Vulvakrebs
Vulvakrebs und das Vulvakarzinom (Vulva: weibliche äußere Genitalorgane) sind seltene bösartige Tumorerkrankungen der äußeren Geschlechtsteile der Frau. Während der Begriff Vulvakrebs alle bösartigen Tumoren der Vulva umfasst, bezeichnet das Vulvakarzinom nur diejenigen bösartigen Tumoren der Vulva, die epithelialen Ursprungs sind. Diese machen jedoch bei weitem den Hauptteil aus. Betroffen sind meistens die großen Labien (Schamlippen), seltener die inneren Labien und der Bereich der Klitoris. Über 90 % der Tumoren sind Plattenepithelkarzinome. Bei den restlichen 10 % handelt es sich um Basalzellkarzinome, Adenokarzinome, Melanome, Karzinome der Bartholinschen Drüsen. Aber auch Sarkome, also bösartige Tumoren, die von mesenchymalem Gewebe ausgehen, sind zu finden. Letztere gehen vom Bindegewebe der Vulva aus und zählen somit nicht zu den Vulvakarzinomen, fallen aber wohl unter den Begriff Vulvakrebs. ÄtiologieDie Ursachen und Risikofaktoren für die Ausbildung eines Vulvakarzinoms sind weitestgehend unbekannt. Als Risikofaktoren kennt man Infektionen mit humanen Papillomviren 16 und 18[1]; sie sind die Hauptverursacher von Zellveränderungen und Krebserkrankungen im Genitale.[2] Sie alleine können aber kein Vulvakarzinom auslösen. Chronisch-entzündliche Erkrankungen wie z. B. Vulvitis, Leukoplakien (Weißschwielenkrankheit) oder auch Lichen sclerosus von Vulva und Vagina erhöhen das Risiko zu erkranken. Auch immunsupprimierte Patienten (HIV, Medikamente) und Raucher haben ein erhöhtes Risiko. Andere Erkrankungen, die mit einer Verhornung, Entzündung und Austrocknung im Bereich der äußeren Geschlechtsorgane einhergehen, begünstigen die Entstehung eines Vulvakarzinoms. Unter Umständen können auch Kondylome (Genitalwarzen) entarten. Weitere Risikofaktoren können andere anogenitale intraepitheliale Neoplasien oder Karzinome, Herpes genitalis und Syphilis sein.[3][4] Es gibt zwei Formen des Plattenepithelkarzinoms der Vulva: ein HPV-positives Karzinom, das vor allem bei jüngeren Frauen vorkommt, und ein zweites, das kein HPV aufweist und meist bei älteren Frauen vorkommt. InzidenzVulvakarzinome machen etwa 5 % der Genitalkarzinome der Frau aus. In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 2 von 100.000 Frauen. Häufig sind die Patientinnen älter als 60 Jahre. Die Inzidenz steigt von 0,4 bei 30-jährigen auf 20 bei über 70-jährigen Frauen. Vulväre intraepitheliale Neoplasien (VIN) werden heute häufiger diagnostiziert, und dies besonders bei 35- bis 40-jährigen Frauen.[5] Nach einer Prognose der Krebsregister (GEKID – März 2011) erkranken in Deutschland 3.400 bis 4.000 Frauen pro Jahr.[6] Symptome und DiagnoseFrühsymptome beim Vulvakarzinom und seinen Vorstufen (vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN)) sind oft untypisch, nicht aussagekräftig oder fehlen ganz. Anhaltende Symptome erfordern eine genaue, auch auf Einzelheiten eingehende klinische Diagnostik. Die Patientin wird zunächst befragt (Anamnese), dann erfolgt eine körperliche Untersuchung: eine gynäkologische Untersuchung durch Abtasten sowie eine Vulvoskopie. Durch eine Ultraschalluntersuchung oder andere bildgebende Verfahren wie Röntgen oder Computertomographie können teilweise Auffälligkeiten erkannt werden. Eine Gewebeentnahme (Stanzbiopsie) mit anschließender feingeweblicher Untersuchung (Histologie) wird vor allem dann vorgenommen, wenn es sich um nicht eindeutige Befunde handelt, um die Diagnose zu sichern. Das Ergebnis dieser Untersuchung zeigt an, welches Stadium vorliegt. Danach richtet sich die Vorgehensweise der Behandlung. Im frühen Stadium der Erkrankung treten oft weiße, seltener braune Flecken oder auch Warzen auf. Meist wird das Vulvakarzinom jedoch erst in einem fortgeschritteneren Stadium auffällig (blutiger Ausfluss, wiederkehrender Juckreiz oder spürbare Knoten und Geschwüre). Häufig ist die Diagnose auch ein Zufallsbefund bei der frauenärztlichen Untersuchung, denn die Inspektion des äußeren Genitals gehört zur Krebsfrüherkennungsuntersuchung (KFU). Chronischer Juckreiz tritt meist schon bei präkanzerösen Veränderungen (VIN) auf. Häufige Symptome
Nachweis/Erste Schritte
StadieneinteilungStadien nach TNM-Klassifikation und FIGO (Fédération Internationale de Gynécologie et d’Obstétrique):[7][8]
