Das Inselspital, Universitätsspital Bern (frz.: Inselspital, Hôpital universitaire de Berne) ist ein Universitätsspital der Schweiz. Das Spital gehört seit 2016 zur Insel Gruppe, welche das operative Geschäft leitet und ist über einen Staatsvertrag mit dem Kanton Bern und dessen Gesundheitswesen verbunden.
Das operative Geschäft leitet die Insel Gruppe als AG mit dem Direktionspräsidenten und 7 Direktionen. In der Erweiterten Direktion haben 10 weitere Ärztliche und andere Leiter Einsitz, um die Direktion bei ihrem Kerngeschäft zu beraten.[5] Zur Insel Gruppe gehören gegenwärtig 3 weitere Spitäler und eine Rehabilitationsklinik.
Die Insel Gruppe veröffentlicht wichtige Kennzahlen wie die Zahl der ambulanten und stationären Fälle und zu den Finanzen nur für die gesamte Gruppe. Mit Stand Februar 2024 wird angegeben, dass 39 Kliniken, 5 Institute und 38 Zentren zum Inselspital gehören.[6]
Die Insel, wie sie abgekürzt auch genannt wird, arbeitet in Lehre und Forschung mit der Medizinischen Fakultät der Universität Bern eng zusammen. In der Forschung gibt es darüber hinaus Verbindungen mit der Universität und dem ARTORG Center for Biomedical Engineering Research, dem Center for Precision Medicine (BCPM), dem Department for BioMedical Research (DBMR) und den Zahnmedizinischen Kliniken (zmk Bern). Zahlreiche Professuren an der Medizinischen Fakultät sind zugleich mit Leitungsfunktionen in Kliniken und anderen Einrichtungen der Insel verbunden.
Die Digitalisierung der Insel Gruppe wurde im Rahmen der Einführung des neuen Klinikinformations- und Steuerungssystems (KISS) von Epic vorangetrieben. Die Einführung hat am 2. März 2024 stattgefunden.[9][10]
Aufgrund der Sparmassnahmen der Insel Gruppe seit 2022 sollten die Kapazitäten im Notfallzentrum und im Operationsbereich des Inselspitals erhöht werden, um die Schliessungen vom Spital Tiefenau und Münsingen aufzufangen. Zur finanziellen Entlastung hat die Insel Gruppe das Investitionsprogramm reduziert und auf einzelne Investitionsvorhaben verzichtet, so auf das geplante neue Service- und Logistikgebäude.[11]
Qualitätsranking
In einem seit 2019 durchgeführten jährlichen Ranking der weltbesten Spitäler von Newsweek, wo 2400 Spitäler aus 30 Ländern einbezogen wurden, belegt das Inselspital weltweit Platz 207 (2023 Platz 218), innerhalb der Schweiz wie 2023 Platz 10 nach den Universitätsspitälern Zürich, Lausanne, Basel und Genf (Plätze 1 bis 4) und aus Bern dem Lindenhofspital (Platz 7).[12][13][14]
In einem schweizeigenen Ranking auf welches-spital.ch (betrieben durch einen Schweizer Verein) belegt das Inselspital Platz 5 (bestes Universitätsspital der Schweiz) mit den Kriterien Patientenzufriedenheit, Wiedereintritte, Personaldichte Ärzte und Pflege sehr wichtig.[15]
Gebäude des Inselareals
