Der Melaten-Friedhof ist der Zentralfriedhof von Köln. Er liegt an der nördlichen Grenze des Stadtteils Lindenthal im Stadtbezirk Köln-Lindenthal. Im Süden begrenzt ihn die Aachener Straße, im Osten die Piusstraße, im Westen die Oskar-Jäger-Straße und der Melatengürtel, im Norden die Weinsbergstraße. Der 435.000 m² große Friedhof ist gemessen an der Anzahl der Grabstätten (55.540[1]) der größte Friedhof in Köln.[2]
Der Name „Melaten“ rührt her vom Hof Melaten, einem bereits im 12. Jahrhundert an dieser Stelle nachgewiesenen Heim für Kranke und Aussätzige. 1243 wurde der „hoff to Malaten“ erstmals urkundlich erwähnt. Die Kapelle St. Maria Magdalena und Lazarus stammt aus dem Jahre 1245. Auf der anderen Seite der Aachener Straße befand sich die Richtstätte Rabenstein.
Während der französischen Besatzungszeit in Köln, die am 6. Oktober 1794 begann, änderte sich das Begräbniswesen durch ein kaiserliches Dekret über die Begräbnisse („Décret sur les sépultures“), von Napoleon am 12. Juni 1804 erlassen. Es untersagte aus vor allem hygienischen Gründen Beerdigungen innerhalb von Städten, Dörfern und geschlossenen Gebäuden.
Die Stadtverwaltung kaufte deshalb ein Grundstück auf dem Gelände des ehemaligen Leprosenasyls und ließ die meisten Gebäude abreißen. Die 1245 vom Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden geweihte Kapelle des Leprosenheimes (heutiges Patronat des Hl. Johannes und der Hl. Maria Magdalena) wurde in den Friedhof integriert. Mit der Gestaltung des Friedhofes wurde Ferdinand Franz Wallraf beauftragt, der sich den Pariser Friedhof Père-Lachaise zum Vorbild nahm. Seine Pläne beschrieb er in der 1809 erschienenen Schrift „Über den neuen stadtkölnischen Kirchhof zu Melaten“. Von Anfang an plante er den Friedhof auch als Erholungsstätte und als öffentliche Grünanlage. Am 29. Juni 1810 weihte der Dompfarrer Michael Joseph DuMont den Melatenfriedhof ein und die Friedhöfe innerhalb der Stadt wurden geschlossen; zwei Tage später fand das erste Begräbnis statt.
Offiziell nannte man den Friedhof „Gottesacker der Stadt Köln“; bis 1829 durften nur Katholiken dort bestattet werden. Die Protestanten begrub man weiter auf dem alten Geusenfriedhof im Weyertal, Juden bis zur Anlage des jüdischen Friedhofs 1903 im rechtsrheinischen Deutz. Trotz mehrerer Erweiterungen des Friedhofes wurde er mit der Zeit zu klein (→ Demografie Deutschlands). Zu seiner Entlastung eröffnete man 1896 den Nordfriedhof, 1901 den Südfriedhof, 1917 den Westfriedhof und 1946 den Ostfriedhof.
Melaten erlebte im Laufe der Geschichte mehrfach Zerstörungen. Die durch Wallraf (1809) und Vincenz Statz (1850) instandgesetzte ehemalige Kapelle des Leprosenheimes wurde 1942 vernichtet und 1952 vereinfacht wiederhergestellt. Die schlimmsten Verwüstungen richteten am 30. und 31. Oktober 1944 Fliegerbomben an. Ein Gedenkstein erinnert an die in einem Tiefbunker am Rande des Friedhofs am Tor zur Aachener Straße hin damals durch einen Bombentreffer umgekommenen mehr als 100 Personen einer Hochzeitsgesellschaft.[3]
Auch das imposante Grabmal für Wallraf und Johann Heinrich Richartz ging im Zweiten Weltkrieg verloren. Heute erinnert nur noch ein schlichter Grabstein an beide. Nach dem Zweiten Weltkrieg suchten Ausgebombte vorübergehend in den Grüften Unterschlupf und Wohnung. Am 2. Mai 2023 wurde auf dem Friedhof ein englischer Fünf-Zentner-Bombenblindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt und entschärft.[4]
Melaten heute
Struktur
Der 435.000 m² große Friedhof besteht aus dem nördlich liegenden Alten Ehrenfelder Friedhof an der Weinsbergstraße und dem Melaten-Friedhof im engeren Sinne. Beide Teile grenzen zum Melatengürtel hin an einen der Öffentlichkeit nicht zugänglichen, selbständig verwalteten Jüdischen Friedhof. Den Melaten-Friedhof teilt ein Raster von rechtwinklig angelegten Wegen; zwei Hauptwege führen von der Aachener Straße nach Norden, beide werden etwa in der Mitte von der Ost-West-Achse gekreuzt. Insgesamt befinden sich 55.540 Gräber auf dem Melaten-Friedhof.
