Der Ort liegt am Rand des Rothaargebirges im Südwesten des Landkreises, dicht an der Grenze zum nordrhein-westfälischen Hochsauerlandkreis. Mehr als 70 % der Gemarkungsfläche besteht aus Wald.
Geschichte
Ortsgeschichte
Der Flecken Fromoldeskirchen mit verstümmelter Martins-Basilika, 1238 Vorort einer Battenberger Kleinzent, war ursprünglich wohl eine karolingische Höhenwegs-Siedlung von Königsleuten.[1] Im Jahre 1238 wurde die Gemeinde erstmals in einer Note des Erzbistums Mainz urkundlich erwähnt. Historisch dokumentierte Namensformen des Ortes waren: Fromolskirke (1238), Fromoldeskirchen (1291), Frumboldeskirchen (1359), Fromißkirchen (1394) und Brommelskirchen (1473).[2] Über Jahrhunderte war der Ort von der Landwirtschaft auf kargen Böden und der Nutzung des Walds geprägt.
Die Kirchenhoheit stand den mit den Herren von Itter verschwägerten Grafen von Waldeck zu, die 1332 die Herren von Girkhausen und 1473 schließlich die Adeligen (von) Winter damit belehnten. Bei diesen blieb es bis zu deren Aussterben um 1785.
Die Statistisch-topographisch-historische Beschreibung des Großherzogthums Hessen berichtet 1830 über Bromskirchen:
„Bromskirchen (L. Bez. Battenberg) evangel. Pfarrdorf; liegt an der Preussischen Grenze, 21⁄2 St. von Battenberg auf einer Anhöhe. Der Ort hat 154 Häuser mit 943 Einw., unter welchen 3 Kath., 4 Mennoniten und 25 Juden sich befinden. Bromskirchen, welches in einer sehr rauhen Gegend liegt, hat eine sehr große Gemarkung; jährlich werden 3 Viehmärkte gehalten. – Das Dorf kam wahrscheinlich von den Herrn von Battenberg an das Mainzer Erzstift, das ihn 1464 mit andern Orten dem Landgrafen Heinrich III. verpfändete. Zum Kirchengebiete von Bromskirchen das Fromelskirch oder Fromeldis-Kirchen hieß, gehörten nach einem Verzeichniß aus dem 15. Jahrhundert die Orte Ewerthusen, Ruperthusen, Eymannshusen, Lymphe, Belchershusen, die aber alle nicht mehr existiren.“[3]
Bei zwei Großbränden in den Jahren 1843 und 1850 werden weite Teile des Ortes eingeäschert. Bei dem Brand im Juli 1843, der vormittags in einer Rotgerberei am südwestlichen Ortsrand ausbricht, werden 63 Häuser auf der westlichen und nördlichen Ortsseite ein Raub der Flammen (gut 40 % der damaligen Wohnbebauung). Die Leute im Ort helfen sich in der Folge gegenseitig, sowohl bei der Bereitstellung von Wohnraum als auch bei der Verbürgung für Schulden beim Wiederaufbau. Dem Brand im März 1850, der in einer Schreinerei am Böhl ausbricht, fallen 23 Häuser am östlichen Ortsrand zum Opfer. Bei beiden Bränden sind glücklicherweise keine Menschenleben zu beklagen.
Bei einer Bürgerbefragung am 14. März 2021 entschieden sich die Bromskirchener mit großer Mehrheit (73 %) für die Eingemeindung nach Allendorf (Eder) (in Allendorf stimmten 72 % für den Zusammenschluss). Damit wurden zum 1. Januar 2023 alle Ortsteile der Gemeinde Bromskirchen zu Ortsteilen der Gemeinde Allendorf (Eder).[7] Bromskirchen konnte aufgrund seiner geringen Größe seit Jahren keinen ausgeglichenen Haushalt mehr aufstellen und war die einzige Gemeinde Hessens, die von der Möglichkeit Gebrauch machen musste, den Bürgermeister lediglich ehrenamtlich zu ernennen.[8]
Vor der Eingemeindung bestand die Gemeinde Bromskirchen aus den Ortsteilen Bromskirchen (Kernort), Dachsloch, Neuludwigsdorf, Seibelsbach und Somplar. Auf 35,22 km² lebten 1917 Einwohner (Stand: 31. Dezember 2021).
Kloster Bromskirchen
Seit längerer Zeit diskutiert wird die Theorie, dass die Martins-Basilika Mittelpunkt eines Nonnenklosters vom Orden der Benediktiner gewesen sein soll. Hinweise darauf finden sich aber lediglich in einer Chronik des Nachbarortes Hallenberg sowie in einer Beschreibung des Amtes Battenberg um 1750. Nach der Chronik soll das Kloster um 1518 zerstört worden sein.[9]
Militärzug mit 10 V2-Raketen in Bromskirchen
Im Jahr 1945 wurde Bromskirchen kurzfristig weltweit bekannt, als ein kompletter Militärzug[10] mit V2-Raketen des Heeres-Artillerieregimentes, (Heeres Art.Abt.(mot)705, 10.Batterie, der Gruppe Süd-Art.Rgt.(mot.)z.V.901 Abt.Ia) von Truppen einer Vorhut der 3. US-Panzerdivision der 1. US-Armee unter Generalmajor Maurice Rose erbeutet wurde.
