Vibrio-Virus CTXphi
Vibrio-Virus CTXphi (offiziell Affertcholeramvirus CTXphi, früher Vibrio virus CTXphi) ist eine Spezies (Art) filamentöser Bakteriophagen mit einer unsegmentierten Einzelstrang-DNA (ssDNA) positiver Polarität und zirkulär geschlossener Topologie. Es ist die einzige Spezies der Gattung Affertcholeramvirus innerhalb der Familie Inoviridae (Ordnung Tubulavirales).[1] Der Referenzstamm der Spezies Vibrio-Virus CTXphi ist Vibrio-Phage CTXphi (auch Choleratoxin-Phage, englisch Vibrio phage CTXphi, CTXφ oder CTXΦ).[Anm. 1] In der Spezies Vibrio-Virus CTXphi gibt es neben diesem Referenzstamm CTXφ nach NCBI einen weiteren Stamm Vibrio-Phage CTX-nct (en. Vibrio phage CTX-nct, CTX-nct)[2] bzw. Vorläufer (pre-CTXΦ), wie CTXETΦ, CTXClassΦ, CTXVarΦ, CTXCalcΦ and CTXEnvΦ.[3] CTXφ infiziert einige Stämme von Vibrio cholerae (Cholera-Bakterium), sowie von V. mimicus, das auch eine Durchfallerkrankung hervorrufen kann.[4] GenomDas Genom von CTXφ ist 6,9 kb (Kilobasen) lang und besteht aus zwei Regionen.
CTXφ ist in der Lage, die Choleratoxin-Gene ctxAB von einem V. cholerae-Stamm auf einen anderen zu übertragen.[6][4] Insertion, Replikation und Freisetzung aus der WirtszelleDae tcpA-Gen der pathogenen Bakterienstämme kodiert für den sog. TCP-Faktor (Toxin-regulierter Pilus, en. toxin-coregulated pilus), wodurch das Bakterium in der Lage ist, spezielle Pili (Typ IV Pili) auszubilden.[7][4] Diese filamentösen Zelloberflächenstrukturen wirken als Adhäsine und ermöglichen somit das Anheften der Bakterienzellen an die Darmzellwand, d. h. an die Oberfläche der Mikrovilli der Darmzellen.[8][7] Das Eindringen der freien CTXφ-Viruspartikel in die Wirtsbakterien wird durch zwei Rezeptoren vermittelt:[9]
Diese Anforderungen für die Bindung der Phagenmembran sind denen der Ff-Phagen (Gattung Inovirus, ebenfalls Familie Inoviridae) recht ähnlich: Diese infizieren Kolibakterien (Escherichia coli) und benötigen dazu als Rezeptoren den F-Pilus zusammen mit der TolQRA-Struktur; siehe Inovirus §Infektion. In E. coli wirkt TolQRA, um den Ff-Phagen in den periplasmatischen Raum zu verbringen (translozieren), wo eine mögliche Membranfusion zur Insertion des Ff-Genoms in das E. coli-Zytoplasma führt. Ein ähnlicher Mechanismus wird bei der Injektion des CTXφ-Genmaterials in die V. cholerae-Zelle vermutet, obwohl weitere Untersuchungen erforderlich sind, um dies zu bestätigen.[10] Nach der Insertion der ssDNA des Phagen in das Zytoplasma von V. cholerae wird ein komplementärer DNA-Strang gebildet, um die Plasmidform des viralen Genoms, pCTX, zu erzeugen. pCTX kann durch DNA-Replikation neue ssDNA-Genome erzeugen und/oder als Prophage in das bakterielle Genom eingebaut werden. Da dieser Prophage in einigen Biotypen von V. cholerae im Tandem vorhanden sein kann (s. o.), schließen sich horizontaler Gentransfer (HGT) und vertikale Übertragung (Vererbung) der hinzugefügten CTXφ-Gene nicht gegenseitig aus.[9] Nach der Produktion der Proteine und des Genom-Materials, die notwendig sind, um neue exogene Viruspartikel des Bakteriophagen (als Nachkommen) zu erzeugen, assemblieren die Proteine an einem Proteinkomplex, dem EpsD-Sekretin. Sobald sich das neue ssDNA-Genom innerhalb der assemblierten Proteine befindet, löst sich das CTXφ-Virus vom EpsD und ist frei, um andere Bakterien zu infizieren. Phagenpartikel werden ohne Lyse aus Bakterienzellen ausgeschieden (sezerniert).[9] ProphagenstadiumCTXφ ist ein temperenter Phage, d. h. im Allgemeinen in das Genom des V. cholerae-Bakteriums (als Prophage) integriert, seltener als Virion (Viruspartikel) außerhalb des Bakteriums anzutreffen. Das Genom von V. cholerae verteilt sich auf zwei zirkuläre (ringförmige) Segmente (bipartit), oft auch „Bakterienchromosome“ genannt. Dies ist für Bakterien ungewöhnlich, da die meisten Bakterien nur ein einziges kovalent geschlossenes, ringförmiges Doppelstrang-DNA-Molekül besitzen. Man nimmt an, dass das kleinere ursprünglich ein Plasmid („Megaplasmid“) war, denn es umfasst Gene, die typischerweise auf einem Plasmid lokalisiert sind, nicht aber im Genom der Gammaproteobacteria, zu denen die Gattung Vibrio gehört.[11] Die Bildung des Choleratoxins ist im Genom der pathogenen V. cholerae-Stämme kodiert, so bei den Serogruppen V. cholerae O1 und O139.[8] Abhängig vom Stamm von V. cholerae gibt es zwei Möglichkeiten:[4]
