Die älteste erhaltene Erwähnung von Gelnhaar befindet sich in einer Urkunde aus dem Jahre 1187 als Geldenhore, die Graf Berthold II. von Nidda zugunsten der Johanniterkommende ausgestellt hat.[4]
1601 kam es zu einer Realteilung des Kondominats. Dabei wurde das Dorf Gelnhaar geteilt, der Bleichenbach, der das Dorf durchfließt, wurde zur Grenze. Die Hälfte des Dorfes auf der rechten Bachseite gehörte nun zum Amt Ortenberg und der Grafschaft Hanau-Münzenberg, ab 1642: Grafschaft Hanau. Die Hälfte auf der linken Bachseite gehörte zum Gericht Floßbach-Wenings und der Grafschaft Isenburg. Diese Teilung spiegelt sich heute im Ortswappen wider, das 2002 geschaffen wurde. Im Dreißigjährigen Krieg fiel das Dorf vorübergehend wüst. Das ausgestorbene Dorf wurde erst langsam wieder besiedelt.
1662 kam es im Hanauer Amt Ortenberg zu einer massiven Hexenverfolgung. Eine zentrale Rolle bei der Verfolgung der „Hexen“ spielte wahrscheinlich der Hanauer Amtmann Ludwig Geis.[5] Auch zwei Frauen aus Gelnhaar, wurden als Hexen hingerichtet und mit dem Schwert geköpft.[6]
Die Hanauer Hälfte des Dorfes fiel zusammen mit der Grafschaft Hanau beim Tod des letzten Hanauer Grafen 1736 aufgrund eines Erbvertrages an die Landgrafschaft Hessen-Kassel.
Der in Offenbach residierende Fürst Wolfgang Ernst II. von Isenburg-Birstein, dem die Hälfte auf der linken Bachseite gehörte, wollte diesen Teil gegen das zu Hanau gehörende Dorf und Gebiet von Fechenheim in sein Fürstentum einverleiben. 1801 reiste deshalb der spätere Isenburger Chef-Minister Wolfgang Christian von Goldner mit Erbprinz Carl Friedrich nach Paris zu Verhandlungen mit Napoleon über den beabsichtigten Gebietstausch: Isenburg wollte seinen Anteil, die linke Bachseite des Dorfes Gelnhaar gegen das auf der rechten Mainseite – Offenbach direkt gegenüberliegende – Fechenheim tauschen. Die diplomatische Mission hatte jedoch keinen Erfolg.
Das Hanauer, später hessische „Amt Ortenberg“ bildete ab 1810 einen Teil des großherzoglich-hessischenAmtes Ortenberg. 1816 fiel auch der Isenburger Anteil auf Grund eines Territorial-Ausgleichsvertrags[8] mit dem Kurfürstentum Hessen an das Großherzogtum.
Neuzeit
Die wirtschaftliche Not in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ließ viele Bewohner an die Wolga, nach Ungarn, Brasilien und Nordamerika auswandern. Viele gingen auch in die aufstrebenden Industriemetropolen im Ruhrgebiet und in das Rhein-Main-Gebiet.
1821 bildete das Großherzogtum den Landratsbezirk Nidda, in den auch alle Teile des ehemaligen Amtes Ortenberg verschmolzen wurden und der ab 1832 Kreis Nidda hieß. Mit der Revolution von 1848 wurde kurzzeitig der Regierungsbezirk Nidda gebildet, 1852 aber der Kreis Nidda wiederbelebt. Erst 1868 wurde Gelnhaar auch formal wieder vereinigt, nachdem in den Vorjahren schon die schulische und kirchliche Zusammenlegung erfolgt war. 1874 kamen die Gebiete des ehemaligen Amtes Ortenberg zum Landkreis Büdingen, der mit der Gebietsreform in Hessen 1972 im Wetteraukreis aufging.
Hessische Gebietsreform (1970–1977)
Die bis dahin selbständige Gemeinde Gelnhaar wurde im Zuge der Gebietsreform in Hessen zum 1. April 1972 auf freiwilliger Basis als Stadtteil in die 1971 erweiterte Stadt Ortenberg eingemeindet.[9]
Für Gelnhaar wurde, wie für die übrigen Stadtteile von Ortenberg, ein Ortsbezirk gebildet.[10]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Gelnhaar angehört(e):[1][11][12]
ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Land Hessen, Regierungsbezirk Darmstadt, Wetteraukreis, Stadt Ortenberg
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Gelnhaar 978 Einwohner. Darunter waren 21 (2,1 %) Ausländer.
Nach dem Lebensalter waren 138 Einwohner unter 18 Jahren, 417 zwischen 18 und 49, 243 zwischen 50 und 64 und 180 Einwohner waren älter.[16]
Die Einwohner lebten in 405 Haushalten. Davon waren 105 Singlehaushalte, 132 Paare ohne Kinder und 126 Paare mit Kindern, sowie 36 Alleinerziehende und 3 Wohngemeinschaften. In 78 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 264 Haushaltungen lebten keine Senioren.[16]
Einwohnerentwicklung
Gelnhaar: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2022
Jahr
Einwohner
1834
791
1840
815
1846
854
1852
847
1858
856
1864
593
1871
557
1875
559
1885
548
1895
581
1905
513
1910
586
1925
666
1939
703
1946
941
1950
904
1956
849
1961
862
1967
938
1970
972
1980
?
