Willibald Siemann erlernte den Orgelbau vermutlich bei seinem Schwager Martin Binder, der ab 1873 einen Orgelbaubetrieb
in Pfaffenhofen hatte. 1889 eröffnete Binder einen zweiten Betrieb in Regensburg, wo Siemann Teilhaber wurde. 1900 gründete Siemann in München eine eigene Firma. Nach Binders Tod 1904 vereinigte er beide Betriebe und firmierte zunächst unter dem Namen Martin Binder & Sohn, Inh. Willibald Siemann, später nur noch als Willibald Siemann & Co., München und Regensburg.
Nach Siemanns Tod wurde der Betrieb von seinem Schwiegersohn Georg Prell weitergeführt, bis 1944 die Münchner Werkstatt in der Steinheilstraße 7 durch einen Bombenangriff zerstört wurde. Danach trat Prell nicht mehr in Erscheinung. Die Regensburger Filiale pachtete 1946 der aus Oberschlesien stammende Orgelbauer Carl Berschdorf. Nach der Währungsreform wurde der Betrieb stillgelegt. Berschdorf starb am 15. Dezember 1950.
Insgesamt wurden von Binder und Siemann zwischen 1875 und 1944 ca. 525 Orgeln gebaut: 180 mit einem, 330 mit zwei, 8 mit drei und eine mit vier Manualen. Die Instrumente wurden vorwiegend für katholische Kirchen in Bayern gebaut. Die Firma galt damals neben Franz Borgias Maerz als einer der führenden Betriebe.
Der Markt Zusmarshausen benannte Anfang September 2024 den Platz vor dem Feuerwehrhaus im Ortsteil Streitheim, dem Geburtsort von Siemann, in Willibald-Siemann-Platz um. Zusätzlich wurde eine Informationstafel aufgestellt.[1]
Orgeln
Viele Orgelhistoriker schätzen an seinen Instrumenten die hochwertige Verarbeitung, besonders die gediegene Herstellung der Pfeifen in der hauseigenen Pfeifenwerkstatt. Siemann bevorzugte eine reiche Auswahl an Grundstimmen, zu denen hohe Stimmen in geringer Anzahl hinzukamen. Die Nebenwerke fungierten als reines Begleitwerk ohne Klangkronen. Das Pedal verfügte über eine geringe Stimmenanzahl, in der Regel ohne Zungenregister. Erst in der letzten Schaffensperiode setzte Siemann die Ideen der Orgelbewegung nach und nach bei seinen Neubauten um.
Wertvolle Orgelgehäuse wurden übernommen, aber oft maßtechnisch erheblich verändert, um die raumgreifenden Kegelladen unterzubringen. Alte Register wurden normalerweise nicht wieder verwendet, was oft eine Vernichtung von ranghohen Denkmalorgeln bedeutete.
Ab 1894 wurden hauptsächlich Trakturen mit pneumatischen Kegelladen gebaut. Erst nach dem Tod des Firmeninhabers wurden auch gelegentlich Orgeln mit elektro-pneumatischer Traktur hergestellt.[2]
Kursivschreibung zeigt an, dass die Orgel nicht mehr oder nur noch der Prospekt erhalten ist. In der sechsten Spalte bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal. Die arabische Zahl gibt die Anzahl der klingenden Register an. Die letzte Spalte bietet Angaben zum Erhaltungszustand und zu Besonderheiten sowie Links mit weiterführender Information.
letzte nachweisbare mechanische Kegellade der Firmengeschichte; 1938 Renovierung von Eduard Hirnschrodt[3] 1991: Renovierung Hartmann; Aeoline 8' ersetzt durch Oktave 2' → Orgel
Das historische Gehäuse einer Vorgängerorgel wurde verbreitert, um die raumgreifenden Kegelladen aufnehmen zu können. Diese Orgel ist in stark veränderter Form im Privatbesitz ohne Prospekt erhalten. Prospekt in veränderter Form in neues Instrument als Rückpositiv integriert
nicht erhalten; Erbauer: Martin Binder & Sohn, Rgbg. (1917, ohne Siemann-Aufschrift); über 2000 Pfeifen, 1992 restauriert und umgebaut – 2022 Neubau Thomas Jann
Erweiterung der bestehenden Orgel von Maerz um zwei Register, Tremulant und Oktavergänzungswindladen; Nach Kriegsverlust 1954 Neubau durch Schuster[5][8]
hinter Gehäuse des Frankfurter Orgelmachers Hans Georg Steigleder, Umbau 1990 durch Winfried Elenz aus Würzburg. → Orgel Nicht erhalten: Neubau Karl Göckel 2016.[11]
↑ abChristian Vorbeck: Die Orgelbauer Martin Binder und Willibald Siemann. 1. Auflage. Siebenquart Verlag Dr. Roland Eberlein, Köln 2013, ISBN 978-3-941224-02-5, S.78, 214f.
↑Georg Brenninger: Die Orgeln der Münchener Heilig-Geist-Pfarrkirche. In: Acta Organologica. Band10, 1976, S.75–80.