Dieser Zug wurde am 22. März 1945 von Driedorf (Westerwald) kommend als überlanger Militärzug über Herborn auf die Aar-Salzböde-Bahn geleitet. Die V2-Raketen sollten in eine neue nordöstliche Abschussstellung gebracht werden. Der Zug war etwa 1,5 Kilometer lang und wurde von zwei Lokomotiven (Typ G 8) gezogen, eine weitere befand sich in der Mitte, eine vierte schob von hinten. Bei Bicken wurde er gegen acht Uhr und später bei Bischoffen von amerikanischen Jagdbombern angegriffen; eine Lok wurde beschädigt (Kesseldurchschuss), bei heftiger Gegenwehr durch die mitgeführten Vierlingsflaks. Der Zug wurde danach in Bischoffen geteilt und erreichte gegen Abend den 700 m langen Tunnel bei Hartenrod, wo er jedoch hinten und vorne herausragte, allerdings geschützt durch tiefe Böschungseinschnitte. Die Bevölkerung musste auf dem Anstieg zum Tunnel, um ein Durchdrehen der Antriebsräder der Loks zu verhindern, Sand auf die Schienen streuen und Buchenscheite für die Feuerung der Loks herbeischaffen; Kohle gab es nicht mehr.
Nach zwei Tagen wurde der nun wieder komplette Zug in Richtung Marburg abgefahren. Nach einer Irrfahrt über Marburg, Wetter (Hessen), Frankenberg und Allendorf (Eder) erreichte der Raketenzug auf dem Weg nach Winterberg am 29. März 1945 den Bahnhof Bromskirchen. Dort stoppten ihn gegen neun Uhr amerikanische Panzer, als die Loks Wasser tanken wollten. Den Amerikanern fielen mit diesem V2-Eisenbahnbatteriezug[11] unter Planen getarnt, zehn komplette V2-Raketen einschließlich Treibstoff, Eisenbahnabschussrampen, gepanzerten Mannschafts- und Flakwaggons sowie die Bedienungsanleitungen in die Hände.
Drei Tage später ließ die US-Armee den Zug mit der wertvollen Beute nach Antwerpen bringen. Von dort wurde die Ladung nach Amerika verschifft und trug damit wesentlich zum Aufbau der amerikanischen Raketentechnik bei. Bis dahin war den Amerikanern die V2 nur aus ihren Bruchstücken nach dem Einschlag bekannt.[12] Dieser Schachzug wurde auch ausführlich in alliierten Wochenschauen thematisiert.[13]
Verwaltungsgeschichte im Überblick
Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten,[Anm. 1] denen Bromskirchen angehört(e):[2][14][15]
ab 2023: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Waldeck-Frankenberg, Gemeinde Allendorf (Eder)
Bevölkerung
Einwohnerstruktur 2011
Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Bromskirchen 1867 Einwohner. Darunter waren 61 (3,3 %) Ausländer, von denen 21 aus dem EU-Ausland, 37 aus anderen Europäischen Ländern und 3 aus anderen Staaten kamen.[18] (Bis zum Jahr 2020 erhöhte sich die Ausländerquote auf 9,3 %.[19]) Nach dem Lebensalter waren 255 Einwohner unter 18 Jahren, 443 zwischen 18 und 49, 282 zwischen 50 und 64 und 285 Einwohner waren älter.[20] Die Einwohner lebten in 779 Haushalten. Davon waren 211 Singlehaushalte, 236 Paare ohne Kinder und 278 Paare mit Kindern, sowie 42 Alleinerziehende und 12 Wohngemeinschaften. In 168 Haushalten lebten ausschließlich Senioren und in 495 Haushaltungen leben keine Senioren.[20]
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: [2][21]; 1972:[22]; ab 1975:[19]; Zensus 2011[18] Ab 1972 einschließlich der im Zuge der Gebietsreform in Hessen eingegliederten Orte.
