MeeresströmungAls Meeresströmungen (englisch current ‚Strom‘) bezeichnet man die systemimmanenten waagerechten und senkrechten Transporte von Wassermassen in dem Weltmeer bzw. Ozeanen: Sie werden u. a. durch die Erdrotation,[3] Gezeiten, unterschiedliche Wasserdichten aufgrund unterschiedlicher Salzgehalte und Wassertemperaturen sowie Winde (Driftströmung) beeinflusst bzw. verursacht. Von großer Bedeutung ist dabei die Thermohaline Zirkulation.[4] (Kleinräumigere) Wasserwirbel (englisch eddy) sind Teile bzw. Auswirkungen der Meeresströmungen, während diese wiederum Teile der großen ozeanischen Wirbel sind (englisch gyre).[3] DefinitionMeeresströmungen sind Massenströme des Meerwassers. Dabei gibt es sowohl regionale und in kurzen Perioden wechselnde wie die Gezeitenströme, als auch kontinuierliche Wasserbewegungen globalen Ausmaßes wie den Golfstrom. Diese großräumigen Meeresströmungen werden zusammen auch als globales Förderband bezeichnet. Zahlreiche Antriebseffekte und Einflussgrößen bestimmen den Transport von Wassermassen in den Ozeanen: Die Bewegungen in den oberflächennahen Schichten sind oft schon lange bekannt, die in den tieferen Schichten Objekt jüngerer Forschungen. Im Normalfall handelt es sich hierbei um thermohalin bedingte Strömungen. Diese sind in der Regel und besonders bei den größeren Strömungsmustern des globalen Förderbandes recht verlässlich in ihrem Auftreten, können jedoch auch bedingt durch meteorologische und ozeanologische Einflussfaktoren variieren. Meist folgt diese Varianz einem Rhythmus, der sich den Jahreszeiten anpasst und damit von der Variabilität der Sonneneinstrahlung abhängt. EntstehungDie Strömungen werden hauptsächlich durch Temperaturunterschiede und unterschiedliche Salzgehalte des Meerwassers (je salzhaltiger das Wasser ist, desto größer ist seine Dichte) erzeugt, die von der Erwärmung von Wassermassen, durch die Sonneneinstrahlung und ihrer Abkühlung herrühren. Allerdings liefert auch die Windreibung an der Oberfläche des Meeres (Ekman-Spirale, Upwelling) einen entscheidenden Beitrag. Die Unterschiede der Wasserdichte wirken bei vertikalen Strömungen als antreibend. Der örtliche Verlauf der Meeresströmungen wird, außer von den strömungserzeugenden Kräften, durch die sekundär wirkende Verteilung der Landmassen, die Topographie (Relief) des Meeresbodens, die Corioliskraft, die Zentrifugalkraft bei Rotationsbewegungen sowie die Reibungskraft beeinflusst. Die wichtigsten Größen sind hierbei die Wassertemperatur (Meeresoberflächentemperatur), die Salinität und hieraus resultierend die Dichte des Wassers. StrömungsartenMeeresströmungen werden anhand verschiedener Merkmale unterschieden:
Die Abgrenzungen dieser Einteilung überschneiden sich teilweise: in der Regel sind die großen Meeresströmungen eine Kombination aus verschiedensten Einflüssen. Großräumige MeeresströmungenDie großen ozeanischen Wirbel (englisch gyre, von gyrate ‚rotieren, kreiseln, wirbeln‘, Meereswirbel) sind:
WasserwirbelIm Randbereich der Meeresströmungen kommt es zu Turbulenzen, wobei unter der Mitwirkung der Corioliskraft Wirbel (englisch eddy) mit einem Durchmesser zwischen 20 und 200 km entstehen: Sie können einige Wochen bis zu mehreren Monaten bestehen und dabei Distanzen von vielen hundert Kilometern zurücklegen. Mit den Wirbeln wird Meerwasser aus dem Entstehungsgebiet eingeschlossen; so kann beispielsweise warmes Golfstrom-Wasser und salziges, schweres Mittelmeer-Wasser, welches über die Gibraltarschwelle in den Atlantik strömt, in der Fläche verteilt werden. Ein solcher salzreicher Wasserwirbel aus dem Mittelmeer (ein Meddy – Mediterranean eddy) befindet sich typischerweise ungefähr 600 m unterhalb der Meeresoberfläche und hat einen Durchmesser von ca. 100 km.