Urwald WeißwasserDas Naturschutzgebiet (NSG) Urwald Weißwasser war ein Waldschutzgebiet im Landkreis Görlitz, fünf Kilometer westlich von Weißwasser. Es hat die offizielle Registriernummer D 80 und umfasste eine Fläche von 97,45 Hektar (ha).[1] Das Naturschutzgebiet lag im Bergbauschutzgebiet. Der Tagebau Nochten hat das Schutzgebiet bis 2015 vollständig überbaggert.[2] Ende des Jahres 2009 hatte bereits die Tagebauvorfeldberäumung den östlichen Rand des NSG in der Abteilung 183 erreicht.[3] LageDas Naturschutzgebiet lag in den ausgedehnten Wäldern der Muskauer Heide. Seine geographische Lage wird charakterisiert durch die Hochflächenausläufer (auch Trebendorfer Hochfläche genannt) der Endmoräne des Muskauer Faltenbogens im Norden um die Ortschaft Trebendorf. Im Süden grenzte das Gebiet an die Ränder des Lausitzer Urstromtals. Beim Urwald handelte es sich um Teile der Abteilungen 184 bis 186 und 202 sowie 203 des Tiergartens der Standesherrschaft Muskau.[4] Das Gebiet war bis zu seiner tagebaulichen Inanspruchnahme durch Wanderwege von Weißwasser, Trebendorf, Schleife und Mühlrose erschlossen. GeschichteDas Naturschutzgebiet in seiner Form, wie es in den 1960er Jahren bei seiner Gründung vorlag, verdankte sein Entstehen der Jagdleidenschaft der Muskauer Standesherren. Schon in der Mitte des 17. Jahrhunderts waren die Muskauer Forste beim Dresdner Hof beliebte Jagdausflugsziele. Diese Leidenschaft der Herrschaft verhinderte, dass der Urwald bei Weißwasser ein Opfer des Raubbaus an deutschen Wäldern wurde. Schon in der Zeit, in der die Familie von Callenberg Besitzer der Standesherrschaft Muskau war (ca. 1648), entstand dort eine Jagdunterkunft,[5] die bis zum 18. Jahrhundert zu einem Jagdschloss ausgebaut wurde. Die nachfolgenden Standesherren legten Wildgatter an, die zu einer Einzäunung eines bis zu 3000 Hektar großen Tiergartens führten. Die forstwirtschaftlichen Aufgaben in diesem Waldgebiet beinhalteten vor allem die Hege im Wildtierbestand. Aber auch die zielgerichtete Aufforstung und äußerst rücksichtsvolle Hiebarbeit am Waldbestand lagen im Interesse der Jagdleidenschaft der Besitzer. Unter Pückler wurden im Urwald landschaftsgestalterische Elemente umgesetzt. Ihm wird die Anlegung der Schlosswiese und die Schaffung eines kleinen Waldteiches in unmittelbarer Nähe des Jagdschlosses zugeschrieben. Im September 1945 ging das Gebiet in Staatseigentum der DDR über. Am 30. März 1961 wurde das Kerngebiet des Tiergartens unter Naturschutz gestellt und bekam die Bezeichnung „Urwald Weißwasser“. 1964 wurde es mit den größten Teilen der Muskauer Heide Bergbauschutzgebiet. Nach der politischen Wende gelangte das Gebiet im Rahmen der Privatisierung 1998 an die LAUBAG und 2002 an die Vattenfall Europe Mining. BedeutungDie sehr unterschiedlichen natürlichen Standortbedingungen als Folge der nacheiszeitlichen geografischen Entwicklung führten zu einem engen Nebeneinander von ausgedehnten Feuchtgebieten und beträchtlichen Sanddünen. Im Naturschutzgebiet gab es außerdem Bereiche verlandeter Waldteiche. Dadurch entstand eine sehr vielschichtige Waldvegetation. In Talstandorten überwog der Lausitzer Fichten-Kiefern-Wald und in den nicht grundwasserbeeinflussten Lagen herrschte der Zwergstrauch-Kiefern-Wald vor. Bei einigen Altkiefern, die mit einem besonderen Genotyp von Plattenborke ausgestattet sind, handelte es sich um Nachfahren der nacheiszeitlichen Urkiefer.[6] Eine für Deutschland einmalige Waldpopulation bestand in einem ausgedehnten Bestand einer seltenen regionalen Abart der Traubeneiche.[7] Im Urwald befanden sich Bäume mit einem Alter bis zu 400 Jahren und beträchtlichen Ausmaßen. Schon Pückler hatte in seinen Andeutungen zur Landschaftsgärtnerei solche Exemplare dokumentiert. Im Microsensus der sehr unterschiedlichen Waldpopulationen befand sich eine sehr charakteristische und für Deutschland einmalige Flora und Fauna. FloraBeispiele erwähnenswerter, im Naturschutzgebiet Urwald Weißwasser vorgekommener Pflanzenarten:
FaunaBeispiele erwähnenswerter, im Urwald Weißwasser vorgekommener Tierarten: Rotwild, Damwild (weiß), Wolf, Dachs, Birkhuhn, Kranich, Schwarzspecht, Grünspecht, Kleinspecht, Ziegenmelker, Kleiber, Pirol, Goldammer, Grauammer, Neuntöter, Bluthänfling, Seeadler, Rotmilan, Baumfalke, Wiedehopf (nähe Tagebau), Kolkrabe, Uhu, Waldkauz, Steinkauz, Raufußkauz, Sperlingskauz, Waldohreule, Fledermaus (3 Arten), Kreuzotter, Glattnatter, Ringelnatter, Moorfrosch, Springfrosch, Teichfrosch, Laubfrosch, Zauneidechse, Kreuzkröte, Erdkröte, Wechselkröte, Knoblauchkröte, Kammmolch, Rotbauchunke, Hirschkäfer, Sägebock, Rosenkäfer, Scharlachkäfer, Eremit, Hirschkäfer, Ölkäfer, Goldwanze, Wespenspinne, Wiesenknopfbläuling, Dukatenfalter, Landkärtchenfalter, Trauerfalter, Segelfalter, Schwalbenschwanz, Dodge-Wespe… Neuentstehung des Tiergartens in einer KulturlandschaftMit der Auskohlung des Territoriums gingen die urwüchsigen Waldgebiete verloren. Der Braunkohlenabbauplan des Tagebaus Nochten sieht deshalb die Schaffung einer ca. 1.600 ha großen Kulturlandschaft als Ersatz für die verlorenen Naturschutzgebietes, u. a. den Urwald Weißwasser, vor.[8] Das Konzept der Vattenfall Europe Mining & Generation enthält folgende Schwerpunkte:
Zu diesem Zweck wurden Gen-Erhaltungsplantagen für geschützte Bäume geschaffen. Wertvolle Einzelpflanzen wurden geborgen sowie Pfropfreiser genommen und Pflanzensamen gesammelt. Literatur
WeblinksCommons: Naturschutzgebiet Urwald Weißwasser – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Einzelnachweise
Koordinaten: 51° 29′ 3,2″ N, 14° 33′ 2,3″ O |
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