In der Gemeinde Bromskirchen bestanden zwei Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung. Ein Ortsbezirk umfasste das Gebiet der ehemaligen Gemeinde Somplar und der zweite Ortsbezirk mit dem Namen Neuludwigsdorf-Dachsloch-Seibelsbach bestand aus den Fluren 20 bis 26 sowie 73 und 74 der Gemarkung Bromskirchen. Die Ortsbeiräte beider Ortsbezirke bestanden aus jeweils fünf Mitgliedern.[28]
Bürgermeister
Nach der hessischen Kommunalverfassung war der Bürgermeister Vorsitzender des Gemeindevorstands, dem in der Gemeinde Bromskirchen neben dem Bürgermeister fünf ehrenamtliche Beigeordnete angehören. Letzter ehrenamtlicher Bürgermeister vor der Eingemeindung war Ottmar Vöpel.[29][30] Er wurde bei der Wahl am 24. September 2017 mit 86,7 % der Stimmen gewählt.[31]
Wappen
Blasonierung: „Im von Schwarz und Silber gespaltenen Schild vorne ein goldenes Schwert, dessen Griff kreuzförmig gestaltet ist, hinten ein schräggestelltes, von einem goldenen Balken überdecktes schwarzes Gitter.“[32]
Wappenbegründung: Der gespaltene Schild zeigt in dessen vorderer Hälfte ein goldenes Schwert mit kreuzförmigem Griff als Hinweis auf den Patron der Pfarrkirche St. Martin und zugleich deutet es den Bestandteil „-kirchen“ des Gemeindenamens an. Die hintere Schildhälfte ist dem Wappen der Herren von Winter entnommen, die vom 15. bis zum 18. Jahrhundert die waldeckische Vogtei über Bromskirchen innehatten. Die Grundfarben Schwarz und Weiß sind zugleich ein Hinweis auf die Zugehörigkeit der Gemeinde zur alten Grafschaft Battenberg.
Die Gesamtanlage des historischen Ortskerns um den leicht erhöhten Kirchplatz ist denkmalgeschützt.[33] Historische Bausubstanz ist wegen der Brände in den Jahren 1556, 1843 und 1850 kaum vorhanden.[33] Die Evangelische Kirche Bromskirchen wurde im dritten Viertel des zwölften Jahrhunderts errichtet und von 1574 bis 1585 zur evangelischen Predigtkirche umgebaut.[34] Das denkmalgeschützte[35]Rathaus Bromskirchen wurde in den Jahren 1619 bis 1621 erbaut. Es ist ein Fachwerkhaus mit ornamentalen Schnitzereien. Am Linspherbach liegt die denkmalgeschützte Oberlinspher Mühle.[36]
Fester Bestandteil des Bromskircher Terminkalenders ist das Schützenfest jährlich am ersten Augustwochenende. Die Seefete des Jugendclubs findet auch jedes Jahr am letzten Wochenende im Juli statt.
Wirtschaft und Infrastruktur
Flächennutzung
Das ehemalige Gemeindegebiet umfasste 2015 eine Gesamtfläche von 3523 Hektar, davon entfielen in ha auf:[19]
Nutzungsart
2011
2015
Gebäude- und Freifläche
149
148
davon
Wohnen
56
55
Gewerbe
48
48
Betriebsfläche
8
8
davon
Abbauland
2
2
Erholungsfläche
8
8
davon
Grünanlage
6
5
Verkehrsfläche
173
172
Landwirtschaftsfläche
946
942
davon
Moor
0
0
Heide
0
0
Waldfläche
2217
2219
Wasserfläche
20
20
Sonstige Nutzung
5
5
Unternehmen
Bromskirchen ist ein Wirtschaftsstandort und bietet mehr als 900 Arbeitsplätze im produzierenden Gewerbe. Größten Anteil daran hat die Firma Hoppe AG, führender Hersteller von Tür- und Fensterbeschlägen. Auch die Firma Ante-Holz ist dort von großer wirtschaftlicher Bedeutung.
↑Gemeindegebietsreform: Zusammenschlüssen und Eingliederungen von Gemeinden vom 20. Januar 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr.6, S.248, Abs. 34 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,2MB]).
↑ Genaue Bezeichnung gem.: Schreiben der Gruppe Süd-Art.Rgt.(mot.)z.V.901 Abt.Ia vom 12.3.1945 an Heeres Art.Abt.(mot)705, 10.Batterie und Seite 80 des Kriegstagebuches vom 19. März 1945 der Gruppe Süd - Art.Rgt.(mot.) z.V.901.
↑Karsten Porezag: Geheime Kommandosache, Geschichte der "V-Waffen" und geheimen Militäraktionen des Zweiten Weltkrieges an Lahn, Dill und im Westerwald, Dokumentation", 2. erweiterte und überarbeitete Auflage 1997. 7. Tausend: Juli 2003, S. 35–37 und 326–344, Verlag Wetzlardruck, Wetzlar 2003, ISBN 3-926617-20-9
↑Horst W. Müller: „Ein geheimnisvoller Zug durchquerte 1945 das Hinterland“, Hinterländer Geschichtsblätter Nr. 1, März 2005, Seite 12
↑Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com. Abgerufen am 1. Januar 1900
↑Grossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.12ff. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑ abGrossherzogliche Centralstelle für die Landesstatistik (Hrsg.): Beiträge zur Statistik des Großherzogtums Hessen. Band13. G. Jonghause’s Hofbuchhandlung, Darmstadt 1872, OCLC162730471, S.27ff., § 40 Punkt 6e) (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
↑
Kommunalwahlen 1972; Maßgebliche Einwohnerzahlen der Gemeinden vom 4. August 1972. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1972 Nr.33, S.1424, Punkt 1025 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 5,9MB]).
↑Genehmigung eines Wappens der Gemeinde Bromskirchen, Landkreis Waldeck-Frankenberg vom 3. Januar 1983. In: Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1983 Nr.1, S.13, Punkt 9 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF]).