Die älteste Friedhofsmauer mit dem ehemaligen Haupttor (Tor II) läuft entlang der Aachener Straße und stammt aus dem Jahre 1810. 1874 und 1887 errichtete man östlich und westlich vom Tor II weitere Eingänge (Tor I und Tor III), 1957 dann den neuen Haupteingang an der Piusstraße. Heute hat der Melaten-Friedhof sechs öffentliche Eingänge, drei davon an der Aachener Straße und je einen an der Piusstraße, der Weinsbergstraße und am Melatengürtel.
Trauerhallen, Kolumbarium
Die alte Trauerhalle wurde 1880/81 nach Entwürfen von Heinrich Wiethase in neoromanischen Formen errichtet.[5] Um 1916 erfolgte eine Erweiterung um eine Längsachse nach Norden, Hans Verbeek und sein Mitarbeiter Klewitz schufen einen klassizistischen Bauteil mit Loggia artigem Vorbau. Nach starken Beschädigungen während des Zweiten Weltkriegs wurde sie notdürftig mit einem Flachdach wieder aufgebaut. Erst 1955 wurde nach Plänen von Fritz Schaller der neue Haupteingang an der Piusstraße gestaltet und dort eine deutlich größere Trauerhalle gebaut.[6] Dadurch verlor die alte Halle schließlich ihre Funktion und diente lange nur als Abstellraum. Aus Anlass des desolaten Gebäudezustandes – die alte Trauerhalle darf nicht betreten werden – präsentierte der Arbeitskreis „Denkmal des Monats“ im Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz das Bauwerk als Denkmal des Monats August 2013. Der Umbau und die Umnutzung der Trauerhalle zu einem Kolumbarium wurden Mitte 2022 seitens des Stadtrats beschlossen.[7][8] Im Juni 2024 erfolgte die Eröffnung als erstes städtisches Kolumbarium, das für rund 500 Urnenkammern, die doppelt belegt werden können, Platz bietet.[9]
Kapelle
An der Aachener Straße liegt die 1245 vom Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden geweihte KapelleSt. Maria Magdalena und Lazarus, die nach einem Umbau im Jahr 1475 neben dem Patronat des Hl. Johannes das der Hl. Maria Magdalena erhielt. 2019 erhielt sie eine neue elektronische Orgel der Firma Kisselbach, die durch den saarländischen KonzertorganistenLucas Kluck am 1. November eingeweiht wurde. Kölner Bürger sind um die Wiederbelebung und Instandsetzung dieser fast vergessenen historischen Stätte bemüht.
Inschriften
Beim alten Haupteingang an der Aachener Straße befindet sich über dem Torbogen die Inschrift „Funeribus Agrippinensium Sacer Locus“ (Für die Leichen Kölns geheiligte Stätte). Weitere Inschriften seitlich des Tores lauten: „Ave In Beatius Aevum Seposta Seges“ (Gruß Dir, auf bessere Zukunft gesäte Saat) und „Transi Non Sine Votis Mox Noster“ (Geh nicht vorüber ohne fromme Gebete, Du, bald der Unsrige).
Flora und Fauna
Während zu Anfang der Friedhof nur spärlich bepflanzt war, sollte sich dies ab 1826 durch den Bepflanzungsplan des Gartenarchitekten Maximilian Friedrich Weyhe ändern, jedoch wurde sein Plan aus Kostengründen nur teilweise verwirklicht. Die Hauptwege und die Ost-West-Achse, an der die teuersten Gräber liegen, wurden mit hohen, lichten Alleen aus Platanen (antike Todesbäume oder Trauerbäume) bepflanzt, die Seitenwege mit mittelhohen Linden und Rosenstöcken. Später gesellten sich im Zuge der Erweiterungen bei den schlichteren Grabstätten unter anderem Lebensbäume, Ahorne, Birken, Trauerulmen, japanische Zierkirschen und Trompetenbäume dazu. Einige Fluren sind von Hecken umrahmt.