Im Rahmen der Erneuerung wurden viele Gebäude seit der 2010er Jahre neu- oder umgebaut und nach für die Insel bedeutsamen Personen benannt. Die meisten betreibt die Inselgruppe. Bei anderen ist die Eigentümerschaft erwähnt, zumeist die Medizinische Fakultät der Universität Bern.[16][17][18][19][20] Die wichtigsten Gebäude des Inselareals sind:
Gebäudename Adresse
Baugeschichte
Bild
Anna-Seiler-Haus
Freiburgstrasse 20
Das neue Hauptgebäude wurde am 18. September 2023 eingeweiht und soll zukünftig das Bettenhochhaus aus den 1970er Jahren ersetzen. Es ist nach der Spitalgründerin Anna Seiler benannt.[21][22] Es ist 63.3 m hoch, hat 3254 Räume in 18 Geschossen.[23]
Bettenhochhaus
Freiburgstrasse 18
Früheres Hauptgebäude, Baujahr 1970[24], was nicht mehr den Anforderungen entsprach und auch nicht saniert werden konnte.[25] Es ist ein Rückbau geplant, der 2026 fertiggestellt sein soll und die angrenzenden Gebäude Eingangstrakt, Poliklinik Trakt 1 und Sahlihäuser 1 und 2 mit umfasst. Die Tiefgeschosse werden teilweise beibehalten und ertüchtigt.[26]
Intensivbehandlungs-, Notfall- und Operationszentrum (INO)
Anna-Seiler-Allee 20, 22
Der Baubeginn des INO war 2005, 2012 wurde es in Betrieb genommen. Es gehört zu den grössten und modernsten der Schweiz.[27] Es umfasst das Notfallzentrum und die Universitätsklinik für Intensivmedizin.[28]
Operationstrakt Ost
Rosenbühlgasse 25
Der Operationstrakt Ost wurde 1963 erbaut[29] und mehrfach umgebaut. Er beherbergt u. a. das Neurozentrum[30], welches interdisziplinär ausgerichtet ist und seit 2012 besteht, nachdem das INO fertiggestellt wurde.[31] Auf dem Dach befindet sich der Hubschrauberlandeplatz für Notfälle.
Julie-von-Jenner-Haus
Freiburgstrasse 13, 15, 17, 19
frühere Kinderklinik, Julie von Jenner (1787–1860) stiftete 1858 das erste Berner Kinderspital, das Jennerspital in der Gerechtigkeitsgasse. 1962 wurde es an das Inselspital übertragen. Der heutige Neubau wurde zwischen 1973 und 1978 unter der Leitung von Ettore Rossi gebaut. Er hiess auch Rossi-Palast.[32]
Marie-Colinet-Haus
Freiburgstrasse 27
Das als Frauenklinik 2002 eingeweihte[33] und lange von Baumängeln geplagte Haus soll nach der Sanierung, voraussichtlich ab Ende 2024, die Frauenklinik, die Neonatologie der Kinderklinik und die Augenklinik beherbergen.[34]Marie Colinet (ca. 1560–1640) war eine der ersten Chirurginnen in Europa und erfand die Methode, Metallsplitter mit Magneten aus dem Auge zu entfernen.
Wilhelm-Fabry-Haus Freiburgstrasse 37
Baujahr 1953[29], 1997 wurden Renovierungen als Sofortmassnahmen in Höhe von 6 Millionen CHF vorgenommen[35] bis 2023 hiess es Anna-Seiler-Haus, Wilhelm Fabry (1560–1634) war der Begründer der wissenschaftlichen Chirurgie und ab 1615 Stadtarzt von Bern.
Anna-von-Krauchthal-Haus
Anna-von-Krauchthal-Weg 7
früher Haus 5, erbaut 2017.[29] Anna von Krauchthal (auch Anna von Velschen, gestorben 1464 oder 1465), eine der reichsten Bernerinnen, stiftete unter anderem das Grundstück des Inselspitals.
