Der Modulare E-Antriebs-Baukasten[1] (früher auch Modularer Elektrifizierungsbaukasten, kurz MEB, manchmal auch Modularer Elektrobaukasten genannt) ist ein Baukastensystem für Elektroautos, das bei der Volkswagen AG seit 2015 entwickelt worden ist.[2]
Volkswagen bezeichnet mit MEB seine Umsetzung des „Skateboard-Konzepts“, bei dem die Antriebsbatterie in einem stabilen Rahmen zwischen den Achsen im Wagenboden platziert wird und die E-Motoren und die Leistungselektronik an der Vorder- und/oder Hinterachse.[3][4] Wie bei anderen Plattformen für Automobile können darauf äußerlich unterschiedliche Karosserien aufgebaut werden.
Der MEB wurde als Nachfolger des bei VW für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren eingesetzten Modularen Querbaukastens (MQB) entwickelt,[3] mit dem VW das Ziel verfolgte, die Effizienz und Flexibilität beim Fahrzeugbau zu verbessern. Mit dem MEB soll dasselbe erreicht werden und dabei soll den besonderen Anforderungen der Elektromobilität Rechnung getragen werden. Dies soll die Produktionskosten minimieren, um Elektroautos für den Massenmarkt herstellen zu können.[2] Der MEB soll den MQB ergänzen, nicht ablösen.[2]
Wichtig beim MEB sind seine Modularität und Skalierbarkeit: Der MEB ist geeignet zum Bau von Fahrzeugen unterschiedlicher Klassen, vom Kleinwagen bis hin zum SUV und Van. So ermöglicht es der MEB beispielsweise, die Antriebsbatterie eines Fahrzeugs mit unterschiedlich vielen Batteriemodulen auszustatten. Dadurch können vom selben Fahrzeugtyp leichtere und damit auch effizientere Ausführungen, zugleich aber auch Versionen mit größeren Reichweiten angeboten werden.[1][5]
Einsatzgebiete
Der MEB ist ausschließlich für den Bau von reinen Elektroautos vorgesehen. Die MQB-Plattform ist diesbezüglich nicht festgelegt.[2]
Anfang 2019 wurde berichtet, dass VW den MEB auch Wettbewerbern anbietet und damit seine Technik als Industriestandard für Elektroautos etablieren möchte.[6]
China
Mit der Gründung der Volkswagen China Technology Company (VCTC) im November 2023 wurde der MEB die Basis für die Entwicklung einer lokalen CMP (China Main Plattform). Daraus entwickelte Komponenten, genannt CEA (China Electronic Architecture) sollen in die MEB reintegriert werden. Die ersten Modelle sollen ab 2026 auf den Markt kommen.[7] Die Elektroauto-Modelle für Indien werden auf der chinesischen Entwicklung basieren.[8] Volkswagen bezeichnet die erweiterte Architektur als „MEB+“.[9]
Merkmale
Allgemeines
Alle Elektroautos von Volkswagen (VW), die bis zum Jahr 2016 konzipiert wurden (e-Golf, e-up!), basierten auf vorhandenen Plattformen für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren.[10] Demgegenüber haben jüngere Elektroautos des VW-Konzerns auf Basis des MEB, wie die ID.-Familie,[2][11] die folgenden Merkmale:[1][5]
Der Radstand von Fahrzeugen auf MEB-Basis ist größer und die Überhänge sind kürzer.
Die Antriebsbatterie ist flach und im Boden zwischen der Vorder- und Hinterachse eingebaut.
Dies führt zu einem niedrigeren Schwerpunkt, einer ausgewogeneren Gewichtsverteilung und somit besserer Straßenlage.
Die Sitzposition der Fahrzeuginsassen ist etwas erhöht.
Bei den MEB-Fahrzeugen wird erstmalig das bei VW in Entwicklung befindliche Betriebssystem „vw.OS“ mit End-to-End-Elektronikarchitektur, kurz „E3“, in der Variante 1.1 eingesetzt. Damit können neue Mobilitätsdienste und Assistenzsysteme verbaut werden.[12]
Mit der „E3“-Architektur wird die Vielzahl der bisher nötigen Steuergeräte in der Fahrzeugelektronik in einer zentralen Rechnerebene zusammengefasst.[13] Damit soll eine deutliche Steigerung der Rechenleistung einhergehen, die nötig ist, um das Automatisierte Fahren (Level 3 und 4) zu ermöglichen.[12]
Batterie- und Ladetechnik
Die MEB-Batterietechnik hat folgende Merkmale:[14][15][16]
Das Fahrzeug kann mit Gleichstrom (DC) oder mit Wechselstrom (AC) geladen werden. Welche DC-Ladeleistung fahrzeugseitig maximal möglich ist und wie viele Phasen beim AC-Laden fahrzeugseitig genutzt werden können, hängt (Stand 2019) von der konkreten Ausstattungsvariante des Fahrzeugs ab.[17][18]
Die Antriebsbatterie ist schnellladefähig: Mit Gleichstrom sind derzeit 22 bis zu 125 kW via CCS möglich.