TherapieEs gibt unterschiedliche Behandlungsformen des Vulvakarzinoms, abhängig von der Lage, der Größe und des Stadiums. Die bevorzugte Therapie ist derzeit die operative Entfernung des Tumors mit einem gesunden Randsaum. In jedem Fall ist diese Operation notwendig. Ziel ist es, das Tumorgewebe möglichst vollständig zu entfernen. Dabei hängt das Ausmaß der Gewebeentfernung vom Krankheitsstadium ab. Die Laserverdampfung (Vaporisation) ist nur bei histologisch gesicherten Dysplasien (VIN, AIN, CIN, VaIN) zulässig. Bei größeren Tumoren müssen Teile oder gegebenenfalls (bei sehr großen Tumoren) die gesamte Vulva entfernt werden (Vulvektomie). Es gibt aber unterschiedlich radikale Therapieformen. Formen der Vulvektomie
Völlig veraltet (obsolet) und komplikationsreich ist bei der radikalen Vulvektomie die sogenannte „en-bloc-Resektion“ (Butterfly). Ein weiterer Schritt in der Reduzierung der Radikalität war die „Drei-Schnitt-Technik“ (triple exzision) dadurch konnte eine Verminderung der postoperativen Komplikationen erreicht werden, dennoch bedeutete auch diese Operationstechnik den vollständigen Verlust der Vulva. Deshalb wird heute die Vulvektomie in vielen Fällen durch die „radikale lokale Exzision“ (wide exzision) als sichere Alternative ersetzt.[9] Bei fortgeschrittenen Stadien des Vulvakarzinoms, bei denen sich der Tumor ins benachbarte Gewebe ausgebreitet hat, ist eine radikalere Operationstechnik notwendig. Entfernt werden die gesamte Vulva mit Leistenlymphknoten (Lymphadenektomie) sowie (je nach Tumorausbreitung) weitere Organe wie z. B. Harnblase, Rektum (Mastdarm), Gebärmutter (Uterus) und Scheide (Vagina). Diese umfangreiche Operation könnte auch bei einem Rezidiv notwendig sein.[10] Bei gut begrenzten Tumoren wird der Tumor mit einem Sicherheitsabstand im gesunden Gewebe ausgeschnitten. Die Lymphknoten und -bahnen in der Leiste, die die erste Station einer möglichen Absiedelung des Tumors sind, werden mit einer Tiefeninfiltration über 1 mm (ab Stadium T1b) mit entfernt. Die Entfernung der Lymphknoten (Lymphadenektomie) kann unter besonderen Qualitäts- und Strukturvoraussetzungen auf eine alleinige Wächterlymphknotenentfernung beschränkt werden,[11] welches das Risiko eines Lymphödems erheblich vermindert. Plastisch rekonstruktive Operationsarten Ziele der wiederherstellenden Operationen bei allen Frauen sind
Dies gelingt mit relativ einfachen Methoden der plastisch-rekonstruktiven Chirurgie, wie z. B. Hautlappenplastiken. Voraussetzung für eine optimale Therapie bei Patientinnen mit Vulvakarzinom ist die R0-Resektion (vollständige Tumorentfernung). Neben der nötigen Radikalität sollten bei jeder Patientin auch die Funktionalität und die Ästhetik und damit ein intaktes äußeres Erscheinungsbild Ziel der Operation sein. In Ausnahmefällen kann die Operation durch eine Strahlentherapie ergänzt werden.[12] Eine Chemotherapie wird nur bei Tochtergeschwülsten (Metastasen) eingesetzt. Radio- und Radiochemotherapie des Vulvakarzinoms Eine Bestrahlung (Radiatio) der Genitalregion sollte nicht „vorsorglich“ vorgenommen werden. Leider ist es so, dass die üblichen Vulvakarzinome nicht sehr strahlenempfindlich sind und die empfindliche Genitalregion zu sehr starker Reaktion neigt. Dennoch ist es in bestimmten Fällen notwendig, diese Therapie durchzuführen. Wenn der Tumor an einer sehr ungünstigen Stelle liegt (z. B. am Schließmuskel), könnte dadurch der Tumor vor einer Operation verkleinert und eventuell der Schließmuskel erhalten bleiben. Die Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) unterscheiden:
Eine zusätzliche oder auch alleinige operative Entfernung von Lymphknoten im kleinen Becken ist nur in Einzelfällen (z. B. sehr großer Tumor) sinnvoll. Eine amerikanische Studie (GOG 117) konnte zeigen, dass die Prognose von Patientinnen, bei denen das Becken bestrahlt wurde, besser war als bei denjenigen Patientinnen, bei denen die Beckenlymphknoten operativ entfernt wurden. Indikationen für eine adjuvante, inguinale Radiotherapie, das heißt im Bereich der Leiste und nicht im Bereich des äußeren weiblichen Genitale, können sein
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise
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