Die Gattung Mesotaenium ist von besonderem Interesse, da die Schmuckalgen unter den Algen mit am nächsten mit Landpflanzen verwandt ist und ihr Studium daher wichtige Aufschlüsse über die Eroberung des Landes (Terrestrialisierung) durch pflanzliche Organismen geben kann.[6]
Die Zellen der Mesotaenium-Arten sind entweder einzeln oder aggregiert in einer gemeinsamen gallertartigen Matrix mit einfacher oder geschichteter Struktur.
Die Zellen sind klein bis mittelgroß (Länge 10–123 µm), lang oder kurz zylindrisch mit breit abgerundeten Enden, dabei gerade oder auch leicht gekrümmt.[4]
Es gibt ein oder zwei Chloroplasten pro Zelle in Form einer axialen Platte oder eines Bandes, selten parietal (wandständig an der Zellwand), mit einem oder zwei Pyrenoiden.
Der Zellkern befindet sich in der Mitte des Chloroplastenbandes oder (ggf.) zwischen den beiden Chloroplasten.
In der Ultrastruktur zeigt sich die Zellwand zweischichtig; die innere Schicht besteht dabei aus gekreuzten Bändern mit Mikrofibrillen.[4]
Die Ausrichtung des Chloroplasten zum Licht (Photoorientation) wird durch Phytochrom (oder phytochromähnliche Polypeptide) reguliert.
Dieses Mesotaenium-Polypeptid bindet mit monoklonalen Antikörpern, die spezifisch für das Phytochrom von Erbsen und Mais sind.[4]
Bei ca. sieben Arten ist eine sexuelle Fortpflanzung durch Konjugation beschrieben; mit einer breiten Konjugationsröhre zwischen den Gametangien, in der sich die Zygote befindet und sich gewöhnlich in beide Gametangien erstreckt.
Die reifen Zygosporen (vgl. Jochpilze §Fortpflanzung) erscheinen kugelförmig bis viereckig bzw. vieleckig (polygonal).
Ihre Außenfläche ist glatt oder papilliert (mit warzenförmigen Erhebungen versehen (siehe Papille (Botanik))).
Die Schicht der Mesosporenwand[A. 1] ist glatt oder skrobikuliert (englischscrobiculated)[A. 2][4].
Habitat
Mesotaenium-Arten kommen meist in subaerischen Lebensräumen (an der Erdoberfläche) vor, wo sie oft als kleine gallertartige Masse zwischen Moosen oder auf feuchtem Boden oder Felsen zu finden sind. Als Bodenalgen leben sie dann aerophytisch, d. h. sie sind beständig hoher Luftfeuchtigkeit ausgesetzt.
Gelegentlich besiedeln sie auch saure, oligotrophe (nährstoffarme), aquatische Lebensräume oder saure Moore.[4]
Es sind keine Vertreter aus marinen Umgebungen bekannt.[7]
Nur M. degreyi wurde in Hartwasser-Habitaten beschrieben.
M. berggrenii (möglicherweise synonym mit Ancyclonema nordenskioeldii) wurde auf Schnee und Eis gefunden.[4]
Mesotaenium pyrenoidosum(P. A. Broady) Petlovany 2015(A,W)
Mesotaenium testaceovaginatumFucikova, J. D. Hall, J. R. Johansen & R. Lowe, 2008(N,T,W) – in der AlgaeBase ein Synonym für Serritaenia testaceovaginata(Fucíková, J. D. Hall, J. R. Johansen & R. L. Lowe) A. Busch & S. Hees 2021(A)
Mesotaenium truncatumW. West & G. S. West 1904(A,G,W)
Gontcharov und Melkonian (2010) sehen die Gattung Mesotaeniumpolyphyletisch mit M. cf. chlamydosporum CCAC 0154 zusammen mit Fottea pyrenoidosa SAG 1.88 in einer KladeMesotaenium 1, sowie M. endlicherianum SAG 12.97 und M. braunii M2214[3] in einer Klade Mesotaenium 2;[9] dazu M. caldariorum mit ACOU 127 und ACOI 898 in einer weiteren, dritten Klade.