Theodor-Kocher-Haus
Friedbühlstrasse 19
benannt nach Theodor Kocher, eingeweiht 2018 und übergangsweise die Frauenklinik bis zur Fertigstellung der Sanierung des Marie-Colinet-Hauses.[36][37] Nach dem Auszug der Frauenklinik soll das Gebäude umgebaut und mit fünf Geschossen aufgestockt werden. Geplant ist eine Ausführung 2024–2026.[38]
C.L. Lory-Haus Freiburgstrasse 41G
erbaut 1929/30 als Lory-Spital, Architekten: Otto Brechbühl; Otto R. Salvisberg, gestiftet von und benannt nach dem Unternehmer Carl Ludwig Lory[39], Umbauten 1956/57, Gesamtrenovierung 1984–1987, letztmals umgebaut 2017.[40][41]
SWAN Haus
Anna-Seiler-Allee 24, 26
eröffnet 2012, erbaut von der Inselspital-Tochtergesellschaft SWAN Isotopen AG.[42][43]
zmk bern
Freiburgstrasse 7
Zahnmedizinische Kliniken der Universität Bern. Das Gebäude wurde 1954 erbaut und 1996 um ein Geschoss und einen Anbau erweitert. Dort war auch die Forschung beheimatet, die ins Gebäude siteminsel umgezogen ist. Zwischen 2018 und 2021 erfolgten Aus- und Umbauarbeiten[44]
siteminsel
Freiburgstrasse 3
Swiss Institute for Translational and Entrepreneurial Medicine. Dies ist eine selbständige AG, die ab 2025 ohne öffentliches Geld auskommen will und die Synergien mit dem Inselspital für die Forschung nutzt.[45][46][47]
Institut für Infektionskrankheiten
Friedbühlstrasse 25
Institut der Universität Bern. Es wurde 1896 und 1908 in zwei Etappen erbaut. 1997 bis 2010 erfolgte eine Gesamterneuerung. Das Institut ist in Lehre, Forschung und Praxis des Inselspitals eingebunden.[48][49]
Augenklinik
Rosenbühlgasse 10, 12
Universitätsklinik für Augenheilkunde. Das Gebäude wurde im Mai 1908 bezogen als Neue Augenklinik, wo heute die Bettenstation und Orthoptik beheimatet sind[50] Zukünftig wird die Augenklinik voraussichtlich in das Marie-Colinet-Haus umziehen.
Maurice-E.-Müller-Haus
Murtenstrasse 35, 41
Departement for BioMedical Research DBMR der Universität Bern, benannt nach dem Stifter Maurice E. Müller (1918–2009). Das Gebäude wurde 1974 gebaut[29] und 2005–2007 bei laufendem Betrieb saniert.[51] Das Stiftungsgeld war 2010 aufgebraucht. Die Universität forderte das Geld für die Weiterführung aus einem Patentrechtsstreit zurück.[52] Im Jahr 2019 haben sich die Stiftung von Maurice E. Müller und die Universität vor Gericht auf einen Ausgleich geeinigt, über dessen Höhe Stillschweigen vereinbart wurde.[53]
Dermatologie
Anna-Seiler-Allee 33
Inselmattgasse 11, 13
Erbaut 1890[29]. Aus einem dermatologischen Kurhaus entstand 1892 die erste Universitäts-Hautklinik der Schweiz.[54] Ausbauten erfolgten 1905, 1919, 1955 und 1963. 2000 bis 2004 erfolgte eine Generalsanierung[55]. Station und Poliklinik sind heute dort untergebracht. Anfang 2023 hat die Poliklinik neue Räumlichkeiten bezogen durch Schliessung der ehemaligen Bettenstation.[56]
Ernst-Otz-Haus
Bela-von-Thun-Weg 7
Der Bauentscheid fiel 1880 als Neubau des Ausserkrankenhauses, wo dies eins von drei Gebäuden war. Der Name stammt von einem in die Vereinigten Staaten emigrierten Berner, der sein Vermögen der Insel vermachte. Seit 1950 wird dieses Gebäude Ernst-Otz-Heim genannt.[57]
Heute dient es der Aus- und Weiterbildung für Gesundheitsberufe
Haus 4
Freiburgstrasse 40
Bauperiode 1961 bis 1970[17], Geriatrie und andere
Inselheim
Freiburgstrasse 31
ehemaliges Landgut Donnerbühl, um 1735 bis 38 erbaut. 1919–1921 Verkauf an das Inselspital und Umbau in ein Rekonvaleszenzzentrum[58]
Direktion Medizin, Direktionpräsident
Imhoof-Pavillon
Inselmattgasse 9
erbaut 1895. Der Name 'Imhoof-Pavillon' geht auf eine 1893 erfolgte Schenkung des Burgdorfer Kaufmanns Hermann Friedrich Imhoof für die Errichtung eines Absonderungshauses für Patienten der Chirurgischen Klinik zurück[59] heute Osteoporose Poliklinik
Apotheke
Freiburgstrasse 4, 6
erbaut 1900[29] Apotheke und Institut für Spitalpharmazie
Universitäre Psychiatrische Dienste (UPD)
Murtenstrasse 21
Das Gebäude wurde 1976 erbaut[29]. Am Standort Inselareal befinden sich die Kriseninterventionsstation, die psychiatrische Station Wernicke sowie die Alterspsychiatrie der UPD. Das 4. Obergeschoss beherbergt u. a. die Direktion Personal der Inselgruppe.
