Eschwege entstammte dem zur Althessischen Ritterschaft gehörenden Adelsgeschlecht derer von Eschwege und kam im Herrenhaus Aue zur Welt.[1] Er war ein Sohn des Landrats und Rittergutsbesitzers Johann Christian Ludwig von Eschwege (1746–1798) und dessen Ehefrau Sophie, geb. Mosebach (1753–1813). Im Jahre 1823 heiratete er Sophie von Baumbach (1785–1869), Tochter des kurhessischen Landrats Ludwig Wilhelm von Baumbach (1755–1811)[2][3] und dessen Frau Christiane von Wangenheim (1764–1841). Die Ehe blieb kinderlos.
Bei der Invasion Portugals durch napoleonische Truppen im Jahre 1807 war Eschwege Hauptmann der Artillerie in der portugiesischen Armee. 1809 folgte er dem ins Exil gegangenen Königshaus nach Brasilien, wo er im Laufe der folgenden zehn Jahre vor allem im Staat Minas Gerais insgesamt 29 Eisenwerke einrichtete. Im Dezember 1812 brachte er in der Eisenhütte in Congonhas do Campo das erste Eisen Brasiliens zum Fluss. Im Jahre 1817 wurde er zum General-Direktor der brasilianischen Goldbergwerke und Vorstand des königlichen (ab 1822 kaiserlichen) Mineralienkabinetts in Rio de Janeiro ernannt. Eschwege nutzte seinen Aufenthalt in Brasilien, um das Land zu bereisen und geognostische Forschungen zu betreiben. Er wurde einer der gründlichsten Diamantenkenner seiner Zeit, zeichnete die ersten Profile und die erste farbige geologische Karte von Minas Gerais, und veröffentlichte die Ergebnisse seiner Erkundungen in zahlreichen Schriften.[4]
1821 kehrte er nach Europa zurück, und von 1823 bis 1830 wirkte er wieder in Portugal, wo er ab 1824 als Oberberghauptmann und Genieoberst an der Spitze des Montanwesens stand. 1830 war er durch die politischen Verhältnisse unter dem UsurpatorenMichael I. gezwungen, Portugal zu verlassen. Er ging nach Hessen zurück und gründete 1832 in Kassel die „Hessisch-Waldeckische Compagnie zur Gewinnung des Goldes aus dem Edder-Flusse“.[5] Kurprinz und Mitregent Friedrich Wilhelm von Hessen-Kassel und Fürst Georg II. Heinrich von Waldeck beteiligten sich als Aktionäre und „höchste Protektoren“, und eine Anzahl hessischer und waldeckscher Adelige sowie angesehene Bürger der Region wurden Aktionäre. Die Gesellschaft errichtete Europas damals größte Goldwaschanlage an der Eder bei Bergheim, aber das teure Unternehmen wurde ein Flop, weil es keine Goldnuggets, sondern nur feinste Goldblättchen hervorbrachte, und ging schon im Mai 1835 in Liquidation.[6]
1834 rief ihn Peter IV. wieder zur Leitung des Bergwesens nach Portugal zurück und ernannte ihn zum Generalmajor des Geniekorps.[7] Er war portugiesischer Oberberghauptmann bis zur Auflösung dieses Amtes im Jahre 1836. Danach blieb er zunächst in Portugal, um seine überkommenen Rechte zu sichern. 1839–1849 erbaute er auf Geheiß des portugiesischen Prinzgemahls und TitularkönigsFerdinand II. das Schloss Palácio Nacional da Pena bei Sintra.
1850 trat er in den Ruhestand zog sich nach Wolfsanger bei Kassel zurück, wo seit 1841 eine Kaltwasserheilanstalt mit ärztlicher Betreuung bestand.
