BMW C1
Der BMW C1 ist ein überdachter Motorroller der Bayerischen Motoren Werke, der im Herbst 1992[1] auf der Zweiradmesse IFMA in Köln als Designstudie präsentiert[2] und ab Frühjahr 2000 als „innovatives Fahrzeugkonzept auf zwei Rädern“ vermarktet wurde. Das italienische Karosseriebauunternehmen Bertone montierte das Zweirad in Turin. Die Motoren kamen wie schon bei der Aprilia-Gemeinschaftsentwicklung BMW F 650 von Rotax aus Gunskirchen in Österreich.[3] Die Produktion wurde 2003 eingestellt.[4] KonzeptionGrundlage des C1-Konzepts waren ein steigendes Mobilitätsbedürfnis in Form von Individualverkehr bei gleichzeitig steigender Verkehrsdichte in den Ballungsräumen in den 1990er Jahren.[5] Die Idee eines überdachten Motorrollers war zwar schon in Experimentalfahrzeugen ausprobiert, aber noch in keinem Serienfahrzeug verwirklicht; ein ähnliches Konzept ist der Kabinenroller. Grundgedanke ist ein besserer Unfallschutz durch Sicherheitsgurte und -zelle, bei dem die Helmpflicht entfällt, sowie Wetterschutz vor Regen und Fahrtwind. Der Fahrgastkäfig wurde im Jahre 2001 zum Patent angemeldet.[6] Der C1 sollte in Form eines Motorrollers die Wendigkeit eines Zweirades mit der Sicherheit eines Autos verknüpfen.[7] Nachdem fünf Generationen von Prototypen entwickelt waren, genehmigte der Vorstand 1997 das Projekt, und innerhalb von zweieinhalb Jahren wurde der Roller zur Serienreife gebracht.[5] Modelle und TechnikC1 125Das ursprüngliche Modell (Hersteller/Typ 0005/080) hat einen Einzylindermotor mit einem Hubraum von 125 cm³. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei etwa 106 km/h.[8] Der Kraftstoffverbrauch des Viertaktmotors liegt laut Werksangabe bei 2,9 l/100 km (Superbenzin), der reale Verbrauch war erfahrungsgemäß etwas höher. C1 200Im Januar 2001 wurde der C1 200 mit 176 cm³ Hubraum vorgestellt (Hersteller/Typ 0005/081), der gemäß Werksangabe 112 km/h[9] erreicht, insbesondere aber eine verbesserte Beschleunigung sowie ein deutlich reiferes Klangbild aufweist.[10] Aus 176 cm³ Hubraum erzeugt der C1 200 eine Nennleistung von 13 kW (17,7 PS), das Drehmoment erhöht sich von 12 auf 17 Nm. Der 176-cm³-Motor ist mit 11,5 : 1 geringer verdichtet als der 125-cm³-Motor (13,0 : 1). Die Beschleunigungszeit von 0 auf 50 km/h sank von 5,9 auf 3,9 s. Verkaufsstart war am 10. März 2001.[4] Für den C1 125 spricht die günstigere Steuerklassifizierung und für diejenigen, die 125er Motorräder mit ihrem älteren Kraftfahrzeugführerschein („Klasse 3 und 4 – vor 1. April 1980“) fahren dürfen, dass sie keinen Motorradführerschein brauchen. Innovationen, Stärken und Vorteile des C1Die erstrebten Eckpunkte „Fahrsicherheit“ und „Wetterschutz“ drangen nicht vollständig ins öffentliche Bewusstsein:
Genau wie der C1 erlangten seither nur wenige ungewöhnliche Fahrzeugkonzepte dieser Zeit weitere Verbreitung. Schwächen und Nachteile des C1
Das durch den hohen Schwerpunkt bedingte Fahrverhalten wird nach kurzer Eingewöhnungszeit nicht mehr als störend empfunden.[12] Der C1 ist zwar weniger wendig beim Rangieren als ein Fahrrad oder andere Roller, aber er lässt sich ohne Schwierigkeiten aufrecht halten. Auch bei absichtlichem Kippeln im Stand kann ein Umfallen mit durchschnittlicher Beinkraft eines Erwachsenen leichter verhindert werden, als es von der Fahrzeughöhe her zu vermuten wäre. Die aufzubringende Kraft hierfür ist zwar nicht unerheblich, aber eher geringer als bei einem schweren Motorrad. Erklärungsbedürftigkeit und VertriebsproblemeIm Gegensatz zu vielen anderen Fahrzeugen zieht der C1 auch heute noch Aufmerksamkeit an. Dennoch hatte das Konzept Akzeptanzprobleme: Weder die klassischen Käufergruppen für Autos oder Motorräder noch die für Fahrräder ließen sich direkt mobilisieren. Manche Motorradfahrer konnten sich schlecht mit einem oben geschlossenen Fahrzeug identifizieren, in dem man sich anschnallen muss. Dem gegenüber steht jedoch ein helmfreier Kopf bei abnehmbarem Dach. Das rundliche, ungewohnte Design polarisierte. Im Endeffekt kann der C1 wegen der fehlenden Tauglichkeit bei Schnee und Eis[13] von einem Großteil der Käufer nicht als alleiniger Ersatz eines Autos verwendet werden, was den Preisvorteil gegenüber einem Auto zunichtemachte. Das noch nicht etablierte Image gegenüber gleich teuren Motorrädern und die gering erscheinende Höchstgeschwindigkeit ließen den Preis für potentielle Käufer sogar relativ hoch wirken.