amerika ankam.
Seine erste Rolle bei seinem neuen Arbeitgeber[7] war die des Peter in Engelbert Humperdincks Oper Hänsel und Gretel.[8] Nachdem er für sein Auftreten positive Kritiken bekommen hatte, trat er im Lauf der nächsten neun Jahre immer wieder in Produktionen der „Met“ auf. Eigentlich sollte er ja an diesem Hause eine größere Rolle[9] spielen, doch weltgeschichtliche Umstände verhinderten dies.
Am 25. Februar 1915 wirkte er in der amerikanischen Uraufführung der Oper Madame Sans-Gêne von Umberto Giordano mit, 1917 in der von The Canterbury Pilgrims von Reginald de Koven.[10]
Vom Dezember 1917 an schrieb er sich Robert Leonard, um sich von seiner deutschsprachigen Abstammung zu distanzieren. Dennoch wurde Leonhardt als österreichischer Staatsangehöriger im April 1918 von der „Met“ fallengelassen, da er trotz fortgesetzt guter Kritiken als „enemy alien“ (Feindlicher Ausländer)[11] galt. Sein Opernagent, Herr Gatti, sprach ihm wegen dieser Entscheidung sein Bedauern aus. Leonhardts Frau und seine Kinder waren während des Krieges in Wien geblieben.
Nach Kriegsende durfte er seine Tätigkeit für die „Met“ wieder aufnehmen. Vom November 1920 an stand er dort wieder auf der Bühne und trat weiterhin bis kurz vor seinem Tode auf. Am 19. November 1921 sang er als Partner von Maria Jeritza den Fritz in der New Yorker Premiere der Oper Die tote Stadt von Erich Wolfgang Korngold. Letztmals hörte man ihn an der Metropolitan Oper in der Eröffnungsvorstellung der Spielzeit 1922–1923 in einer Comprimario-Partie in PuccinisTosca.[12]
Dann bekam er eine länger andauernde Krankheit, von der er sich nicht mehr erholte. Robert Leonhardt starb im St.-Markus-Hospital in New York City am 2. Februar 1923.[13] Er wurde nur 49 Jahre alt.
Gesangsstil
Besprechungen von Leonhardts Aufführungen bestreichen einen weiten Bereich von Meinungen. Er wurde einerseits gerühmt wegen seines „dunklen, metallenen, kehligen Basses“, wenngleich dies wahrscheinlich daran lag, dass er außerhalb des Stimmbereiches sang, der für ihn bequem zu beherrschen war.[14] Andere dagegen[15] bescheinigten ihm eine „leichte und liebliche italienische Stimme“ und prächtigen spontanen Sinn für Humor.
Medienpionier
Leonhardts Karriere als Künstler auf Tonträgern ist vielleicht sogar bedeutender als seine Bühnenlaufbahn. Seine ersten Aufnahmen entstanden bereits 1900 bei der Gramophone Company, für die er bis 1905 arbeitete. Viele davon fanden ihren Weg in den Standard German Catalogue dieser Firma. Mehrere Aufnahmen, die er in Europa tätigte, erschienen auch bei der International Zonophone Company.[16] Darüber hinaus nahm er für zahlreiche andere deutsche Firmen auf (u. a. Favorite, Anker, Homokord, Star etc.).[17][18] Von 1903 bis 1904 nahm er auch für die europäische Niederlassung der Columbia in Berlin auf. Mehrfach besang er Platten im Duett mit der Sopranistin Gertrud Runge.[19]
Edisonwalzen besang er bereits, bevor er nach Amerika kam. Sie wurden dort vor allem unter den deutschsprachigen Einwanderern mit Erfolg vermarktet. Nach der Verlegung seines Wohnsitzes in die Vereinigten Staaten fuhr er fort, für Columbia zu arbeiten, diesmal auf Schallplatten, welche er von 1915 bis 1920 dort besang. Obwohl man ihn damit bewarb, dass er Mitglied bei der „Metropolitan Opera Co.“ war, bestand sein Repertoire nicht nur aus Operngesang, sondern auch aus zahlreichen deutschen Volks- und Kunstliedern,[20] und wie schon die Edisonwalzen, so wandten sich auch seine Platten mit dem Präfix „E-“, die im „ethnic“-Katalog der Columbia erschienen, hauptsächlich an die deutschsprachige Bevölkerung, nicht so sehr an die Allgemeinheit der Käufer in den USA.
