Stephanskirchen
Stephanskirchen ist eine der größten Gemeinden im oberbayerischen Landkreis Rosenheim. Rathaus und Sitz der Verwaltung befinden sich im Gemeindeteil Schloßberg. Stephanskirchen ist mit Bad Endorf, Riedering, Prutting und Söchtenau eine der fünf Simssee-Gemeinden. GeographieGeographische LageDie Gemeinde befindet sich auf einer glazial überformten Hochebene und wird im Westen durch den Inn und im Osten durch den Simssee begrenzt. Das Tal der Sims ist die natürliche südliche Grenze, im Norden liegen Waldgebiete mit mehreren kleinen Seen. Stephanskirchen liegt innerhalb des Rosenheimer Beckens im Gebiet des früheren Inn-Gletschers. Im Gemeindegebiet befinden sich daher zahlreiche Findlinge. Nachbargemeinden
GemeindegliederungEs gibt 48 Gemeindeteile:[2]
Scheiberloh wird zwar auf Ortsschildern ausgewiesen, ist aber kein offizieller Ortsteil von Stephanskirchen.[3] NaturFolgende Schutzgebiete berühren das Gemeindegebiet:
GeschichteDie ältesten Spuren datieren auf das dritte und vierte Jahrtausend v. Chr. und sind im Doblergraben sowie am Ziegelberg zu finden. Eine Römerstraße überquerte bei Leonhardspfunzen auf der „pons aeni“ den Inn und verlief in Richtung Westen bis nach Augsburg. Von der ersten christlichen Kirche „ecclesia ad sinsa“ wird im Jahr 790 in der Gegend um Sims berichtet. 1130 wurde das Dorf Stephanskirchen erstmals urkundlich als „stevenchirgen“ erwähnt. Auf dem Schlossberg befand sich die Burg Rosenheim, auch Schloss Rosenheim genannt. Erstmals im Jahre 1232 erwähnt, diente es als Verwaltungs- und Gerichtssitz der Wittelsbacher; es verfiel Anfang des 19. Jahrhunderts. Die Pestepidemien des Mittelalters forderten auch in Stephanskirchen ihren Tribut. Im Wald zwischen Kieling und Baierbach steht ein Gedenkstein zum Andenken an die dort Begrabenen. Die Aufschrift der Gedenktafel lautet: Während des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1632 herrschte in den Ortschaften der Umgebung die Pest. Viele Menschen starben an dieser Krankheit und wurden hier an diesem stillen Ort in Massengräbern bestattet. Der Überlieferung nach sind ganze Ortschaften ausgestorben. In Kieling blieb nur ein kleines Mädchen übrig. Dieses steinerne Kreuz wurde zum Gedenken an die Toten aufgestellt. (Geschichtlich überliefert durch Pfarrer Angerer, Stephanskirchen). In den Hauptmannschaften Gehering und Stephanskirchen, Vorläufern der heutigen Gemeinde Stephanskirchen, herrschten bis ins 18. Jahrhundert ländliche Strukturen vor. Stephanskirchen und die neu entstandene Arbeiter- und Taglöhnersiedlung Hofleiten wurden im Zuge der Verwaltungsreformen in Bayern 1818 selbständige politische Gemeinden. 1854 kam es zur Vereinigung von Hofleiten und Stephanskirchen. Aufgrund der sozialen Unterschiede kam es bis ins späte 19. Jahrhundert zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Gemeindeteilen. Seit 1900 wurde Schloßberg durch die Nähe zu Rosenheim zum größten Ort im Gemeindegebiet. Von November 1944 bis April 1945 befand sich im Gemeindeteil Haidholzen das Außenlager Stephanskirchen des Konzentrationslagers Dachau, in dem etwa 250 KZ-Häftlinge Zwangsarbeit verrichten mussten.[4] Die russischen, polnischen und französischen Kriegsgefangenen wurden in einer Barackensiedlung auf dem Gelände der dortigen Flak-Kaserne untergebracht. Das Hauptgebäude dieser Flak-Kaserne existiert heute noch, seit 1947 befinden sich darin die Produktionsanlagen einer Süßwarenfabrik. Die Häftlinge arbeiteten für regionale Auftraggeber und für die Chiemgauer Vertriebsgesellschaft O.H.G, ein Zweigwerk der Firma BMW, das in Stephanskirchen Flugzeugmotoren fertigte, seinen Betrieb aber nie voll aufnahm. Aus mehreren unabhängigen Quellen geht hervor, dass es im Außenlager Stephanskirchen auch zu Morden an Inhaftierten kam. Gegen Ende 1944 war das Werk Ziel von Luftangriffen, bei denen zwei Belegschaftsmitglieder starben. 30 % der Gebäudesubstanz und 20 % des Maschinenparks wurde zerstört, es entstand ein Schaden in Höhe von 250.000 RM. Auf Befehl Heinrich Himmlers wurde im März und April 1945 eine Evakuierung in rückwärtige Konzentrationslager durchgeführt, in deren Verlauf viele Häftlinge aus Erschöpfung starben oder von der SS erschossen wurden.[5][6] Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen etwa 1500 Flüchtlinge und Heimatvertriebene nach Stephanskirchen und gründeten in der Nähe der Kaserne die Siedlung Haidholzen (→ Flüchtlingssiedlung). Straßennamen wie „Schlesierstraße“ oder „Sudetenlandstraße“ weisen bis heute auf die Herkunft dieser Vertriebenen hin (→ Flucht und Vertreibung 1945–1950). 2003 wurde in Schloßberg ein neues Rathaus eröffnet. EinwohnerstatistikZwischen 1988 und 2018 wuchs die Gemeinde von 9.035 auf 10.528 um 1.493 Einwohner bzw. um 16,5 %. KonfessionsstatistikEnde September 2020 waren von den Einwohnern 54 % Römisch-katholisch, 12 % Evangelisch und 34 % Sonstige, keine Angabe und ohne Religionszugehörigkeit.[7] PolitikGemeinderatDie Kommunalwahlen 2020 führten zur folgenden Sitzverteilung im Gemeinderat von Stephanskirchen:
Wappen
Sehenswürdigkeiten
Wirtschaft und InfrastrukturVerkehrStephanskirchen liegt an der Staatsstraße 2362, die eine direkte Verbindung nach Rosenheim herstellt. Von Rosenheim aus ist die A 8 über die B 15 erreichbar. Durch die Gemeinde Stephanskirchen verläuft die Bahnstrecke München–Salzburg. Sie wird im Kursbuch der Deutschen Bahn unter der Streckennummer 951 geführt. Der Bahnhof wurde am 7. Mai 1860 als Kreuzungsbahnhof an der erst eingleisig gebauten Verbindung in Betrieb genommen. Er besaß neben dem Hauptgleis auch ein Ausweichgleis, dies konnte mit dem Ausbau der Strecke entfallen. Später wurde der Bahnhof erweitert, indem eine Waage, eine Erderampe, eine Wagendrehscheibe und Abstellgleise hinzukamen. Die Weichen wurden beidseitig handgestellt.[9] Am 31. Mai 1981 wurde der Halt aufgrund von Fahrgastmangel aufgegeben. Zuletzt hatte der Bahnhof vereinzelt im Ausflugsverkehr zwischen Rosenheim und Freilassing Bedeutung. Am 25. November 1985 wurde auch der Güterverkehr eingestellt und die Station stillgelegt. Das Empfangsgebäude wird heute privat genutzt.[10][11] Heute wird Stephanskirchen im öffentlichen Personennahverkehr nur noch durch drei Buslinien der RVO bedient. Die Linie 9496 fährt Montag bis Freitag von Rosenheim über Stephanskirchen und Riedering nach Aschau im Chiemgau ungefähr im Zweistundentakt. An Samstagen verkehren einzelne Busse, an Sonntagen ist kein Betrieb. Die Linie 9497 ist mit gleichem Fahrplanangebot zwischen dem Bahnhof Rosenheim über Stephanskirchen, Riedering, Rimsting und dem Bahnhof Prien am Chiemsee unterwegs. An Samstagen fahren auf der Buslinie 9497 nur zwei Kurse, an Sonntagen ist kein Betrieb. Linie 9498 verstärkt das Angebot zwischen Rosenheim und Stephanskirchen.[12] Ansässige UnternehmenStromversorgungAb 2019 ist die INNergie für das Niederspannungs- und Mittelspannungsnetz in Stephanskirchen der Stromnetzbetreiber. Bis 2019 war Bayernwerk der Netzbetreiber. Technische Unterstützung erhaltet die INNergie von den Stadtwerken Rosenheim. Schulen und KindergärtenDie Grund- und Mittelschule im Ortsteil Stephanskirchen befindet sich heute in einem 1978 errichteten Gebäudekomplex, mit dem die Schule eine wesentliche Erweiterung erfuhr; sie wurde zu Ehren des in Haidholzen ansässigen Buchautors Otfried Preußler († 2013), der von 1953 bis 1970 zunächst als Volksschullehrer, dann als Rektor an dieser Schule tätig war, in Otfried-Preußler-Schule benannt. Sie ist die derzeit einzige mitarbeitende UNESCO-Projektschule aller Volksschulen in Bayern. Rund 550 Schülerinnen und Schüler sind auf insgesamt 25 Klassen verteilt. Die Grundschule umfasst acht Klassen, die Hauptschule 17 Klassen, davon sechs im Mittlere-Reife-Zug. Eine Nachmittagsbetreuung der Grundschule wird durch den Verein „KinderArche“ angeboten. Die Schule Dr. Houghton e. V. unterhielt in den späten 1970er Jahren die Sonnenholzschule. Später zog die Schule um in das Landschulheim Elkofen. Im Gemeindeteil Schloßberg befindet sich die „Volksschule Schloßberg“, eine zweizügige Grundschule für etwa 200 Schüler. Die Gemeinde verfügt darüber hinaus über fünf Kindergärten mit Krippe: Den katholischen Kindergarten „St. Georg“ in Schloßberg, den katholischen Kindergarten „Sonnenschein“ sowie das Haus für Kinder "Räuber Hotzenplotz" der AWO in Haidholzen, den katholischen Pfarrkindergarten „Bärenstube“ in Stephanskirchen sowie den evangelischen Kindergarten „Regenbogen“ in Schloßberg.[13] 1977 wurde in Stephanskirchen eine Musikschulaußenstelle und 1986 die Musikschule Stephanskirchen als Zweigstelle der Musikschule Rosenheim e. V. eingerichtet. Unterrichtsort ist das rote Schulhaus am Schloßberg. Ein Abschlusskonzert der Musikschule Stephanskirchen findet jährlich im Antrettersaal statt.[14] Persönlichkeiten
WeblinksCommons: Stephanskirchen – Sammlung von Bildern
Einzelnachweise
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