Typisches Habitat sind saure Moortümpel und Sümpfe, wie sie beispielsweise auf den Äußeren Hebriden (Schottland) weit verbreitet sind. Die Art kommt manchmal in großen Mengen in sumpfigen Tümpeln oder an den sumpfigen Rändern von Bergseen und Teichen.[14]
Armin Dadras et al. kultivierten den Stamm SAG 12.79 in einem Großversuch 2023 in 1,5 ℓC-Medium[15] und setzen diese Kulturen verschiedenen Licht- und Temperatur-Gradienten aus. Die vergleichende Analyse hatte zum Ziel aufzuzeigen, welches genetische Repertoire bereits bei diesen Algen als nahe Verwandte der Landpflanzen vorhanden war und so die Eroberung des Landes ermöglichte.[6]
Mesotaenium berggrenii
M. berggrenii (vormals Ancylonema nordenskioldii var. berggernii Wittrock, 1883[7]) wurde 1892 durch Gustaf Lagerheim reklassifiziert[8][16]
Es handelt sich um eine Süßwasser-Spezies, Typlokalität ist Auleitsivikfjorden[17][18] in Westgrönland (nahe Iginniarfik) und der Jostedal-Gletscher (Justedalsglacier, Jostedalsbreen[19]).[8]
Als eine Unterart galt Mesotaenium berggrenii var. alaskanaKol 1942, wird aber heute in der AlgaeBase als Ancylonema alaskanum(Kol) L.Procházková & Remias 2021 geführt.[4]
Mesotaenium chlamydosporum
M. chlamydosporum ist eine Spezies kleiner Algen, die auf der feuchten Oberfläche von Steinen und auf feuchten Böden in der gemäßigten Klimazone Europas wächst. Die Erstbeschreibung stammt von Anton de Bary aus dem Jahr 1858, Typlokalität ist Walldorf bei Frankfurt/Main.[11][20]
Optisch sehen diese Algen aus wie eine grüne, schleimige Masse auf der Oberfläche des Substrats.[21]
Die Zelle ist ellipsoid oder kurzzylindrisch, bis zu 25–30 µm lang und 15–20 µm breit. Die Chloroplasten sind lamellar.[22]
Mesotaenium macrococcum
M. macrococcum ist eine Art mikroskopisch kleiner Algen, die ebenfalls auf der feuchten Oberfläche von Steinen und auf feuchten Böden in der gemäßigten Klimazone Europas wachsen. Man findet sie in atmophytischen Lebensräumen wie tropfenden Felsen, epiphytisch auf Moos und anderen Substraten, aber auch in aufgelassenen Torfstichen, Mooren und Tümpeln.[23][24]
Die Erstbeschreibung stammt von John Roy und John Petrie Bisset[25] aus dem Jahr 1894. (1894).[12] Typlokalität ist Auerhahn im Oberharz (Niedersachsen).[26]
Die Zellen sind kurzzylindrisch mit stark abgerundeten Ecken, sie sind 20–25 × 15 µm groß. Diese Algen wachsen in dichten monospezifischen Populationen, eingebettet in eine gemeinsame Schleimmasse. Die Zellen haben lamellareChloroplasten, die nur einen kleinen Teil des Zellinhalts ausfüllen. In einigen Zellen ist der Chloroplast von vorne zu sehen (fast in Kontakt mit der Zellwand), in anderen Zellen befindet er sich seitlich.[24][23]
Anmerkungen
↑Die Wandschichten einer Spore werden von außen nach innen Perispore, Exospore, Epispore, Mesospore und Endospore genannt.
↑ abcCarl Wilhelm von Nägeli: Gattungen einzelliger Algen, physiologisch und systematisch bearbeitet. In: Neue Denkschriften der Allg. Schweizerischen Gesellschaft für die Gesammten Naturwissenschaften, Band 10, Nr. 7, 1849, S. i-viii, 1-139, Tafeln I-VIII; AlgaeBase:17188.
↑ abc
Armin Dadras, Janine M. R. Fürst-Jansen, Tatyana Darienko, Denis Krone, Patricia Scholz, Siqi Sun, Cornelia Herrfurth, Tim P. Rieseberg, Iker Irisarri, Rasmus Steinkamp, Maike Hansen, Henrik Buschmann, Oliver Valerius, Gerhard H. Braus, Ute Hoecker, Ivo Feussner, Marek Mutwil, Till Ischebeck, Sophie de Vries, Maike Lorenz, Jan de Vries: Environmental gradients reveal stress hubs pre-dating plant terrestrialization. In: Nature Plants, Band 9, 28. August 2023, S. 1419–1438; doi:10.1038/s41477-023-01491-0, ResearchGate:373479803 (englisch). Dazu:
↑ abcdefg
Andrey A. Gontcharov, Michael A. Melkonian: Molecular phylogeny and revision of the genus Netrium (Zygnematophyceae, Streptophyta): Nucleotaenium gen. nov. In: Journal of Phycology, Band 46, Nr. 2, März 2010, S. 346-362; doi:10.1111/j.1529-8817.2010.00814.x, ResearchGate:229629418 (englisch). Siehe insbes. Fig. 2.
↑ abcd
Andrey A. Gontcharov, Birger Marin, Michael A. Melkonian: Molecular Phylogeny of Conjugating Green Algae (Zygnemophyceae, Streptophyta) Inferred from SSU rDNA Sequence Comparisons. In: Journal of Molecular Evolution, Band 56, Nr. 1, Februar 2003, S. 89-104; doi:10.1007/s00239-002-2383-4, PMID 12569426, ResearchGate:10916551 (englisch). Siehe insbes. Fig. 2.
↑ abAnton de Bary: Untersuchungen über die Familie der Conjugaten (Zygnemeen und Desmidieen). In: Ein Beitrag zur physiologischen und beschreibenden Botanik, Förstnersche Buchhandlung (Arthur Felix), Leipzig 1858, S. [i]-vi, 1-91, Tafel VII D: Fig. 1-29; AlgaeBase:21341.
↑ ab
John Roy, John Petrie Bisset: On Scottish Desmidieae. In: Annals of Scottish Natural History, 1894, S. 100–105; 167–178; 241–256; AlgaeBase:32640.
↑C-Medium Ichimura (1971)/Micronutrient solution by Provasoli and Pintner (1959)/NIES. Composition.
↑
Gustaf Lagerheim: Die Schnee Flora des Pinchincha. Ein Beitrag zur Kenntnis der Nivalen Algen und Pilzen. In: Bericht der Deutschen Botanischen Gesellschaft, Band 10, 1892, S. 517-534, Tafel XXVIII; AlgaeBase:46318.