Ein nacheiszeitlicher Lagerplatz (ca. 11.500 v. Chr.) einer Federmessergruppe wurde 2008 in Wesseling-Keldenich freigelegt[3] und zeigt im Zusammenhang, dass am Ende der Altsteinzeit in der Region lebende Menschen den Vulkanausbruch am Laacher See erlebt haben.
Der Fund römischer Weihealtäre, die Ausgrabung eines römischen Landhauses sowie fränkische Grabfelder sind frühe Belege der Besiedlung des Ortes. Der Ortsname geht auf die 820 n. Chr. an das Kloster Montfaucon überschriebene Gutsherrschaft „Waslicia“ zurück. Der Name „Oberwesseling“ erschien erstmals 1238 als „Weslic superior“ in Dokumenten. Die alten Wortformen „Waslicia“ oder „Weslic“ entstanden, wie das latinisierte „Waslicia“, aus dem Begriff „Waslic“. Dieser lässt sich anscheinend auf „Was(i)liacum“ zurückführen, die Siedlung eines „Was(i)lio“. Mithin gehört es zu der uralten Ortsnamengruppe mit der Endung „-acum“ ähnlich wie „Juliacum“, das heutige Jülich, die Siedlung eines „Julius“.
Um 1700 bestand in Wesseling eine Gespannwechselstelle der Treidelschifffahrt. Bis zur Industrialisierung blieb der Ort zwischen Köln und Bonn aber eher unbedeutend. Erst 1793 deutete ein Gerbereibetrieb auf das kommende Industriezeitalter hin. 1848 wurde in Wesseling ein demokratischer Arbeiterverein gegründet. In diesem Jahr griff auch der Aufstand der Treidler (Rheinhalfen) auf die Wesselinger Treidelstation über, die ihr Gewerbe durch die aufkommende Dampfschifffahrt gefährdet sahen. 1880 gründeten Heinrich und Franz Zimmermann die Chemische Fabrik Wesseling zur Verwertung von Gasreinigungsmasse als Ursprung der heutigen Evonik Chemiewerke im Norden der Stadt. 1904 begann der Bau der Rheinuferbahn von Köln über Wesseling nach Bonn. Eine Querbahn verbindet Wesseling seit 1900 mit Brühl. Diese Strecke dient heute größtenteils dem Güterverkehr.
Im Zweiten Weltkrieg waren 1939 bis 1945 in der Wesselinger Industrie etwa 10.000 Fremd- und Zwangsarbeiter beschäftigt.[4] Die Stadt selbst zählte zum Vergleich nur 7.500 Einwohner. Die zum großen Teil in der UK und der Deutschen Norton beschäftigten Zwangsarbeiter waren in Holzbarackenlagern.[5] untergebracht. Das sogenannte „Südlager“ befand sich neben der heutigen Haltestelle in Wesseling-Süd.[6]
Ein weiteres Barackenlager lag direkt am Rhein, das sogenannte „Rheinlager“.[7][8]
Wesseling wurde – ähnlich wie Köln – Anfang März 1945 im Rahmen der Operation Lumberjack von der 1. US-Armee erobert und besetzt.
Bei den ersten Gemeindewahlen 1946 erzielten CDU 51,2 %; SPD 31,1 % und KPD 17,7 %. Nachdem Bonn 1949 Regierungssitz der Bundesrepublik Deutschland geworden war, war ein im Wesselinger Rheinpark gelegenes Gebäude (heutiges AWO-Haus) zunächst Residenz des Botschafters von Venezuela, dann ab 1954 ein Standort der Botschaft von Brasilien (siehe auch Liste der diplomatischen Vertretungen in Bonn).[9]
Am 1. August 1969 wurde der Ortsteil Urfeld der Gemeinde Hersel nach Wesseling umgegliedert, während der Hauptteil der Gemeinde Hersel in die Stadt Bornheim eingegliedert wurde.[10] Am 1. Juli 1970 wurde ein Teil der Gemeinde Bornheim mit damals etwa 125 Einwohnern nach Wesseling umgegliedert.[11] Am 3. Oktober 1972 erhielt die Gemeinde den Titel Stadt.[11]
Am 1. Januar 1975 wurde Wesseling durch § 1 Abs. 1 des Köln-Gesetzes in die Stadt Köln eingemeindet,[11] erhielt aber nach erfolgreicher Klage mit Wirkung zum 1. Juli 1976 seine Selbständigkeit zurück.[11] Dies bedeutete auch, dass Köln trotz der Eingemeindungen nicht mehr eine Millionenstadt war. Diesen Status erreichte Köln erst 2010 wieder. Bis zur Eingemeindung gehörte Wesseling dem Landkreis Köln an. Infolge der Ausgliederung gelangte Wesseling zum Erftkreis, der erst eineinhalb Jahre zuvor neugebildet worden war.
