1236 gründete Aymon von Savoyen in Villeneuve die Maison-Dieu für Arme, Pilger und Kranke und stattete die Einrichtung mit Grundbesitz aus, dazu gehörte die Mühle in Saint-Maurice, die Zehnten in Bagnes, Fully, Aigle und Yvorne, die Alp Ayerne, Wälder in Chamblon, Rebgüter und Renten.[1] Das Hospital war eine Filiale der Abtei St-Maurice (Augustiner-Chorherren).[2] 1536 führte Bern in der Waadt die Reformation ein und säkularisierte das Hospital. An die Stelle der Augustinerchorherren trat der Spitalmeister zu Neuenstadt.[3] Während im 16. Jahrhundert mit Junker Ferdinand Bouvier (1554–1637)[4] ein Lokaler die Leitung der Einrichtung innehatte, sind ab 1611 nur noch Burger der Stadt Bern als Amtsinhaber nachzuweisen. Am 8. Juli 1735 beschloss die bernische Obrigkeit bezüglich des Spitalmeisters: «kann nur von Unglükhafftigen praetendeirt und bedient werden».[5] Wie die Schaffnerei Hettiswil wurde das Spital zu Villeneuve zwar durch einen Burger der Stadt Bern geleitet, doch war das Amt nicht zeitlich begrenzt, was darauf schliessen lässt, dass der Posten nicht sonderlich begehrt war. Das Amt des Spitalmeisters zu Neuenstadt hatte damit nicht den Status einer Landvogtei.
Die ehemalige Spitalkapelle diente im 18. Jahrhundert als Kornhaus. Mit dem Untergang der Stadt und Republik Bern ging dieses an den neu konstituierten Kanton Waadt über, der per 1. November 1806 den Spitalbetrieb aufgab. 1826 verkaufte der Kanton das Spitalgebäude an die Gemeinde Villeneuve, die Rebgüter blieben in Staatsbesitz. Der Erlös aus dem Verkauf sollte der Gründung des Kantonsspitals in Lausanne dienen.[6] Die Gemeinde nutzte die ehemalige Spitalkapelle als Schule und liess sie 1874 bis 1876 durch die Architekten Henri und Charles Chaudet zum neugotischen Gemeindehaus umbauen.[7] Das verbliebene Rebland wird durch den Kanton Waadt als Domaines des Hospices Cantonaux d’Aigle et de Villeneuve bewirtschaftet.[8]
Etat de Vaud (Hrsg.): Hospice cantonal de Villeneuve. 1990 (vd.ch [PDF; 13,7MB; abgerufen am 8. Oktober 2021]).
Richard Feller: Geschichte Berns. Teil III, Glaubenskämpfe und Aufklärung 1653 bis 1790. In: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern. BandXLIII. Bern 1955, doi:10.5169/seals-371026.
Germain Hausmann: Villeneuve VD, dépendance de St-Maurice, chanoines réguliers de St-Augustin. In: Helvetia Sacra. Les chanoines réguliers de Saint-Augustin en Valais. BandIV, Nr.1. Basel, Frankfurt am Main 1997, S.493–494 (französisch, helvetiasacra.ch [abgerufen am 8. Oktober 2021]).
↑Register über die Ordnungen der Stadt Bern, Eintrag Neuenstadt; Mit unglückhaftig sind Burger der Stadt Bern gemeint, welche die Wahl in den Grossen Rat nicht geschafft hatten; Feller 1955/56, S. 438.