Forschungs- und Ausbildungszentrum für Medizin
Friedbühlstrasse
Gebäude der Universität Bern, Medizinische Fakultät. Das ehemalige Friedbühlschulhaus, die Turnhalle und ein Pavillon wurden 2024 abgerissen, um Platz für dieses neue Gebäude zu schaffen.[60] Darin werden die Institute der Medizinischen Fakultät konzentriert, welche sich heute grösstenteils im Muesmatt-Quartier befinden.[61] Das Projekt soll ca. 435 Millionen CHF kosten. Die Projektlaufzeit beträgt 2019 bis 2030, das Siegerprojekt "Janus" wurde 2020 gewählt.[62][63] Der Baustart erfolgt voraussichtlich im September 2024.[61] Bild: Baustelle März 2024 vor dem Abriss
Medizinisches Forschung- und Laborgebäude
Murtenstrasse 24–28
Universität Bern, Baubeginn 2016, Inbetriebnahme 2021[64] Sitz des Departements für BioMedical Research, was 1994 gegründet wurde.[65] Das Institut für Rechtsmedizin hat dort ebenfalls seinen Sitz.[1]
Insel Labor
Murtenstrasse 40
In einer ehemaligen Druckerei wurde ein Zentrum für Klinische Forschung realisiert. Die Bauzeit war 2014 bis 2016.[66] Es gehört auch zum Departement für BioMedical Research[67] Bild: Vorderhaus (Wohnungen), das Labor ist auf der Nordseite.
Insel Data Science Center (IDSC)
Murtenstrasse 42
Bauperiode von 1971 bis 1980[17] Im Gebäude befinden sich die Medizinsammlung des Inselspitals[68] sowie das Insel Data Science Center.[69]
ARTORG Center for Biomedical Research
Murtenstrasse 50
erbaut 2010[17] ARTORG Center for Biomedical Engineering Research der Universität Bern[70]
erbaut 1996[17] Das Departement Gesundheit der Berner Fachhochschule bietet gesundheits- bzw. medizinnahe Bachelor- und Masterstudiengänge, wo die Patientenähe des Inselspitals am Standort Murtenstrasse für die Ausbildung genutzt wird.[71]
1992 fertiggestellt.[72] Universität Bern, Institut für Gewebemedizin und Pathologie[73]
IGMP Hörsaalgebäude
Rosenbühlgasse 22
1992 fertiggestellt[72]. "Pathologie-Härsaaltrakt" des IGMP
Dekanat Medizinische Fakultät
Murtenstrasse 11
erbaut 1900[17] Generalsekretariat und Studiendekanat der Medizinischen Fakultät der Universität Bern.[74]
Nicht realisiert
Clara-Winnicki-Haus: Das geplante zentrale Service- und Logistikgebäude sollte ab 2024 gebaut werden und u. a. die Spitalapotheke beheimaten. Im März 2023 teilte die Insel Gruppe mit, dass dieses Gebäude aus dem Investitionsplan gestrichen wird.[75][76]Clara Winnicki (1880–1935) war die erste selbstständige Apothekerin in der Schweiz.