Ähnlich ist es bei V. mimicus:[4]
Es wurde zudem festgestellt, dass der CTX-Prophage im Stamm PT5 infektiöse CTXΦ-Partikel (Virionen) produziert. Die Sequenzen der CTXφ-Gene orfU und zot aus V. mimicus Stamm PT5 und V. cholerae Stamm N16961 waren identisch, was horizontalen Gentransfer vermuten lässt.[4] Beim Biotyp El Tor von V cholarae ist der CTXφ Prophage Genom oft von einer Region (bezeichnet als RS1) mit 2,7 kb Länge flankiert, diese ist ähnlich wie RS2, hat aber ein zusätzliches Gen.[4] Nicht-CT-ToxineNeuere Forschungen legen nahe, dass noch mindestens zwei andere Toxine (en. Non-CT toxins) neben CTX von Genen des CTXφ-Genoms produziert werden. Das erste von ihnen ist das akzessorische Cholera-Enterotoxin (en. accessory cholera enterotoxin, Ace). Es wird angenommen, dass Ace ein untergeordnetes Hüllprotein des Virionstadiums von CTXφ ist. Der Prozess, durch den das Toxin aus der Proteinhülle freigesetzt werden könnte, ist aber noch nicht identifiziert. Das zweite Nicht-CT-Toxin, das im CTXφ-Genom kodiert wird, ist das Zonula-occludens-Toxin (en. zonula occludens toxin, Zot).[12] Zot ist zwar für die Produktion des CTXφ-Virions absolut notwendig, ist aber im Phagenpartikel selbst nicht vorhanden. Die Rolle, die Ace und Zot bei der Virulenz der Cholera spielen, ist noch nicht sehr klar.[9] VPIΦIm Bakteriengenom bezeichnet man die Abschnitte, die Virulenzfaktoren kodieren, als Pathogenitätsinseln (en. pathogenicity island, PI), speziell bei den Vibrionen wie V. cholerae wird diese Pathogenitätsinsel als VPI (Vibrio PI) bezeichnet. Auf der VPI finden sich das tcpA-Gen für den TCP-Faktor (Toxin-regulierter Pilus, en. toxin-coregulated pilus), ein spezieller Typ IV Piluss.[7][4] Diese Pili ermöglichen das Anheften der Bakterienzellen an die Darmzellwand und sind daher ein weiterer Virulenzfaktor.[8][7] Die VPI befindet sich in der Nähe des ssrA-Gens des Wirtsbakteriums.[4] Es wird vermutet, dass die Gene der Pathogenitätsinsel von einem weiteren Bakteriophagen stammen. In einer Untersuchung aus dem Jahr 1999 wurde gezeigt, dass die tcp-Gene der VPI identisch sind mit denen eines Phagen, der folglich als VPIΦ („flamentous bacteriophage VPIphi“, „Vibrio Pathogenicity Island Phage“) bezeichnet wurde.[7][4] VPIΦ ist demzufolge verantwortlich für den horizontalen Gentransfer zwischen V. cholerae Stämmen. Weiterhin wurde die TcpA-Untereinheit des Typ IV Pilus als Kapsidprotein des Bakteriophagen VPIΦ erkannt.[7][13] Die Sequenzen der VPIΦ-Gene aldA und toxT aus V. mimicus Stamm PT5 und aus V. cholerae Stamm N16961 waren identisch, was auf einen horizontalen Transfer dieses Phagen zwischen V. mimicus und V. cholerae vor nicht allzu langer Zeit hindeutet. In V. mimicus wurde der VPI-Prophage an der gleichen chromosomalen Anheftungsstelle wie in V. cholerae integriert. Diese Ergebnisse legen nahe, dass V. mimicus ein bedeutendes Reservoir sowohl für CTXΦ als auch für VPIΦ sein kann.[4] VCYΦDie Spezies Vibrio coralliilyticus steht im Verdacht, für Korallenbleiche (mit)verantwortlich zu sein. Anhand von fünf vollständig sequenzierten Stämmen von V. coralliilyticus wurde geprüft, ob in den Genomen Prophagen gefunden werden können, die den Stämmen Virulenzfaktoren vermitteln und so ihre Toxizität herbeiführen.[14] Stämme von V. corallilyticus, bei denen im Genom intakte Prophagen gefunden wurden (mit Prophagen-Genomlänge in kb):[14]
Vibrio-Phage VCY-phi (VCYΦ oder VCYφ) ist ein Stamm der Spezies Vibrio-Virus VCY (en. Vibrio virus VCY, Gattung Vicialiavirus) in der Familie Inoviridae — die anderen Phagen sind alle Myoviren aus der Klasse Caudoviricetes.[15] Das VCYφ-Prophagengenom weist Homologie (Sequenzähnlichkeit) mit dem CTXφ-Prophagen auf und ist offenbar wie CTXφ ein evolutionär junges Virus, das sich durch HGT-Ereignisse und Rekombination entwickelt hat. Ein Prophagengenom, das für eine Reihe von Genen kodiert, die homolog zu den von VCYφ kodierten sind, wurde auch im P1-Stamm nachgewiesen.[14] Auch in anderen Spezies der Gattung Vibrio wurden Prophagen gefunden, die Virulenzfaktoren darstellen.[20] Anmerkungen
Literatur
Einzelnachweise
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