[11] Das Basismodell kostete 9.980 DM, die Ausführung „Familys Friend“ 10.990 DM und das Modell „Executive“ (mit Handyhalterung und exklusiverem Interieur) 11.490 DM. Viele sinnvolle Ausstattungen wie Antiblockiersystem (ABS), Kofferraum oder ein Mitfahrersitz waren kostenpflichtiges Zubehör. Sogar der Schalter für die Warnblinkanlage war aufpreispflichtig. Das trieb den Preis für ein voll ausgestattetes Modell auf 15.000 bis 16.000 DM. Zum Vergleich: Eine neue Kawasaki ZR-7 (luft/ölgekühlter 0,738-Liter-Reihenvierzylindermotor, 56 kW, 205 km/h) war zu diesem Preis ebenso erhältlich,[14] während ein Kia Pride (1,3-Liter-Vierzylindermotor, 47 kW, 150 km/h) als preisgünstigster Kleinwagen auf dem deutschen Markt zur gleichen Zeit 12.990 DM kostete. Auch potentielle Auslöser eines Imageschubs („Funfaktor“) wie die optionale Musikanlage konnten aufgrund unglücklicher Realisierung nicht überzeugen. Über einen Verstärker mit zwei Lautsprechern konnte Musik von tragbaren Medienabspielgeräten, etwa CD-Spielern, abgespielt werden. Die Lautstärke war beschränkt und wurde zusätzlich abhängig vom Motorgeräusch automatisch verändert. In der Praxis wurde das System vielfach als untauglich empfunden; die Musiklautstärke musste ständig manuell korrigiert werden. Potentielle Interessenten ließen sich insbesondere vom wesentlichen Vorteil des Regenschutzes nicht ausreichend überzeugen. Oft gehörtes Vorurteil war, nur ein seitlich geschlossenes Fahrzeug könne effektiv vor Regen schützen. Diese Erklärungsprobleme waren für den Hersteller offensichtlich unerwartet, schließlich wäre das Modell des seitlich ebenfalls offenen Regenschirms plus Frontalschutz plausibel zu erläutern gewesen. Trotz hoher Aufmerksamkeit konnten letztendlich zu wenig Käufer veranlasst werden, von ihren bisherigen Fahrzeugen, insbesondere Auto oder Motorrad/Motorroller, umzusteigen. Eine neue homogene Käufergruppe bildete sich nicht aus oder blieb zumindest zu klein. Ursächlich verantwortlich dürfte hierbei eine völlig misslungene Marketingstrategie seitens BMW gewesen sein. Als Hauptkäuferkreis wurde in den Werbebroschüren der Typus des Yuppies umworben. Unter den tatsächlichen Käufern sind viele Menschen mit beruflich notwendiger hoher Mobilität vertreten, preisbedingt oft aus der (gehobenen) Mittelschicht und damit eher nicht jugendlich. Die grundlegenden Vorteile des Konzepts – weit höherer Verletzungs- und Wetterschutz als bei allen anderen Zweirädern sowie die Möglichkeit, in Alltags- statt sonst notwendiger Schutzkleidung zu fahren – wurden nicht oder nur unzureichend herausgestellt. Zubehör und Erweiterungen
Das Ende der FertigungIm Sommer 2003 wurde bekannt, dass BMW die Fertigung einstellt.[15] BMW gab allen Kunden eine Garantie zum Bezug von Ersatzteilen für die Dauer von zehn Jahren. Insgesamt wurden 33.714 Fahrzeuge verkauft.[16] Der Name C1 wurde im Jahr 2004 an den Hersteller Citroën verkauft,[15] der 2005 seinen Kleinwagen Citroën C1 vorstellte. Andere Hersteller brachten ähnliche Konzepte auf den Markt. Insbesondere Peugeot und Benelli stellten ein ebenfalls überdachtes Motorrad vor, welches deutlicher einem klassischen Roller nachempfunden ist. Neben einem unaufwendiger gestalteten Kunststoffdach fällt weiterhin auf, dass hier der Beifahrersitz (Sozius) innerhalb der Überdachung liegt. Allerdings wurde keine Helmfreigabe für die Motorroller von Peugeot und Benelli (Adiva) erteilt, da ihr Dach nur einen Wetterschutz darstellt und keine Sicherheitszelle wie beim C1. KonzepteIm Oktober 2009 präsentierte BMW im Rahmen des Sicherheitsprojektes European Safer Urban Motorcycling (eSUM) eine Konzeptstudie C1-E mit Elektroantrieb.[17] Eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer Kapazität von 3,7 Kilowattstunden[18] sollte einen Elektromotor des US-amerikanischen Herstellers Vectrix[13] versorgen, womit Strecken zwischen 50 und 110 Kilometer möglich gewesen wären.[18] Umgesetzt wurde die Studie nicht. Die CommunityZeitgleich zu den ersten BMW C1 auf deutschen Straßen entwickelte sich eine rege Online-Community, die sich via Foren der Probleme und der Begeisterung annimmt. Hier wird z. B. jährlich ein internationales Treffen organisiert, bei gegenseitigen Problemen geholfen usw. International sind ein englisches und ein italienisches Forum zu erwähnen. Zusätzlich etablierten sich viele regionale Stammtische, Clubs, Homepages und Foren. LiteraturDer deutsche Schriftsteller Wolf-Ulrich Cropp beschreibt in dem Buch Magisches Afrika – Mali[19] seine 11872 km lange Reise mit einer BMW C1 von Hamburg zur Oase Taouz in der Wüste Südost-Marokkos. Die C1-Roller-Fahrt gilt als Langstreckenrekord für einen Roller dieser Art.[20]
Rezension
– Gerhard Eirich: 2Räder[8]
– Jens Riedel: bma[12] WeblinksCommons: BMW C1 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
|