Kritik an der Kommunikations- und Betriebskultur
Am 25. März 2024 haben sich 40 Klinikdirektoren und 2 Chefärzte in einem Brief an die Leitung der Insel Gruppe gewandt, weil sie die Versorgung potentiell gefährdet sehen. Sie „sind der Ansicht, dass bei einer Fortführung der aktuellen Politik die Zukunft von hochstehender Patientenversorgung, Lehre und Forschung am universitären Standort der Insel-Gruppe ernsthaft gefährdet ist.“ Ein Auseinanderdriften der Spitalleitung, der Medizinischen Fakultät und der Ärzteschaft wird gesehen.[77] Kritisiert wird, dass der Verlust von fast 113 Millionen Franken zu ökonomischem Druck führe und Forschung sowie das Patientenwohl leide. Es wurden von ehemaligen Ärzten auch Mobbingvorwürfe gemacht.[78]
Die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates hat heftige Kritik an der Kommunikations- und Betriebskultur des Berner Inselspitals geübt. Veränderungen seien insbesondere zulasten einzelner Kliniken gegangen, die an finanziellem Spielraum eingebüsst hätten. Die Kommission hat dem Regierungsrat nahegelegt, seinen Einfluss auf die Insel Gruppe AG geltend zu machen und für eine Verbesserung der Kommunikation zu sorgen. Gelinge dies nicht, könnte der Unmut weiter um sich greifen – dies notabene in einer Zeit, in der aufgrund von Fachkräftemangel und ungelösten Tarifentscheiden die Unsicherheiten ohnehin schon gross seien.[79]
Die neue Führung passt die Strukturen an. Es wurde ein neues Kollegium der Chefärzte geschaffen, was bei weitreichenden Entscheiden ein «mehrheitsbasiertes Wiedererwägungsrecht» hat. Ausserdem nimmt eine Vertreterin des Kollegiums Einsitz ohne Stimmrecht in der Direktion. Der Konflikt zwischen den Chefärzten und der Direktion hatte sich Anfang Jahr zugespitzt und soll so gelöst werden. Die Verbindung zur Universität wird dadurch gestärkt, dass Claudio Bassetti zum Direktor für Lehre und Forschung der Insel-Gruppe gewählt wurde. Die Strukturanpassungen sollen Lehre und Forschung näher mit dem Spitalbetrieb verbinden sowie die Zusammenarbeit zwischen Ärzteschaft und Direktion verbessern.[82]
Geschichte
Die Ursprünge des Inselspitals gehen auf die Stiftung der Berner Ratsherrentochter Anna Seiler zurück. Seiler stiftete nach der Pestepidemie um 1350 am 29. November 1354 in ihrem Testament ein Hospital zur unentgeltlichen Behandlung und Pflege mit dreizehn Betten, das «stets und ewig» Bestand haben sollte.[83]
Nach der Berner Disputation und der darauffolgenden Annahme der Reformation ging das ehemalige Dominikanerinnen-Kloster «St. Michael in der Insel» an das «Seilerin-Spital» über. Dieses zog im Jahr 1531 von der Zeughausgasse in das Gebäude des Klosters um, das in der Gegend des heutigen Ostflügels des Berner Bundeshauses lag. Auf das Klostergebäude geht der Name Inselspital zurück. Das Spital bestand zum Zeitpunkt des Umzugs aus 34 Betten.[84]
Zuweisungen aus der ganzen Schweiz sowie der Bevölkerungszuwachs führten dazu, dass vielen Kranken aufgrund von Platzmangel die Aufnahme verwehrt werden musste. Das Gebäude war nach inzwischen 300-jährigem Bestehen in einem äusserst bedenklichen Zustand. Bei einem Brand 1713 wurde das Inselspital zerstört. Fünf Jahre später begann der Wiederaufbau an derselben Stelle an der Kochergasse. Das neue Spital wurde zwischen 1718 und 1724 auf Staatskosten von Werkmeister Dünz erbaut – nach den Plänen des Vorarlberger Architekten Franz Beer. Es erschien einem «königlichen Palast ähnlicher denn einem Hospital» und bot Platz für die Behandlung von 70 Erwachsenen und 12 Kindern.[84][85]