[5] Kalte und warme Wasserwirbel können mit Satelliten beobachtet werden, da sie sich durch Änderungen in der Höhe des Meeresspiegels bemerkbar machen. Ebenfalls wurde beobachtet, dass Wasserwirbel, bei denen kaltes, nährstoffreiches Meerwasser aus der Tiefe an die Meeresoberfläche gefördert wird, wie ein kurzzeitig bestehendes Auftriebsgebiet wirken: Dadurch vermehrt sich dort explosionsartig Phytoplankton, was ebenfalls mit Satelliten beobachtet werden kann. Bis vor Kurzem unbekannte, spontan auftretende sowie rasch um die eigene Achse rotierende, temporäre Meereswirbel mit einem Radius von wenigen Kilometern in der Ostsee werden seit Sommer 2016 im Zuge eines umfangreichen Forschungsprojekts des Helmholtz-Zentrums Geesthacht untersucht (Expedition Uhrwerk Ozean).[6] Bedeutung der MeeresströmungenKlimaAuf das Klima können Meeresströmungen großen Einfluss haben. Der IPCC AR5 Report stellt fest, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit 90 % der zusätzlichen Energie-Ansammlung durch die globale Erwärmung von 1971 bis 2010 vom Ozean aufgenommen wurden.[7] Diese Beobachtung basiert auf La-Niña-Jahren, wenn durch wechselnde Windzirkulation vermehrt wärmere Wassermassen über Meeresströmungen in tiefere Meeresschichten gelangen, was den Wärmeinhalt der Ozeane beeinflusst.[8] Dies wird von Klimatologen im Zusammenhang mit dem anthropogenen Klimawandel erforscht. Abhängig von den Meeresströmungen wachsen z. B. an der Südwestküste von England Palmen. Im Winter liegt die Temperatur hier meist über dem Gefrierpunkt, und damit deutlich höher als in anderen Gegenden auf ähnlichen Breitengraden: Der warme Golfstrom transportiert große Energiemengen und heizt insbesondere die angeströmten Küstenregionen Europas auf. Das warme Meerwasser neigt zu Verdunstung, die feuchte Luft regnet den Wasserdampfgehalt über der kälteren Landmasse wieder ab oder, wenn sie an Bergen hochsteigt und dabei abkühlt. Über Verdunstungskälte und Kondensationsenthalpie kommt es zu einem Transfer von thermischer Energie, soweit die feuchte Luft landeinwärts treibt und dort Niederschlag verursacht. Auch die Westküste Norwegens ist im Winter weitgehend eisfrei, während die auf gleichen Breitengraden liegende Ostküste Grönlands (die vom Golfstrom kaum getroffen wird) verbreitet Eisberge und Gletscher aufweist. Ebenfalls auf den Golfstrom zurückzuführen ist das relativ milde Klima von Island. Im Vergleich zu dem kalten und schneereichen Klima Nordrusslands wird deutlich, wie groß die durch warme Meeresströmungen verursachten klimatischen Unterschiede sein können. Durch kalte Meeresströmungen können sich andererseits auch deutlich rauere Gegenden bilden: So wird z. B. die Wüste Atacama durch den Humboldtstrom und die Namib durch den Benguelastrom verursacht. Grundlage hierfür ist die niedrige Oberflächentemperatur des in der Regel arktischen oder antarktischen Wassers. Dies verursacht meist vorzeitige Kondensation der Luftfeuchtigkeit und schränkt die Konvektion ein, weshalb in den angrenzenden Küstenregionen wenig Niederschlag fällt. Teilweise kann es zu jahrzehntelangen Trockenperioden kommen. Andererseits gibt es sehr häufig Nebel, was einige Lebewesen in diesen Regionen gezielt zur Deckung ihres Wasserbedarfs ausnutzen (siehe Nebelkondensation). MythosDer altgriechische Begriff Ὠκεανός Okeanos, deutsch ‚Ozean‘ bezeichnet in der Übersetzung den die Erdscheibe umfließende Weltstrom und wird in der griechischen Antike als Gott Okeanos personifiziert:[9] Er ist bei Homer (ca. 800 v. Chr.) sowohl Ursprung der Welt als auch der Strom, der die Welt umfließt und vom Meer unterschieden wird. Zugleich ist er Ursprung der Götter[10] sowie aller Flüsse, Meere, Quellen und Brunnen,[11] von denen jedoch nur Eurynome[12] und Perse[13] namentlich genannt werden. Seine Gattin ist die Meeresgöttin Tethys. Im zwischen dem 13. bis 15. Jahrhundert schriftlich fixierten sulawesischen La Galigo-Epos bewegt der große Meereswirbel alle Wasser der Erde. Transport
RisikenDurch die mit der globalen Erwärmung einhergehende zunehmende Eisschmelze an den Polkappen verändert sich mit dem zusätzlichen Süßwassereintrag der Salzgehalt des Meerwassers vor Ort. Damit ändert sich dort auch die thermohaline Dynamik: die Bildung antarktischen Boden- wie des nordatlantischen Tiefenwasser sind Motoren der thermohalinen Zirkulation.[14] Siehe auchWeblinksWiktionary: Meeresströmung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Einzelnachweise
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