Leonhardts letzte Aufnahmen entstanden in den Jahren 1920/21 bei Victor in Camden/New Jersey und wurden ebenfalls in deren ethnic series vermarktet.
Im Prater blüh’n wieder die Bäume (Kurt Robitschek – Robert Stolz)
1922
matrix B 26208 take 2
Victor
73258
Weisst du, Muatterl, was I träumt hab? (A. Kutschera)
1922
matrix B 26208 take 2
Literatur
Ernie Bayly, Michael S. Kinnear: The Zon-o-phone record: a discography of recordings produced by the International Zonophone Company and associated companies in Europe and the Americas, 1901–1903. Michael Kinnear, Victoria, Australia 2001, ISBN 0-9577355-2-9. (englisch)
Alan Blyth, Malcolm Walker: Opera on Record. Band 3, Hutchinson, London 1984, ISBN 0-09-158620-8, S. 137. (englisch)
Alan Kelly: The Gramophone Company – Standard German Catalogue (1898–1929). Greenwood Press, 1988, ISBN 0-313-26498-8. (englisch)
Henry Edward Krehbiel: More Chapters of Opera: Being Historical and Critical Observations and Records Concerning the Lyric Drama in New York from 1908 to 1918. Henry Holt and Company, New York 1919, S. 370, 398. (englisch)
Peter Martland: Recording History: The British Record Industry, 1888–1931. Verlag Rowman & Littlefield, 2013, ISBN 978-0-8108-8252-2. (englisch)
Rainer E. Lotz, Axel Weggen, Oliver Wurl und Christian Zwarg: Discographie der deutschen Gesangsaufnahmen, Band 4. Birgit Lotz Verlag, Bonn 2005, ISBN 3-9810248-0-X, S. 1697–1740
Richard K. Spottswood: Ethnic Music on Records, a Discography of Ethnic Recordings Produced in the United States, 1893 to 1942. Vol. 1: Western Europe. University of Illinois Press, Urbana, Illinois 1990, ISBN 0-252-01719-6, S. 185–186. (englisch)
↑Piet Hein Honig, Hanns-Georg Rodek: 100001. Die Showbusiness-Enzyklopädie des 20. Jahrhunderts. Showbiz-Data-Verlag, Villingen-Schwenningen 1992, ISBN 3-929009-01-5, S. 563.
↑hier sang er u. a. 1905 in der Uraufführung der Oper Flauto solo von Eugen d’Albert und im gleichen Jahr in der Oper Zierpuppen von Anselm Goetzl, vgl. Operissimo
↑an der Volksoper sang er 1911 den Spielmann in der Wiener Premiere der Königskinder von Humperdinck; am 23. November 1911 wirkte er dort in der Uraufführung der Oper Der Kuhreigen von Wilhelm Kienzl mit, vgl. Operissimo
↑Hard Voyage for Bremen. In: The New York Times. 7. November 1913.
↑New Baritone Appears. In: The New York Times. 27. Dezember 1913, S. 18.
↑Artikel „[Met Performance] CID:55450 Hänsel und Gretel {75} Matinee ed. Metropolitan Opera House: 12/26/1913“. The Metropolitan Opera Archives. The Metropolitan Opera (abgerufen am 28. September 2014)
↑Metropolitan Grand Opera Season Closes; Company Goes to Boston. In: The Sunday Oregonian. 16. April 1916. p. Section 5, S. 7.
↑Peter Martland: Recording History: The British Record Industry, 1888–1931. 2013, S. 21 f., 60, 69 u. 74, und Ernie Bayly, Michael S. Kinnear: The Zon-o-phone record: a discography of recordings produced by the International Zonophone Company and associated companies in Europe and the Americas, 1901–1903. 2001.
↑Rainer E. Lotz, Axel Weggen, Oliver Wurl: Discographie der deutschen Gesangsaufnahmen, Band 4. Lotz, Bonn 2005, ISBN 3-9810248-0-X. S. 1697–1740
↑„Im Gegensatz zu anderen "Plattensängern" sind alle ihre Aufnahmen von hohem künstlerischem Niveau. Dabei spiegeln diese Aufnahmen ein Repertoire von einer unglaublichen Vielseitigkeit wider, so daß sich ihre Sopranstimme keiner Fachrichtung zuordnen läßt“, vgl. Operissimo
↑Karl-Josef Kutsch, Leo Riemens (Hrsg.): Unvergängliche Stimmen: Kleines Sängerlexikon. 1975, S. 381.