Nachdem der Direktor dieser Bildungsstätte, Karl Schranzer, am 18. Juli 1919 überraschend verstorben war, wurde Graber einstweilen mit der Schulleitung betraut und überdies am 9. Mai 1921 zum Direktor des Instituts ernannt. In dieser Position wirkte Georg Graber bis zum Jahre 1926, als er der Berufung zum Landesschulinspektor für Pflichtschulen in Kärnten nachkam. Für seine erfolgreiche Tätigkeit im Schuldienst erhielt Graber 1932 durch BundespräsidentWilhelm Miklas den Titel eines Hofrates verliehen.
Während der Zeit des Nationalsozialismus
Von 1940 bis 1945 leitete Grabner die Abteilung „Kultur und Gemeinschaftspflege“ in der Landeshauptmannschaft und Reichsstatthalterei Kärnten[3] und wirkte ab 1942 als Leiter der Stelle für Volkskunde am, als Teil des NS-Ahnenerbes in Klagenfurt neugegründeten, Institut für Kärntner Landesforschung der Universität Graz.[4][5] Hauptaufgabe dieser Forschungsstätte, die als Gegengewicht zur Universität Laibach/Ljubljana geschaffen und von Eberhard Kranzmayer geleitet wurde, war es, den deutschen Anspruch auf das okkupierte Gebiet Oberkrains historisch zu festigen. Zusätzlich unterrichtete Grabner von 1943 bis 1945 als Honorarprofessor für Kärntnerische Volkskunde an der philosophischenFakultät der Universität Graz.[4]
Graber wurde 1941 in die NSDAP aufgenommen (Mitgliedsnummer 8.412.465).[6] Dem Nationalsozialistischen Lehrerbund war er am 1. Juni 1938 beigetreten. Graber war förderndes Mitglied der SS, außerdem engagierte er sich bei der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, dem Reichsluftschutzbund, dem Reichslehrerbund, dem Reichsbund der Deutschen Beamten und dem Kyffhäuserbund. In der Kärntner Wissenschaftsgeschichte wird Graber gerne als der eigentliche Begründer der kritischen, streng wissenschaftlichen volkskundlichen Forschung im Lande gesehen. Das Gegenteil ist nach dem Historiker Werner Koroschitz der Fall: Nur allzu willfährig stellte Graber seine volkskundlichen Forschungen in den Dienst nationalsozialistischer Herrschaftsphantasien. Seine Zusammenarbeit mit der rassisch-ideologisierten Volkskunde des Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe der SS ab 1938 und seine Publikationen im Rahmen seiner Tätigkeit am Institut für Kärntner Landeskunde geben ein beredtes Zeugnis vom Ineinandergreifen von Wissenschaft und Politik in Grabers Publikationen. Graber gehörte unter anderem zu den ausgewählten österreichischen Volkskundlern, die in dem Sonderheft der von der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe herausgegebenen Zeitschrift „Germanien“, mit dem Titel „Österreich – deutsches Land“, den „Anschluss“ bejubelten.[7]
Schulaufsicht und Rassismus nach 1945
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte er wieder in den Schulaufsichtsdienst zurück und arbeitete bis zu seiner beruflichen Pensionierung im administrativen Bereich. Auch während seines Ruhestandes widmete er sich weiterhin intensiv der Erforschung des Sagen- und Märchenguts seiner Kärntner Heimat. Ebenso gelang es ihm, in dieser Zeit noch einige seiner Arbeiten antiquierter Volkstumswissenschaften zu publizieren. Er verfocht in seinen volkskundlichen Darstellungen Kärntens auch nach 1945 weiterhin unbeirrt rassistische Ansätze und Wertungen. Im Jahre 1957 verstarb Georg Graber im Alter von 75 Jahren. Ein Teil seines akademischen Nachlasses befindet sich in der volkskundlichen Abteilung im Landesmuseum für Kärnten in der Landeshauptstadt Klagenfurt. Der Traditionsverband Kärntner Landsmannschaft verlieh seit 1981 für „besondere“ Verdienste im Bereich der Volkskultur und Volkskunde die Georg-Graber-Medaille.[8]
Auszeichnungen und Ehrungen
1944 wurde Graber mit dem Primus Lessiak-Preis der, vom GauleiterFriedrich Rainer gegründeten, Kärntner wissenschaftlichen Gesellschaft ausgezeichnet.[9]
Anlässlich seiner 43-jährigen Mitgliedschaft ernannte der Geschichtsverein für Kärnten, Georg Graber im Jahre 1952 zum Ehrenmitglied.
Volkskundliches, In: Oberkrain, Gaupresseamt der NSDAP Kärnten, Krainburg, 1942. (Gemeinsam mit Viktor Paschinger und Martin Wutte).
(Hrsg.) Ein Kärntner Spiel vom Doktor Faust, Nach einer Handschrift d. Klosters St. Georgen am Längsee, Leykam, Graz, 1943.
Briccius in Heiligenblut, Kleinmayr, Klagenfurt, 1950.
Hildegard von Stein und ihre Stiftung, Kleinmayr, Klagenfurt, 1952.
Holzstabkalender in Kärnten, In: Carinthia I. Klagenfurt, 1954.
Literatur
Johannes Bolte: Georg Graber, Sagen aus Kärnten, gesammelt und herausgegeben. Leipzig, Th. Weicher 1914. (Buchanzeige [Rezension]) In: Fritz Boehm (Hrsg.): Zeitschrift des Vereins für Volkskunde, 24. Jahrgang, Behrend, Berlin, 1914, S. 327–328. (Onlineversion auf openlibrary.org)
Hannjost Lixfeld (Hrsg.): The nazification of an Academic Discipline. Folklore in the Third Reich. Indiana Univ. Press, Indianapolis, 1994. ISBN 0-253-31821-1.
Michael Wedekind: The Sword of Science. German Scholars and National Socialist Annexation Policy in Slovenia and Northern Italy. In Michael Fahlbusch (Hrsg.): German Scholars And Ethnic Cleansing 1920-1945. Berghahn Books, New York, 2006, S. 272–283. ISBN 1-57181-435-3.
Olaf Bockhorn: "Die Angelegenheit Dr. Wolfram, Wien" – Zur Besetzung der Professur für germanisch-deutsche Volkskunde an der Universität Wien. In: Mitchell G. Ash; Wolfram Nieß; Ramon Pils (Hrsg.): Geisteswissenschaften im Nationalsozialismus. Das Beispiel der Universität Wien. V&R Unipress, Göttingen, 2010, S. 199–225. (englisch) ISBN 978-3-89971-568-2.
Werner Koroschitz: Bericht zu den (nationalsozialistisch) belasteten Straßennamen in Villach, Villach 2019, online.
↑Vermerk der Forschungs- und Lehrgemeinschaft „Das Ahnenerbe“ von der Besprechung über die Errichtung des Instituts für Kärntner Landesforschung. Dokument 207 (PDF-Datei; 78 kB) In: Quellen zur nationalsozialistischen Entnationalisierungspolitik in Slowenien 1941–1945 Nr. 207, Viri o raznarodovalni politiki v Sloveniji 1941–1945, zusammengestellt und erläutert von Tone Ferenc, Maribor 1980
↑Uwe Baur und Karin Gradwohl-Schlacher: Literatur in Österreich 1938–1945. Band2: Kärnten. Böhlau, Wien 2011, S.127 (library.oapen.org [PDF]).