Politik
Stadtrat
Die Kommunalwahlen seit 2009 führten zu folgenden Ergebnissen:
Bürgermeister ist seit dem 17. November 2022 Ralph Manzke (SPD).[16] Er wurde in der Bürgermeisterstichwahl am 13. November 2022 mit 54,08 % der abgegebenen Stimmen gewählt.[17] Sein Vorgänger Erwin Esser (SPD) war am 30. Mai 2022 aus gesundheitlichen Gründen von seinem Amt zurückgetreten.
Blasonierung: „In Rot rechts ein Schildchen, darin in Silber ein doppelschwänziger roter Löwe, links ein silberner Lilienstab (Gleve) mit erniedrigter Mittelkreuzsprosse, auf dessen beiden Enden zwei einander zugekehrte silberne Vögel.“[18]
Wappenbegründung: Das Wappen wurde durch Erlass des Oberpräsidenten der Rheinprovinz vom 4. Januar 1937 verliehen. Es ist mit nur geringen Veränderungen aus dem jüngeren Schöffensiegel des 14. Jahrhunderts entwickelt worden. Dieser doppelschwänzige Bergische Löwe, ohne die blaue Krone und die blaue Bewehrung, weist auf den früheren Landesherren hin. Wesseling gehörte zum Territorialgebiet der Grafen von Sayn, wobei dessen Herrschaftssitz auf der Löwenburg infolge zahlreicher Besitzerwechsel im Jahr 1484 an die Herzöge von Berg und damit an das Herzogtum Berg fiel. Wesseling gehörte damit verwaltungsmäßig und gerichtlich zum Amt Löwenburg. Der Lebensbaum, ein altes christliches Symbol, findet sich auf dem Schöffensiegel der Freiheit Nieder-Wesseling aus dem 14. Jahrhundert.
Seit 2001 fungiert Wesseling zudem als Standort der deutschen Tochtergesellschaft des japanischen Automobilherstellers Nissan, der auf einem umgebauten Teil des Werkes des Unternehmens Saint-Gobain seine Firmenzentrale und eine Akademie betreibt.
Wesseling ist über die AutobahnenA 555 (Bonn–Köln) und A 553 (Bliesheim–Brühl) erreichbar. Letztere stellt die Verbindung zu den Autobahnen A 61 und A 1 her. Die A 555 war die erste in Deutschland für den öffentlichen Verkehr freigegebene Kraftfahrstraße.
Im innerstädtischen Verkehr werden Kreuzungen durch Kreisel ersetzt. Der älteste und großzügigste befindet sich seit Ende der 1950er Jahre an der Kreuzung Mühlenweg/Hubertusstraße. Durch gärtnerische und künstlerische Gestaltung dieser Kreisel soll deren Akzeptanz gefördert werden. Im Kreisel Ahrstraße/Siebengebirgsstraße steht seit 2006 eine von der benachbarten Firma Shell gefertigte Metallskulptur, nach einem Entwurf des Hürther Kulturpreisträgers Willi Laschet.
Die Querbahn nach Brühl ist heute nur noch im Güterverkehr bedeutsam, indem sie den Hafen Köln-Godorf an das Schienennetz der Deutschen Bahn anbindet. Der Hafen Godorf selbst hatte ehemals große Bedeutung für den Absatz der Briketts aus dem Rheinischen Braunkohlerevier.
Busverkehr
Die Stadtbuslinie 721 der Stadtwerke Wesseling erschließt die verschiedenen Ortsteile der Stadt und verbindet diese mit dem Stadtzentrum. Dort besteht Anschluss zur Stadtbahnlinie 16 und die Buslinie 930 in die Nachbarstadt Brühl, die von der Rhein-Erft-Verkehrsgesellschaft mbH (REVG) betrieben wird. Zum 10. Juni 2012 wurde mit dem TaxiBus 722 erstmals eine Linienverbindung zwischen Wesseling und dem Bornheimer Stadtteil Sechtem geschaffen. Der Schnellbus SB 92/93 fährt seit Winter 2020 direkt zu weiteren Städten im Rhein-Erft-Kreis.[19] Wesseling gehört zum Tarifgebiet des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS).