Über 40 Vogelarten leben und brüten auf dem Melatenfriedhof. An eingerichteten Futterstellen und an den Wasserstellen kann man Grünfinken, Blaumeisen, Spechte, Amseln, Stare oder Dohlen, Rotkehlchen und Dompfaffe beobachten. Auch Halsband- und Alexandersittiche, deren Vorfahren vermutlich aus Zoohandlungen oder dem Zoo entflohen sind, haben sich (wie in vielen Kölner Grünanlagen) an die herrschenden Bedingungen angepasst.
Auf Melaten gibt es vier Kriegerdenkmäler und zwei Gräberfelder des Ersten (für getötete Soldaten) und Zweiten Weltkriegs (für Getötete eines Bombenangriffs 1942, darunter eine siebenköpfige Familie). Das älteste Kriegerdenkmal, der Napoleonstein von 1853, wurde von Veteranen der napoleonischen Kriege errichtet. Es ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert, denn erstmals wurde auf den Napoleonsteinen aller Soldaten unabhängig ihres militärischen Rangs erinnert. Zweitens war die Napoleonverehrung in der in Preußen allgemein frankophoben Stimmung Mitte des 19. Jahrhunderts offenbar zurückzuführen auf eine Verklärung der französischen Besatzung in den ehemals französischen westdeutschen Gebieten. Die Denkmäler zu den „Einigungskriegen“ 1866 und 1870/71 (letzteres bis in die 1950er Jahre mit einer Germania-Skulptur) sind geprägt von Kriegsverherrlichung. In der Nähe des Denkmals von 1870/71 erinnert ein bescheidenes französisches Denkmal an die in Köln gestorbenen französischen Soldaten. Der optische Zustand aller Kriegerdenkmäler und Kriegsgräber deutet darauf hin, dass sie nur mäßig instand gehalten werden. Vor dem Kriegerdenkmal von 1870/71 liegen jedoch häufig Kränze, u. a. von der Stadt Köln.
1980 unter Denkmalschutz gestellt, ist der Melatenfriedhof heute ein anziehendes Ausflugsziel, vor allem wegen der vielen hier bestatteten Prominenten, der interessanten Grabmäler und des parkartigen Charakters der Anlage, die ein Biotop mitten in der Großstadt darstellt. Das System der Bezeichnung von Feldern, Fluren und Wegen verwirrt manche Besucher, da es nicht schlüssig ist; zudem sind die Feldsteine oftmals schwer zu entziffern.
Mehrmals jährlich werden an Wochenenden Führungen über den Friedhof angeboten. In der Nacht oder den späten Abendstunden können Tierfreunde unter Anleitung die Tierwelt auf Melaten erkunden. Für ältere Menschen gibt es einen kostenlosen Fahrservice, der sie so nahe wie möglich an die Gräber heranfährt.
Auf dem Friedhof liegen einige Größen des Kölner Karnevals (z. B. Willi Ostermann). Während der „fünften Jahreszeit“, dem Kölner Karneval, finden Führungen zu Gräbern bekannter Karnevalisten statt, bei denen Besucher Geschichten und Anekdoten über die Verstorbenen erfahren. Kostenlose Führungen bietet unter anderem die Stadt Köln an. Der Stadtverband Köln des Naturschutzbundes (NABU) hält, auch außerhalb der allgemeinen Öffnungszeiten, naturkundliche Melaten-Führungen ab.
Patenschaftssystem
Von der Stadtkonservatorin Hiltrud Kier im Jahre 1981 angeregt und inzwischen von vielen Städten übernommen, hat man das Institut einer Grabpatenschaft begründet. Dabei wählt sich ein Pate eine denkmalgeschützte Grabanlage aus, deren Nutzungsrecht abgelaufen ist, und pflegt und erhält sie dann. Als Gegenleistung steht dem Paten das Recht zu, in diese Grabstelle beizusetzen. Nutzungsgebühren fallen erst nach einer neuen Beisetzung an.
Der Name des zuvor Bestatteten konnte zu Beginn noch auf der Rückseite des neuen Grabsteines eingraviert bzw. dorthin versetzt oder die alte Inschrift zum Beispiel mit einer Platte überdeckt werden. Nach der neuen Regelung muss die Originalinschrift an der alten Stelle sichtbar verbleiben; neue Beisetzungen können etwa mit Liegeplatten vor der alten Grabanlage gekennzeichnet werden.[10]
Ein Patenschaftsgrab und zugleich eines der bekanntesten Grabmale auf Melaten ist der von dem Bildhauer August Schmiemann für den Kaufmann Johann Müllemeister geschaffene Sensenmann. Er hält in der rechten Hand eine Sanduhr und in der linken Hand eine Sense. Die Paten dieser Grabstelle, die Steinmetzfamilie Steinnus, ließen dort ihren kleinen Sohn Martin begraben. Sie schmückten die Grabstelle mit einem Frosch, in Anlehnung an seinen Spitznamen „Fröschlein“.