Mit dem Franzoseneinfall 1798/99 diente die Insel den Besatzungstruppen Napoleons als Militärspital. Die letzten französischen Truppen wurden 1802 abgezogen. Jedoch waren noch bis im Februar 1803 Militärpatienten im Spital untergebracht. Während der Mediationszeit stand das Inselspital als unselbstständige Stiftung der Burgergemeinde unter der Oberaufsicht der Kantonsregierung. 1831 trat der Kanton seine Verpflichtungen gegenüber dem Spital mit der Überweisung von einer Million Franken ab. Aus den Zinserträgen dieser Dotation sollten nun die vorherig erbrachten Leistungen wie Arztbesoldungen, Medikamente und der Betriebsbeitrag finanziert werden. Die dadurch ausgelösten Streitigkeiten wurden 1841 mit einem Dotationsvergleich beigelegt. Beide Parteien (Burgergemeinde und Kanton) bezahlen jeweils 500'000 Franken.[84][86]
Es gehörte seit dem frühen 18. Jahrhundert zu den Pflichten der Chirurgen und Stadtärzte, für Medizinstudenten Unterricht in der Insel abzuhalten. 1797 schlossen sich Ärzte, Chirurgen und Apotheker zum «Medizinischen Institut» zusammen und boten einen vollständigen Lehrgang an. Das Institut bildete trotz der Unsicherheit während der Revolution erfolgreich Landärzte aus. 1805 erhielt Bern erstmals eine Medizinische Fakultät. Das vierjährige medizinische Studium berechtigte nach dem erfolgreichen Abschluss und Bestehen des kantonalen Examens zur Ausübung der Praxis.[84]
Aufgrund der steigenden Patientenzahlen und immer neuen medizinischen Anforderungen kam um 1880 das Inselspital an seine Kapazitätsgrenzen. Auf dem der Inselspital-Stiftung gehörenden «Kreuzmatt-Areal», dem heutigen Standort, wurde von 1881 bis 1884 ein neues Spital errichtet. Das Areal hatte die Insel 1546 von der Anna von Krauchthal, geb. von Velschen, geschenkt erhalten.[87] Im Jahr 1884 wurde das Pavillon-System mit 340 Betten bezogen. 1888 wurde im Zuge der Bauarbeiten für das heutige Bundeshaus Ost der Abbruch des alten Spitalgebäudes notwendig, das bereits seit vier Jahren leer stand. Dabei kamen neben Mauerresten des mittelalterlichen Klosters «St. Michael in der Insel» auch ein jüdischer Grabstein zum Vorschein, ein weiterer 1901 bei der Erstellung des Bundesplatzes. Diese Grabsteine gehörten zu einem Friedhof («Judenkilchhof»), der 1294 nach der Vertreibung der Juden enteignet und verkauft worden war.[88]
Während des Ersten Weltkrieges und der Zwischenkriegszeit konnten die Gebäude aufgrund fehlender finanzieller Mittel weder erweitert noch erneuert werden. Der Schweizer Handelsunternehmer Carl Ludwig Lory (1838–1909) schrieb in seinem Testament vom 9. April 1904, dass die Insel- und Ausserkrankenhauskorporation des Kantons Bern als Haupterbin gelte. Die Verwendung des Erbes war an genaue Bedingungen geknüpft. Das Geld durfte nur zur Erweiterung des Inselspitals verwendet werden und die Neubauten sollten der Pflege, nicht der Lehre dienen. Zusätzlich durfte das Geld nicht für die Finanzierung des Spitalbetriebs verwendet werden, dafür musste der Staat aufkommen. Da der Kanton Bern die Betriebskosten der benötigten Neubauten nicht übernahm, geschah lange Zeit nichts und erst im Jahr 1919 wurde mit dem gestifteten Geld Bauland gekauft. Das neue Inselhilfsgesetz mit Beiträgen von Kanton und Gemeinden ermöglichte ab 1923 die Finanzierung des Spitalbetriebs. Es konnte mit dem Bau des sogenannten Lory-Spitals begonnen werden. Das neue Spitalgebäude wurde am 21. Oktober 1929 – dem Geburtstag des Stifters – eingeweiht. Mit dem übriggebliebenen Teil des gestifteten Lory-Geldes wurde 1954 das Anna-Seiler-Haus gebaut und 1955 konnte die Renovation des Loryspitals mitfinanziert werden.[89]
