Der Alte Luisenstädtische Friedhof ist ein evangelischerBegräbnisplatz. Er entstand im 16. Jahrhundert im Zusammenhang mit dem Bau der Luisenstädtischen Kirche und diente anfangs als Bestattungsplatz für Pest-Tote. Seit der Neuanlage im 19. Jahrhundert an der heutigen Stelle wird er stetig genutzt.
Der Friedhof befindet sich am Südstern im Berliner Ortsteil Kreuzberg. Er wurde 1831 auf einem ehemaligen unrentablen Weinberg angelegt. Er ist mit 90.998 m² der größte von den insgesamt vier Friedhöfen an der Bergmannstraße, wobei sein Haupteingang allerdings, anders als bei den drei benachbarten Kirchhöfen, nicht direkt an der Bergmannstraße liegt.
Geschichte
Der Luisenstädtische Friedhof ist der zweite Friedhof der Luisenstadt-Gemeinde, deren Geschichte 1964 mit der Sprengung des Gotteshauses, einer Kriegsruine, endete. Der erste Friedhof war auch als „Pestfriedhof“ bekannt und wurde in den 1930er Jahren endgültig aufgelassen. Er befand sich im heutigen Waldeckpark an der Oranienstraße, in dem zur Erinnerung ein großes Grabmal eines Rittmeisters stehen gelassen wurde.
In der Mitte steht die gut zwei Meter hohe Statue eines Auferstehungsengels, geschaffen von Otto Geyer. Der Friedhof enthält teilweise aufwendige Erbbegräbnisstätten bedeutender Berliner Persönlichkeiten, aber auch einige Gräber vergessener Persönlichkeiten mit kunstgeschichtlich bedeutsamem Grabschmuck.
Der Friedhof erlangte während der NS-Zeit als Hauptfriedhof der Bewegung besondere Bedeutung. Zwischen September 1931 und April 1935 wurden dort insgesamt 22 Nationalsozialisten beerdigt, prominente Parteigrößen gehörten nicht dazu. Viele von ihnen hatten den Tod bei gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Parteigegnern gefunden, aber auch Parteianhänger, die durch Schüsse der eigenen Leute getötet wurden oder Selbstmord begingen, wurden dort in einer stark mit nationalsozialistischen Elementen durchsetzten Trauerfeier beerdigt.[2]
Der zuständige Pfarrer Johannes Wenzel, der Pastor der Neuen Garnisonkirche, zu der der Friedhof gehörte, war ein offener Sympathisant der nationalsozialistischen Bewegung und spielte eine wichtige Rolle bei der Inszenierung und der Verzahnung von Teilen der protestantischen Kirche mit der NS-Diktatur.
Heute ist keine dieser Grabstätten mehr aufzufinden, unter welchen Umständen sie verschwanden, ist ungeklärt.
Erwin Reibedanz (1878–1919), Besitzer der von Bruno Taut gebauten und denkmalgeschützten Dampfwäscherei in der Teilestraße (Kalksteinstele auf der Grabstätte von Brunos Bruder Max Taut)
Wilhelm Münch (1843–1912), Regierungsrat, Honorarprofessor für Pädagogik, Schriftsteller
Eugen Richter (1838–1906), Führer der Freisinnigen im Reichstag (Grab mit Porträtbüste von Ernst Wenck; Grab war 1952 bis 1983 „Ehrengrab des Landes Berlin“; Richter wurde 1983 nach Hagen umgebettet, Grabmal und Büste transloziert)
Marianne Mommsen, Thomas Thränert: Der Luisenstädtische Friedhof in Berlin – Vom Bestattungsort zum „great good place“? In: Stadt + Grün. Jg. 69, Heft 11 (2020). S. 27–30.