StraßenfotografieStraßenfotografie ist ein Genre der Fotografie, das zahlreiche Fotografen und Stile umfasst. Allgemein ist damit eine Fotografie gemeint, die im urbanen öffentlichen Raum entsteht, auf Straßen, in Geschäfte oder Cafés hineinblickend, Passantengruppen oder Einzelne herausgreifend, oftmals als Momentaufnahme, aber ebenso essayhafte Abfolge und Milieustudie. GeschichteBereits Eugène Atgets zu Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Aufnahmen von Paris und seinen Vororten können der Straßenfotografie zugerechnet werden. Die Blütezeit begann in den 1930er Jahren mit den Möglichkeiten der schnelleren und kompakteren Kleinbildkameras, dem Aufkommen der Illustrierten und dem gesteigerten Interesse am Alltagsleben und dessen Facetten. Gerade das Genre der Straßenfotografie hat herausragende Bildbände hervorgebracht, darunter beispielsweise Henri Cartier-Bressons Images à la sauvette (1952), Robert Franks The Americans (1959), Hildegard Ochses Café Mitropa (1980)[1][2] oder in jüngerer Zeit Bruce Davidsons Subway (1986) sowie Saul Leiters Early Colors (2006). StilStraßenfotografien rangieren kompositorisch-stilistisch von dokumentarisch strengen Aufnahmen bis zu körnigen, bewusst verschwommenen oder gekippten Ansichten, gewagten Perspektiven und verzerrenden Spiegelungen. Die Unterschiede zwischen dokumentarischer und sogenannter kreativer Fotografie wurden insbesondere von Fotografen wie Lee Friedlander und William Klein in Frage gestellt. KriterienEs existiert keine exakte Definition von Straßenfotografie. Als Kriterien werden genannt:
KritikEine kritische Auseinandersetzung dazu findet sich bei Michael Mahlke.[8] Weitere Aspekte, Wertungen und Beispiele finden sich bei: Rechtslage in DeutschlandIn Deutschland ist die Veröffentlichung von Aufnahmen von Personen durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten aus Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG. und die Veröffentlichung öffentlicher Szenen durch das Recht am eigenen Bild eingeschränkt.[12][13][14] Nach § 22 KunstUrhG dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. § 23 Abs. 1 Nr. 4 KunstUrhG macht davon jedoch eine Ausnahme, wenn die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient. Das gilt jedoch nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG nur für eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten nicht verletzt wird. Das Landgericht Berlin hat 2014 für den Fall einer Zurschaustellung der Straßenfotografie als Straßenplakat entschieden, dass die „bei einem rein privaten Lebensvorgang“ im öffentlichen Straßenraum abgebildete Person Anspruch auf Unterlassung hat.[15] Die Entscheidung wurde dafür kritisiert, sich nicht ausreichend mit der Kunstfreiheit auseinandergesetzt und stattdessen einseitig auf das Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person abgestellt zu haben.[16] Die Berufung des Fotografen wurde im Juni 2015 vom Kammergericht zurückgewiesen.[17] Das Kammergericht begründete die Entscheidung damit, dass die Ausstellung in Form von Stelltafeln im öffentlichen Raum die abgebildete Person „als Blickfang einer breiten Masse“ aussetzen würde „und nicht, wie in einer Kunstausstellung regelmäßig zu erwarten, der Betrachtung durch kunstinteressierte Besucher.“[18] Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 8. Februar 2018 das Urteil des Kammergerichts als verfassungskonform bewertet, gleichzeitig aber festgestellt, dass die Straßenfotografie unter den Schutzbereich der Kunstfreiheit des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG falle. Bei der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht der abgebildeten Person müssten die Gerichte im Einzelfall klären, ob diese Beeinträchtigung derart schwerwiegend ist, dass die Freiheit der Kunst zurückzutreten hat; eine geringfügige Beeinträchtigung oder die bloße Möglichkeit einer schwerwiegenden Beeinträchtigung reichten hierzu angesichts der hohen Bedeutung der Kunstfreiheit nicht aus. Das Kammergericht habe die Bedeutung und Tragweite der Kunstfreiheit bei der Zuordnung des Bildnisses zum Anwendungsbereich des § 23 Abs. 1 Nr. 4 KUG und in das Ergebnis seiner Abwägung im Rahmen von § 23 Abs. 2 KUG einbezogen und sei dabei auch den Eigengesetzlichkeiten der Straßenfotografie gerecht geworden. Indem es die Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin aus der Art der Präsentation des Bildes als großformatigem Blickfang an einer öffentlichen Straße herleitet, habe das Kammergericht nicht verkannt, dass es mit der Kunstfreiheit nicht vereinbar wäre, ihren Wirkbereich von vornherein auf Galerien, Museen oder ähnliche räumlich begrenzte Ausstellungsorte zu begrenzen, sondern habe die besondere Persönlichkeitsverletzung der Klägerin durch die hervorgehobene Präsentation auf einer großformatigen Stelltafel an einer der verkehrsreichsten Straßen einer Millionenstadt zum zentralen Punkt seiner Abwägung gemacht. Damit habe das Kammergericht die ungestellte Abbildung von Personen ohne vorherige Einwilligung, welche strukturtypisch für die Straßenfotografie sei, nicht generell unmöglich gemacht.[19] Internationale Straßenfotografen
Deutsche Straßenfotografen und GruppierungenZu den bekannten Straßenfotografen in Deutschland zählen u. a. Chargesheimer, Andreas Herzau, Brigitte Kraemer, Hildegard Ochse, Friedrich Seidenstücker, Martin U. Waltz, Siegfried Hansen und Wolfgang Zurborn. Seit 2016 haben sich zahlreiche neue Straßenfotografen-Gruppierungen gegründet.[20] Daneben entstanden mit Soul of Street eine deutsche Streetfotografie-Zeitung und mit der Deutschen Streetfotografie Seite eine Plattform für Straßenfotografie in Deutschland[20], die auch das German Street Photography Festival[21] 2019 gestaltet hat. Literatur
Einzelnachweise
WeblinksCommons: Straßenfotografie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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