Stefan Zweifel studierte Philosophie, Komparatistik und Ägyptologie an der Universität Zürich. Seine Doktorarbeit in Philosophie verfasste er gemeinsam mit Michael Pfister über Sade, Hegel und La Mettrie bei Helmut Holzhey. Bekannt wurde Zweifel durch die ebenfalls mit Michael Pfister erarbeitete Neuübersetzung von Sades Hauptwerken Justine und Juliette, die er bereits im Alter von 17 Jahren begonnen hatte.
Darüber hinaus wirkte er federführend bei Ausstellungen über den Dadaismus und den Surrealismus mit.
Bis 2004 betreute er die dreisprachige Kulturzeitschrift Gazzetta. Er schreibt unter anderem Beiträge für die Neue Zürcher Zeitung, die Weltwoche, das Schweizer Onlinemagazin Republik und die Zeitschriften du sowie Literaturen.
Von 2009 bis 2014 leitete er die Gesprächsreihe Reflektorium am Burgtheater Wien. Gemeinsam mit dem Perkussionisten Julian Sartorius und dem Schauspieler Thomas Sarbacher gestaltete Stefan Zweifel von 2015 bis 2017 die Reihe Literatur hoch 2 im Millers Zürich. Von 2014 bis 2019 folgte die Reihe Zweifels Zwiegespräche am Schauspielhaus Zürich.
Seit 2023 ist Stefan Zweifel Künstlerischer Leiter der Eventi letterari auf dem Monte Verità, zusammen mit den künstlerischen Beratern Maike Albath und Stefano Knuchel.
Literaturclub
Von April 2007 bis Mai 2014 war Stefan Zweifel Teilnehmer der Sendung Literaturclub im Schweizer Fernsehen, die auch im Kulturprogramm 3sat läuft. Als Nachfolger von Iris Radisch moderierte er die Sendung von September 2012 bis zu seinem umstrittenen Ausscheiden aus dem Kritikerteam, das allgemein im Zusammenhang mit einem Eklat mit der Diskussionsteilnehmerin Elke Heidenreich wahrgenommen wurde: Stefan Zweifel hatte ihr in der Sendung vom 22. April 2014 korrekterweise vorgehalten, dass ein vermeintliches Zitat von Martin Heidegger nicht in dem besprochenen Buch zu finden sei.[1] Zweifel forderte daraufhin, dass die Redaktion der Sendung das fragliche Zitat prüft.[2] Weil diese untätig blieb, forderte er weiter die Absetzung von Redaktionsleiterin Esther Schneider – worauf sich das SRF von ihm trennte.
SRF hat einen Zusammenhang zwischen der Trennung und der Kontroverse mit Elke Heidenreich bestritten.[3] Auch Heidenreich betonte in einer Stellungnahme, der Vorgang sei „von der Presse eilig und unreflektiert aufgegriffen“ worden. Sie habe den betreffenden Satz „ohne weiter zu zitieren, mit meinen Worten“ zu Ende geführt, „am Ende offen gelassen, es war deutlich mündliche Rede, es war deutlich nicht mehr Zitat.“ Auch aus ihrer Sicht habe kein Zusammenhang zwischen der Diskussion um Zweifels Ausscheiden als Moderator und der Kontroverse in der Live-Runde bestanden.[4]
Dieser Darstellung widersprach Zweifel im Nachhinein. Verschiedene Medien kritisierten das Verhalten des Schweizer Fernsehens.[5] Der Literaturwissenschaftler Silvio Vietta konstatierte 2015, eine bekannte Literaturkritikerin habe mit einem „falschen Heidegger-Satz“ diesem „bösen Antisemitismus“ unterstellt. Als der Moderator sie mit dieser Tatsache konfrontierte, habe die Kritikerin die Kontrolle verloren und das Buch von Heidegger auf den Boden geworfen.[6]
