1986 wurde unter Willy Brandt die zweite Parteischule der SPD gegründet,[2] die sich heute im Berliner Willy-Brandt-Haus findet.[3] 2000 wurde sie ausgeweitet durch die SPD/SGK-Kommunalakademie.[4]
Die Gründung der Parteischule wurde vor allem von August Bebel vorangetrieben und stand im Zusammenhang mit den programmatischen Auseinandersetzungen innerhalb der SPD zu diesem Zeitpunkt. Bebel wollte mit der Schulung von führenden Genossen nicht nur deren Schlagkraft in der politischen Auseinandersetzung erhöhen, sondern auch reformistischen Strömungen entgegenwirken, die statt eines Klassenkampfs auf parlamentarische Arbeit und Reformen des bestehenden Gesellschaftssystems setzten. Allerdings wurde die von Bebel angestrebte Ausrichtung der Schule nie im vollen Umfang durchgesetzt, da bald auch reformorientierte Sozialdemokraten an ihr lehrten. Ein weiterer Beweggrund war, dass andere Parteien und Strömungen ihre Funktionäre ebenfalls zu schulen begannen, zum Teil mit ausdrücklicher Ausrichtung gegen die Sozialdemokratie. Diese Institutionen verfügten jedoch nicht über regelrechte Schulen, sondern boten ihren Mitgliedern und Unterstützern lediglich kürzere Lehrgänge an.
Bezeichnung
Die Parteischule der SPD[1] wurde auch als Sozialdemokratische Parteischule[5] oder sozialdemokratische Parteischule bezeichnet,[6][7] aber auch SPD-Parteischule[8] und „erste Zentrale Parteischule“[2] oder schlicht Parteischule.[8][6][9][10] Aufgrund des wissenschaftlichen Anspruches wurde das Institut auch unter der Überschrift „Parteihochschule der SPD“ behandelt.[11]
Nachträglich wurde die Bildungseinrichtung im Jahr 1936 und später auch Reichsparteischule der SPD oder sozialdemokratische Reichsparteischule genannt.[12]
Unterricht
Der Unterricht fand jeweils im Winterhalbjahr statt. Jeder Kurs umfasste bis zu 30 SPD-Funktionäre, die von den Parteibezirken für den Lehrgang vorgeschlagen und von Parteivorstand, Bildungsausschuss und Lehrerkollegium ausgewählt wurden. Während der Kurse übernahm die Partei die Lebenshaltungskosten der Teilnehmer und auch ihrer Familien.
Für das Schuljahr 1912/1913 stellte sich für ein Foto gemeinsam mit ihren Schülern das Lehrerkollegium auf mit Rosa Luxemburg, Emanuel Wurm, Hermann Duncker, Heinrich Conrady, Heinrich Schulz, Hermann Müller (Vertreter des Parteivorstandes) und Wilhelm Pieck (Sekretär der Parteischule).[13]
Josef Olbrich (Verf.), Horst Siebert (Mitarb.): Die Parteischule (1906–1914), in dies.: Geschichte der Erwachsenenbildung in Deutschland, Opladen: Leske und Budrich, 2001, ISBN 978-3-8100-3349-9, S. 121 ff.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
Ronny Noak: Von „Staatsbürgerausbildung“ und „Kaderschmieden“. Die Parteischulen der Weimarer Republik, in: Andreas Braune / Michael Dreyer (Hrsg.): Republikanischer Alltag. Die Weimarer Demokratie und die Suche nach der Normalität, Franz-Steiner-Verlag, Stuttgart 2017, S. 271–284.
↑ abCora Stephan (Hrsg.): August Bebel: Schriften 1862–1913, Bd. 2, Frankfurt am Main; Wien: Büchergilde Gutenberg, 1981, S. 354; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
↑ abTilman Fichter, Helga Ziemann: Berufliche Qualifikation und freiheitliche Selbstbestimmung, in Hilde Wagner (Hrsg.): Interventionen wider den Zeitgeist. Für eine emanzipatorische Gewerkschaftspolitik im 21. Jahrhundert. Helmut Schauer zum Übergang in den Un-Ruhestand, Hamburg: VSA-Verlag, 2001, ISBN 3-87975-831-X, S. 265–278; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
↑ abFabian Schalt (Hrsg.): Neuanfang statt Niedergang - die Zukunft der Mitgliederparteien ( = Politische Parteien in Europa, Bd. 4), Berlin; Münster: Lit, 2009, ISBN 978-3-8258-1684-1, S. 188 u.ö.; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
↑Dieter Fricke: Die sozialdemokratische Parteischule, in ders.: Zur Organisation und Tätigkeit der deutschen Arbeiterbewegung (1890 - 1914). Dokumente und Materialien ( = E-Taschenbuch, Bd. 23/24), Leipzig: VEB Verlag Enzyklopädie, 1962, S. 193–197; Google-Books
↑Dieter Fricke: Die deutsche Arbeiterbewegung 1869–1914. Ein Handbuch über ihre Organisation und Tätigkeit im Klassenkampf, Berlin: Verlag das europäische Buch; Berlin: Dietz, 1976, passim; Google-Books
↑Bernd Braun: Eine sozialistische Universität? — Die Parteihochschule der SPD 1906 bis 1914, in Armin Kohnle, Frank Engehausen: Zwischen Wissenschaft und Politik. Studien zur deutschen Universitätsgeschichte. Festschrift für Eike Wolgast zum 65. Geburtstag, Stuttgart: Steiner, 2001, ISBN 3-515-07546-1, S. 173–193; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
↑Paul Frölich, Rudolf Lindau, Jacob Reich: Illustrierte Geschichte der Deutschen Revolution. Internationaler Arbeiter-Verlag G.m.b.H., Berlin 1929, Bilduntertitelung S. 63; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche