De Bary wurde als Sohn des angesehenen Frankfurter Arztes August Theodor de Bary geboren. Er entstammte einer uradeligen Hugenottenfamilie aus Barry bei Tournai in Belgien, die von dort durch die spanischen Habsburger unter Kaiser Karl V. vertrieben wurde und seit 1555 in Frankfurt nachweisbar ist.[1] Sein Vater unterstützte die früh beginnende Forscherneigung des Sohnes, indem er ihm die heute nicht mehr existente „Maininsel“ pachtete, damit dieser dort seinem Entdeckungsdrang nachgehen konnte. Bei seinen stundenlangen Kahnfahrten auf dem Main lernte er Pflanzen kennen und untersuchte einzellige Algen mikroskopisch.
Als Abiturient hatte er schon ein umfangreiches Herbarium, das er später dem Straßburger Botanischen Institut hinterließ. Durch seinen frühen Kontakt zum damaligen Leiter des Senckenbergischen Instituts in Frankfurt, Georg Fresenius entwickelte De Bary sein Interesse für Algen und Pilze sowie die Arbeit am Mikroskop. Bereits mit 21 Jahren fertigte er eine Abhandlung über den PhycomycetenAchyla, die von der hervorragenden Beobachtungsgabe de Barys zeugt. Dabei zeigte er, dass die Saprolegnia-Schwärmer zwei terminale Geißeln besitzen, während die Schwärmer von Achyla zwei seitliche Geißeln tragen. Mit dieser Arbeit widerlegte er unter anderem auch den bekannten Botaniker Nathanael Pringsheim (1823–1894), der für die Saprolegnia-Schwärmer nur eine Geißel angegeben hatte.
Akademische Karriere
In den Jahren 1849/1850 studierte De Bary Medizin in Heidelberg und in Marburg. Ab 1850 studierte er in Berlin, wo er 1853 zum Dr. med. promoviert wurde. Seine Dissertation hatte das Thema: De plantarum generatione sexuali. Nach nur einem Jahr Arbeit als Arzt entschloss sich de Bary zu einer Laufbahn als Botaniker und habilitierte sich 1854 an der Universität in Tübingen bei Hugo von Mohl (1805–1872).
Das Arbeitsgebiet de Barys war besonders die vergleichende Anatomie der höheren Pflanzen, der Algen sowie der Pilze, hier besonders der Rostpilze und Brandpilze, mit denen er sich schon 1853 in seiner Habilitationsschrift beschäftigt hatte. 1866 erschien sein Buch über die Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und Myxomyceten. Dabei hatte de Bary entdeckt, dass bei Pflanzenerkrankungen nicht die Pflanze den Pilz erzeugt, sondern dass die Pilze Ursache der Pflanzenkrankheiten sind. Diese Erkenntnis legte er am Beispiel der Kraut- und Knollenfäule der Kartoffel in seiner 1861 erschienenen Arbeit Die Kartoffelkrankheit, deren Ursache und Verhütung dar. De Bary ist nach Ansicht des Biologen Ulrich Kutschera der Begründer der Phytopathologie.[9]
Zwar waren die komplizierten Entwicklungszyklen der Rost- und Brandpilze bereits von Louis René Tulasne (1815–1885) und seinem Bruder Charles Tulasne (1816–1884) entdeckt worden, es gelang jedoch erst de Bary, der mit beiden in Briefwechsel stand, unter anderem die doppelte Sporenbildung des Schwarzrostpilzes (Puccinia graminis) in Uredosporen (Sommersporen) und Teleutosporen (Wintersporen) aufzuklären. Nach Tulasne sollten diese Sporen einem Schleim entspringen. Außerdem fand er heraus, dass eine dritte und vierte Fruchtform, die Aecidien, auf dem Blatt eines Zwischenwirtes, im Falle des Schwarzrostes auf der Berberitze (Berberis vulgaris) gebildet wird. Aufgrund dieser Erkenntnis wurde die Ausbreitung des Schwarzrostes dadurch bekämpft, dass man die Berberitze aus der Feldflur beseitigte.
