Wilhelm BlaschkeWilhelm Johann Eugen Blaschke (* 13. September 1885 in Graz, Österreich-Ungarn; † 17. März 1962 in Hamburg) war ein österreichischer Mathematiker und Autor. Seine Arbeiten haben die Entwicklung der modernen Differentialgeometrie entscheidend beeinflusst. LebenSein Vater Josef Blaschke (* 1852 † 1917) lehrte Darstellende Geometrie an der Oberrealschule in Graz und beeinflusste seinen Sohn früh im Sinne der rein geometrischen Beweise von Jakob Steiner. Seine Mutter war Maria Blaschke (* 1864 † 1945), geborene Edle von Mor zu Sunnegg und Morberg. An der Technischen Universität Graz studierte er Bauingenieurwesen, wo seine Hinwendung zur Mathematik beeinflusst von Oskar Peithner von Lichtenfels verstärkt wurde und er zum Studium der Mathematik an der Universität Wien wechselte und bei Wilhelm Wirtinger 1908 promovierte (Über eine besondere Art von Kurven vierter Klasse).[1] Er ging dann nach Pisa zu Luigi Bianchi und nach Göttingen zu Felix Klein, David Hilbert und Carl Runge. 1910 habilitierte er sich bei Eduard Study in Bonn. Bevor er 1913 Professor in Prag wurde, arbeitete er noch mit dem Lie-Schüler Friedrich Engel in Greifswald zusammen. 1915 ging er nach Leipzig, wo er in seiner Antrittsvorlesung „Kreis und Kugel“ Jakob Steiners Spuren folgt, 1917 nach Königsberg und von dort über Tübingen 1919 nach Hamburg, das er mit der Berufung unter anderem von Erich Hecke und Emil Artin zu einem Zentrum der Mathematik machte. Dort blieb er bis zu seiner Emeritierung 1953, behielt aber auch danach eine rege Reisetätigkeit bei. Blaschke heiratete am 10. April 1923 die Hamburgerin Auguste Meta Anna Röttger (1893–1992), mit der er eine Tochter und einen Sohn hatte. 1927/28 war er Rektor der Universität Hamburg (Antrittsrede: Leonardo und die Naturwissenschaften). Blaschke opponierte im NS-Staat anfangs gegen dessen Isolationsbestreben auf wissenschaftlichem Gebiet, beantragte dann am 5. Juli 1937 die Aufnahme in die NSDAP und wurde rückwirkend zum 1. Mai desselben Jahres aufgenommen (Mitgliedsnummer 4.486.904).[2] Am 11. November 1933 gehörte er zu den Aufrufern für das Bekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler und dem nationalsozialistischen Staat.[3] Blaschke war in den Nachkriegsjahren stark umstritten. Er wurde 1946 entnazifiziert und bekam seinen Lehrstuhl in Hamburg zurück, den er bis zu seiner Emeritierung 1953 behielt. Er hatte aber auch dann sehr viele internationale Kontakte. Zu seinen Schülern gehörten der nach dem Zweiten Weltkrieg international führende Geometer Shiing-Shen Chern, der 1936 bei ihm promovierte, Gerhard Thomsen und Luis Santaló. Ein weiterer Mitarbeiter war Gerrit Bol. Er starb am 17. März 1962 an einem Herzanfall in Folge einer über lange Zeit unbemerkt gebliebenen Blinddarmentzündung.[4] Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof Ohlsdorf unweit des Haupteinganges. Sein wissenschaftlicher Nachlass befindet sich im Institut für die Geschichte der Naturwissenschaft und Technik der Universität Hamburg. WerkBlaschke arbeitete auf zahlreichen Gebieten der Differentialgeometrie (besonders affine Differentialgeometrie) und der Geometrie, z. B. über Minimaleigenschaften („isoperimetrische Eigenschaften“) geometrischer Figuren, Konvexe Körper, Integralgeometrie (ein Begriff, den er prägte) und die Geometrie der „Gewebe“, gruppentheoretische Eigenschaften der Geometrie, Geometrie der Kreise und Kugeln (nach Edmond Laguerre, August Ferdinand Möbius, Sophus Lie). In der Funktionentheorie ist das Blaschkeprodukt nach ihm benannt, ferner der Konvergenzsatz von Blaschke und der Auswahlsatz von Blaschke. Er ist der Verfasser vieler ausgezeichneter Lehrbücher, besonders seine „Vorlesungen über Differentialgeometrie“ von 1921/9. Auch Felix Kleins Vorlesungen über höhere Geometrie hat er neu herausgegeben und ergänzt. Blaschke war Mitherausgeber der Grundlehren der mathematischen Wissenschaften. Eine Vermutung von Blaschke über die Charakterisierung der n-dimensionalen Sphäre als Wiedersehen-Mannigfaltigkeit wurde von Jerry Kazdan, Marcel Berger, Alan Weinstein und Chung Tao Yang bewiesen. Ehrungen und MitgliedschaftenAm 4. April 1957 wurde Blaschke als Ehrenmitglied in die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin aufgenommen. Er war seit 1943 auch Mitglied der Leopoldina.[3] Er war Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz und korrespondierendes Mitglied der Bayerischen und Sächsischen Akademie der Wissenschaften sowie Ehrendoktor der Universitäten Sofia, Padua, Karlsruhe und Greifswald. Die Wilhelm Blaschke Gedächtnisstiftung in Hamburg (gegründet von Emanuel Sperner) vergibt ihm zu Ehren eine Medaille für Leistungen in der Geometrie. Preisträger waren unter anderem Katsumi Nomizu und Kurt Leichtweiß. Werke
Literatur
Online zugängliche Schriften
Weblinks
Einzelnachweise
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