Grosse Teile der Ende des 19. Jahrhunderts errichteten Bauten wurden von 1958 bis 1978 abgebrochen und durch die heutigen Gebäude ersetzt – unter anderem durch das Bettenhochhaus, den Operationstrakt, die Personalhäuser, das Wirtschaftsgebäude, das Labor- und Werkstattgebäude, den Polikliniktrakt 1 und die neue Kinderklinik. Unter den Bauwerken gilt das Bettenhochhaus als das markanteste.[83]
Bis 2012 finanzierte der Kanton Bern die einzelnen Gebäude und Anlagen des Berner Inselspitals fast vollständig aus Steuergeldern. Mit der neuen Spitalfinanzierung sollen Abgeltungen für Investitionen ausbezahlt werden.[83]
In einer Volksabstimmung wurde 2015 der sogenannte «Masterplan Inselspital» angenommen. Eine Erneuerung mit mehreren Neubauten und Sanierungen soll bis 2025 durchgeführt werden. Unter anderem sollen zwei Hochhäuser durch das Intensiv-, Notfall- und Operationszentrum (INO) miteinander verbunden werden.[90] Im Juni 2018 zog die Universitätsklinik für Frauenheilkunde in das Theodor-Kocher-Haus an der Friedbühlstrasse. Damit wurde der erste Neubau im Rahmen des Masterplans in Betrieb genommen.[91] Am 16. und 17. September 2023 wurde der Umzug aus dem Bettenhochhaus ins neue Anna-Seiler-Haus durchgeführt.[92]
Fritz Leu (Hrsg.): Das Inselspital: Geschichte des Universitätsspitals Bern, 1954–2004. Weber, Thun/Gwatt 2006, ISBN 3-909532-36-5.
Elisabeth Rüedi: Die Pflege und das Pflegemanagement in ständigem Wandel. Geschichte der Krankenpflege im Inselspital 1954–2004. Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik SGGP, Zürich 2008, ISBN 978-3-85707-093-8.
Stefan Weigel: Innovationsanalyse für das System «Universitätsspital Bern». Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik SGGP, Bern 2011, ISBN 978-3-85707-110-2.
Stefan Weigel, Paul Messerli: Die regionalwirtschaftliche Bedeutung des Inselspitals. Schweizerische Gesellschaft für Gesundheitspolitik SGGP, Bern 2011, ISBN 978-3-85707-109-6.
↑Brechbühl, Otto / Itten, Jakob / Fietz, Hermann: Der Neubau Inselspital in Bern. In: e-periodica.ch. Zeitschrift für Planen, Energie, Kommunalwesen und Umwelttechnik = revue suisse d'urbanisme 20 (1963), 3. April 2024, abgerufen am 3. April 2024.
↑ abcdUrs Boschung: Ein ewiges Spital: Die Insel zwischen 1354 und 1954. In: Fachstelle für Kommunikation und Medien, Inselspital, 3010 Bern (Hrsg.): 650 Jahre Inselspital. Bern 2004, S.14–27.
↑Hermann Rennefahrt, Erich Hintzsche: 600 Jahre Inselspital. Hrsg.: Inselkorporation. Verlag Hans Huber, Bern 1954, Kap.4, S.97–100.
↑Hermann Rennefahrt und Erich Hintzsche: 600 Jahre Inselspital. Hrsg.: Inselkorporation. Verlag Hans Huber Bern, Bern 1954, Kapitel 5, S.113–118.
↑Informationstafel, Bundeshaus Ost: Jüdische Präsenz im mittelalterlichen Bern. Hrsg.: Kanton Bern. 2009.
↑Hans Maurer: Gesundheitswesen – von der Badestube zum modernen Spital. Carl Ludwig Lory, der Stifter des Loryspitals. In: Einwohnergemeinde Münsingen (Hrsg.): Ortsgeschichte von 2010. 2010, S.130/131 (geschichte-muensingen.ch [PDF]).