De Bary dehnte seine Forschung auch auf andere Krankheiten an Kulturpflanzen aus. So beschäftigte er sich unter anderem mit den Krankheiten der Weinrebe, dem Falschen Mehltau(Plasmopara viticola), dem Echten Mehltau(Oidium tuckeri) sowie mit dem Roten Brenner (Pseudopezicula tracheiphila).
Auf dem Gebiet der Mykologie klärte er unter anderem auch den Entwicklungsgang der Schleimpilze(Myxomyceten) auf, wies die Zugehörigkeit von Aspergillus als Konidienform zum Eurotium-Fruchtkörper nach und beschrieb den vollständigen Entwicklungsgang des Falschen Mehltaus der Weinrebe.
Weitere bahnbrechende Erkenntnisse gelangen de Bary auf dem Gebiet der Flechten. Ausgehend von diesen Arbeiten schlug er 1878 auf der 51. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Kassel vor, besonders enge Beziehungen oder Biosysteme zwischen zwei Arten als Symbiose zu bezeichnen. Symbiosen wurden von de Bary definiert als „Das Zusammenleben ungleichnamiger Organismen“.
Außerdem erkannte er 1858 die taxonomische und stammesgeschichtliche Zusammengehörigkeit der Zieralgen mit Fadenalgen aus der Verwandtschaft der bekannten „Schraubenbandalge“ Spirogyra.
Auch die Pflanzengattung BaryaKlotzsch 1854 aus der Familie der Schiefblattgewächse (Begoniaceae) ist ihm zu Ehren benannt worden.[10]
Die Allée Anton de Bary in Straßburg ist nach ihm benannt.[11]
Familie
De Bary entstammte einer uradligen Familie aus der Wallonie. Antons Vater wie sein Bruder Johann Jakob de Bary waren angesehene Ärzte in Frankfurt. Seine Mutter war Caroline Emilie von Meyer (1805–1887), aus deren Familie zwei renommierte Wissenschaftler hervorgingen. Anton heiratete 1861 die Tochter des Leipziger Juristen Dr. Wilhelm Einert, Marie Antonie Einert (* 21. Januar 1831, Leipzig; † 22. Mai 1892, Thann, Elsass-Lothringen). Sie war eine begabte Künstlerin und Malerin insbesondere von Pflanzen, die zum wissenschaftlichen Werk ihres Mannes beigetragen hat.[12] Aus ihrer Ehe gingen vier Kinder hervor: Wilhelm, August, Marie und Hermann.[13]
Schriften (Auswahl)
(1853): De plantarum generatione sexuali. Berolini, Schade 1853 OCLC255254327 (Medizinische Dissertation „dissertatio inauguralis physiologica“ Universität Berlin, Medizinische Fakultät, 1853, 35 Seiten, 8°, quam ... publice defendet auctor [Heinrich] Antonius de Bary Moeno-Francofurtanus, lateinisch).
(1853): Untersuchungen über die Brandpilze und die durch sie verursachten Krankheiten der Pflanzen mit Rücksicht auf das Getreide und andere Nutzpflanzen. G.W.F. Müller, Berlin 1853, OCLC6349150([Habilitationsschrift] 1853, 144 Seiten, 8 Tafeln, 23 cm, Volltext online In Viewer, 2009 digitalisiert von: Bayerische Staatsbibliothek, München, Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek mit der Signatur: Phyt. 18 xm).
(1859): Mycetezoen. Ein Beitrag zur Kenntnis der niedersten Thiere.
(1861): Die gegenwärtig herrschende Kartoffelkrankheit, ihre Ursache und ihre Verhütung: eine pflanzenphysiologische Untersuchung. Förstner, Leipzig 1861, Universitätsbibliothek Johann Christian Senckenberg, Frankfurt am Main 2006 DNB1128400472 (Volltext, online PDF, kostenfrei, 80 Seiten, 49'113 kB).
mit Michail Stepanowitsch Woronin (1863): Beitrag zur Kenntnis der Chytrideen.
(1864–1865): Zur Kenntniss der Peronosporen. Abhandlung, hrsg. von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft: 367–372.
