Kreis Kempen

Siegelmarke Der K. Landrat des Kreises Kempen-Rhein

Der Kreis Kempen war von 1816 bis 1929 ein Landkreis im Regierungsbezirk Kleve bzw. Düsseldorf in der preußischen Rheinprovinz. Er umfasste den nordwestlichen Teil des heutigen Kreises Viersen. Kreisstadt war Kempen. Zur Unterscheidung von dem Kreis Kempen in Posen wurde er auch Kreis Kempen im Rheinland genannt. Der Kreis ging 1929 im Kreis Kempen-Krefeld auf.

Vorgeschichte

Im Ersten Koalitionskrieg eroberten französische Revolutionstruppen im Spätherbst 1794 das linke Rheinufer. Frankreich annektierte das Gebiet; die Annexion wurde im Vorfrieden von Leoben (1797) vorbereitet sowie im Frieden von Campo Formio (1797) und im Frieden von Lunéville (1801) abschließend geregelt. Man bildete vier Departments; Kempen gehörte zum Département de la Roer (Rur-Département; Hauptort Aachen).

Alle in Frankreich geltenden Gesetze wurden eingeführt. Dazu gehörte die Aufhebung aller ständischen Privilegien, die Herstellung der bürgerlichen Gleichheit, die Etablierung einer neuen Gerichtsordnung und die Einführung des Code civil. Der geistliche Besitz wurde säkularisiert; es kam zu einer fundamentalen Umschichtung der gesamten Besitz- und Vermögensverhältnisse.

Nach der Niederlage Napoleons (1814) begann beim Wiener Kongress eine Phase der Restauration. Der nördliche Teil des linken Rheinufers kam zu Preußen. Aus den beiden preußischen Provinzen Jülich-Kleve-Berg und Großherzogtum Niederrhein entstand 1822 die Rheinprovinz.

Geschichte

Im Regierungsbezirk Kleve der Provinz Jülich-Kleve-Berg wurde mit Verfügung vom 23. April 1816 der Kreis Kempen gebildet.[1] Anfänglich bestand er aus den Bürgermeistereien der vormaligen Kantone Bracht und Kempen (ohne Aldekerk) sowie den Bürgermeistereien Grefrath und Lobberich aus dem Kanton Wankum. 1818 erhielt er durch die Eingliederung der Bürgermeisterei Süchteln und der Bauerschaft Kehn seinen endgültigen Umfang. Am 1. Januar 1822 wurde der Regierungsbezirk Kleve aufgelöst und der Kreis Kempen dem Regierungsbezirk Düsseldorf zugeordnet.

Laut einer statistischen Beschreibung aus dem Jahr 1830 lebten zu diesem Zeitpunkt im Kreis Kempen insgesamt 49.741 Menschen, von denen 48.109 römisch-katholischen, 1.192 evangelischen und 440 jüdischen Glaubens waren. Die katholischen Einwohner hatten 20 Kirchen und 9 Kapellen, die evangelischen Einwohner 5 Kirchen und die Juden 6 Synagogen. Insgesamt waren 8.184 Wohngebäude, 7.148 Ställe, Scheunen und Schoppen sowie 11 Fabrikgebäude vorhanden. In Kempen, Dülken und Lobberich war je ein Friedensgericht.[2]

In den 1850er Jahren erhielten Dülken, Kaldenkirchen, Kempen und Süchteln die Rheinische Städteordnung. Der Kreis war seitdem wie folgt gegliedert:[3]

Bürgermeisterei Städte und Gemeinden
Amern Sankt Anton Amern Sankt Anton
Amern Sankt Georg Amern Sankt Georg, Dilkrath
Boisheim Boisheim
Bracht Bracht
Breyell Breyell
Brüggen Born, Brüggen
Burgwaldniel Lüttelforst, Burgwaldniel
Dülken Dülken (Stadt)
Dülken-Land Dülken-Land
Grefrath Grefrath
Hüls Benrad, Hüls
Kaldenkirchen Kaldenkirchen (Stadt)
Kempen Kempen (Stadt)
Kirspelwaldniel Kirspelwaldniel
Lobberich Lobberich
Oedt Oedt
St. Hubert Broich, Orbroich
St. Tönis St. Tönis
Schmalbroich Schmalbroich
Süchteln Süchteln (Stadt)
Tönisberg Tönisberg
Vorst Vorst