Journal von Brasilien oder vermischte Nachrichten aus Brasilien, auf wissenschaftlichen Reisen gesammelt. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1818 (2 Hefte, hrsg. von Friedrich Justin Bertuch)
Geognostisches Gemälde von Brasilien und wahrscheinliches Muttergestein der Diamanten. Landes-Industrie-Comptoir, Weimar 1822
Brasilien: Die neue Welt in topographischer, geognostischer, bergmännischer, naturhistorischer, politischer und statistischer Hinsicht während eines elfjährigen Aufenthaltes von 1810 bis 1821; mit Hinweisung auf die neueren Begebenheiten. Vieweg, Braunschweig 1830 (2 Bände)
Beiträge zur Gebirgskunde Brasiliens. Reimer, Berlin 1832
Pluto brasiliensis: Eine Reihe von Abhandlungen über Brasiliens Gold-, Diamanten und anderen mineralischen Reichthum, über die Geschichte seiner Entdeckung, über das Vorkommen seiner Lagerstätten, des Betriebs, der Ausbeute und die daraufbezügliche Gesetzgebung u.s.w. Reimer, Berlin 1833
Portugal: Ein Staats- und Sittengemälde in Skizzen und Bildern nach dreißigjährigen Beobachtungen und Erfahrungen. Hoffmann und Campe, Hamburg 1837
Nachlass
Der Nachlass von Eschweges enthält Personalpapiere sowie die Korrespondenz des Oberberghauptmanns. Die Unterlagen werden als Depositum im Hessischen Staatsarchiv Marburg (Bestand 340 Wilhelm Ludwig von Eschwege) aufbewahrt, sind vollständig erschlossen und online recherchierbar.[9] Der Restbestand seiner Mineraliensammlung befindet sich im Mineralogischen Institut der Technischen Universität Clausthal-Zellerfeld.
Hanno Beck: Wilhelm Ludwig v. Eschwege - der bahnbrechende Brasilienforscher (1777-1855). In: Hanno Beck: Große Reisende. Entdecker und Erforscher unserer Welt. Verlag Georg D. W. Callwey, München 1971, ISBN 3-7667-0190-8, S. 146–160.
Franz Kühn: Wilhelm Ludwig v. Eschwege. In: Lebensbilder aus Kurhessen und Waldeck = Veröffentlichung der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck 20, Bd. 3. Marburg 1942.
Sylk Schneider: „Brasilianische Diamanten und Mineralien - John Mawe und Wilhelm Ludwig von Eschwege“. In: Sylk Schneider: Goethes Reise nach Brasilien. Weimar 2008 ISBN 978-3-937939-69-8; S. 44–65.
Uwe Schwarz: Wilhelm Ludwig von Eschwege (1777-1855). Ein deutscher Bergmann und Geograph in Brasilien. In: Tópicos. Deutsch-Brasilianische Hefte. Zeitschrift für Politik, Wirtschaft und Kultur 40 (2001), 1/2001, ISSN0949-541X, S. 30–32 (Zusammenfassung des am 18. November 2000 in der Karl Rahner Akademie Köln gehaltenen Vortrages im Rahmen der offenen Fachtagung „500 Jahre Brasilien“).
Friedrich Toussaint: Wilhelm Ludwig von Eschwege (1777-1855), a German Engineer of Mining an Metallurgy in Portugal and Brazil. In: History of Technology 22 (2000), 155–169.
Friedrich Sommer (Hrsg.): Wilhelm Ludwig von Eschwege, 1777-1855: Lebensbild eines Auslanddeutschen mit kulturgeschichtlichen Erinnerungen aus Deutschland, Portugal und Brasilien. Ausland u. Heimat, Stuttgart 1928.
↑1777: Nov 10. In: Archiv der Evangelischen Landeskirche von Kurhessen und Waldeck (Hrsg.): Kirchenbuch Aue. Bestand des Kirchenkreisarchivs im Archiv des Werra-Meißner-Kreises in Waldkappel. 1777, S.148.
↑Während seiner Erkundungsarbeiten besuchte er u. a. die Eisenerzlagerstätte bei Itabirito und vermerkte das dort vorgefundene Bändererz-Gestein als Itabirit in seinem 1822 erschienenen Werk Geognostisches Gemälde von Brasilien und wahrscheinliches Muttergestein der Diamanten. (Karl Caesar von Leonhard: Charakteristik der Felsarten. Erste Abtheilung, Ungleichartige Gesteine. Heidelberg 1823, S. 202)