Der Sensenmann befindet sich am westlichen Hauptweg, zwischen den Fluren 82 und 76 B. Das Patenschaftssystem war früher eine von drei Möglichkeiten, auf dem Melatenfriedhof begraben zu werden. Die beiden anderen Gründe waren der Wohnort in der Kirchengemeinde, zu der der Melatenfriedhof gehört, und die Ehrenbürgerschaft der Stadt Köln. Wegen der gewachsenen Zahl von Urnen- und anonymen Begräbnissen gibt es einen Überhang an Bestattungsflächen, so dass der Melaten-Friedhof für die Bewohner aller Kölner Stadtteile geöffnet wurde.
Prominente auf Melaten
(in Klammern die Flurangabe)
Bedeutungen: HWG = östlicher Hauptweg; MA = Ost-West-Achse (Mittelachse, genannt „Millionenallee“); Lit. (Littera = Buchstabe) = Weg-Kennzeichnung; E(1-20) = Flur auf dem alten Ehrenfelder Friedhof
Josef Abt, Wolfgang Vomm: Der Kölner Friedhof Melaten. 1986, ISBN 3-7743-0182-4.
Josef Abt, Johann Ralf Beines, Celia Körber-Leupold: Friedhof Melaten: Kölner Gräber und Geschichte. Köln 1997, Greven Verlag, ISBN 3-7743-0305-3.
Armin Beuscher, Asja Bölke, Günter Leitner, Antje Löhr-Sieberg, Anselm Weyer: Melaten erzählt von protestantischem Leben. Ein Rundgang. Herausgegeben von Annette Scholl im Auftrag der Evangelischen Gemeinde Köln. 2010, ISBN 978-3-942186-01-8.
Hilde Cornelius, Cornelia Geiecke: Lebendige Vergangenheit: Künstler, Kunstwerke, Kölner auf dem Friedhof Melaten.ISBN 3-929769-43-3.
Peter Guckel: Der Vogel mit dem Stein. Ein Grabmal auf dem Melatenfriedhof zu Köln – Ein Nachsinnen. 2005, ISBN 3-934233-03-1.
Irmgart Hort: Aussätzige in Melaten: Regeln zur Krankheitsdiagnose, um 1540/1580, in: Joachim Deeters/Johannes Helmrath (Hrsg.): Quellen zur Geschichte der Stadt Köln Bd. 2, Spätes Mittelalter und Frühe Neuzeit (1396–1794), Bachem Köln 1996 S. 168–173, ISBN 3-7616-1285-0.
Franz Irsigler/Arnold Lassotta: Bettler und Gaukler, Dirnen und Henker. dtv München, 9. Aufl. 2001, bes. das Kapitel „Aussätzige“, S. 69–86, ISBN 3-423-30075-2.
Hermann Kinder: Mein Melaten. Der Methusalem-Roman. Frankfurt am Main, 2006.
G. H. Klövekorn: Der Aussatz in Köln. Leverkusen 1966.
Josef Mahlmeister: Der Kölner Friedhof Melaten und der Wiener Zentralfriedhof. Fotoband mit Engelbilder. Palabros de Cologne, Köln am Rhein 2010, ISBN 978-3-9810559-8-6.
Wolfgang Oelsner: Eine Führung durch den Kölner Karneval auf dem Friedhof Melaten. 1998 2. Auflage, ISBN 3-9806384-0-5.
Wolfgang Stöcker: Die letzten Räume. Sterbe- und Bestattungskultur im Rheinland seit dem späten 18. Jahrhundert. 2006, ISBN 3-412-29105-6 (mit Text- und Bildbeiträgen zum Melatenfriedhof).
Martin Uhrmacher: So vinden wyr an euch als an eynen krancken und seichen manne... Köln als Zentrum der Lepraschau für die Rheinlande im Mittelalter und früher Neuzeit. In: Die Klapper. Zeitschrift der Gesellschaft für Leprakunde, 8. Jahrgang 2000 (Online).
Marianne Vogt-Werling und Michael Werling: Der Friedhof Melaten in Köln. Alle Denkmäler und ihre Zukunft. Greven, Köln 2010, ISBN 978-3-7743-0471-0.
Gerlinde Volland: Trauer in weiblicher Gestalt. Grabplastik um 1900 am Beispiel des Kölner Friedhofs Melaten. In: Denkmalpflege im Rheinland, 1/1998.