Der Süchtelner Bürgermeister initiierte 1875, auf dem höchsten Punkt des Kreises auf den Süchtelner Höhen ein Denkmal zu errichten, das den aus dem Kreis Kempen stammenden 147 Gefallenen des Deutsch-Französischen Kriegs (1870/71) gewidmet ist. Im September 1879 wurde das Denkmal eingeweiht.[4]

Im 20. Jahrhundert wurde die Verwaltungsgliederung mehrfach geändert:

  • Broich und Orbroich wurden 1913 zur Gemeinde St. Hubert zusammengeschlossen.[5]
  • Die Gemeinden der Bürgermeistereien Burgwaldniel und Kirspelwaldniel wurden 1915 zur Bürgermeisterei und Gemeinde Waldniel vereinigt.[6]
  • Die Bürgermeistereien wurden seit 1927 als Ämter bezeichnet.
  • Die Gemeinde Dülken-Land wurde 1927 in die Stadt Dülken eingemeindet.
  • Dilkrath wurde 1928 nach Amern Sankt Georg eingemeindet.[7]

1929 wurde der Kreis Kempen, der zuletzt vier Städte sowie 16 Ämter mit 18 Gemeinden umfasste, aufgelöst. Er ging zusammen mit Teilen anderer Kreise, insbesondere den nicht dem Stadtkreis Krefeld-Uerdingen zugeschlagenen Gemeinden des Kreises Krefeld im neuen Kreis Kempen-Krefeld auf.

Der Kempener Landrat Karl von Hartmann-Krey, dessen Posten durch die Gebietsreform wegfiel, hatte scharf vor der Umgestaltung gewarnt und ließ Ende 1928 ein Buch in Druck geben, das die Vitalität des Kreises belegen sollte (siehe 'Literatur') und einen Stummfilm drehen (Titel: Der schöne Kreis Kempen).[8]

Einwohnerentwicklung

Jahr Einwohner
1816 44.585[9]
1835 51.892[9]
1871 83.592[10]
1880 90.554[10]
1890 91.696[11]
1900 94.614[11]
1910 101.850[11]
1925 104.469[11]

Landräte

Archiv

In der Burg Kempen befindet sich das Archiv des Kreises Viersen. Dort lagern auch Dokumente des 'Kreis Kempen' und des 'Kreis Kempen-Krefeld'. Auch Privatleute können es nutzen.[12][13]

Literatur

  • Heimatbuch des Landkreises Kempen. Unveränd. Nachdruck der Ausgabe von 1929, Krefeld 2004, ISBN 3-935526-07-5.
Commons: Kreis Kempen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Cleve 1816
  2. Leo Peters: Der Kreis Kempen 1816-1929. In: Der Kreis Viersen. Hrsg.: Oberkreisdirektor Rudolf H. Müller, Stuttgart 1978, ISBN 3-8062-0184-6, S. 97–112.
  3. Gemeindelexikon für das Königreich Preußen 1885
  4. Das vergessene Denkmal in Süchteln
  5. kempen.de: Zeittafel St. Hubert
  6. GenWiki: Waldniel
  7. schwalmtal.de: Geschichte (Memento des Originals vom 6. Juni 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.schwalmtal.de
  8. heute als DVD erhältlich; diese DVD liegt dem 2004 wiederaufgelegten Buch bei
  9. a b Johann Georg von Viebahn: Statistik und Topographie des Regierungs-Bezirks Düsseldorf. 1836, S. 111, abgerufen am 5. Mai 2014 (Digitalisat).
  10. a b Gemeindelexikon für das Königreich Preußen 1885
  11. a b c d Michael Rademacher: Krefeld. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  12. www.kreis-viersen.de Das Kreisarchiv
  13. rp online: Aus Liebe zur Geschichte

Koordinaten: 51° 19′ 7″ N, 6° 16′ 28,6″ O