Mit Wechselstrom kann (via Typ-2-Standard) pro Phase mit maximal 16 A geladen werden. Einphasig ist somit (bei in Europa üblicher Netzspannung) eine maximale Ladeleistung von 3,7 kW (mit geeigneter Wallbox und Ladekabel auch 32 A einphasig möglich, was knapp 7,4 kW entspricht), und dreiphasig 11 kW möglich.[19]
Die Antriebsbatterie besteht aus mehreren Batteriemodulen (für den ID.3 bis zu zwölf Module). In jedem Modul sind mehrere (derzeit 24) Lithium-Ionen-Akkumulatorzellen gekapselt. Als Bauformen kommen Pouch- oder prismatische Zellen, aber keine zylindrischen Zellen zum Einsatz. Es werden NMC-Akkumulatoren verwendet, wobei das Verhältnis von Nickel, Mangan und Cobalt derzeit sechs zu zwei zu zwei beträgt, es handelt sich also um NMC-622-Akkuzellen. Die Zellen werden von LG Chem und Samsung zugeliefert. Die maximale Spannung des Batteriesystems beträgt 408 V. Das 12-Volt-Gleichspannungs-Bordnetz wird über einen Gleichspannungswandler aus der Antriebsbatterie gespeist.
Das Batteriegehäuse sowie dessen Auffahrschutz bestehen aus Aluminium. Im Gehäuse ist ein Crashrahmen integriert, der insbesondere die Batterie, aber auch das gesamte Fahrzeug bei einem Unfall schützt.
Der Energiefluss zwischen Batterie und Elektromotor wird von einer Leistungselektronik verwaltet. Sie fungiert einerseits als Wechselrichter, um die Gleichspannung der Batterie in Wechselspannung für den Antriebsmotor umzuwandeln. Andererseits arbeitet sie als Gleichrichter, um beim Rekuperieren die vom Motor im Schubbetrieb generierte Wechselspannung wieder in Gleichspannung rückzuwandeln und so die Batterie aufzuladen; dadurch kann ein Teil der Bewegungsenergie rückgewonnen werden.
Das Batteriesystem für den ID.3 wurde in Braunschweig entwickelt und wird dort auch gefertigt.[14]
Bis Ende 2021 soll Fahrzeug-seitig Plug&Charge unterstützt werden. An Plug&Charge-fähigen Ladestationen können Ladevorgänge dann durch simples Einstecken des Ladekabels vollautomatisch autorisiert und abgerechnet werden, ohne z. B. eine App oder RFID-Ladekarte eines Fahrstromanbieters zu benötigen.[20]
Ab 2022 sollen Fahrzeuge auf MEB-Basis bidirektionales Laden unterstützen. Die Fahrzeuge können dann nicht nur aus dem Stromnetz oder der eigenen Photovoltaikanlage geladen werden, sondern bei Bedarf auch elektrische Energie über eine bidirektionale Ladestation ins Netz einspeisen. Damit lassen sich Konzepte wie beispielsweise Vehicle to Grid, Vehicle to Home oder eine Notstromversorgung des Hauses aus der Antriebsbatterie realisieren. Das kann für den Fahrzeugbesitzer auch finanziell lukrativ sein, weil er am Primärregelleistungsmarkt zur Netzstabilisierung teilnehmen oder den Eigenverbrauch von Photovoltaik-Strom steigern kann.[21][20]
Verwendete Materialien
Das komplette Antriebsbatteriesystem in der 62-kWh-brutto-Ausführung hat eine Gesamtmasse von 400 kg. Die verwendeten Materialien teilen sich wie folgt auf:[22]
Hier fehlt eine Grafik, die im Moment aus technischen Gründen nicht angezeigt werden kann. Wir arbeiten daran!
Eingesetzte Materialien bei der 62-kWh-brutto-Antriebsbatterie
VW setzt die MEB-Plattform für Fahrzeuge verschiedener Konzernmarken ein, bietet sie aber auch anderen Herstellern für deren Fahrzeuge an. Im Sommer 2019 wurden Kooperationen mit Ford und mit dem Kleinserienhersteller Next.e.GO Mobile SE vereinbart; im Mai 2022 auch mit Mahindra.[23][24]
Premium Platform Electric (PPE) – Plattformkonzept für das „Premium“-Segment von Elektrofahrzeugen der Volkswagen AG.
Premium Platform Combustion (PPC) – Plattformkonzept für das „Premium“-Segment von Verbrennerfahrzeugen der Volkswagen AG.
Scalable Systems Plattform (SSP) – soll als konzernweite Mechatronik-Plattform die Plattformen MQB, MLB, MSB sowie insbesondere MEB und PPE ablösen. Auf der SSP basierende reine Elektrofahrzeuge sollen ab 2026 produziert werden.[41][42]
↑ abvolkswagen.at: Start einer neuen Ära. Volkswagen auf dem 40. Wiener Motorensymposium. In: ecarandbike.com. Team-i Zeitschriftenverlag, Korneuburg, 20. Mai 2019, abgerufen am 12. Juni 2020.
↑Berechnung der maximalen, fahrzeugseitig erreichbaren AC-Ladeleistung: einphasig: 1 × 16 A × 230 V = 3,68 kW; zweiphasig: 2 × 16 A × 230 V = 7,36 kW; dreiphasig (Drehstrom): 3 × 16 A × 230 V = 11,04 kW ≈ 16 A × 400 V × √3. Beim Laden treten stets Ladeverluste auf, wodurch ein (kleiner) Teil der zum Laden investierten elektrischen Energie nicht in der Batterie landet, sondern – primär in Form von Verlustwärme – verloren geht.
↑Sebastian Schaal: „Power Day“: Volkswagen plant Einheits-Batteriezelle. Sechs Europa-Gigafabriken, 18.000 Schnellladepunkte und bidirektionales Laden sind geplant. In: electrive.net. 15. März 2021, abgerufen am 18. März 2021.