Die Personen- und Zweiradfähre RheinSchwan verbindet seit dem 14. Oktober 2017 Wesseling mit Niederkassel-Lülsdorf auf der gegenüberliegenden Rheinseite durch eine neue Fährverbindung. Die RheinSchwan löst die seit Jahrzehnten bestehende Fährverbindung, die durch die Marienfels bestand, ab.[20]
Kultur
Die Stadt bietet ein ausgedehntes Kulturprogramm an und konnte 2004 dem Phoenix Theater erstmals eigene Räumlichkeiten in der neuen Veranstaltungshalle „Rheinforum“ anbieten. Tradition hat das Jazz-Festival „Live im Lessing“. Seit 2005 ist mit der neuen Festhalle auch im Stadtteil Urfeld eine großzügige Sport- und Veranstaltungsstätte vorhanden, die unter anderem von den Musikfreunden Urfeld genutzt wird. Seit 2009 findet im Außenbereich der Halle auch jedes Jahr zu Pfingsten der „Tag der Blasmusik“ statt, den die Musikfreunde seit 1975 bis dahin jährlich auf dem Schulhof der Alten Urfelder Rheinschule veranstaltet hatten. An jedem letzten Samstag im November findet das Jahreskonzert der HCC Bigband in der Aula der Lessingschule an der Gartenstraße statt. Im Mai 2010 fand das erste Wesselinger Musikfestival „RheinKlang 669“ mit Livemusik in der Innenstadt sowie in verschiedenen Kneipen statt.[21]
Im Schulzentrum der Stadt gibt es ein Gymnasium sowie eine Real- und eine Hauptschule nebst Mensa, außerdem eine Fünffachturnhalle. Der Rat der Stadt Wesseling hat im September 2020 die Gründung einer Gesamtschule beschlossen, dafür sollen Real- und Hauptschule auslaufen.[22] Außerdem ist Wesseling einer der beiden Berufsschulstandorte des Goldenberg-Europakollegs in Hürth und unterhält insgesamt sechs Grundschulen. Neben dem nach der Wesselinger Olympiasiegerin benannten „Ulrike-Meyfarth-Stadion“ stehen diverse Anlagen für den Vereinssport zur Verfügung, ergänzt durch zwei städtische Hallenbäder.
Bauwerke und Sehenswürdigkeiten
Godorfer Burg und Hof in Berzdorf, 1173 als Besitz des Stifts zu Schwarzrheindorf erwähnt. Das heutige Burggebäude stammt als Beispiel der Burgenromantik aus dem Jahr 1871.
Jüdischer Friedhof mit 81 Grabsteinen an der Römerstraße. Nach 1945 wurde von der Gemeinde Wesseling ein Gedenkstein errichtet. Der Friedhof, der in den späten 1950er Jahren von Neonazis geschändet wurde, befindet sich heute in einem gepflegten Zustand.
Dietkirchener Hof in Urfeld, seit 1113 urkundlich nachweisbar, Wohngebäude aus dem 19. Jh., 1933 bis 1939 diente der Hof als Kibbuz Bamaaleh jüdischen Palästina-Auswanderern als Ausbildungsstätte.
Kaderhof in Urfeld, über dem Portal das Chronogramm für 1792: Has aeDes aere proprIo stVXIt Ioannes IosephVs CorMan benefICIatVs eX BLIntrop (Johann Joseph Corman, Lehnsmann aus Blintrop, hat dieses Haus aus eigenem Vermögen gebaut).
Bronx-Rock-Kletterhalle im Gewerbegebiet Rheinbogen, größte Indoorkletterhalle Deutschlands. Hallenhöhe bis zu 16,50 m.
Altes Rathaus Wesseling, im Vorspann der RTL-Serie „Das Amt“ zu sehen.
Eisenbahnmuseum der Köln-Bonner Eisenbahn-Freunde e. V.[23][24][25]
Filmmuseum Romboy mit angeschlossenem Museumskino.[26]
Das Naturschutzgebiet Entenfang mit einer Fläche von über 75.000 m² ist eines der wenigen Reste der ursprünglichen Auenlandschaften in der Köln-Bonner Bucht und stellt damit ein geologisches Denkmal in der Landschaftsgeschichte des südlichen Niederrheins dar. Durch intelligente botanische Aufforstung und aufwändige Erweiterungen der Grünflächen wurde zusätzlich ein attraktives Naherholungsgebiet geschaffen.
Paul Clemen: Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz. Band 4, Der Landkreis Köln. Düsseldorf 1897, Nachdruck Düsseldorf 1983, ISBN 3-590-32118-0.
Wolf Tüllmann: Wesseling in alten Ansichten. Zaltbommel/Niederlande 1983, ISBN 90-288-2403-0.
Hafen und Güterverkehr Köln AG: 100 Jahre Köln-Bonner Eisenbahn. Köln 1995.
Helmut Rönz (Bearb.): Rheinischer Städteatlas Wesseling. Hg.: Landschaftsverband Rheinland, Lieferung XVI, Nr. 89, Köln/Weimar/Wien 2007.
Bernhard Gondorf: Die Burgen der Eifel und ihrer Randgebiete. Ein Lexikon der „festen Häuser“. J. P. Bachem, Köln 1984, ISBN 3-7616-0723-7, S.176 (Jagdschloss Entenfang).