Im Nachgang einigten sich Zweifel und SRF in einer Schlichtung vor dem Friedensrichter. Der Sender lobte daraufhin in einem Schreiben nachträglich die „profunden philologischen Kenntnisse“ des ehemaligen Moderators.[7]
Werke
mit Tobia Bezzola, Michael Pfister (Hrsg.): Der Marquis de Sade und die erotische Fantasie des Surrealismus in Text und Bild. Hatje Cantz, Ostfildern-Ruit 2001, ISBN 3-7757-1065-5
mit Michael Pfister (Hrsg.): Pornosophie & Imachination – Sade/Lamettrie/Hegel. Matthes & Seitz, München 2002, ISBN 3-88221-836-3
mit Michael Pfister: Shades of Sade. Eine Einführung in das Werk des Marquis de Sade. Matthes & Seitz, Berlin 2015, ISBN 978-3-95757-119-9
Übersetzungen
Marquis de Sade: Justine und Juliette. Herausgegeben und übersetzt von Stefan Zweifel und Michael Pfister. 10 Bände, Matthes & Seitz, München 1990–2002 DNB551963425
Boris Vian: Schriften, Glossen und Kritiken über Jazz. Übers. Klaus Völker, Stefan Zweifel. Hannibal, Wien
Sade, Karriere eine Wüstlings. Dokumentation, Format NZZ, 2000
Der Erste Weltkrieg – Kunst & Krieg, Dokumentation von Alexander Kluge und Heinz Bütler, Format NZZ 2013/ absolut MEDIEN, ISBN 978-3-89848-535-7
Was ist Dada?, Dokumentation von Heinz Bütler und Alexander Kluge, Format NZZ / absolut MEDIEN, ISBN 978-3-8488-4054-0
Kuratierte Ausstellungen
Kunsthaus Zürich:SADE/SURREAL (mit Tobia Bezzola und Michael Pfister), 2001/2002 (Katalog: Hatje Cantz)
Museum Tinguely, Basel: Die situationistische Internationale: In girum imus nocte et consumimur igni (mit Heinz Stahlhut und Juri Steiner), 2007
Musée Rath, Genève: Giacometti / Balthus / Skira – Les années Labyrinthe, 2009
Galerie Grieder Contemporary, Berlin: Dieter Meier: En Passant 1969–2010
Deichtorhallen Hamburg / Sammlung Falckenberg: Dieter Meier – WORKS 1969–2011 AND THE YELLO YEARS (mit Harald Falkenberg), 2011 (Katalog: Verlag der Buchhandlungen Walther Koenig)
Centre Dürrenmatt, Neuenburg: Balades du Minotaure (mit Juri Steiner), 2013 (Katalog: Centre Dürrenmatt)
Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich: 1900 / 1914 Expedition ins Glück (mit Juri Steiner) 2014 (Katalog: Scheidegger&Spiess)
Salon Suisse, Venedig: S.O.S. DADA – The World Is A Mess, Colateral Events 56 (mit Juri Steiner). Biennale di Venezia, 2015
Schweizerisches Nationalmuseum, Zürich: DADA Universal (mit Juri Steiner), 2016
Kunstmuseum Chur: Solowalks (mit Stephan Kunz und Juri Steiner), 2016 (Katalog: Scheidegger & Spiess)
Schweizerisches Nationalmuseum Zürich: Der erschöpfte Mann (mit Juri Steiner), 2020/2021
Museum Strauhof, Zürich: Ausbruch und Rausch (mit Bice Curiger), 2020 (Katalog: Patrick Frey Verlag)
Kunstmuseum Chur: Dance me to the end off love (mit Stephan Kunz), 2020 (Katalog: Scheidegger & Spiess)
↑Silvio Vietta: „Etwas rast um den Erdball …“ Martin Heidegger: Ambivalente Existenz und Globalisierungskritik. Wilhelm Fink, Paderborn 2015, ISBN 978-3-7705-5823-0, S. 14. Leseprobe online vorhanden
↑Katja Baigger: Am Puls von Prousts Herzflimmern. In: Neue Zürcher Zeitung. 30. November 2017 (nzz.ch [abgerufen am 30. November 2017]).
↑rib: Christoph Marthaler erhält den Kunstpreis der Stadt Zürich. In: Neue Zürcher Zeitung. 13. April 2017, ISSN0376-6829 (nzz.ch [abgerufen am 30. November 2017]).