1990
?
2000
?
2008
1.040
2010
1.036
2011
978
2014
1.045
2018
1.054
2022
981
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [1]; Stadt Ortenberg:[17][18]; Zensus 2011[16]; 2022[2]
Für Gelnhaar besteht ein Ortsbezirk (Gebiete der ehemaligen Gemeinde Gelnhaar) mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung.[10]
Der Ortsbeirat besteht aus neun Mitgliedern. Bei den Kommunalwahlen in Hessen 2021 betrug die Wahlbeteiligung zum Ortsbeirat 50,66 %. Alle Kandidaten gehörten der „Bürgerliste Gelnhaar“ an.[19] Der Ortsbeirat wählte Martin Hansche zum Ortsvorsteher.[20]
Katharina (genannt Craingen) Gumpel, die Tochter eines Schäferehepaares in Gelnhaar heiratete am 16. November 1554 Graf Anton von Isenburg-Büdingen zu Ronneburg. Er hatte sie zuvor mit einer üppigen Morgengabe in Wächtersbach ausgestattet[22]. Aus dieser Verbindung gingen vier Kinder hervor. Drei von ihnen erreichten das Erwachsenenalter[23].
Sandra Minnert (* 1973), Fußballerin und Nationalspielerin
Jürgen Ackermann: „Graf Anton zu Ysenburg-Kelsterbach Mißheurath hat seiner Gräflichen Familie vilen Unlust verursachet“, Samml. Gesch. Wächtersbach, 41. L. Januar 2003, Nr. 265, ISSN0931-2641
Hans Georg Ruppel (Bearb.): Historisches Ortsverzeichnis für das Gebiet des ehemaligen Großherzogtums und Volksstaats Hessen mit Nachweis der Kreis- und Gerichtszugehörigkeit von 1820 bis zu den Veränderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform = Darmstädter Archivschriften 2. 1976, S. 95.
↑Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler – Hessen II. Regierungsbezirk Darmstadt. (Bearb.: Folkhard Cremer u. a.), 3. Aufl., München 2008, S. 349. Caroline Grottker: Lutherische Kirchen in der Grafschaft Hanau-Münzenberg unter Graf Johann Reinhard III. (1712–1736) (unveröffentlichte Magisterarbeit am Fachbereich Philologie und Kunstwissenschaften der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main). Frankfurt 1984, S. 52–56
↑Convention Territorial entre le Grand Duc de Hesse et Electeur de Hesse. – Signèe à Francfort sur Mein, le 29 Juin, 1816. British and Foreign State Papers 1815–1816, Band 3, Compiled by the Librarian and Keeper of the Papers, Foreign Office, James Ridgway and Sons, Piccadilly, London 1838, S. 812–819; (größtenteils in deutscher Sprache) books.google.de; auch abgedruckt in Grindaha 26, Geschichtsverein Gründau e. V., Gründau 2016 ISSN2194-8631 S. 4–12 mit Anmerkung von Norbert Breunig
↑ abHauptsatzung. (PDF; 119 kB) § 5. In: Webauftritt. GGG, abgerufen im Dezember 2020.
↑Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.12ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑ ab
Neuste Länder und Völkerkunde. Ein geographisches Lesebuch für alle Stände. Kur-Hessen, Hessen-Darmstadt und die freien Städte. Band22. Weimar 1821, S.421, 422 (online bei Google Books).
↑
Georg W. Wagner: Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen: Provinz Oberhessen. Band3. Carl Wilhelm Leske, Darmstadt 1830, S.181ff. (online bei Google Books).
↑
Gesetz über die Aufhebung der Provinzen Starkenburg, Oberhessen und Rheinhessen vom 1. April 1937. In: Der Reichsstatthalter in Hessen Sprengler (Hrsg.): Hessisches Regierungsblatt. 1937 Nr.8, S.121ff. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 11,2MB]).
↑Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Stadt Ortenberg, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 30. Dezember 2019; abgerufen im Dezember 2020.
↑Einwohnerzahlen. In: Webauftritt. Stadt Ortenberg, archiviert vom Original am 29. April 2020; abgerufen im Dezember 2020.
↑Jürgen Ackermann: „Graf Anton zu Ysenburg-Kelsterbach Mißheurath hat seiner Gräflichen Familie vilen Unlust verursachet“, Samml. Gesch. Wächtersbach, 41. L. Januar 2003, Nr. 265, ISSN0931-2641, S. 6
↑Jürgen Ackermann: „Graf Anton zu Ysenburg-Kelsterbach Mißheurath hat seiner Gräflichen Familie vilen Unlust verursachet“, Samml. Gesch. Wächtersbach, 41. L. Januar 2003, Nr. 265, ISSN0931-2641, S. 7–11