(1864–1865): Beiträge zur Morphologie und Physiologie der Pilze. Abhandlung, hrsg. von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft: 137–232, doi:10.3931/e-rara-17877.
(1864–1865): Zur Kenntnis der Mucorinen. Abhandlung, hrsg. von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft: 345–366.
mit Mikhail S. Woronin (1865): Supplément à l'histoire des Chytridiacées. Annales des Sciences Naturelles. Botanique: 239–269.
(1866): Morphologie und Physiologie der Pilze, Flechten und Myxomyceten. Digitalisat.
(1866): Über die Keimung einiger grosssporiger Flechten, in: Jahrbuch für wissenschaftliche Botanik.
(1866): Neue Untersuchungen über die Uredineen, insbesondere die Entwicklung der Puccinia graminis und den Zusammenhang derselben mit Aecidium Berberidis. Monatsberichte der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
(1867): Neue Untersuchungen über die Uredineen. Monatsberichte der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin.
(1869–1870): Eurotium, Erysiphe, Cincinnobolus. Nebst Bemerkungen über die Geschlechtsorgane der Ascomyceten. Abhandlung, hrsg. von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft: 361–455.
(1869): Zur Kenntnis insektentödtender Pilze. Botanische Zeitung: 585–593.
(1874): Protomyces microsporus und seine Verwandten: Botanische Zeitung: 81–92.
(1876): Researches into the nature of the potatofungus Phytophthora infestans. Journal of Botany: 105–126.
(1876): Researches into the nature of the potato-fungus, Phytophthora infestans. Journal of the Royal Agricultural Society of England: 239–269.
(1877): Vergleichende Anatomie der Vegetationsorgane der Phanerogamen und Farne.Digitalisat.
(1879): Die Erscheinung der Symbiose.
(1881): Untersuchungen über die Peronosporeen und Saprolegnieen und die Grundlagen eines natürlichen Systems der Pilze. Abhandlung, hrsg. von der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft: 225–370.
(1881): Zur Kenntnis der Peronosporeen. Botanische Zeitung: 521–625.
(1883): Zu Pringsheims Beobachtungen über den Befruchtungsact der Gattungen Achlya und Saprolegnia. Botanische Zeitung: 38–60.
mit Heinrich Georg Winter & Heinrich Simon Ludwig Friedrich Felix Rehm (1884): Deutschlands Kryptogamen-Flora oder Handbuch zur Bestimmung der kryptogamischen Gewächse Deutschlands, der Schweiz, der Lombardisch-Venetianischen Königreichs und Istriens: Schizomyceten, Saccharomyceten, und Basidiomyceten. 2 Bände.
(1884): Vergleichende Morphologie und Biologie der Pilze, Mycetozoen und Bakterien. 2. Auflage.
(1886): Über einige Sclerotien und Sclerotienkrankheiten. Botanische Zeitung: 377–474.
(1887): Comparative Morphology and Biology of the Fungi, Mycetozoa, and Bacteria.
(1888): Species der Saprolegnieen. Botanische Zeitung: 597–653.
Literatur
Gerhard Drews: Anton de Bary, ein bedeutender Biologe, lehrte in Freiburg, Halle und Strasbourg. In: Freiburger Universitätsblätter, Jg. 2000, H. 149, S. 5–25.
Industrieverband Pflanzenschutz (Hrsg.): Die Pflanzen schützen, den Menschen nützen. Eine Geschichte des Pflanzenschutzes. IPS, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-87079-007-5.
Ilse Jahn (Hrsg.): Geschichte der Biologie. Theorien, Methoden, Institutionen, Kurzbiographien. 3. Auflage. Spektrum, Heidelberg u. a. 2000, ISBN 3-8274-1023-1.
↑Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 32.
↑Ulrich Kutschera: Anton de Bary: Begründer der Phytopathologie, Symbioseforschung und Wegbereiter der Bakteriologie. in: Darwiana nova - Verborgene Kunstformen in der Natur. Lit-Verlag, 2011 S. 252–256, ISBN 978-3-643-10378-9